Читать книгу REVENGE - Lars Krumbach - Страница 4
Dienstag, 29. Oktober
ОглавлениеAls ich am nächsten Morgen aufwachte, saß ich noch immer im Sessel. Das leere Glas lag neben mir auf dem Boden. Es hämmerte in meinem Schädel, als ob ich die ganze Nacht durchgezecht hätte. Ich brauchte dringend ein Aspirin und eine Dusche.
Nachdem ich mich umgezogen hatte, machte ich mich auf den Weg ins Büro. Wie jeden Morgen fuhr ich zuerst in die nähe der Union Station. Ich hielt vorm Diner und betrat den Laden. „Hey Mike, einmal wie immer?“, grüßte mich Anni, die einem Gast gerade das Frühstück servierte.
„Nein, danke, nur einen Kaffee zum mitnehmen“, antwortete ich. Anni blickte mich besorgt an: „Alles in Ordnung mit dir? Du siehst schlecht aus, du solltest im Bett liegen.“ „Nein, alles bestens“, log ich. „War nur eine harte Nacht!“
Anni füllte einen Becher und stellte ihn vor mir ab. „Hier, lass ihn dir schmecken.“ Ich griff den Becher, legte mit den Worten: „Der Rest ist für dich“, zwei Dollar auf den Tresen und trat zurück auf die Straße.
Wenige Minuten später stellte ich den Wagen auf meinem Parkplatz beim FBI ab und betrat das Gebäude. Ich grüßte Steven, der wie immer hinter seinem Tresen im Foyer saß und trat dann in den offenen Fahrstuhl. Ich drückte auf den Knopf um in den zweiten Stock zu gelangen, wo sich mein Büro befand. Auf dem Flur kam mir Branda, die hübsche Sekretärin des Alten, wie ich den Direktor nannte, entgegen.
„Guten Morgen, Agent Schulz“, grüßte sie lächelnd.
„Morgen“, muffelte ich zurück, was eigentlich nicht meine Art war.
„Oh, der Herr hat wohl schlecht geschlafen“, sagte Branda schnippisch und verschwand beleidigt in der Aktenkammer. Ich betrat das Büro. Ich hatte die Tür noch nicht geschlossen, als Robert, der an seinem Schreibtisch saß mich ansah und direkt wieder auf letzte Nacht zu sprechen kam. „Ah, Mike. Gut das du da bist.“ Ohne zu reagieren stellte ich meinen Kaffee auf dem Schreibtisch ab. Dann zog ich die Jacke aus und hing sie auf den Garderobenständer neben der Tür. Als ich an meinem Schreibtisch platz genommen hatte, blickte ich Robert in die Augen, der mir auf eine Erklärung wartend gegenüber saß. Einige Sekunden verstrichen, dann fragte ich: „Also gut, was willst du wissen?“
„Am besten erzählst du mir die ganze Geschichte von Anfang an“, forderte er.
„Was soll ich denn noch erzählen. Gestern Abend bekam ich einen Anruf, das ich in die besagte Scheune gehen solle. Also bin ich losgefahren!“
„Warum?“, fragte Robert.
„Ich weiß nicht, Neugier, Wissensdurst. Nenne es wie du willst. Als ich dort ankam bin ich in die Scheune gegangen um mich umzusehen. Alles schien völlig normal zu sein. Als ich in den hinteren Teil nachsah, hatte ich mich vor einer alten Halloweenmaske, die mir in Augenhöhe an einem Schaufelstiel oder so hing erschrocken. Dann entdeckte ich die Leiche. Ich sage Dir, sie war an die Balken geschlagen. Es sah aus, als würde Jesus direkt vor mir am Kreuz hängen. Der Bauch war aufgeschlitzt. Gedärme lagen auf dem Boden. Ich bin zum Wagen gelaufen und nach Hause gefahren. Den Rest der Geschichte kennst du“, endete ich meine Ausführungen.
„Warum hast du nicht direkt die Polizei gerufen?“
„Ich war in Panik, hatte Angst. Ich habe es einfach vergessen.“
Robert griff nach dem Telefonhörer. „Hey Charlie, Robert hier. Habt ihr gestern in Greenforest eine Halloweenmaske sichergestellt? – Aha, verstehe, danke.“
„Tja Mike, Charlie weiß nichts von einer Maske. Das einzige, was sie gefunden hatten, war ein großer Fleck Kotze, der ...“
„Ja, ja!“, unterbrach ich, „das ist meine. Aber da war eine Maske. Ich hatte mich völlig erschrocken. Sag mal glaubst du mir nicht?“
Robert wiegte seinen Kopf hin und her. „Das hat nichts mit Glauben oder nicht Glauben zu tun. Mir fehlen einfach die Beweise. – Was ist überhaupt mit den Sachen, die du gestern Abend getragen hast? Hast du sie mitgebracht?“ Ich erschrak etwas. Wie sollte ich Robert nur erklären, das die Sachen verschwunden waren? „Tja, das ist ein bisschen komisch“, begann ich und kratzte mich verlegen am Kopf. „Die Sachen sind verschwunden!“ So jetzt war es raus. Ich war gespannt auf Roberts Reaktion. Ich hatte vermutet, das er mir an die Gurgel gehen würde, aber er blieb ganz ruhig. „Wie weg. Weggezaubert oder...?“
„Ich weiß auch nicht. Als ich wieder nach Hause kam waren die Sachen verschwunden. Futsch, nicht mehr auffindbar.“
„Und wie sind die Sachen deiner Meinung nach verschwunden? Hat jemand einen Schlüssel für deine Wohnung?“
„Nein“, schüttelte ich den Kopf. „Das ist ja das merkwürdige. Niemand hat einen Schlüssel. Einbrauchsspuren gibt es auch keine.“
„Also gut, Mike. Machen wir erst einmal weiter. Die Kleiderfrage klären wir später“, kam Robert wieder aufs Thema. „Hat die Person dich zu Hause angerufen?“
Ich antwortete nicht gleich auf die Frage. „Warum fragst du mich das? Du glaubst doch ohnehin kein Wort!“
„Hör zu Mike. Ich will dir helfen. Allerdings muss ich sagen, das es wirklich merkwürdig ist, das die blutverschmierten Sachen aus deiner Wohnung gestohlen wurden. Also höre ich mir die ganze Geschichte an. Und daher noch einmal meine Frage: Hat die Person dich zu Hause angerufen?“
„Nein, auf mein Handy. Ich war im Kasino als er anrief.“
„Hast du gestern Abend getrunken?“, fragte Robert vorsichtig.
„Sag mal, was willst du von mir“, fuhr ich Robert an. „Glaubst du ich habe mir die Birne vollgesoffen und hatte meinen Spaß dich mitten in der Nacht aus dem Bett zu klingeln? – Ja, glaubst du das wirklich? Außerdem vergisst du, das ich mir mit solchen Aktionen doch nur selbst schaden würde.“
„Ist ja schon gut, beruhige dich. Ich versuche doch nur der Sache auf den Grund zu gehen. Und ja, ich hatte den Eindruck das du getrunken hast. Die Fahne konnte man drei Meilen gegen den Wind riechen.“
„Also gut. Ja ich hatte ein paar Drinks. Bist du zufrieden?“ Ich war wirklich wütend. Robert und ich kannten uns schon seit vier Jahren. Seit drei Jahren waren wir Partner und konnten uns immer aufeinander verlassen. Und jetzt zweifelte er an meiner Kompetenz?
„Komm wieder runter von deinem Trip. Es ist doch wirklich komisch, das nichts in der Scheune zu finden war. Nachdem ich dich nach Hause geschickt hatte, haben wir alles noch einmal untersucht. Glaub mir, da war nichts. Kein Blut, keine Leiche. Nur alter Krempel, Spinnen und tote Ratten!“
In diesem Moment ging die Tür auf und Branda trat ein. „Agent Schulz. Sie sollen sofort zum Direktor kommen.“
Das hatte mir gerade noch gefehlt. Der Alte war ein scharfer Hund, der es absolut nicht leiden konnte, wenn Steuergelder verprasselt wurden und ein Team zu einem Tatort gerufen wurde, ohne das etwas passiert war. Und wenn das ganze dann noch von einem Beamten aus den eigenen Reihen veranlasst wurde, war es dreimal so schlimm. Dem entsprechend stellte ich mich also auf das schlimmste ein.
Ich stand vor der Tür des Alten und klopfte. Ohne eine Antwort abzuwarten trat ich ein. „Mike“, wetterte Miles gleich los. Sein kahlgeschorener Kopf war puderrot angelaufen und sein Doppelkinn zitterte beim Sprechen. „Was war letzte Nacht los? Sie beordern ein Einsatzteam in die Wildnis und...“
„Sir“, unterbrach ich „ich weiß nicht, was das ganze zu bedeuten hat, aber ich werde es herausfinden.“
Harold Miles legte die Hand an den Mund und knetete seine wulstigen Wangen. „Mike. Sie sind einer der fähigsten Männer hier und ich konnte mich bis heute nicht einmal über ihr Verhalten beschweren. Deshalb und nur deshalb werde ich von weitern Maßnahmen absehen.“ „Danke, Sir“, antwortete ich kleinlaut.
„Aber“, fuhr er fort. „Sollten Sie noch einmal so eine Scheiße bauen, dann werde ich die Sache nicht unter den Teppich kehren“, gab er mir eindeutig zu verstehen.
„Danke, Sir“, wiederholte ich, „ich kümmere mich um die Sache. Ich werde bald antworten haben!“
„Versprechen Sie nichts, was sie nicht halten können, Mike. Und jetzt raus aus meinem Büro. Fahren Sie nach Hause. Sie sehen beschissen aus. Schlafen Sie sich einmal richtig aus.“ Ich erhob mich und ging zur Tür.
„Und bilden Sie sich keine Schwachheiten ein. Den heutigen Tag werde ich von Ihrem Gehalt abziehen.“ „Alles klar Sir, bis Morgen“, verabschiedete ich mich und schloss die Tür hinter mir.
Zum Glück saß Branda nicht an ihrem Schreibtisch als ich das Vorzimmer verließ. Etwas niedergeschlagen ging ich zurück ins Büro und besprach mit Robert noch ein paar Einzelheiten. Dann fuhr ich nach Hause.
Ich öffnete die Augen. Mein Blick fiel auf den Wecker. Es war kurz vor drei. Fast leicht stieg ich aus dem Bett. Der Schlaf hatte gut getan. Die Kopfschmerzen die mich am Morgen quälten waren verschwunden.
Ich machte mich frisch und zog mich an. Ich hatte Hunger. Also fuhr ich zu Baxter´s Burger, wo es meiner Meinung die besten Burger der ganzen Stadt gab. Ich lenkte meinen Wagen an den Drive-through-Schalter und bestellte. Wenig später reichte mir der Junge hinter dem Schalter eine Papiertüte. Drei Doller achtzig, verlangte er. Ich zahlte und fuhr zurück auf die Straße. Was sollte ich jetzt tun? Ich hatte frei. Wenn auch nicht ganz freiwillig, aber ich hatte frei. Ich beschloss noch einmal zu der Scheune zu fahren. Vielleicht hatten die Kollegen etwas übersehen. Auch wenn ich es für unwahrscheinlich hielt.
Als ich wieder an der Abzweigung, die in den Wald führte einbog, fiel mir plötzlich dieser Verrückte wieder ein, der sich auf die Motorhaube geworfen hatte. Vor meinem inneren Auge durchlebte ich die Begegnung ein zweites mal. Was hatte er noch einmal gesagt? „Sie werden kommen und uns alle holen“, oder so ähnlich. Hatten die Worte eine Bedeutung? Oder waren es die Worte eines Irren, der in seiner eigenen Welt lebte. Egal. Vielleicht wusste er etwas von den Geschehnissen der letzten Nacht. Aber was wollte er zu so später Stunde? Hatte er vielleicht etwas mit der Sache zu tun? Ich musste versuchen herauszufinden, wer der Knabe war. Nur wie? Ich hatte doch keinen Schimmer, wer er war. – Egal, ich musste es herausfinden. Da ich nicht wusste, wo ich mit meinen Ermittlungen anfangen sollte, beschloss ich nach Greenforest zu fahren um nach dem Mann zu suchen. Vielleicht konnte mir dort jemand weiterhelfen. – Doch erst einmal zur Scheune.
Dieses mal blieb ich nicht am Wegesrand stehen, sondern fuhr durch die enge, mit Gras überwucherten Einfahrt, die ich bei meinem ersten Besuch übersehen hatte und hielt an der aus Holz gefertigten Halle.
Nachdem ich einmal um das Gebäude herumgelaufen war überprüfte ich noch einmal die Stelle wo ich zuerst die grässliche Maske, dann die Leiche entdeckte. Doch so sehr ich mich auch bemühte irgendwelche Hinweise zu finden, gab es keinen Anhaltspunkt der Aufschluss über den Verbleib der menschlichen Überreste brachte. Nur ein Nagel steckte in den alten Balken. Aber der war so krumm und rostig, das er wohl schon viele Jahre hier hing. Auch von der Maske gab es keine Spuren. Zur Sicherheit durchwühlte ich den alten Kram um sie vielleicht noch zu entdecken. – Fehlanzeige, Sie war verschwunden. Ich war verzweifelt.
Hatte ich mir die ganze Sache vielleicht doch nur eingebildet? War ich vielleicht überarbeitet? Aber der Anruf war doch real. Dennoch passte nichts richtig zusammen. Ich musste herauszufinden, wem das Grundstück gehörte. Vielleicht kam ich dann weiter.
Nach dieser Erkenntnis fuhr ich in den kleinen Ort Greenforest. Das Nest war in den letzten Jahrzehnten in seiner Entwicklung stehen geblieben. Hier gab es außer den mehr oder weniger baufälligen Wohnhäusern nur einen kleinen Hardwarestore, eine herunterbekommenden Kaschemme, die wohl in den Fünfzigern Ihre Glanzzeit erlebt hatte und eine alten Tankstelle mit angrenzender Werkstatt. Das Firmenschild der TEXACO OIL Company war alt und rostig. Ein Mann schraubte an einem alten Cadillac herum. Da sich sonst kein Mensch auf der Straße befand, beschloss ich mit Ihm zu reden. Vielleicht kannte er den verrückten.
Ich parkte neben dem Werkstatttor und ging auf den Mann zu, der meine Ankunft argwöhnisch zur Kenntnis genommen hatte. Er blickte mich misstrauisch an. Ich nahm an, das es daran lag, das nicht oft Fremde in dieser Einöde landeten.
„Hallo“, grüßte ich.
„Was kann ich für Sie tun?“, fragte er gleich und wischte sich dabei die ölverschmierten Finger mit einem Lappen ab.
„Entschuldigen Sie bitte, aber ich bin auf der Suche nach einem Mann!“
„Männer gibt es hier viele“, unterbrach er mich brummelnd und schob seine Zigarre in den linken Mundwinkel. „Was für einen Mann darf es denn sein?“
Ich hatte keine Lust mich auf so einem Niveau zu unterhalten und hielt ihm meine Marke unter die Nase. Sein Gesicht zuckte kurz zusammen. Er lächelte verschmitzt, dann wurde er etwas freundlicher.
„Noch einmal von vorne“, fragte ich erneut. Dieses mal allerdings in gewohnter FBI-Manier. „Ich bin auf der Suche nach einem Mann, zwischen sechzig und siebzig Jahre, Drei-Tage-Bart. Auf dem Kopf trägt er eine alte Fliegerhaube.“
Ich bemerkte, das der Mann bei dem Wort „Fliegerhaube“ leicht zusammenzuckte und war gespannt was er mir erzählen würde.
„Kommen Sie um den Kerl zu verhaften?“, wollte er wissen.
„Ich stelle hier die Fragen“, gab ich ihm unmissverständlich zu verstehen. Ich war der King im Ring und das durfte er gerne spüren. Ich fixierte ihn scharf und ohne eine weitere Frage stellen zu müssen wurde er redselig.
„Hören Sie zu FBI-Mann. Mad Dunken ist total durchgedreht! Der Irre läuft Nacht für Nacht durch die Gegend und terrorisiert alle.“
„Was heißt das!“, hakte ich nach.
„Was das heißt kann ich Ihnen sagen: Letztes Jahr im Herbst hat er mehrere Kühe, die aus ihrem Gatter ausgebrochen waren erschossen. Angeblich fühlte er sich bedroht, weil die Viecher um sein Grundstück getrampelt waren. Vor etwa einem Monat stand er plötzlich in der Werkstatt hinter mir und brüllte mich an.“
„Was hat er von Ihnen gewollt?“ Ich wurde langsam neugierig auf den Knaben.
„Herrgott, woher soll ich das wissen. Er brüllte etwas von Sie werden uns alle holen. Es wird kein entrinnen geben. Dann lachte er und war auch schon wieder verschwunden. Wenn Sie mich fragen gehört der Kerl in eine Irrenanstalt.“
„Wo finde ich diesen Dunken“, fragte ich hastig. Ich wusste das Dunken mein Mann war.
Der Mann beschrieb mir den Weg zu Dunkens Haus. Dann drehte ich mich um und ging zurück zum Wagen.
„Verhaften Sie den Kerl zu seinem eigenen Schutz. Sonst kümmere ich mich selbst um die Sache“, rief der Mann mir noch hinterher.
Ich wusste nicht, was ich auf so eine Bemerkung antworten sollte, deshalb sagte ich gar nichts. Als ich vom Gelände fuhr grüßte ich noch kurz und rauschte davon.
Das Haus von Mad lag mitten zwischen Feldern und Kuhweiden hinter einigen Bäumen. Ein mannshoher Holzzaun der mit Stacheldraht gesichert war umgab das Grundstück. Vor dem stählernen Tor, das mit Warnschildern übersäht war nahm die Fahrt ein jähes Ende. „BETRETEN VORBOTEN“ und „ACHTUNG, SCHARFER HUND“ war auf einigen zu lesen. Andere zeigten Totenköpfe und militärische Symbole. „Sehr einladend“, dachte ich und stieg aus. Das war kein Haus, das war eine Festung. Gebaut um sich zu schützen. Wovor war mir noch nicht klar. Ich trat vorsichtig an das Tor und suchte so etwas wie eine Klingel um auf mich aufmerksam zu machen. Doch da war nichts. Anscheinend empfing Dunken keinen Besuch. Nach einer Möglichkeit suchend um auf das Grundstück zu gelangen ging ich am Zaun entlang und entdeckte ein Astloch in der Wand. Es war zwar nicht gerade groß, aber ich konnte zu mindestens einen Blick auf das Grundstück erhaschen.
Direkt vor mir, etwa 40 Fuß entfernt befand sich ein Gebäude. Es war anscheinend das Wohnhaus. An einem Fahnenmast davor wehte Stars and Stripes. Weiter hinten auf dem Grundstück erkannte ich einen Beobachtungsturm. Sandsäcke waren wie eine Geschützstellung gestapelt. Plötzlich trat ein Mann aus dem Haus. Es war Mad Dunken, ich erkannte ihn sofort wieder. Neben ihm trottete eine Bulldogge die Treppenstufen der Veranda hinunter. Ich musste irgendwie mit dem Mann sprechen. Nur wie? Kurzentschlossen rief ich über den Zaun und blickte gleich wieder durch das Loch. Dunken stand vor dem Haus. Er blickte in meine Richtung. Er hatte mich also gehört. „Ich muss mit Ihnen reden!“, rief ich ohne meinen Posten zu verlassen.
Plötzlich und völlig unerwartet tauchte die gewaltige Schnauze der Bulldogge vor dem Loch auf. Nur wenige Zentimeter vor mir sah ich in den gewaltigen Rachen. Die gewaltigen Zähne gefletscht bellte er. Geifer flog mir ins Auge. In diesem Augenblick war ich froh, das der Zaun zwischen uns war. Erschrocken wich ich einen Schritt zurück.
„Ihr verdammten Schlitzaugen. Haut ab, sonst...“ Dunken sprach nicht weiter. Nur sein durchdringendes Lachen war noch zu hören.
Ich zog meine Waffe und ging in geduckter Haltung zurück zum Tor. Ich war mir nicht sicher, ob er nicht jeden Moment auf mich schießen würde. Doch es blieb ruhig. Am Tor hockend rief ich nochmals, dieses mal allerdings mit fester Stimme. „Mad Dunken, FBI. Ich will Ihnen nur ein paar Fragen stellen!“ – Ich lauschte, aber es blieb still. Vorsichtig richtete ich mich auf und stellte mich vor das Tor. „Haben Sie gehört Dunken. Hier spricht das FBI.“
Ich hatte gerade ausgesprochen als sich eine kleine Luke im Tor öffnete. Geistesgegenwärtig hielt ich die Waffe im Anschlag, doch es war niemand zu sehen.
„Passwort!“, forderte Dunken mich auf. – Passwort?, überlegte ich. – Was für ein Passwort? Mir fiel nichts ein. Doch irgend etwas musste ich versuchen, sonst wäre die Luke wieder zu und ich stand wieder am Anfang. „Foxtrott, Bravo, India!“, antwortete ich nervös. Wie würde er darauf reagieren? Eigentlich hatte ich ja nichts anderes wie FBI in der Funkersprache gesagt. Doch es schien Wirkung zu haben, denn das Gesicht von Dunken tauchte in der Öffnung auf. Mit strengen Blick musterte er mich von oben bis unten, dann blickte er suchend die Umgebung ab. Ich hatte das Gefühl, das ich die Waffe wieder einstecken konnte. Ich zog meine Marke und hielt Sie vor die Öffnung. „FBI“, wiederholte ich. „Sir, ich muss kurz mit Ihnen reden.“ Unvermittelt schlug Dunken die Luke zu. Die Sekunden verrannen. Doch dann öffnete sich das Tor einen Spalt. Dunken winkte mich zu sich heran. „Los, schnell. Die Schlitzaugen sind überall.“ Vorsichtig schritt ich durch das Tor. Meine Hand immer nahe an meiner Waffe. Ich wusste nicht was mich erwarten würde, doch ich war auf alles vorbereitet. Nachdem ich das Tor passiert hatte, knallte Dunken es blitzschnell zu und verriegelte es. Dann stellte er sich stramm vor mich hin und salutierte. Die Bulldogge, die noch eben wie eine Bestie auf mich losgegangen war saß zahm wie ein Lämmchen neben ihm und blickte mich mit großen Augen an. „Sir, Stützpunkt gesichert. Keine besonderen Vorkommnisse zu vermelden.“
Ich blickte den Mann mit der Fliegerhaube an. Dieses Grundstück gesichert wie ein Stützpunkt und dann sein verhalten. Vielleicht hatte er in Vietnam gekämpft. Jedenfalls wäre das eine Erklärung für die ganze Szenerie. Ich stellte mich vor Ihn und erwiderte den Gruß. Ich hatte das Gefühl, das er noch immer glaubte im Krieg zu sein und das ich, wenn ich etwas erreichen wollte auch so mit ihm umgehen musste. Nun standen wir da. Ich überlegte, wie ich die Befragung am besten gestalten sollte. Schließlich wollte ich Antworten und wenn es nur auf diesem Weg ginge dann musste es eben so sein. „Dunken“, begann ich. Ich versuchte den Vorgesetzten zu geben. „Gibt es irgendwelche besonderen Vorkommnisse?“ Dunken, der bis gerade noch völlig regungslos vor mir gestanden hatte, warf seinen Kopf in alle Richtungen und suchte das Gelände ab. „Psst“, meinte er und legte warnend einen Finger auf die Lippen. „Gehen wir lieber in die Baracke, Sir. Das ist sicherer!“
„Killer, geh und bewach das Gelände!“, gab er noch schnell dem Hund einen Befehl, dann betraten wir das Haus. Ein muffiger Geruch lag in der Luft. Die Fenster waren mit Brettern vernagelt und nur der Schein der einfachen Deckenlampe erleuchtete schwach den Raum den wir jetzt betraten. Auf einer kleinen Kommode entdeckte ich ein Foto aus früheren Tagen. Ein Mann, wahrscheinlich Dunken selbst war darauf zu sehen. Er stand zusammen mit einem anderen Mann vor einer Bell, dem Allzweck-Helikopter des Vietnam-Krieges. Dunken war also Pilot gewesen. Jetzt wusste ich auch, was es mit der Fliegerhaube auf sich hatte. Nach den Orden, die neben dem Bild drapiert waren zu urteilen, hatte Dunken viele schwierige und wichtige Einsätze geflogen und unserem Land viele wichtige Dienste geleistet. Ich blickte auf Dunken, der neben dem Schreibtisch stand und die an die Wand geschlagene Landkarte studierte. Was für ein Schicksal. Im Krieg ein Held und jetzt ... Ich senkte meinen Blick. Armer Hund, war mein Gedanke. Nun besinnte ich mich wieder auf meine Fragen die mich noch immer quälten. Ich ließ mich auf dem Stuhl hinter dem Schreibtisch nieder. Dunken, der sich von der Karte gelöst hatte auf dem Stuhl davor. Ohne umschweife begann ich mit der Befragung. „Wo waren sie letzte Nacht, Soldat?“
„Sir, ich habe wie immer eine Erkundung durchgeführt. Letzte Nacht war ich in Sektor zwölf“, antwortete er mit sicherer Stimme.
„Gab es dort irgend welche besonderen Vorkommnisse?“, fragte ich weiter.
„Nein, Sir. Nur ein Fahrzeug mit einem männlichen Zivilisten gesichtet. Sonst keine Vorkommnisse.“
Mir war klar, das er mich meinte. Aber er schien sich nicht an mein Gesicht, geschweige denn an meinen Wagen zu erinnern. Zumindest war in seinem Blick keine Veränderung zu bemerken. „Um wie viel Uhr war das?“
„Sir. Ich begann meinen Rundgang um null neunhundert. Gegen zehn Uhr dreißig bin ich auf den Zivilisten getroffen. Habe ihn passieren lassen. Etwa gegen elf Uhr war ich zurück auf dem Stützpunkt“, beendete er seine Ausführungen. Nur das es mich nicht weiterbrachte. Alles was sicher war, war das die Zeiten korrekt sein mussten, denn zur angegebenen Zeit lag er auf der Motorhaube meines Wagens. Ob er sich auch daran noch erinnerte. Wahrscheinlich nicht. „Machen Sie immer zur selben Zeit Ihren Rundgang?“
„Jawohl. In der Nacht ist man sicherer. Die Schlitzaugen sehen einen dann nicht so schnell.“
„Kennen Sie das Haus am Waldrand?“, wollte ich noch wissen. Ich war gespannt auf die Antwort. Vielleicht bekam ich einen entscheidenden Hinweis.
„Ja, Sir.“ Ich horchte auf. „Das Haus steht seit Jahren leer. Habe dort aber noch keine feindlichen Aktivitäten feststellen können.“
„Wann waren sie zuletzt dort gewesen?“
„Moment“, meinte Dunken und stand auf. Er ging an die Kommode und zog eine der vielen Schublade auf. Mit einem kleinen Heft in der Hand setzte er sich zurück auf den Stuhl und blätterte die Seiten durch. Er schien alle Aktivitäten fein säuberlich darin einzutragen. Er durchsah einige Seiten, dann blickte er aufmerksam auf die Eintragungen. „Sir, das war vor sieben Wochen. Am ersten September!“ Verdammt, brüllte ich innerlich. Das brachte mich kein Stück weiter. Für mich war klar, das Dunken nichts mit der Sache zu tun haben konnte. Klar, er war ein Spinner und vielleicht wäre er in einem Heim für Kriegsveteranen besser aufgehoben, aber das interessierte mich im Augenblick nicht. Zu der Sache in der Scheune konnte er mir zu mindestens nicht weiterhelfen.
Ich verabschiedete mich und ging zurück zum Wagen. Als Dunken hinter mir das Tor ins Schloss fallen lies hörte ich noch seine Stimme. „Sie werden uns alle holen, es gibt kein Entrinnen.“ Dann lachte er wieder. Mir ging ein Schauer über den Rücken. Wieder hatte ich die Bilder der letzten Nacht vor Augen.
Die Luft im Haus von Dunken war stickig und trocken. Meine Kehle schrie förmlich nach etwas zu Trinken, was mich dazu veranlasste am Hardware-Store zu halten um etwas gegen meinen Durst zu tun.
Der Laden bot alles, was man hier in der Gegend nur gebrauchen konnte. Sogar Gartengeräte und Werkstattzubehör. Neben einigen Regalen mit Haushaltsartikel und Lebensmitteln griff ich eine gekühlte Coke aus dem nahezu neuem Eisschrank. Dann ging ich an den Tresen um zu zahlen. „Auf der Durchreise?“, fragte der Junge, der den Preis in die Registrierkasse eintippte. „So ähnlich“, erwiderte ich trocken und legte einen Dollar auf den Tisch des Hauses. Ich nahm mein Wechselgeld und trat wieder auf die Straße.
Da es mittlerweile schon recht spät geworden war fuhr ich zurück in die Stadt. Es war fast halb zehn als ich die Stadtgrenze passierte. Ein Hungergefühl stieg in mir auf. Ich überlegte wo ich etwas essen sollte. Auf Burger hatte ich absolut keinen Appetit. Mir fiel ein, das Danny, mein Bruder mir einmal ein kleines Steakhaus hier ganz in der Nähe empfohlen hatte. Also fuhr ich dorthin. Das kleine Lokal lag in einer kleinen Seitenstraße, eingequetscht zwischen dreckigen Stadthäusern, die einst im goldenen Zeitalter von einfachen Leuten und ihren Familien bewohnt worden waren. Hier war nicht viel los. Das merkte ich auch als ich das Lokal betrat und mich an den Tisch in einer Ecke drückte. Außer mir war niemand hier. Die für meinen Geschmack viel zu kitschig dekorierten Tische waren leer. Ich nahm die Speisekarte, die in einem Ständer auf den Tisch stand und durchsuchte sie nach etwas was mir schmeckte. Nachdem ich mich entschieden hatte, blickte ich zum Tresen hinüber, wo eine ältere Frau gerade dabei war Flaschen in ein Regal zu räumen. Ich wollte sie gerade herbeirufen, als sie auch schon mit einem Block und einem Stift bewaffnet auf mich zukam. „Guten Abend, was darf ich Ihnen bringen?“, fragte sie mit einem verkniffenen Lächeln. Ich bestellte und Sie stakste etwas behäbig Richtung Küche.
Aufs Essen wartend blickte ich aus dem Fenster in die Dunkelheit. Vereinzelnd liefen Leute vorbei. Mein Blick blieb an einer dunkel gekleideten Gestalt hängen. Die Kapuze des langen Mantels war tief ins Gesicht gezogen. Den Blick zum Boden gerichtet ging sie langsam an der großen Scheibe vorbei. Neugierig beobachtete ich die Person.
Plötzlich wand sich die Gestalt in meine Richtung und starrte mich an. Erstarrt blickte ich auf die Halloweenmaske mit den reißenden Zähnen. Ich musste mich zusammenreißen. In dem Bruchteil einer Sekunde war ich aufgesprungen und hastete zur Eingangstür. Die Kellnerin, die mir gerade das Essen bringen wollte rannte ich dabei fast über den Haufen. Ich hörte noch ihr Geschrei, dann das Klirren eines zerspringenden Glases. Eilig riss ich die gläserne Tür auf und stürzte auf die Straße. Suchend blickte ich in die Richtung in welche die Gestalt gelaufen war. Einige Meter vor mir entdeckte ich sie. Ich rannte los und holte sie ein. Ich packte sie an der Schulter und riss sie herum. „So du Arschloch“, sagte ich wütend, während ich sie herumwarf.
Zu meiner Überraschung blickte ich in die angsterfüllten Augen einer jungen zierlichen Frau. „Tun sie mir nichts. Sie können mein ganzes Geld haben, aber bitte tun sie mir nichts“, wisperte sie mit Tränen in den Augen. – Ich fühlte mich etwas unbehaglich. Ich beruhigte die noch immer zitternde Frau und entschuldigte mich mehrfach. Nachdem ich Ihr glaubhaft versichern konnte, das ich nichts böses im Sinn hatte fragte ich nach der auffälligen Person mit einer Halloweenmaske. Doch die Frau hatte nichts bemerkt. Ich ließ sie gehen und da sonst niemand mehr auf der Straße zu sehen war ging ich in das Steakhaus zurück. Die Kellnerin war noch dabei die Scherben aufzulesen. „Haben Sie die Horrorgestalt vor dem Fenster auch gesehen?“, fragte ich. Sie sah mich etwas mürrisch von unten an. „Was bitte für eine Horrorgestalt?“, schnauzte sie. „Sehen sie sich lieber an , was sie angerichtet haben!“ Ich merkte wie mein Gesicht puderrot anlief. „Verdammt“, entfuhr es mir „Ich habe jetzt keine Zeit für so etwas. Sie sind doch direkt auf das Fenster zugelaufen. Sie müssen etwas gesehen haben!“, fauchte ich. Ich war wie von Sinnen. Fast hätte ich ihn gehabt. Ich war den Antworten so nah und jetzt waren sie wieder so weit entfernt.
„Ich sage es Ihnen gerne noch einmal. Ich habe niemanden vor dem Fester bemerkt. – Und jetzt verlassen sie bitte auf der Stelle das Lokal!“ Sie hatte sich vor mir aufgebaut und wies mir unmissverständlich den Weg. Zerknirscht und hungrig holte ich meine Jacke und drückte der Kellnerin mit den Worten „Für Ihre Unannehmlichkeiten“, zwanzig Dollar in die Hand. Dann verließ ich den Laden, der ohnehin nicht mein Fall gewesen war.
Ich hatte gerade die Wagentür geöffnet, als von der anderen Straßenseite jemand meinen Namen rief. Ich drehte mich neugierig um und erblickte meinen Bruder Danny. Ich schloss die Wagentür wieder und ging zu ihm hinüber. „Hallo Danny“, grüßte ich zurückhaltend. Unser Verhältnis war in den letzten Jahren etwas angespannt gewesen. Zuletzt hatten wir uns auf Amys Beerdigung gesehen. Das war sieben Monate her.
„Was machst du hier, Mike? Ein Fall?“
„Nein“, antwortete ich. „Ich wollte mal deinen Geheimtipp ausprobieren.“ Danny grinste. „Und? Hammer Essen oder?“, fragte er fast so, als hätten wir uns nicht zerstritten.
„Na ja“, meinte ich. „Ist nicht ganz mein Fall!“
„Komm, lass uns einen trinken gehen“, lud Danny mich ein. Ich wusste nicht recht. Eigentlich wollte ich ja wissen wer hinter der Maske steckte. Andererseits würde mir eine Ablenkung ganz gut tun. Vielleicht sollten wir uns aussprechen, dachte ich und willigte ein. Da Danny zu Fuß unterwegs war fuhren wir mit meinem Wagen in die Innenstadt. In der „Kingstreet“ waren wir früher oft gewesen. Hier pulsierte das Leben. Neonreklamen flackerten überall an den Häusern und luden die Leute ein etwas zu essen oder zu trinken. Danny und ich standen jetzt vor der „Starbox“. Sie war früher unsere Stammkneipe gewesen. In der Straße hatte sich viel verändert. Viele mir bekannte Kneipen waren nicht mehr da. Zum Glück sah die „Starbox“ noch aus wie früher. Doch als wir eintraten sah ich, das sich auch hier vieles verändert hatte. Früher hingen an der Wand unzählige Bilder von Filmsternchen oder Musikgrößen. Auf einer kleinen Bühne im hintern Teil standen einst Musikinstrumente die jeden, der spielen konnte, oder zu mindestens dachte das er es könnte zum spielen einluden. Doch heute waren die Bilder verschwunden. Stattdessen standen merkwürdige Skulpturen eines mir nicht bekannten Künstlers dort. Auf der ehemaligen Bühne standen jetzt Tische. Die grellen Farben, die damals die Wände schmückten waren einem schäbigen gelb gewichen. Der Laden war eben moderner geworden. Von dem alten Charme war nichts mehr zu spüren. Das einzige was noch an früher erinnerte waren die vielen Gäste und der alte verzierte Tresen. Danny und ich ließen uns auf die letzten freien Barhocker nieder und bestellten zwei Bier. Wir unterhielten uns über aktuelles und die Familie. Zu mindestens über die Familie die noch übrig geblieben war. Etwa ein einhalb Stunden später setzte ich Danny vor unserem alten Elternhaus, das er zusammen mit Lucille bewohnte ab. Dann fuhr ich nach Hause und legte mich schlafen.
Mitten in der Nacht wurde ich durch ein klopfen an der Fensterscheibe wach. Noch etwas benommen schaltete ich das Licht ein. Schlaftrunken torkelte ich ans Fenster und zog die Gardinen zur Seite. Dann blickte ich hinaus. Nebelschwaden zogen durch die Straßen. Mann konnte nicht weit sehen. – Etwas schien in dem Nebel zu sein. Was es war, konnte ich nicht gleich erkennen. Erst als der Nebel sich etwas lichtete erkannte ich etwas. Mitten auf der Rasenfläche vor dem Haus stand sie wieder. Die Gestalt mit der Maske. Ich rieb mir die Augen. Träumte ich oder war ich wach? Als ich wieder hinaussah war sie verschwunden. – Das war doch nicht möglich. Ich riss das Fenster auf, blickte nach links und rechts. – Nichts zu sehen. Es war totenstill. Der Nebel schien Ihn verschluckt zu haben. Nachdenklich legte ich mich zurück ins Bett. „Wer war die Gestalt und vor allem: Was wollte sie von mir? Ich hatte langsam das Gefühl verrückt zu werden. Unruhig wälzte ich mich im Bett hin und her. Dann schlief ich endlich ein.
Den Rest der Nacht schlief ich unruhig. Albträume quälten mich. Ich träumte von der Leiche in der Scheune, von der Horrormaske und von Amy. Meine kleine Schwester Amy. Sie starb viel zu früh.
Ich wachte schweißgebadet auf .Das Shirt das ich trug klebte wie eine zweite Haut an meinem Körper. Als erstes blickte ich wieder aus dem Fenster. Hatte ich das alles nur geträumt? Immer häufiger musste ich an Amy denken. Bis zuletzt litt sie an Wahnvorstellungen. Sie war in Behandlung, aber es wurde nicht wirklich besser. Erlösung schien sie erst im Tode gefunden zu haben. Vielleicht wusste sie das und hatte sich deshalb von der Brücke gestürzt. War ich jetzt der nächste? Niemand außer mir hatte das grauenvolle Gesicht gesehen. Litt ich an der gleichen Krankheit? Ich musste es herausfinden.
Noch ungeduscht griff ich nach dem Telefon und rief die Auskunft an um mir die Nummer von Dr. Watson geben zu lassen. Watson war damals auch Amys Arzt gewesen. Darüber hinaus war er der einzige Psychologe den ich kannte. Ich bekam einen Termin für den späten Nachmittag.