Читать книгу Gelassene Eltern - zufriedene Kinder - Laura Markham - Страница 11
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Bei gelassenen Eltern wachsen zufriedene Kinder heran
Es gibt ein altes Sprichwort: Kinder ins Leben zu begleiten ist die schwerste Arbeit überhaupt. Aber weshalb ist das so? Stelle ich diese Frage vor Publikum, schlagen die Eltern meistens zwei Gründe vor. Erstens stehe so viel auf dem Spiel. Und zweitens gäbe es keine klaren Antworten, wie man zu »guten« Eltern wird.
Eine Antwort stimmt und eine stimmt nicht so ganz. Natürlich steht viel auf dem Spiel. Aber wir wissen tatsächlich eine ganze Menge darüber, wie man ein zufriedenes, rücksichtsvolles, emotional gesundes und ausgeglichenes Kind ins Leben begleitet. Es gibt zu diesem allerwichtigsten Thema ziemlich viel wertvolle Forschung, und die Eltern werden erfreut sein, zu erfahren, wie praktikabel sie ist. Studien zeigen immer wieder, dass Eltern, die sich auf die spezifischen Bedürfnisse ihres Kindes warm und respektvoll einstimmen, wunderbare Kinder ins Leben begleiten. Wie alle Eltern wissen, besteht der schwierigste Teil darin, unsere eigenen emotionalen Trigger zu regulieren, damit dieses Ideal zumindest manchmal Wirklichkeit wird.
Unabhängig von den besonderen Herausforderungen deines Kindes kannst du also auch an dir selbst arbeiten, wenn du als Elternteil gute Arbeit leisten willst. Ein Kind verursacht nicht den Ärger oder die Angst, die dazu führt, dass wir uns in Machtkämpfe verstricken; diese entstehen aus unseren eigenen Ängsten und Zweifeln. Unsere eigenen Kindheitserfahrungen, unsere frühen Traumata – größere und kleinere – sind ein Teil von uns. Überdies sind sie derjenige Teil, der die Führung übernimmt, sobald wir emotional erregt sind; Kinder haben ein Talent dafür, unglückliche Gefühle aus unserer eigenen Kindheit auszulösen. Daher können wir nur dann zu gelassenen Eltern werden, wenn wir achtsam verhindern, dass alte Gefühle neue Probleme verursachen.
Genau genommen hängt das, was wir für unsere Kinder am meisten wollen, von unserer eigenen inneren Arbeit ab. Wir alle wollen zufriedene Menschen heranwachsen lassen, die von anderen geliebt werden und glückliche Beziehungen haben. Wenn wir unsere eigenen frühen Kindheitsbeziehungen reflektieren und lernen, für uns selbst gut zu sorgen, können wir – du kannst das! – unserem Kind die sichere Verbindung geben, die ihm lebenslang die Basis für liebevolle Beziehungen bietet. Wir haben es nicht in der Hand, was im Leben unseres Kindes geschieht. Aber wir können es wahrscheinlicher machen, dass er oder sie sich mit Menschen umgibt, die ihn oder sie gut behandeln und dabei unterstützen, dem eigenen Leben einen tieferen Sinn zu verleihen.
Auch wollen wir Kinder so ins Leben begleiten, dass sie ihr Verhalten steuern können; einmal, weil es dann einfacher ist, mit ihnen zusammenzuleben, und zum Zweiten, weil das unsere elterliche Aufgabe ist. Wir wissen auch, wie das geht. Wenn wir die eigenen Emotionen regulieren, lernen auch unsere Kinder ihre Emotionen zu regulieren. Das wiederum erlaubt es ihnen, ihr Verhalten zu regulieren, vorausgesetzt, sie sind gut genug mit uns verbunden, um das auch zu wollen.
Letztlich wollen wir, dass unsere Kinder ihren Weg im Leben finden. Nicht unbedingt in dem Sinne, dass sie sich die Belohnungen verdienen, die die Gesellschaft für Leistungen anbietet, sondern in dem Sinn, dass sie lebenslang ihre einzigartigen Gaben entdecken, verfeinern und teilen. Auch hier wissen wir, was wir für unsere Kinder tun können. Es hat viel damit zu tun, wie gut wir unsere eigenen Ängste bewältigen, was wiederum unsere Kinder dazu befreit, selbst auf Entdeckungsreise zu gehen und Selbstvertrauen und Resilienz zu entwickeln.
Einige Kinder kommen mit einem etwas schwierigeren Temperament auf die Welt und für jene Kinder ist unsere innere Arbeit als Eltern sogar noch wichtiger. Aber unabhängig davon, was dein Kind mitbringt, wie du auf seine Persönlichkeit eingehst, wird seine Fähigkeit prägen, aus seinem Leben das Beste zu machen.
Dein Kind wird dich erfreuen und zur Verzweiflung bringen, dich begeistern und wütend machen. So wird es dich auch unabsichtlich zum Wachsen auffordern. Wenn du das Triggern merkst und noch bevor du handelst, dein Gleichgewicht wiedergewinnst, wenn du deine eigene Angst beruhigen kannst, über deine eigene Erfahrung nachdenken und dich damit versöhnen kannst, dann kannst du zufriedene, emotional gesunde Kinder ins Leben begleiten, die in jeder Hinsicht ihren Weg finden. Du kannst zu einem gelassenen Elternteil werden, der mit zufriedenen Kindern wächst.
Deine erste Elternpflicht
Achtsamkeit: Es einer Emotion erlauben zu kommen und wieder zu gehen, ohne darauf zu reagieren.
BENEDICT CAREY1
Achtsamkeit: Jemandem keins auf die Schnauze hauen.
Ein Elfjähriger,
zitiert nach Sharon Salzberg2
Dein Kind wird sich ziemlich sicher wie ein Kind benehmen, was heißt, dass jemand, der noch lernt, andere Prioritäten hat als du und nicht immer seine Gefühle oder Handlungen steuern kann. Garantiert wird dich sein kindliches Verhalten manchmal in Rage bringen, deine Knöpfe aktivieren. Das wird dann zum Problem, wenn wir selbst anfangen, wie Kinder zu handeln. Wenn wir unserem Kind Erwachsensein vermitteln wollen, muss auch jemand erwachsen handeln! Wenn wir stattdessen achtsam bleiben können – das heißt, unsere Emotionen wahrnehmen und sie vorüberziehen lassen, ohne darauf zu reagieren, dann zeigen wir den Kindern, wie emotionale Regulation geht, und sie lernen von uns durch Beobachtung.
Nicht ohne Grund werden wir im Flugzeug dazu angehalten, zuerst unsere eigene Sauerstoffmaske aufzusetzen. Kinder können diese Masken nicht erreichen oder verlässlich anwenden. Wenn wir nicht mehr zurechnungsfähig sind, können die Kinder weder uns noch sich selbst retten. Selbst wenn wir uns für unsere Kinder opfern würden, ist es unsere Verantwortung, zuerst die eigene Sauerstoffmaske anzulegen.
Ebenso wenig können Kinder allein mit ihrer Wut zurechtkommen. Sie finden nicht allein aus dem Gewirr der Eifersucht, das sie dazu drängt, die kleine Schwester zu schlagen. Da benötigen sie unsere Hilfe, um mit der Befürchtung umzugehen, wir liebten sie vielleicht nicht, weil sie irgendwie nicht so ganz genügen. Sie wissen, wären sie wirklich gut genug, dann würden sie die Schwester nicht hauen wollen, oder die Süßigkeit mopsen, oder sich nicht schreiend auf den Boden werfen. Aber sie können nicht anders, so sehr sie sich auch darum bemühen (vergleichbar damit, wenn wir das bewusste eine Stück Kuchen zu viel essen).
Genauso wie bei der Sauerstoffmaske ist es unsere Aufgabe, unserem Kind im Umgang mit seinen Emotionen zu helfen, was ihm wiederum hilft, sein Verhalten zu steuern. Wenn du stressgeplagt bist, völlig am Ende deiner Kraft, kannst du leider ebenso wenig konstruktiv für dein Kind da sein, wie wenn du im Flugzeug ohnmächtig wirst.
Deshalb besteht deine erste Elternpflicht darin, achtsam auf deinen inneren Zustand einzugehen. Achtsamkeit ist das Gegenteil davon, die Beherrschung zu verlieren. Versteh mich nicht falsch – Achtsamkeit bedeutet nicht, dass du den Ärger nicht fühlst oder verdrängst. Achtsam zu sein, bedeutet, dass du zwar aufmerksam auf deine Gefühle achtest, aber nicht ihrem Handlungsimpuls nachgibst. Ärger gibt es in allen Beziehungen. Darauf gedankenlos in Worten oder Taten zu reagieren ist es, was unseren elterlichen Bemühungen schadet.
Emotionen sind nützlich, so wie Hinweisleuchten am Armaturenbrett. Wenn in deinem Auto ein rotes Licht blinkt, würdest du es doch nicht zudecken oder die Verkabelung herausreißen, die es verursacht hat? Du würdest die Information beachten und darauf reagieren, etwa indem du das Auto zu einem Öl-Check in die Werkstatt fährst. Bei menschlichen Gefühlen besteht die Herausforderung darin, dass wir oft nicht wissen, was wir tun sollen, während wir sie fühlen. Wir sind so verdrahtet, dass wir für alle »schwierigen« Gefühle (diese roten Blinklichter in unserer Psyche, die im Laufe des Tages aufleuchten) nur drei Reaktionsweisen haben: Kampf, Flucht oder Erstarren.
Diese Strategien funktionieren in den meisten Notfallsituationen. Aber das Elterndasein ist – all unseren Ängsten zum Trotz – normalerweise kein Notfall. Normalerweise ist die beste Antwort auf aufwühlende Emotionen, ob als Eltern wie auch im übrigen Leben, die, erst einmal inne zu halten anstatt spontan zu reagieren. In anderen Worten: Tu erst einmal nichts, wenn du getriggert wirst.
Du kannst dich darauf verlassen, dass du manchmal von Kampf- oder Fluchthormonen vereinnahmt wirst. Wenn du aber lernst, darauf zu achten, wann du allmählich die Beherrschung verlierst, kannst du die Wahl treffen, wieder in den Gleichgewichtszustand zurückzukehren. Dieser friedvolle, innere Ort sorgt dafür, dass wir gemäß unseren wahren Werten weise und liebevoll handeln.
Aber was geschieht, wenn wir einfach nicht dorthin gelangen? Wenn unser Kind etwas tut, das uns verrückt macht, und all unsere Versuche, uns selbst zu beruhigen, nicht funktionieren?
Den Kreislauf durchbrechen: Unsere eigenen Wunden heilen
Ohne Reflexion wiederholt sich Geschichte oft … die Forschung hat deutlich gezeigt, dass die Verbundenheit unserer Kinder mit uns davon beeinflusst wird, was wir selbst als Kinder erlebt haben; sofern wir diese Erfahrungen nicht verarbeitet und verstanden haben.
DAN SIEGEL3
Von dem berühmten Psychologen Donald Winnicott stammen viele weise Beobachtungen zu Eltern und Kindern. Meine liebste lautet, dass Kinder keine perfekten Eltern brauchen. Wir müssen nur darauf achten, ihnen möglichst keinen Schaden zuzufügen und ihnen das Maß an »gewöhnlicher Hingabe« zu gewähren, das von den Eltern schon immer gefordert wird.
Leider ist das nicht so einfach, wie es sich anhört. Zuerst einmal hat Hingabe nichts »gewöhnliches« an sich. Wie Eltern wissen, bedeutet Hingabe, mit einem schreienden Baby, das eine Mittelohrentzündung hat, um zwei Uhr nachts in der Wohnung auf und ab zu gehen. Hingabe bedeutet, sich nach einem langen Tag dazu zu zwingen, seinen Kindern ein Essen zuzubereiten, wenn man eigentlich nur abschalten und es sich auf dem Sofa gemütlich machen will. Hingabe bedeutet, während einer Autofahrt in einer kalten Nacht, die Jacke auszuziehen und sie über das auf dem Rücksitz schlafende Kind auszubreiten. Diese gewöhnliche Hingabe ist dieselbe intensive Liebe, die Eltern im Lauf der Menschheitsgeschichte immer wieder dazu veranlasst hat, sich zwischen ihr Kind und eine Gefahr zu werfen, ob es sich dabei um fliegende Glasscherben oder feindliche Soldaten handelt.
Aber selbst wenn wir unsere Hingabe so ausdrücken, dass wir unsere Kinder bereitwillig an die erste Stelle setzen, ist es noch immer nicht leicht »hinreichend gute Eltern« zu sein. Sogar eine hingebungsvolle Mutter oder ein hingebungsvoller Vater verletzt unabsichtlich das eigene Kind oder hinterlässt bei ihm Narben. Das schließt auch diejenigen Eltern mit ein, denen ihre Kinder über alles gehen, die sich, wenn nötig, völlig selbstlos verhalten würden. Weshalb diese Kluft zwischen unseren Absichten und unseren Handlungen? Der Grund dafür ist, dass sich, während wir unserem Kind niemals absichtlich wehtun würden, in unserm Elterndasein wie auch in jeder anderen Beziehung, so vieles außerhalb unseres bewussten Gewahrseins abspielt.
Tatsächlich wurden wir praktisch alle in der Kindheit verwundet und wenn wir diese Wunden nicht heilen, hindern sie uns daran, die Eltern für unsere Kinder zu sein, die wir wirklich sein wollen. Wenn es einen Bereich gibt, in dem du als Kind Narben davongetragen hast, dann kannst du damit rechnen, dass dir dieser Bereich als Eltern Kummer bereitet – und du wiederum dein Kind verletzt.
Uns allen fallen dafür Beispiele ein: der Vater, der bei seinem Sohn unabsichtlich das verurteilende Erziehungsverhalten des eigenen Vaters wiederholt. Die Mutter, die dem Verhalten ihrer Kinder keine Grenzen setzen kann, weil sie deren Ärger auf sie nicht ertragen kann und schließlich selbstbezogene, ängstliche Kinder heranzieht. Die Eltern, die beruflich extra Überstunden machen, weil sie die eigene Fähigkeit, sich für ihr Baby zu interessieren (sprich: es zu lieben) anzweifeln. Uns allen gilt die Aufgabe, unsere eigenen Narben – einige eher unbedeutend, andere schmerzhafter – bewusst zu untersuchen, damit wir unseren Kindern keine neuen zufügen.
Die wunderbare Nachricht ist, dass uns das Elternsein eine Landkarte dafür liefert, wo sich diese Narben befinden, und die Chance, in die Tiefe zu gehen und uns zu heilen. Unsere Kinder besitzen ein untrügliches Gespür, uns diese wunden Stellen zu zeigen und Ängste und Ärger herauszulocken. Besser als der beste Zen-Meister oder Therapeut bieten uns unsere Kinder die perfekte Gelegenheit, zu wachsen und zu heilen. Die meisten Eltern sagen, dass sie durch die Liebe zu ihren Kindern verwandelt wurden: Sie wurden geduldiger, mitfühlender, selbstloser. Dicht an den Themen, die unsere frühe Psyche geformt haben, werden wir immer eine erhöhte Sensibilität spüren, aber sobald wir die verbleibenden Verletzungen heilen, wird unser Verhalten nicht länger davon gesteuert, und wir merken, dass uns diese Narben informieren, motivieren und zu besseren Eltern machen.
Wie kannst du also deine eigenen Kindheitsprobleme heilen und zu dem Elternteil werden, den du dir für deine Kinder wünschst?
• Lebe dein Elternsein bewusst. Wenn wir aufmerksam sind, merken wir es, wenn das Kind unsere inneren Knöpfe aktiviert. Natürlich handeln Kinder wie Kinder, und zwar immer. Das ist altersgemäß. Aber was manche Eltern nervt, wird von anderen mit einer ruhigen, warmen und humorvollen Haltung aufgenommen, die Kinder dabei unterstützt, sich benehmen zu wollen. Jedes Mal, wenn uns etwas »triggert«, sind wir über etwas gestolpert, das der Heilung bedarf. Wann immer dein Kind bei dir die inneren Knöpfe drückt, zeigt es dir eine unerledigte Thematik aus deiner Vergangenheit.
• Unterbreche den Kreislauf. Verwende die innere Pausentaste. Du musst mit deinen Kindern nicht die Vergangenheit wiederholen. Selbst wenn du den falschen Weg bereits ein großes Stück gegangen bist: Stopp. Atme tief ein und drücke die Pausentaste. Schließe den Mund, selbst wenn es mitten im Satz ist. Sei deswegen nicht peinlich berührt; du bist ein Vorbild für gute Aggressionsbewältigung. Spare dir die Verlegenheit für deinen nächsten Tobsuchtsanfall auf.
• Begreife, wie Emotionen funktionieren. Ärger ist eine Botschaft, dass etwas in unserem Leben nicht funktioniert. Dabei ist das Problem, dass er auch ein biologischer Zustand ist, der uns nicht dabei hilft, die beste Lösung zu finden. Wenn uns die hormonellen Reaktionen im Griff haben, die uns »ärgerlich« machen, tun und sagen wir Dinge, die wir sonst niemals sagen oder tun würden. Sind Körper und Emotionen im Kampf-oder-Flucht-Modus, erscheint dir dein Kind immer wie der Feind. Atme tief ein und warte, bis du dich beruhigt hast, bevor du etwas beschließt oder handelst.
• Drücke die Rückstelltaste deiner eigenen »Geschichte«. Wenn deine Kindheit leiderfüllt war, kannst du das nicht ändern. Was du jedoch verändern kannst, ist das, was du aus deiner Kindheit mitnimmst: deine »Geschichte«. Das tust du, indem du darüber nachdenkst, die schmerzhaften Gefühle fühlst, aber auch neue Blickwinkel berücksichtigst. Wenn dein Vater die Familie verlassen hat und du daraus gefolgert hast, dass du nicht gut genug warst, ist es an der Zeit, Missverständnisse aus dem Weg zu räumen und von deinem Standpunkt als Erwachsene zu verstehen, dass du mehr als gut genug warst und sein Weggehen nichts mit dir zu tun hatte. Wenn du von deiner Mutter geschlagen wurdest und daraus gefolgert hast, dass du ein böses Kind warst, wäre eine zutreffendere Erklärung, dass deine Mutter vermutlich voller Angst war und sogar das engelhafteste Kind der Welt geschlagen hätte. Du warst einfach wie jedes Kind: Du hast dich auf die einzige Weise nach Liebe und Zuwendung ausgestreckt, die du kanntest. Deine Geschichte zu bewältigen und neu zu schreiben kann ein schmerzvoller und zugleich befreiender Prozess sein. Außerdem ist es der einzige Weg, um zu dem gelassenen Vater, der gelassenen Mutter zu werden, die du für dein Kind sein willst.
• Baue Stress ab. Uns fällt es schwerer, die Eltern zu sein, die wir gerne wären, wenn wir völlig gestresst sind. Bau dir ein Repertoire an Gewohnheiten auf, die dir beim Entspannen helfen: regelmäßig Sport treiben, Yoga, ein warmes Bad, Meditation. Fehlt dir die Zeit dazu? Dann beziehe die ganze Familie mit ein. Lege Musik auf und tanzt gemeinsam dazu, geht Spazieren, bringe freitagabends alle mit Büchern versorgt früh ins Bett, damit du einen ruhigen, entspannten Abend hast und Schlaf nachholen kannst. Mache dir Entschleunigung zur Priorität und du wirst dafür auch Wege finden.
• Hole dir beim Betrachten alter Probleme Unterstützung. Alle Eltern brauchen Unterstützung und Gelegenheiten, über ihre schwierige Aufgabe zu sprechen. Manchmal können wir das ganz ungezwungen mit Freunden oder Verwandten tun. Manchmal kann eine eher förmlichere »Zuhör-Partnerschaft« mit einem anderen Elternteil, wie sie Patty Wipfler von der Organisation Hand-in-Hand-Parenting empfiehlt, die letzte Rettung sein. Vielleicht willst du in eine Elternselbsthilfegruppe gehen. Wenn du das Gefühl hast, auf der Stelle zu treten, suche dir eine Beraterin oder einen Berater, die dir dabei helfen, in deinem Leben zufriedener weiterzugehen. Es ist keine Schande, um Hilfe zu bitten; eher wäre das der Fall, wenn du deine elterliche Verantwortung nicht einhältst, indem du dein Kind körperlich oder seelisch verletzt. Wenn du denkst, dass du Hilfe brauchst, warte bitte nicht. Ergreife jetzt die Initiative.
Es gibt keine vollkommenen Eltern, weil Menschen laut Definition unvollkommen sind. Doch jedes Mal, wenn du aufmerksam bist, die innere Pausentaste drückst und deinen Stress bewältigst, wirst du ein wenig gelassener. Genau das gibt deinem Kind eine größere Chance, glücklich zu werden. Winnicott hatte recht. Unsere Kinder brauchen von uns keine Vollkommenheit. Dagegen brauchen sie Eltern, die ihr eigenes Wachstum begrüßen, bereit zur Wiedergutmachung sind und ihr Herz öffnen, wenn es sich verhärten will.
Wie du deinen Ärger bewältigst
Dieser Ansatz ist unglaublich wirkungsvoll und hat mein Leben verändert. Das Beste daran ist, dass man nicht perfekt sein muss. Man muss einfach echt sein, ehrlich und dazu fähig, Fehler zuzugeben. Anstatt im Alltag Donnerwetter heraufzubeschwören, schafft man Verbindungen, liebevolle Momente und teilt mit den Kindern seine echten Emotionen. Diese realen Augenblicke lehren unsere Kinder, wie sie selbst ihr bestes Ich sein können, nicht perfekt, einfach echt.
CARRIE,
Mutter von zwei Jungen unter vier Jahren
Da du eben ein Mensch bist, wirst du dich immer noch manchmal im Kampf-oder-Flucht-Modus wiederfinden, und dann erscheint dir dein Kind wie der Feind. Wenn dich die Wut überschwemmt, ist dein Körper kampfbereit. Er wird von Hormonen und Neurotransmittern überflutet. Sie sorgen dafür, dass sich die Muskeln anspannen, der Puls rast und die Atmung schneller wird. In solchen Momenten kann man unmöglich ruhig bleiben, aber wir wissen alle, dass körperliche Angriffe auf unsere Kinder – während es vielleicht momentane Erleichterung schafft – nicht dem entspricht, was wir wirklich tun wollen.
Also verpflichtest du dich jetzt, dein Kind nicht zu schlagen, nicht anzuschreien, dein Kind nicht zu beschimpfen und keine Drohungen auszusprechen. Wenn du unbedingt schreien musst, setz dich ins Auto, halte die Fenster geschlossen und schreie da, wo dich niemand hören kann – aber ohne Worte, denn sonst wirst du noch wütender.
Auch deine Kinder werden wütend; wenn du dich also der konstruktiven Aggressionsbewältigung verschreibst, profitieren sie davon doppelt. Du vermeidest nicht nur die Kinder zu verletzen, sondern bist ihnen sogar Vorbild. Sie werden dich ab und zu sicher ärgerlich erleben und wie du mit diesen Situationen umgehst, wird für sie sehr lehrreich sein. Wirst du ihnen vielleicht vermitteln, dass das Recht des Stärkeren gilt? Oder, dass auch Eltern Wutanfälle haben? Oder, dass Wut einfach menschlich ist und der verantwortungsvolle Umgang damit zum Erwachsenwerden gehört? Hier folgt, wie das geht:
• Mach eine 5-Minuten-Pause. Erkenne an, dass du generell im ärgerlichen Zustand nicht gut reagieren kannst. Erlaube dir stattdessen eine Auszeit und komm erst dann wieder zurück, wenn du Ruhe bewahren kannst. Ist dein Kind alt genug, um einen Augenblick allein zu bleiben, geh ins Bad, spritze dir Wasser ins Gesicht und nimm tiefe Atemzüge. Sag dir einfach so ruhig wie möglich: »Gerade bin ich zu wütend, um darüber zu reden. Ich werde mir eine Auszeit nehmen und mich beruhigen.« Dieses Aussteigen macht dein Kind nicht zum Sieger. Es schärft ihm nur ein, wie ernst sein Verstoß ist und ist ein Vorbild für Selbstbeherrschung. Falls dein Kind so jung ist, dass es sich verlassen fühlt, wenn du es allein lässt, dann gehe stattdessen an die Küchenspüle. Setz dich anschließend ein paar Minuten aufs Sofa. Ob du in der Nähe deines Kindes bist oder hinter einer verschlossenen Tür, verwende diese Zeit auf jeden Fall, um dich zu beruhigen und nicht, um dich in eine weitere Raserei hineinzusteigern, wie sehr du recht hast. Atme tief und leise und sage dir ein kurzes Mantra vor, das deine Gelassenheit wiederherstellt. Dein Kind wird zuschauen. Sorge dich nicht darum, dass du deinem Kind eigentlich verdeutlichen müsstest, was es angestellt hat. Es lernt gerade eine der wichtigsten Lektionen überhaupt: wie es starke Emotionen verantwortungsvoll reguliert.
• Hilf deinem Körper, Ärger zu entladen. Wenn du dich so sehr wütend fühlst, brauchst du eine Beruhigungsmethode. Halte inne, atme, erinnere dich daran, dass dies kein Notfall ist. Schüttle die Anspannung aus den Händen. Atme zehn Mal tief durch. Wenn du das Bedürfnis hast, ein Geräusch von dir zu geben, dann summe. Vielleicht möchtest du versuchen zu lachen, wodurch Spannung abgebaut und die Laune verändert wird. Sogar wenn du dir ein Lächeln abringst, sendet das die Botschaft an das Nervensystem, dass kein Notfall besteht und beruhigt dich allmählich. Klopfe beim Atmen auf den Akupunkturpunkt an der Seite jeder Hand (die Stelle, an der du einen Karateschlag ansetzen würdest) und bringe die Absicht zum Ausdruck, dass du dich beruhigen willst. Wenn du das Gefühl hast, deine Wut körperlich entladen zu müssen, lege Musik auf und tanze dazu.
• Verändere deine Gedanken, damit du deine Gefühle verändern kannst. Wenn du denkst, dein Kind sei ein verzogener Bengel, aus dem einmal ein Grobian wird, dann kannst du dich nicht beruhigen. Tatsächlich ist dein Kind ein sehr junger Mensch im Schmerz und das zeigt es dir durch sein Verhalten. Erinnere dich daran: »Es verhält sich wie ein Kind, weil es eben ein Kind ist. Mein Kind braucht meine Liebe am nötigsten, wenn es sie am wenigsten ›verdient‹. Es bittet mich, ihm bei seinen rechtmäßigen Bedürfnissen und Gefühlen zu helfen.«
• Höre deinem Ärger zu, anstatt darauf zu reagieren. Wie auch andere Gefühle gehört Ärger zu uns wie Arme und Beine. Jedoch sind wir dafür verantwortlich, wie wir damit umgehen. Zorn hält oft eine wertvolle Lektion für uns bereit, aber aus dem Ärger heraus zu handeln, ist abgesehen von den seltenen Situationen, in denen Selbstverteidigung vonnöten ist, selten konstruktiv, da wir dann in einer Weise handeln, wie wir es im vernunftgeleiteten Zustand niemals tun würden. Der konstruktive Weg im Umgang mit der Wut bedeutet, sich bei ihrem Ausleben zurückzuhalten, und, sobald wir uns beruhigt haben, damit diagnostisch umzugehen: Was läuft in unserem Leben so verkehrt, dass wir diese Wut fühlen, und was müssen wir tun, um die Situation zu verändern? Manchmal hängt die Antwort ganz klar mit unserem Elternverhalten zusammen: Wir müssen schon, bevor die Dinge aus dem Ruder laufen, anders vorgehen, die Kinder eine halbe Stunde früher ins Bett bringen, oder die Beziehung zu unserer Neunjährigen reparieren, damit sie uns nicht weiterhin so unhöflich behandelt. Ab und zu finden wir überrascht heraus, dass unsere Wut eigentlich mit unserem Ehepartner zusammenhängt, der sich in seiner Elternrolle nicht voll einbringt oder sogar mit unserer Chefin. Gelegentlich ist Wut eine Ermahnung, dass wir mehr Schlaf brauchen oder regelmäßig bei einem Freund oder einer Freundin Dampf ablassen sollten. Und manchmal lautet die Antwort, dass wir Wut mit uns herumtragen, die wir selbst nicht verstehen und an unseren Kindern auslassen. Dann müssen wir uns bei einem Therapeuten, einer Therapeutin oder in einer Eltern-Selbsthilfegruppe Hilfe suchen.
• Denke daran, dass es deine Wut verstärken und zum Eskalieren bringen kann, wenn du sie an einem anderen Menschen »abreagierst«. Entgegen der gängigen Vorstellung, dass wir unseren Ärger »abreagieren« müssen, damit er uns nicht auffrisst, zeigt die Forschung, dass uns das akute Abreagieren von Wut sogar noch wütender macht. Das wiederum verletzt die Andere, sie wird ängstlich oder ärgerlich und die Beziehung bekommt einen Riss. Kauen wir die Situation wiederholt im Geiste durch, beweist uns das immer nur, dass wir recht haben und der Andere unrecht, was uns, während wir so vor uns hin schmoren, umso wütender macht. Dagegen funktioniert es wirklich, wenn wir uns zunächst beruhigen und anschließend versuchen, die Ursache der Wut auf konstruktive Weise anzugehen.
• Warte ab, bevor du dein Kind disziplinierst. Da gibt es nichts, was Sofortmaßnahmen erfordert. Diese werden für die langfristige Entwicklung deines Kindes nie das Beste sein oder noch nicht einmal die beste Lösung zur zukünftigen Vermeidung des Problems. Rede so wenig wie möglich, bis du dich wieder beruhigt hast. Sag nur so etwas wie: »Ich muss mich erst beruhigen, bevor ich darüber reden kann.« Wenn du dir eine zehnminütige Auszeit nimmst und dich hinterher noch immer nicht fähig fühlst, ruhig und konstruktiv auf die Situation einzugehen, kannst du sagen: »Ich will darüber nachdenken, was passiert ist, und wir reden später darüber.«
• Vermeide unter allen Umständen körperliche Gewalt. Wenn du dein Kind schlägst, fühlst du dich vielleicht vorübergehend besser, weil du deine Wut entladen hast. Aber deinem Kind fügst du so dauerhaften Schaden zu und sabotierst schließlich das Positive, das du als Elternteil tust. Prügel und sogar ein Klaps führen sehr schnell zur Eskalation in schädliche und manchmal sogar tödliche Gewalt. Tu, was nötig ist, um dich zu beherrschen und wenn es bedeutet, dass du das Zimmer verlassen musst. Kannst du dich wirklich nicht beherrschen und greifst zu körperlicher Gewalt, dann entschuldige dich bei deinem Kind, sag ihm, dass Schlagen niemals in Ordnung ist und suche dir Hilfe.
• Vermeide Drohungen. Was du im wütenden Zustand androhst, wird nie vernünftig sein. Da Drohungen nur dann wirksam sind, wenn du auch dazu bereit bist, diese in die Tat umzusetzen, untergräbst du deine Autorität und wahrscheinlich wird dein Kind die Regeln auch das nächste Mal nicht befolgen.
• Achte auf Wortwahl und Tonfall. Die Forschung zeigt, dass wir uns umso ruhiger fühlen, je ruhiger wir sprechen, und uns dann auch die anderen umso ruhiger antworten. Umgekehrt werden wir und unsere Zuhörer durch Schimpfwörter oder andere emotional stark aufgeladenen Ausdrücke noch aufgeregter und die Situation eskaliert. Über Wortwahl und Tonfall haben wir die Macht, uns selbst und den Menschen mit dem wir reden, aufzuregen oder zu besänftigen (Erinnere dich, du bist das Vorbild.).
• Bedenke, dass du ein Teil des Problems bist. Wenn du für emotionale Arbeit offen bist, wird dir dein Kind immer zeigen, wo du an dir arbeiten musst. Bist du es nicht, dann wirst du mit deinem Kind immer wieder im selben Gefühlsstrudel stecken bleiben. Dein Kind handelt vielleicht in einer Art und Weise, die dich noch mehr reizt, aber du bist kein hilfloses Opfer. Übernimm die Verantwortung dafür, zuerst mit deinen eigenen Emotionen fertig zu werden. Zwar verwandelt sich dein Kind vielleicht nicht über Nacht in einen Engel, aber es wird merklich viel seltener ausflippen, sobald du selbst gelernt hast, Ruhe zu bewahren.
• Immer noch wütend? Forsche nach den darunterliegenden Gefühlen. Bleib nicht an deinem Ärger hängen. Sobald du ihm zugehört und angemessene Veränderungen vorgenommen hast, lass ihn los. Wenn das nicht klappt, erinnere dich daran, dass Ärger immer eine Form der Verteidigung ist. Er schützt uns vor dem Gefühl der Verletzlichkeit. Spüre die Verletzung oder Angst unter der Wut auf, um sie aufzulösen. Wenn dir die »Trotzanfälle« deiner Tochter Angst einjagen oder du darüber wütend bist, dass dein Sohn seine kleine Schwester schlägt, weil du selbst einmal als kleine Schwester geschlagen wurdest, dann denke über diese Gefühle nach und heile sie. Sobald du dazu bereit bist, die darunterliegenden Gefühle zu fühlen, brauchst du den Ärger nicht mehr als Verteidigung, und er wird sich auflösen.
• Wähle deine Kämpfe sorgfältig aus. Jede negative Interaktion mit deinem Kind verbraucht wertvolles Beziehungskapital. Konzentriere dich darauf, was wirklich wichtig ist, zum Beispiel, wie dein Kind andere Menschen behandelt. In einem größeren Zusammenhang betrachtet, nervt dich zwar die Jacke deines Kindes am Boden, aber sie ist es nicht wert, dein Beziehungskonto in die roten Zahlen zu bringen.
• Wenn du häufig mit deinem Ärger zu kämpfen hast, suche Beratung. Geniere dich nicht, um Hilfe zu bitten. Du bist als Mutter oder Vater dafür verantwortlich, die körperliche oder seelische Verletzung deines Kindes zu vermeiden.
Wie du damit aufhörst, dein Kind anzuschreien
Ich nehme Ihre Ratschläge gern an. Aber sie wirken nur, wenn ich ruhig bleiben kann, was mir wirklich sehr schwerfällt. Meine Mutter hat herumgeschrien. Ich stamme aus einer Familie, in der es über Generationen üblich war, die Kinder anzubrüllen. Wie durchbreche ich diesen Kreislauf?
CYNTHIA,
Mutter dreier Kinder unter sechs Jahren
Die meisten Eltern schreien ihre Kinder an. Die Hälfte der Zeit merken wir es nicht einmal. Unsere Stimme wird einfach immer lauter. Oder, wir wissen zwar, was wir tun, aber in der Situation scheint es uns vollkommen gerechtfertigt. Hast du denn wirklich gesehen, was das Kind angestellt hat?!
Aber wir alle wissen, dass unsere Kinder besser auf uns reagieren, wenn wir nicht schreien. Schreien lässt eine schwierige Situation eskalieren, aus einer Windbö wird ein ausgewachsener Sturm. Und wie sollst du von einem Kind erwarten, dass es seine Emotionen reguliert, wenn du das noch nicht einmal selbst kannst?
Wenn wir stattdessen ruhig bleiben können, beruhigt das auch alle anderen. Wir sind ein Vorbild für emotionalen Ausgleich. Dann sind wir fähig, wirksamer einzugreifen, um das Problem zu lösen. Unser Kind lernt, wie man von der Aufregung wieder in den Ruhezustand kommt. Unsere Beziehung zu unserem Kind wird gefestigt. Es kooperiert öfters. Und wenn wir ehrlich sind, wissen wir, dass es unser eigener Kram ist, der uns zum Schreien bringt. Einige Eltern würden dasselbe Verhalten sehen und könnten dabei empathisch bleiben oder humorvoll damit umgehen (wirklich!). Denn egal, wie schlimm sich unser Kind verhält, dahinter steckt ein Hilfeschrei. Manchmal erfordert sein Verhalten eine entschiedene Grenze, aber nie, dass wir gemein werden. Und sowieso kannst du deinem Kind nicht helfen, während du es anschreist.
Es ist nicht leicht, mit dem Schreien aufzuhören. Du kannst unbedingt aufhören wollen und ertappst dich dann doch wieder dabei. Wenn du selbst angeschrien wirst, kostet es ungeheuer viel Arbeit nicht zurück zu brüllen. Aber wenn du weißt, dass du mit dem Schreien aufhören willst, kannst du davon ausgehen, dass es auch möglich sein wird – ganz egal, wie sehr diese Gewohnheit bereits eingefahren ist. Das ist keine Hexerei. Genauso wie beim Erlernen des Klaviers fängst du heute damit an, Tonleitern zu üben; du übst täglich und bald kannst du einfache Melodien spielen. Ein Jahr später spielst du eine Sonate. Ich habe Hunderte von Eltern gesehen, die das meisterten.
Wird es schwer werden mit dem Schreien aufzuhören? Ja, es geschieht nicht durch Zauberei. Du musst dich täglich darum bemühen, und keiner kann es dir abnehmen. Das Schreien zu lassen mag sich wie ein Wunder anhören, aber du kannst es erreichen. Wenn du kontinuierlich daran arbeitest, wirst du eines Tages plötzlich merken, dass du dich gar nicht mehr daran erinnern kannst, wann du das letzte Mal geschrien hast.
• Verpflichte dich dazu. Die Forschung zeigt: Wenn wir uns in Worten bewusst auf eine bestimmte Handlungsweise »festlegen«, steigt auch die Wahrscheinlichkeit, dass wir sie tatsächlich umsetzen, insbesondere, wenn wir daran täglich arbeiten. Allein der Wunsch nach Veränderung genügt dagegen nicht, selbst das »Bedauern« über etwas, das wir getan haben, ändert selten etwas. Also schreibe deine Absichtserklärung auf ein Blatt Papier (»Ich werde mit meinem Kind respektvoll reden«) und befestige es da, wo du den Satz oft sehen wirst. Male es dir aus, wie schön es zu Hause sein wird, wenn du dort nicht mehr herumschreist. Stell dir vor, wie du auf die Situationen, die dich heute zum Schreien bringen, gelassen reagierst – vielleicht sogar empathisch oder mit einer Prise Humor. Suche dieses innere Bild immer wieder auf. Somit programmierst du dein Unterbewusstsein.
• Gib deiner Familie das verbindliche Versprechen. Allerdings gibt es einen Haken. Du musst dich einem anderen gegenüber verpflichten. Vor allem deinem Kind gegenüber musst du dich verpflichten, dass du mit dem Anschreien aufhören willst, weil dein Kind der einzige Mensch ist, der da sein wird, um dich zur Ehrlichkeit anzuhalten. Ist das ein wenig beängstigend? Ja. Aber du bist das Vorbild und willst du ein Kind, dass dich nicht anschreit, dann ist das der einzige Weg zu diesem Ziel. Erkläre also deinen Kindern, dass du dir vorgenommen hast, mit dem Schreien aufzuhören. Bastle dir eine Belohnungstabelle für »respektvollen Tonfall«. An jedem Abend entscheidet dann dein Kind (!), ob du dir einen Aufkleber verdient hast. So bleibst du in deiner Verantwortung.
(Bist du gegen Belohnungstabellen für Kinder? Ich auch, weil sie die falsche Lektion vermitteln, was wir noch in dem Kapitel über Disziplin besprechen werden. Aber da die Eltern alle Macht in der Familie haben, ist diese Tabelle ein Weg, das Kind dazu zu ermächtigen, die Eltern zur Verantwortung zu ziehen. Ich mache mir keine Sorgen, dass die Eltern dabei die falsche Lektion lernen. Lass dich nur nicht dazu hinreißen, zugleich auch deinem Kind eine Belohnungstabelle für respektvollen Tonfall aufzuzwingen. Es hat weniger Selbstkontrolle, wenn es wütend ist, als du und lernt am besten von deiner Vorbildwirkung.)
• Stopp-lass-los-atme gilt für jedes Mal, wenn du merkst, dass du die Stimme erhebst oder kurz davor bist. Wie geht das?
• Höre auf zu sprechen, sobald du merkst, dass du die Beherrschung verlierst. Schließe den Mund. Musst du unbedingt Töne von dir geben? Dann summe. Aber schließe den Mund.
• Lass los. Wirklich. Lass diesen Moment los. Das ist kein Notfall. (Falls doch, bring alle aus der Gefahrenzone und steige dann wieder in den Prozess ein.) Steige einfach aus der Situation aus.
• Atme zehn Mal tief durch. Schüttle die Hände aus. Das holt dich aus dem »Reptiliengehirn« heraus – aus dem Kampf-Flucht-oder-Erstarren-Modus – und hinein in die bewusste Gegenwart. Jetzt kannst du wählen, wie du handeln willst.
• Erinnere dich daran: Du bist der / die Erwachsene und dein Kind lernt aus allem, was du gerade jetzt tust. Schau dein Kind an und sage: »Ich arbeite hart daran, ruhig zu bleiben. Ich will nicht herumschreien. Lass mich ruhig werden und dann fangen wir noch einmal von vorne an.«
• Tu das, was dir hilft, aus der Kampf-oder-Flucht-Reaktion des Körpers herauszukommen – weitere tiefe Atemzüge, sage dir ein Mantra vor, spritze dir kaltes Wasser ins Gesicht, schau auf die Belohnungsliste für respektvollen Tonfall, erinnere dich daran, dass dein Kind wie ein Kind handelt, weil es eben ein Kind ist. Erinnere dich daran, dass kein Notfall besteht.
• Starte einen neuen Versuch. Du wirst es merken, wenn du nicht mehr im Kampf-Flucht-Modus gefangen bist, denn dann wird dir dein Kind nicht länger wie der Feind vorkommen, sondern wie dein geliebtes Baby, dem du versprochen hast, es zu hegen, zu lieben und in guter Weise ins Leben zu begleiten. Und jetzt beginne die Interaktion von Neuem.
Ganz schön schwer, oder? Sehr schwer, wenn du von neurochemischen Stoffen überschwemmt wirst, die dich zum Angriff treiben. Aber gleichzeitig auch einfach. Du wartest einfach mit der Interaktion, bis du dich beruhigt hast.
• Fragst du dich, wie dein Kind lernen wird, ohne dass du laut wirst? Verängstigte Kinder schalten in den Kampf-oder-Flucht-Modus. Dann machen die Lernzentren des Gehirns dicht. Wenn du schreist, kann dein Kind nicht lernen. Es ist immer viel wirksamer, wenn du ruhig und mitfühlend bist. Abgesehen davon, verlierst du sonst bei deinem Kind an Glaubwürdigkeit.
• Fragst du dich, ob du dein Kind so nicht zu leicht davonkommen lässt? Es ist verletzt und sein »Fehlverhalten« ist ein dringender Hilferuf an dich. Es flippt aus, weil es heftige Gefühle spürt, die es noch nicht verstehen und verbal ausdrücken kann. Natürlich zeigst du Grenzen und lenkst sein Verhalten um. Aber dein Eingreifen darf niemals gemein oder angsterregend sein. Du willst, dass dir dein Kind aus Liebe folgt und dich deshalb nicht enttäuschen will und nicht, weil du ihm Angst einjagst.
• Fragst du dich, ob du dann nicht unglaubwürdig wirkst? Dein Kind hat gesehen, dass du sehr aufgebracht warst. Es hat auch gesehen, dass du deine eigenen Emotionen verantwortungsvoll reguliert hast. Deine Erfahrung authentisch zu vertreten, bedeutet niemals, dass du sie an jemand anderem ungefiltert auslässt. Wie der Dalai Lama sagt: »Sei freundlich, wann immer es möglich ist. Es ist immer möglich.« Abgesehen davon sind es deine Emotionen, und nur ein Teil entsteht aus der aktuellen Interaktion mit deinem Kind. Der größere Teil stammt aus deiner eigenen Vergangenheit und der Perspektive, aus der du die momentane Situation betrachtest.
• Und was, wenn du dich trotz größter Bemühungen beim Schreien ertappst? Am Anfang wird dir das passieren – und zwar nicht nur einmal. Es ist aber kein Fehler, sofern du daraus lernst. Nimm jede Zielverfehlung zum Anlass, etwas zu verändern – hinsichtlich deines Tagesablaufs, deiner Einstellung oder Selbstfürsorge – damit du es beim nächsten Mal besser machen kannst. Unterstütze dich selbst, damit du dich ändern kannst.
Beachte, dass du dein Kind immer noch leiten kannst – eben respektvoll. Wenn du das jedes Mal tust, wenn du dich beim Schreien ertappst oder kurz davor bist, dann wirst du bald genügend Achtsamkeit entwickelt haben, um dich selbst zu bremsen, noch bevor du losbrüllst.
EIN DREI-MINUTEN-PROZESS, UM AUS EMOTIONALER ERREGUNG IN DIE GELASSENHEIT ZU KOMMEN
Laura, Sie sagen, um Schreien zu vermeiden, soll ich warten, bis ich mich beruhigt habe, und dann mit meinem Sohn neu anfangen. Aber wenn ich wütend werde, dann schaffe ich es nicht so schnell, mich wieder zu beruhigen. In der Zwischenzeit hat mein Sohn wieder etwas angestellt und ich muss ihm den Kopf zurechtrücken.
JEN,
Mutter eines Sohnes
Der »Stopp-lass-los-atme-Prozess« setzt voraus, dass du dich schnell genug beruhigen kannst, um das, was deine inneren Knöpfe aktiviert hat, noch einmal neu zu beginnen. Aber wenn dein Körper in den Kampf-oder-Flucht-Modus geht, wirst du mit neurochemischen Stoffen vollgepumpt, die dich zum Angriff stimulieren. Dein Kind erscheint dir wie der Feind und du spürst das dringende Bedürfnis »ihm den Kopf zurechtzurücken«.
Aber der Körper braucht keine Stunde, um sich zu beruhigen, es sei denn, du bist einem Tiger begegnet. Im Ernst: Egal, was dein Kind angestellt hat, es war kein Notfall. Wenn du mehr als ein paar Minuten brauchst, um dich zu beruhigen, hat das damit zu tun, dass du deinem Körper nicht vermittelt hast, dass es falscher Alarm war. Er funktioniert weiterhin im Kampf-oder-Flucht-Modus. Und im Geist bist du immer noch auf dem Kriegspfad, also dauert es eine Stunde, bis du dich »abgelenkt« hast.
Egal, was dein Kind gerade getan hat, aus der Ruhe heraus wirst du damit konstruktiver umgehen. Hier folgt ein dreiminütiger Aha!-Moment, um dir eine neue Sichtweise der Dinge zu eröffnen und deine Kampf-oder-Flucht-Reaktion zu beruhigen.
Minute eins: Welcher Gedanke regt dich auf?
• Sag ihn dir im Stillen. Vielleicht ist es etwas wie: »Er respektiert meine Autorität nicht … das muss ich im Keim ersticken.« oder: »Er manipuliert mich bloß!«
• Bedenke, dass dieser Gedanke, der dich ärgerlich macht, ziemlich sicher aus Angst entstanden ist. Das heißt, dass er nicht so wahr ist, wie eine Interpretation der Situation, die aus Liebe entsteht.
Minute zwei: Erkenne an, dass man jede Geschichte von (mindestens) zwei Seiten betrachten kann.
• Bedenke, dass deine Eltern bestimmt ebensolche Gedanken über dich hatten und dass trotzdem etwas aus dir geworden ist. Bei deinem Kind wird es ebenso sein.
• Betrachte die Situation aus der Perspektive deines Kindes. Zum Beispiel so: »Er zeigt mir, wie aufgewühlt er ist … er darf seine Gefühle haben.«
• Bedenke, wie dein ärgerlicher Gedanke die Art und Weise beeinflusst, wie du dein Kind behandelst. Angenommen, du lässt diesen Gedanken los, wie würdest du dann auf dein Kind eingehen?
Minute drei: Unterstütze deinen Körper die Gefühle freizusetzen.
• Klopfe auf den Akupunkturpunkt an der Handkante (der Punkt für den Karateschlag) und atme dabei tief durch.
• Sage dir während des Klopfens: »Obwohl ich aufgebracht bin, bin ich sicher. Ich kann mich beruhigen und diese Situation heilen.«
• Wenn du dich beim Gähnen ertappst, ist das prima – so baut der Körper Spannung ab. Je mehr du das praktizierst, umso schneller wird sich dein Körper beruhigen.
Jetzt kehrst du zu deinem Kind zurück und beginnst aus einer inneren Haltung der Liebe von Neuem. Hört sich das schwierig an? Das ist es auch, weil wir in der Wut von den bereits erwähnten Angriffshormonen überschwemmt werden. Aber wenn wir uns ein wenig für eine andere Perspektive öffnen, dringen wir bis zur Wurzel der Haltung, die das Schreien auslöst und ändern diese. Jeder Gedanke kommt entweder aus der Angst oder aus der Liebe. Wähle die Liebe.
Dein Kind hat einen Gefühlsausbruch: Wie du dabei die Fassung bewahrst
Wenn meine Kinder Trotzanfälle haben, ertappe ich mich dabei, dass ich mich so weit weg wie möglich wünsche, und es fällt mir wirklich schwer, Empathie für sie zu empfinden.
LAURA,
zweifache Mutter
Kinder reagieren aufgrund ihrer Unerfahrenheit und kognitiven Unreife oft emotional erregt. Unsere Fähigkeit, dann dennoch ruhig zu bleiben, hilft ihnen dabei, die neuronalen Bahnen zu entwickeln, die sie zur Selbstberuhigung brauchen. Aber die meisten von uns finden es schwierig, ruhig zu bleiben, wenn unser Kind die Beherrschung verliert. Etwas in uns will laut aufschreien: »Nein!«
• Nein, ich habe dafür jetzt keine Zeit!
• Nein, du bringst mich in Verlegenheit; die Leute gucken schon!
• Nein, was mach ich denn falsch, dass sie schon wieder einen Trotzanfall hat?
• Nein, warum tut er/sie mir das an?!
• Nein, warum kannst du dich nicht, wie ich, einfach zusammenreißen?
Bingo. Die meisten von uns haben als Kind gelernt, dass unsere Gefühle inakzeptabel, ja sogar gefährlich sind. Wenn also unser Kind einen Trotzanfall hat, wird unser inneres Kind getriggert. Gefahrensignale sind aktiviert. Wie immer, wenn Gefahr droht, spüren wir ein Gefühl von Panik. Wir wollen weg (Flucht) oder spüren Zorn – wir wollen unser Kind dazu bringen, dass es still ist (Kampf) oder spüren gar nichts mehr (Erstarren).
Unser Kind mit Empathie zu halten, ihm erlauben, all jene Gefühle herauszulassen? Seinen Ausbruch sogar dann zu akzeptieren, wenn er sich gegen uns richtet, ohne das persönlich zu nehmen? Das ist für die meisten Eltern zu viel verlangt. Da verflüchtigen sich alle unsere guten Absichten.
Und doch machen alle Kinder zahlreiche Erfahrungen von Angst, Wut, Frustration und Traurigkeit. Diese Erfahrungen müssen sie ausdrücken, und sie brauchen es, dass wir ihnen dabei zuhören. So lernen sie mit der Zeit, sich mit ihren Emotionen anzufreunden, damit sie lernen, diese zu bewältigen. Tatsächlich sind wir sogar ihr Vorbild. Unser Kind lernt, wie es seine Emotionen und sein Verhalten reguliert, indem es uns dabei beobachtet, wie wir unsere Emotionen und unser Verhalten regulieren. Was können wir also tun, um unsere eigenen tief verwurzelten Reaktionen auf die emotionale Erregung unseres Kindes anzugehen, damit wir für unsere Kinder präsent sein können?
• Erkenne deine eigenen Gefühle an. Unsere Panik angesichts der rohen Emotionen unseres Kindes ist ein Thema unserer Kindheit. Wir werden sie nur dann los, wenn wir herausfinden, wie sie uns als Kind dienlich war. Sage zu der aufsteigenden Panik: »Danke, dass du mich beschützt hast, als ich klein war. Jetzt bin ich aber erwachsen. Diese Gefühle sind in Ordnung.«
• Erinnere dich daran, dass es sich hier nicht um einen Notfall handelt. »Es ist normal, dass ich mich so fühle, wenn mein Kind emotional erregt ist. Egal, was geschieht, ich kann damit umgehen.« Niemand bedroht dich; das ist dein geliebtes Kind, das gerade jetzt deine liebevolle Unterstützung benötigt. Wenn dein Geist weiterhin Alarm schlägt, lass ihn wissen, dass du dich mit diesen Belangen später beschäftigen wirst, nicht jetzt.
• Erinnere dich daran, dass es in jedem Fall eine gute Sache ist, Gefühle auszudrücken. Dein Kind wird diese Gefühle in jedem Fall spüren. Die einzige Frage, die sich stellt, ist die, ob du deinem Kind vermittelst, dass es in Ordnung ist sie auszudrücken, oder ob du ihm beibringst, dass sie gefährlich sind. Sobald es seine Emotionen fühlt, verflüchtigen sie sich (falls dich das erstaunt, es ist die unterdrückte Emotion, die bei deinem Kind ohne Vorwarnung hervorbricht und es ausflippen lässt). Selbst wenn du es nicht von ganzem Herzen bejahen kannst, wenn dein Kind einen Tobsuchtsanfall bekommt, versuche vom automatischen Nein auf ein freundliches Okay hinzuarbeiten, genauso wie in anderen Situationen, in denen dich dein Kind braucht.
• Verringere den Druck. Du musst dein Kind oder die Situation nicht in Ordnung bringen. Du musst nur einfach präsent sein. Dein Kind braucht noch nicht einmal die rote Tasse oder weswegen es sonst weint; es braucht deine liebevolle Akzeptanz seiner selbst mit allen Gefühlsverstrickungen. Seine Enttäuschung, Wut, sein Kummer? All das ist in Ordnung und wird vergehen, ohne dass du etwas tust, außer dein Kind zu lieben.
• Atme tief durch und wähle die Liebe. Jede Wahl, die wir treffen, ist in ihrem Kern entweder eine Bewegung hin zur Liebe oder hin zur Angst. Lass zu, dass dir die Fürsorge für dein Kind Mut macht, die Liebe zu wählen. Und zwar nicht nur die Liebe für dein Kind, sondern auch für das Kind, das du einst warst und für den Vater oder die Mutter, der oder die du heute bist. Atme einfach weiter und sage zu dir selbst: »Ich wähle die Liebe.« Zu abgedroschen? Laut Forschung funktioniert es. Aber du kannst dir leicht ein anderes wirkungsvolles Mantra suchen: »Auch das wird vorübergehen. … bei mir ging es gut aus, also wird es auch bei ihr gut gehen … ich schaffe das …«, was eben bei dir funktioniert.
• Halte die Emotion aus, ohne ihrem Handlungsimpuls zu folgen. Wenn du willst, kannst du das Handeln später nachholen. Oder sogar in ein paar Minuten, sobald du dich beruhigt hast. Fürs Erste erlaube dir einfach, die Emotion zu fühlen. Atme dich hindurch. Benenne sie, wenn dir das hilft. Okay, das ist Wut. Aber was steckt darunter? Verletzung? Angst? Enttäuschung? Achte darauf, wie sich das im Körper anfühlt.
• Mach es nicht kompliziert. Dein Kind braucht dich für seinen Emotionsausbruch als Zeugen, der es wissen lässt, dass es trotz der ekligen Gefühle in ihm drin noch immer liebenswert ist. Erklärungen, Verhandlungen, Reue, Gegenbeschuldigungen, Ratschläge, eine Analyse dessen, weshalb es so erregt ist, oder »Trostversuche« (»Aber, aber, wer wird denn da weinen, das reicht jetzt.«) wird diesen natürlichen Prozess abbrechen. Zwinge dein Kind nicht, sich verbal auszudrücken; bei so starker Erregung ist ihm der rationale Hirnbereich nicht zugänglich. Natürlich willst du ihm in der Situation »etwas vermitteln« – aber das muss vertagt werden. Dein Kind kann erst lernen, wenn es sich beruhigt hat. Viel musst du nicht sagen. Vielmehr kommt es auf deinen ruhigen, liebevollen Tonfall an. Vielleicht so:
• Du bist in Sicherheit. Ich bin bei dir.
• Ich höre dich. Jeder muss manchmal weinen.
• Du schickst mich weg, also werde ich ein wenig zurückgehen, aber ich werde dich mit diesen erschreckenden Gefühlen nicht allein lassen.
• Wenn du bereit bist, bin ich für eine Umarmung da.
• Suche einen Weg zur Verarbeitung deiner eigenen Gefühle. Es gibt nichts, was primäre (Ur-)Gefühle stärker triggert als die Elternschaft. Auch du musst dich abreagieren, was bedeutet, diese Emotionen zu fühlen und dich hindurch zu atmen, ohne ihrem Handlungsimpuls nachzugeben. Einige von uns tun das über das Tagebuchschreiben oder Weinen, aber vielleicht brauchst du auch jemanden, der dir einfach nur zuhört. Jemanden, der der Versuchung widersteht, Ratschläge zu erteilen. Menschen, die es nicht schockiert, wenn du zugibst, dass du dein Kind am liebsten gegen die Wand knallen oder im Lebensmittelladen zurücklassen würdest, weil sie wissen, dass jeder solche Momente erlebt und du es nicht wirklich tun würdest. Jemand, der dein Weinen zulässt, der für dich so da ist, wie du es für dein Kind bist.
• Das bedeutet für Eltern harte Arbeit. Für unsere Kinder ist es aber ein großes Geschenk. Die gute Nachricht lautet: Sobald wir bei unseren Kindern die komplette Gefühlsskala bejahen, lernen auch sie, diese auf gesunde Weise zu bewältigen. Sogar unmittelbar nach jedem Tobsuchtsanfall, dem du liebevoll begegnest, wirst du positive Folgen sehen, denn dein Kind fühlt sich nach dem Entleeren dieses vollen Emotionsrucksacks viel besser. Das ist praktisch umgesetzte bedingungslose Liebe.
Natürlich kannst du auch mit dir fürsorglich umgehen, während du dein Kind ins Leben begleitest
Für mich kam die Wende, als Laura Markham darüber sprach, wie entscheidend für uns Eltern der eigene gut gefüllte Tank ist. Wenn wir den Tag leer beginnen, haben wir unseren Kindern nichts zu geben. Für mich ist es lebenswichtig, etwas zum Wiederauftanken zu haben, also stehe ich jeden Morgen um 6 Uhr auf und gehe allein Spazieren. Das verleiht mir neue Kraft und hilft mir, mich zu fokussieren, sodass ich mich dem neuen Tag und den Bedürfnissen meiner Kinder stellen kann. Verabredungen mit Freunden sind ebenfalls unverzichtbar, also bin ich in meiner Kirchengemeinde einigen Gruppen beigetreten, damit wir alle so viel Zeit mit Freunden verbringen, wie es uns guttut.
AMANDA,
Mutter zweier Kinder im Alter von vier und zwei
Der wichtigste Vorsatz aller Eltern? Geduldiger sein. Aber wenn du dich mit Geduld wappnen musst, ist das ein Signal dafür, dass deine Tankfüllung schon gefährlich zur Neige geht. Willenskraft allein genügt nicht. Deine wahre Aufgabe besteht darin, deinen Tank so weit gefüllt zu halten, dass du viel Freude und Präsenz mit deinem Kind zu teilen hast. Kinder lieben deine freudvolle Präsenz und werden so zufriedener und kooperativer.
Wenn du dich häufig verbittert, verbraucht oder ausgelaugt fühlst, dich oft bei negativen Gedanken über dein Kind ertappst oder das Kind regelmäßig anschreist, dann leidest du vielleicht daran, dass du dich sozusagen auf dem Altar des Elterndaseins opferst. Das geschieht dann, wenn wir vergessen, uns selbst genügend Aufmerksamkeit zu widmen. Uns unterversorgt zu fühlen, tut nicht gut. Das tötet unsere Lebensfreude. Und das ist nicht gut für unsere Kinder, die es am Ende mit einem verbitterten, negativen und ungeduldigen Elternteil zu tun haben.
Letztlich bist nur du dafür verantwortlich, wie du deine kurze Lebenszeit gestaltest. An deinem Sterbebett wirst du sonst niemanden finden, dem du Vorwürfe machen kannst, wenn du unglücklich gewesen bist. Die geheime Arbeit des Erwachsenenalters beinhaltet, dass wir noch immer weiterwachsen. Elternschaft zwingt uns zu lernen, uns selbst ebenso Eltern zu sein wie unseren Kindern. Wenn du alt genug bist, um selbst Kinder zu haben, sind deine Eltern aus dem Schneider. Jetzt stehst du selbst in der Verantwortung. Du verdienst all jene Zärtlichkeit, mit der du ein Neugeborenes überschütten würdest. Indem wir uns selbst diese Liebe geben, verwandeln wir unser Elternsein und unser Leben.
Heißt das, du solltest zu deinem Kind sagen, dass es nicht erwarten soll, seine Bedürfnisse erfüllt zu bekommen, dass jetzt endlich einmal du zuerst an die Reihe kommst? Natürlich nicht. Beim Wachsen mit Kindern geht es darum, dein Kind zu hegen, was bedeutet, dass du darauf achtest, was es braucht und versuchst, es damit zu versorgen. Schließlich bist du der oder die Erwachsene. Aber wir können nur bis zu dem Grad gelassene Eltern sein, wie wir uns selbst »beeltern«.
Zum Teil bedeutet das, von nun an anders mit dir umzugehen, nämlich dich selbst den ganzen Tag über in kleinen Dingen fürsorglich zu behandeln. Zum Teil bedeutet es, auch deine Haltung zu verändern: Frieden in dir selbst finden. Die Lösung besteht darin, uns jeden Augenblick des Tages so gut wie möglich um uns selbst zu kümmern, ebenso wie wir es für unsere Kinder tun. Dabei erkennen wir sowohl unsere als auch ihre Bedürfnisse an. Die schlechte Nachricht lautet: Das bedeutet Arbeit. Aber genau diese innere Arbeit, uns selbst mitfühlend zu umarmen, verändert uns. Das geht so:
• Mach es dir zur Gewohnheit, dich den ganzen Tag über so oft wie möglich auf dich einzustimmen. Nimm einfach einen tiefen Atemzug und lass zu, dass er den ganzen Körper mit Wohlbefinden durchströmt. Atme Ruhe ein, atme Stress aus. Einfach bei dir selbst zu sein ist eine wesentliche Form der »Aufmerksamkeit«, die wir alle brauchen.
WENN DU DICH ÜBERWÄLTIGT FÜHLST
• Konzentriere dich aufs Wesentliche. Sind deine Kinder satt? Hast du sie umarmt und ihnen gesagt, dass du sie über alles liebst? Kinder spüren es, wenn wir gestresst und innerlich von ihnen getrennt sind. Dann benehmen sie sich unpassend und genauso werden sie auch oft durch eine Umarmung wieder zu ihrem besten Selbst zurückgeholt.
• Hole dir Unterstützung. Elternsein ist für Menschen die größte Herausforderung überhaupt. Wie die Autorin Anne Lamott schreibt: »Geh mit dir selbst durch den Tag, wie du es mit deinem liebsten, nicht mehr ganz zurechnungsfähigen Familienangehörigen tun würdest: mit viel Humor und vielen kleinen Aufmerksamkeiten.« Damit meine ich keine Kekse. Versuch es dagegen mit einem liebevollen Kuss für deinen Ehepartner (selbst wenn sich die Ehe gerade nicht vollkommen anfühlt), einer Umarmung deines Kindes (selbst wenn es ebenso wenig vollkommen ist). Suche dir außerdem jemanden (der nicht versucht, dich oder dein Kind zu reparieren), bei dem du über das schwierige Elterndasein Dampf ablassen kannst.
• Unterstütze dich selbst. Sprich mit dir wie zu jemandem, den du liebst. Verteile überall im Haus Klebezettel mit inspirierenden Gedanken, damit sich deine Laune hebt. Lass das schmutzige Geschirr im Spülbecken stehen und nimm selbst ein langes Bad. Erlaube dir, den Sonnenuntergang wirklich zu genießen. Überlege dir vor dem Schlafengehen drei Dinge, die du an dir selbst wertschätzt. Gönne dir genügend Schlaf.
• Wenn du die Beherrschung verlierst, mach was draus. Du hast es also vermasselt. Dann nutze diese Gelegenheit, um in einer Lektion aus dem Alltag zu zeigen, wie sich ein reifer Mensch entschuldigt, Verbindung wiederherstellt und den Schaden wiedergutmacht. Jede Krise ist eine Chance, einander näherzukommen, sofern du bereit bist, die Dinge von beiden Seiten vorurteilsfrei zu betrachten.
• Fang noch einmal ganz von vorn an. Wenn du merkst, wie du laut wirst, halte inne, atme und sage: »Es tut mir leid, da redet meine schlechte Laune … lass es uns noch einmal neu versuchen … eigentlich wollte ich das hier sagen: … « Damit übernimmst du die Verantwortung für deine Gereiztheit, sodass sich deine Kinder nicht wie schlechte Menschen fühlen. Und du bist ihnen Vorbild, infolgedessen auch sie ihren Kurs korrigieren können.
• Gib deinem Kind Anerkennung. Selbst wenn es dich zum Wahnsinn treibt, gibt es doch irgendetwas, das du an deinem Kind liebst. Wenn du davon Notiz nimmst, wirkt das so, als sagtest du: »Bitte mehr davon.« Daraufhin wird dein Kind aufblühen.
• Ziehe dich nie gefühlsmäßig zurück. Dein Kind ist darauf angewiesen, dass du die Vision seines besten Selbst im Herzen behältst. Wenn es dein Aufgeben spürt, wird es sich selbst aufgeben. Ist es vom Weg abgekommen, dann hol es zurück, aber folge ihm nicht auf der »low road« (dem Blitzweg zum Reptiliengehirn). Umarme das Kind mit deiner Liebe und es schließt sich dir wieder auf der »high road« an (dem langsameren Weg über das Großhirn).
• Wähle einfach immer wieder die Liebe. Wenn du aufmerksam bist, wirst du merken, dass das Leben ständig Wahlmöglichkeiten bereit hält. Solltest du dein Kind streng behandeln, weil du Angst davor hast, es würde sonst nichts lernen? Solltest du deinen Ehepartner darauf hinweisen, dass du recht hattest? Solltest du dem Impuls folgen, mit dem Putzen aufzuhören und ein Schaumbad nehmen? Im Kern jeder Entscheidung geht es um die Wahl zwischen Liebe und Angst. Wähle so oft wie möglich die Liebe. Täglich bekommst du neue Chancen, mit deinem Kind so zu interagieren, dass es für euch beide heilsam ist. Dein Leben besteht aus der Summe deiner Entscheidungen. Natürlich triffst du auch ungünstige. Aber jede Wahl wendet das Verhältnis.
Wenn du natürlich jeden Tag als hart erlebst, ist das ein Zeichen dafür, dass du etwas in deinem Leben verändern musst. Du verdienst es, dich gut zu fühlen. Und dein Kind verdient dein Bestes und nicht das, was am Bodensatz noch von dir übrig ist.
• Halte jedes Mal inne, wenn du merkst, dass du nachtragend oder gereizt wirst. Frage dich: »Was brauche ich gerade, um im Gleichgewicht zu bleiben?«, dann versorge dich damit, egal, ob dein Kind anwesend ist oder nicht. (Fünf Minuten auf der Treppe ausruhen und dem Vogelgezwitscher lauschen? Ein Glas Wasser? Fünf Minuten zu mitreißender Musik tanzen?). Wenn du es nicht sofort tun kannst, verabrede dich mit dir selbst für später (Ein Bad, sobald die Kinder im Bett sind? Ein Glas Wein mit deinem Ehepartner? Heute früher Schlafengehen?).
• Finde heraus, welche Tageszeiten herausfordernd sind und überlege dir, was du tun kannst, damit du sie gut überstehst. Es ist dein Leben und du bist dafür verantwortlich, egal ob es sich danach anfühlt oder nicht. Wenn du dich weiterhin als Opfer fühlst, hilft es deinen Kindern nicht weiter. Erschöpft dich das Abendritual? Verändere etwas, ob das nun heißt, dass du dir die Verantwortung dafür stärker mit deinem Ehepartner teilen willst, früher damit anfängst, gut sichtbar einen Ablaufplan aufhängst, selbst früher schlafen gehst oder eine Tasse Tee genießt, während du deinem Kind vorliest.
• Nimm so oft du kannst, die Schönheit und Freude jedes Augenblicks in dir auf. Hör auf zu hetzen und schwelge im Lachen deines Kindes, dem Duft seines Haars, seiner Freude darüber, wenn es etwas Neues gemeistert hat. »Die Fülle zu genießen« lässt deine Seele auftanken. Wenn du ganz und gar präsent bist, inspiriert das deine Kinder, sich mit dir zu verbinden und zu kooperieren. Und es heilt dich davon, dich auf dem Altar der Elternschaft zu opfern.
Zehn Regeln, wie du das Heranwachsen wunderbarer Kinder begleitest
Innerhalb eines einzigen Monats habe ich an meiner Tochter große Veränderungen beobachtet. Gelingt es mir nämlich, ruhig zu bleiben und die Situation in ein Spiel oder einen Scherz zu verwandeln, während ich weiterhin die Regeln durchsetze, bekommt sie keinen Wutanfall. Sie folgt besser, wenn ich »Nein« sage, und ist einfach zufriedener und umgänglicher. Es kommt wirklich darauf an, dass ich mich besser verhalte, dann tut sie das auch!
BRIANNA,
Mutter einer Zweijährigen.
Oft fragen mich Eltern, wie es gelingen kann, großartige Kinder ins Leben zu begleiten. Mir scheint, dass dabei die wichtigsten Regeln für uns gelten, nicht für unsere Kinder. Wir beginnen damit, dass wir für uns selbst Verantwortung übernehmen und enden mit Verbindung als ultimativer Regel. Bei allem anderen dazwischen geht es um langfristiges Coachen.
1. Die wichtigste Elternfähigkeit: Reguliere dich selbst. Sorge gut für dich selbst, damit du nicht an deinen Kindern Dampf ablässt. Greife ein, bevor deine eigenen Gefühle außer Kontrolle geraten. Halte deinen Tank gefüllt. Je mehr du dich mitfühlend um dich selbst kümmerst, umso mehr Liebe und Mitgefühl hast du auch für dein Kind. Denke daran, dass dich dein Kind in allem nachahmen wird, was du tust, ob du herumschreist oder abwertende Bemerkungen über deinen Körper machst.
2. Die wichtigste Elternverpflichtung: Sei Fürsprecher deines Kindes und gib es nie auf. Eine Blume, die nicht gedeiht, schreist du ja auch nicht an: Du wirst sie gießen. Erkenne an, wo sich dein Kind gerade befindet. Gehe auf seine Bedürfnisse ein und nicht darauf, wovon du glaubst, dass es das braucht. Jedes Kind verdient mindestens einen Menschen, der 110 prozentig auf seiner Seite steht. Das heißt nicht, dass dein Kind immer recht hat. Es bedeutet vielmehr, dass dein Kind immer jede zusätzliche Mühe wert ist, dass jedes Quäntchen Liebe, das du in dein Kind investierst, Gutes bewirkt.
3. Das wichtigste Erziehungsgeheimnis: Entgegen aller darüber verfassten Bücher funktioniert Disziplinierung nicht. Durch Strafe wird das Verhalten deines Kindes immer verschlimmert. Sie zu vermeiden, ist das Wichtigste, was du tun kannst, um verantwortungs- und rücksichtsvolle Kinder großzuziehen. Statt dein Kind zu bestrafen, leitest du es liebevoll an und setzt zwar seinem Verhalten Grenzen, begegnest jedoch seinen Gefühlen immer mit Empathie, auch jenen, die das Kind aufgrund deiner Grenzsetzung fühlt. Sowohl Empathie als auch Anleitung undGrenzen sind wesentlich; nichts davon ist für sich allein ausreichend.
4. Was Kinder brauchen, dir aber niemand sagt: einen sicheren Ort, um Gefühle auszudrücken, während du »zuhörst«. Wenn du ein Kind so ins Leben begleiten willst, dass es sein Verhalten steuern kann, muss es erst die Emotionen steuern können, die dieses Verhalten antreiben. Und wenn du ein Kind willst, das seine Emotionen steuern kann, dann muss es zuerst wissen, dass es einen sicheren Ort (in deinen Armen) zum Weinen und Toben hat, wo es nicht vorschnell beruhigt wird. Lachen setzt dieselben Spannungen frei wie Weinen, daher ist auch das Spielen ein wunderbarer Weg, um Kinder darin zu unterstützen, ihre Ängste und Enttäuschungen auszudrücken. Kinder, die von klein auf im Umgang mit ihren heftigen Gefühlen unterstützt werden, lernen sehr bald die eigenen Gefühle (und daher auch ihr Verhalten) zu steuern.
5. Wovon sich dein Kind wünscht, dass du es begreifst: Dein Kind ist eben ein Kind und versucht sein Allerbestes. Rechne mit altersentsprechendem Verhalten, nicht mit Perfektion, und achte auf deine Prioritäten. Dein Kind nimmt vor deinen Augen Gestalt an – es entwickelt sich noch und wird aus fast allem unangemessenen Verhalten herauswachsen. Sein unordentliches Zimmer ist weniger wichtig als sein Verhalten gegenüber dem kleinen Bruder.
6. Das nützlichste Mantra: Nimm es nicht persönlich. Egal, was dein Kind tut: Dir wird es viel leichter fallen, darauf gelassen zu reagieren, wenn du merkst, sobald dich etwas triggert. Hier geht es aber nicht um dich, sondern um dein Kind, einen sehr jungen Menschen, der sein Bestes tut, um mit deiner Unterstützung zu lernen und zu wachsen. Kultiviere deinen Sinn für Humor. Das wird dir auch bei der Vermeidung von Machtkämpfen helfen. Bestehe nicht darauf, recht zu haben; hilf deinem Kind vielmehr, sein Gesicht zu wahren. Wenn deine inneren Knöpfe aktiviert werden, betrachte das als Gelegenheit, diesen Knopf ans Licht zu bringen, damit er keine Macht mehr über dich hat.
7. Woran du dich erinnern musst, wenn schwierige Zeiten kommen: Jedes Fehlverhalten hat seinen Ursprung in unerfüllten Grundbedürfnissen. Erfülle die Bedürfnisse deiner Kinder nach Schlaf, Nahrung, Zeit zum Ausspannen, Kuscheln, Verbindung, Spaß, Meisterschaft und Sicherheit. Lass die Kinder im Vorfeld wissen, welches Verhalten du von ihnen erwartest. Kinder wollen erfolgreich sein. Baue ihnen Stück für Stück ein »Gerüst«, mit dessen Hilfe sie das Gewünschte auch bewältigen können. (Tun sie es nicht, ist das ein Beziehungs- und kein Verhaltensproblem.)
8. Der beste Erziehungsspezialist? Dein Kind. Erlaube ihm, dir vom frühesten Säuglingsalter an, zu zeigen, was es braucht. Höre mit dem Herzen zu. Sei bereit dich zu verändern und zu wachsen – und lerne, diesen Prozess zu genießen.
9. Das einzig Beständige? Veränderung. Was gestern funktioniert hat, wird morgen nicht mehr gelten, also muss sich dein Erziehungsansatz in dem Maß verändern, wie sich die Kinder entwickeln. Offenbar bekommt jeder von uns das perfekte Kind, das uns zeigt, was wir zu lernen haben.
10. Das Allerwichtigste: Bleibt miteinander verbunden und entziehe deinem Kind niemals deine Liebe, nicht einmal für einen Augenblick. Schütze vor allem anderen die Beziehung zu deinem Kind. Der tief greifendste Grund, weshalb ein Kind kooperiert, ist der, dass es dich liebt und dir gefallen will. Nur über die Liebe kannst du auf dein Kind Einfluss nehmen. Liebe braucht dein Kind am meisten. Und diese Nähe macht alle Opfer des Elterndaseins wett.