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Kapitel 2

Blutiger Schicksalsschlag

Es war lange nach Mitternacht, als Ciel erschöpft, ausgelaugt und ganz in Gedanken versunken im kleinen Laden des 24-Pizza-Lieferservices Mamma Mia aufkreuzte.

Auf dem Weg dorthin hatte sie sich mehrmals verlaufen, war besorgt und grübelnd herumgeirrt und immer wieder die grausamen Dinge durchgegangen, die geschehen waren und die sie sich noch immer nicht erklären konnte.

Sie hatte noch schnell Toivo an seinem Platz in der Gasse angebunden, bevor sie nun ihrem Chef gegenübertreten musste. Dass sie die ganze Zeit nicht aufgetaucht war, ihre Arbeit nicht erledigt hatte und ihr nun womöglich schlimme Konsequenzen drohten, interessierte sie im Moment jedoch kaum. Ihre Gedanken kreisten immer noch um all die mysteriösen Dinge, die ihr passiert waren. Sie hatte Angst, fühlte sich hilflos und wusste nicht, was sie tun oder glauben sollte. Es gab niemanden, der ihr aus diesem schwarzen Loch heraushelfen konnte. Sie musste mit all ihren verwirrenden Gefühlen und jenen merkwürdigen Ereignissen selbst klarkommen. Und nichts von alledem ergab einen Sinn, so sehr sie auch versuchte, die Puzzleteile zusammenzufügen.

Der Laden war nicht sonderlich sauber. Die Tische klebten und die roten Sitzbezüge der Stühle hatten Risse, aus denen die Füllung quoll. Es roch unangenehm nach Schweiß und Zwiebeln. Auch der Boden war seit einer gefühlten Ewigkeit nicht gewischt worden. Das Licht der Glühlampen flackerte schwach, eine funktionierte gar nicht.

Außer ihr selbst und dem ständig grimmig dreinblickenden Inhaber war niemand mehr hier. Ihr Chef Henry stand hinter dem Tresen und bereitete gerade mehrere Pizzateige zu. Er schnaubte, Strähnen seines schwarzen Haares klebten ihm an der schweißnassen Stirn, während er wortlos die Teige knetete. Über seinen Schwabbelbauch spannte sich eine Schürze, die mit Mehl und Schmutzflecken übersät war. Er war so in seine Arbeit versunken, dass er nicht gehört hatte, wie Ciel den Laden betreten hatte. Erst als sie am Tresen stand, blickte er zu ihr auf.

Seine Augen verengten sich, sein Gesicht färbte sich schneller rot als eine Ampel, und der hässliche Schnauzbart erzitterte, als er tief Luft holte, um Ciel eine Standpauke zu halten.

»Wo zum Teufel bist du gewesen? Ich habe den Laden ohne dich geschmissen, du dumme Gans! So wie du aussiehst, warst du wohl die ganze Zeit Party machen, was? Du schmeißt mein hart verdientes Geld einfach so zum Fenster raus und versäufst alles! Ich bezahle dich nicht fürs Nichtstun! Ich verlange eine Entschuldigung«, keifte er und besprühte Ciel mit ordentlich viel Spucke.

Durch sein ohrenbetäubendes Gebrüll hatten die Lampen an der Decke gewackelt, doch seine Worte waren wie Nebel an Ciel vorbeigezogen. Sie hatte ihm nicht zu gehört, denn in ihrem Kopf herrschte noch immer Chaos. Was vor wenigen Stunden geschehen war, kam ihr wie ein schrecklicher Albtraum vor. Doch es war real gewesen. So real, dass sie es nicht verarbeiten konnte.

Sie biss sich auf die Lippe, aber die schrecklichen Bilder wollten einfach nicht aus ihrem Kopf verschwinden: Das Mädchen, das genauso ausgesehen hatte wie sie, das ohrenbetäubende Knallen und der Himmel, der sich wie bei einem apokalyptischen Sturm schlagartig stockdunkel verfärbt hatte, ein in Flammen aufgehender Supermarkt, die Hitze und der dichte Rauch. Der Verkäufer, der plötzlich vor ihren Augen zusammengebrochen und gestorben war. Nicht zu vergessen ein mysteriöser, gut aussehender Junge, dessen Namen sie nicht kannte, der aber wusste, wer sie war. Und er schien noch so viel mehr über sie zu wissen. So viel, dass es unheimlich war.

»Du wirst jetzt den ganzen Laden auf Vordermann bringen, hast du verstanden? Mein Gesicht soll sich auf dem Boden spiegeln«, brüllte Henry sie an und feuerte ihr ein schmieriges Geschirrtuch ins Gesicht.

Ciel hob verwirrt den Kopf und stammelte eine leise Entschuldigung.

»Du wirst alles saubermachen, und dann will ich, dass du morgen pünktlich um sechs Uhr hier im Laden bist, kapiert? Du wirst alles nachholen, was du heute verpasst hast!« Mit diesen Worten warf er ihr noch einen nassen Lappen zu und verschwand aus dem Laden, um Feierabend zu machen.

Was dann passierte, zog wieder nur wie Nebel an Ciel vorbei. Sie erinnerte sich nicht mehr an ihre große Putzaktion. Der darauf folgende Schmerz in ihren Armen und Händen war nichts im Vergleich zu dem Schmerz, der in ihrer Seele brannte. Immer wieder landete sie mit den Gedanken bei diesem furchtbaren Tag.

Auch als sie mit vor Erschöpfung und Anstrengung zitternden Armen und Beinen sowie rissigen Händen im Morgengrauen auf ihrer Matratze lag und an die Decke starrte, dauerte es sehr lange, bis sie endlich Ruhe fand und in einen kurzen traumlosen Schlaf glitt.

Ein schrilles Klingeln weckte Ciel, nach viel zu kurzer Zeit. Es dauerte einen Moment, bis es ihr gelang, die Augen zu öffnen. Sie blinzelte, tastete nach dem Wecker und stellte ihn aus.

Ihr Körper war noch immer bleischwer, als sie sich aufrichtete und den pochenden Kopf hielt. Ihr kam es so vor, als hätte sie nur wenige Minuten geschlafen und sofort waren die schrecklichen Ereignisse des gestrigen Tages wieder in ihrem Kopf. Sie stieß einen gequälten Laut aus, schloss wieder die Augen und grub die Finger in die dünne Decke, um das Zittern ihrer Hände unter Kontrolle zu bringen.

Sie spürte, wie sich ein Kloß in ihrem Hals bildete. Noch immer konnte sie es nicht glauben, aber die Supermarkt-Diebin hatte haargenau so ausgesehen wie sie! Ciel dachte auch an den Jungen, der ihr solch unheimliches Zeug erzählt hatte. Sie hatte ihn geschlagen! Dabei hatte sie das gar nicht gewollt, aber ihre Gefühle waren mit ihr durchgegangen. Nur wieso hatte sie ihm die Gesichtshälfte verbrannt? Mit einer einzigen Berührung! Auch jetzt sah sie glasklar die rot angeschwollenen Brandblasen vor sich, die das schöne Gesicht des Jungen gezeichnet hatten.

Würgend schlug sie sich die Hand vor den Mund, angewidert von den Erinnerungen des gestrigen Tages – und von sich selbst. Sie versuchte sich zu beruhigen, atmete tief ein und wieder aus. Nur langsam wurde ihr Puls ruhiger.

Sie drehte den Kopf, öffnete die Augen, schaute auf die Uhr – und riss die Augen auf. Sie war sofort hellwach und sprang hoch, als sie sah, dass sie bereits eine halbe Stunde später dran war, als Henry ihr aufgetragen hatte. Ohne in den Spiegel zu sehen oder sich mit Seife und kaltem Wasser zu waschen, geschweige denn die Kleidung zu wechseln, stürmte sie aus dem Zimmer. Selbst ihre Schuhe hatte sie sich vor dem Schlafengehen nicht ausgezogen. Aber das war egal. Alles war egal – denn sie wusste, wenn sie ihrem Chef nun unter die Augen trat, würde er durchdrehen, sie anbrüllen und ihr für den Rest der Woche nicht einen Cent geben.

Genau so kam es auch, als sie schwitzend, keuchend und atemlos wenige Minuten später im Laden erschien. Sie und der Chef waren in den frühen Morgenstunden auch diesmal allein, und so gab es niemanden, der Zeuge ihrer Standpauke wurde. Er schrie sie an, so laut, dass sie sich die Ohren zuhielt und weit weg von diesem Ort wünschte. Nachdem er sie zehn Minuten lang angebrüllt, mit Spucke besprüht, ihr drei Mal einen schmierigen Lappen ins Gesicht geworfen und ihr immer wieder die gleichen Sätze gesagt hatte – »Du undankbares Ding! Du darfst kostenlos in meiner Wohnung wohnen und bekommst Essen und Trinken. Niemand sonst wird dich so gütig behandeln wie ich. Wenn du diesen Job verlierst, schläfst du endgültig auf der Straße und kannst dich gleich ertränken!« – schickte er sie los, um beim Obst- und Gemüseladen Lebensmittel zu besorgen. Die meisten Vorräte waren nämlich längst aufgebraucht.

»Wenn du in fünfzehn Minuten nicht mit den Einkäufen zurück bist, bekommst den ganzen Tag nichts zu essen!«, brüllte er ihr noch hinterher, bevor Ciel rasch den Laden verließ und die Straße entlanghastete. Sie hatte noch nicht einmal Toivo begrüßt und ihn auf den Arm genommen, wie sie es sonst jeden Morgen tat. Ihn zu knuddeln ließ sie immer für einen Moment all die Sorgen vergessen, ehe sie in einen furchtbaren Tag startete. Eigentlich war jeder Tag in ihrem Leben furchtbar, doch das machte ihr nichts aus. Sie lächelte, dachte an ihren Hund und die schönen Dinge im Leben, und ihre Sorgen verflogen. Sie wunderte sich manchmal selbst über ihre ruhige und besonnene Art. Darüber, wie locker sie alles über sich ergehen ließ, obwohl ihr Leben wirklich hart war.

Sie wollte keinen Ärger, deshalb beeilte sie sich, um schnell die Lebensmittel einzukaufen, die ihr Chef ihr aufgetragen hatte zu besorgen. Sie ging schnellen Schrittes die Straße entlang. Zu dieser Zeit waren nur wenige Menschen unterwegs, und viele Geschäfte hatten noch geschlossen.

Sie lief durch eine schmale, menschenleere Gasse und wollte gerade nach links abbiegen, als sie mit etwas Großem und Schwarzem zusammenprallte. Sie erschrak, taumelte zurück, doch ehe sie stolpern und hinfallen konnte, packte eine kräftige Hand ihr Handgelenk und hielt sie fest.

»Vorsicht, junge Dame!«

Ciel fuhr zusammen. »Entschuldigung, ich …«, stammelte sie und blickte auf.

Ein gut aussehender Junge, nicht älter als sie, stand vor ihr und lächelte sie freundlich an. Er hatte strahlend blaue Augen und unordentliche, leicht zerzauste pechschwarze Haare, war groß und muskulös und trug ein schwarzes enges T-Shirt, unter dem sich deutlich seine Bauchmuskeln abzeichneten.

Ciel starrte ihn an und ertappte sich selbst dabei, wie sie rot wurde. Sie konnte den Blick einfach nicht von seinen eisblauen Augen abwenden, die die ihren gefangen hielten. So ein intensives, leuchtendes Eisblau hatte sie noch nie gesehen. Selbst in ihren kühnsten Träumen hätte sie solch eine intensive Augenfarbe nie für möglich gehalten. Als wären seine Augen aus dem Ozean gemacht.

»Warum so eilig?«, fragte er, während er sie mit hochgezogenen Augenbrauen musterte.

»Ich … ich muss einkaufen.« Verwirrt schüttelte sie den Kopf. Wieso redete sie mit einem Unbekannten über Dinge, die ihn nichts angingen? Außerdem lief ihr wirklich die Zeit davon.

»Bitte entschuldige.« Damit ging sie schnell an ihm vorbei. Doch seine Stimme, die plötzlich so kalt wie Eis war und ihr einen Schauer über den Rücken jagte, ließ sie erstarren.

»Lässt du dich wieder von deinem furchtbaren Chef herumkommandieren? Du hast Angst vor ihm, stimmt’s? Oder lässt du all das Leid über dich ergehen, weil das Licht in dir so hell leuchtet, dass es jede noch so bösartige Finsternis vertreibt? Wäre dein Licht nicht so stark, hättest du längst aufgegeben.«

Ciel wirbelte herum. »Was hast du da gerade gesagt?«

Der Junge lächelte ein merkwürdiges Lächeln, als würde er sie bemitleiden und für sehr dumm halten, dann stellte er sich ihr in den Weg.

»Verzeih, ich habe mich noch gar nicht vorgestellt. Mein Name ist Oscuro.«

Er streckte ihr förmlich die Hand entgegen.

Ciel starrte sie an, und ehe sie imstande war zu begreifen, was sie tat, ergriff sie sie. Seine Hand fühlte sich angenehm warm an. Sie konnte nicht anders und schloss die Augen, als sie spürte, wie wohltuende Wärme durch ihren Körper strömte und all ihre negativen Gefühle und Gedanken mit einem Mal verschwanden. Für einen flüchtigen Moment vergaß sie sogar, dass sie doch die Lebensmittel für ihren Chef besorgen musste. Auch die Erinnerung daran, dass der sie angebrüllt und beschimpft hatte, war mit einem Mal total unwichtig geworden.

Wie konnte eine einzige Berührung dieses schwarzhaarigen Jungen das in ihr auslösen?

Sie öffnete die Augen, schaute ihn an und wollte etwas sagen, doch so weit kam sie nicht, denn Oscuro stieß ein leises Lachen aus und sagte: »Du vertraust aber schnell Leuten, die du gar nicht kennst. Scheint wohl ein Hobby von dir zu sein, nicht wahr? Wenn dem nicht so wäre, hättest du dich gewehrt und geweigert, mit ihm mitzugehen«, fügte er mit einem kryptischen Lächeln auf den Lippen hinzu.

Ciel zuckte zusammen und zog ihre Hand zurück. Sie spürte, wie die Wärme wich und ihr stattdessen eisige Kälte bis ins Mark kroch. Woher wusste er von dem blonden Jungen, der ihr gestern begegnet war?

»Nein, er hat mich entführt«, protestierte sie. »Ich meine, woher weißt du das? Hast du uns beobachtet?«

»Ich kenne Lucien gut.« Oscuros eisblaue Augen glühten vor Zorn, zumindest kam es Ciel so vor. Doch als er sie kurz schloss und wieder öffnete, strahlten sie wieder gleichmütig hell und klar wie ein wolkenloser Himmel.

Ciel blinzelte verblüfft. Lucien? War das der Name des merkwürdigen Jungen, der sie k.o. geschlagen hatte? Aber war es wirklich eine Entführung gewesen? Oder hatte dieser Lucien sie nur beschützt und in Sicherheit gebracht, wie er behauptete? Sie war verwirrt.

Oscuros Stimme war ein leises Flüstern, als er sich zu ihr beugte und seine Augen ihre wie unter Hypnose gefangen hielten.

»Das Licht ist schwach. Es sollte sich wehren. Wenn es sich nicht wehrt, wird es eines Tages erlöschen. Ich meine, du kennst das doch, oder? Dieses erdrückende Gefühl der Hoffnungslosigkeit. Du warst so verzweifelt und spürtest eine Angst, die du noch nie zuvor in dir gespürt hast. Deine Gefühle sind vollkommen außer Kontrolle geraten.« Unvermittelt zuckte der Junge die Achseln und blickte sie grinsend an. »Tja, so schnell wird da wohl kein neuer Supermarkt mehr gebaut.«

Ciel riss entsetzt die Augen auf.

Oscuro hüstelte in seine Faust hinein und fügte mit erhobenem Zeigefinger hinzu: »Was ich damit sagen will, ist Folgendes: Dein Chef ist ein ganz gemeiner Typ. Wenn du weiterhin bei ihm bleibst und die Gutmütige spielst, zerbrichst du daran und das könnte … fatale Folgen haben.«

Er strich mit dem Finger über ihren Hals bis hinunter zum Schlüsselbein. Seine Berührungen waren warm und lösten eine Gänsehaut bei ihr aus.

Dicht an ihrem Ohr flüsterte er: »Weißt du, in jedem von uns stecken Kräfte, außerordentliche Kräfte, die uns selbst nicht bewusst sind. Lucien hat das gespürt, deshalb hat er dich vor einer Katastrophe bewahrt. Du bist zu wichtig, als dass du schon wieder …«

»Was willst du damit sagen? Dass ich schwach und zerbrechlich bin? Das bin ich nicht, okay? Auch wenn mein Leben nicht sonderlich gut läuft. Und jetzt … hör auf, so komisches Zeug zu reden.« Ciel wich einen Schritt zurück.

Oscuro zog ungläubig die Augenbrauen hoch, schwieg jedoch.

Sie rieb sich die pochenden Schläfen, als sie sich erneut an den blonden Jungen erinnerte. »Dieser merkwürdige Junge von gestern, Lucien, wusste auch eine Menge über mich, so wie du.«

Oscuro stand stocksteif da, und sein Gesicht zeigte keine Regung, doch seine eisblauen Augen verengten sich.

»Hör zu, ich möchte von alldem wirklich nichts mehr wissen. Es macht mir Angst, okay?« Ciel schüttelte heftig den Kopf. »Außerdem muss ich mich beeilen und die Lebensmittel besorgen, sonst bekomme ich wieder Ärger.«

Noch bevor der unheimliche Oscuro weitere gruselige Dinge sagen konnte, schob sie sich an ihm vorbei. Während sie schnellen Schrittes weiterlief, spürte sie Oscuros Blick auf sich, der ihr die Nackenhaare zu Berge stehen ließ. Doch sie drehte sich nicht um. Auch wenn der Drang, ihm noch einmal in die intensiven Augen zu schauen, beinahe übermächtig war.

Plötzlich vernahm sie ein merkwürdiges Geräusch. Ein Reißen, als ob etwas durch Stoff brach, und etwas, das sich wie das Flattern von Flügeln anhörte. Als Ciel stehen blieb und sich dann doch umdrehte, war Oscuro verschwunden. Eine einzelne schwarze Feder wurde vom Wind davongetragen. Ciel rieb sich die Augen und schüttelte den Kopf. »Ich muss komplett verrückt sein«, murmelte sie.

Nachdenklich betrat sie kurz darauf den Laden, kaufte die vom Chef gewünschten Sachen und machte sich schnell wieder auf den Rückweg. Sie hatte mehr Zeit vergeudet, als sie zuerst angenommen hatte. Fünfzehn Minuten waren längst um.

Mit vier schweren Tüten bepackt rannte sie los, verlor unterwegs eine Paprika und eine Zwiebel, stürmte durch die Gasse und durch die Straßen zurück zum Pizza-Lieferservice. Sie wusste, dass sie viel zu spät kam, doch sie würde die Beschimpfungen ihres Chefs und die darauffolgende Bestrafung über sich ergehen lassen. Auch wenn es nicht ihre Schuld war, dass sie zu spät kam. Der Junge mit den schwarzen Haaren und den eisblauen Augen hatte ihr die Zeit gestohlen.

Schon von weitem bemerkte sie, dass die Tür geschlossen war, was sonst nie der Fall war. Jemand hatte sogar das OPEN-Schild umgedreht. Merkwürdig.

Ciel versuchte die Tür zu öffnen, doch sie war abgeschlossen. Was zum Geier …? Der Chef arbeitete praktisch Tag und Nacht, die meiste Zeit zusammen mit Ciel.

Warum also sollte er die Tür abschließen?

Als sie einen Blick durchs Fenster ins Innere werfen wollte, fiel ihr auf, dass alle Jalousien heruntergezogen waren. Sie fischte den Schlüssel aus der Tasche und öffnete die Tür. Drinnen war es dunkel und muffig. Kein Licht brannte. Ein merkwürdiger, leicht metallischer Geruch lag in der Luft, und Ciel konnte ein leises Tropfen vernehmen.

»Hallo? Chef?«, rief sie, als die Tür hinter ihr wieder ins Schloss fiel.

Keine Antwort. Es war totenstill.

Sie stellte die schweren Taschen mit den Lebensmitteln auf dem Boden ab und ging hinüber zum Tresen. »Chef, wo …«

Doch als sie hinter den Tresen schaute, stieß sie einen spitzen Schrei aus und taumelte zurück. Sie stolperte in einen Stuhl hinein, der samt ihr laut polternd zu Boden fiel. Ciel spürte, wie sich ihr Herz schmerzhaft verkrampfte und ihr die Tränen aus den Augen schossen.

»Nein, das kann nicht sein«, würgte sie hervor. Sie stand auf und tapste vorsichtig vorwärts. Ihre Beine zitterten, sodass sie kaum vernünftig gehen konnte und einzuknicken glaubte. Mit jedem Schritt verstärkte sich das Gefühl, gleich in Ohnmacht zu fallen. Als sie erneut hinsah, setzte ihre Atmung kurz aus.

Ihr Chef lag auf dem Boden hinter dem Tresen, die Arme zu beiden Seiten ausgestreckt, und starrte an die Decke. Zumindest mit dem linken Auge. Das rechte hatte ihm jemand ausgestochen. Es war nur noch eine schwarze, leere Höhle, aus der dunkelrotes, noch frisches Blut floss. Sein schwarzes Haar war verfilzt und fettig. Man sah Stellen rosiger Haut, wo man es ihm ausgerissen hatte. Den Mund hatte er zu einem Schrei aufgerissen, das Gesicht so weiß wie das eines Geistes. Seine Wangen wiesen Schnittwunden und Kratzer auf, als hätte jemand mit einem spitzen Gegenstand versucht, ihm das Gesicht bis zur Unkenntlichkeit zu entstellen. Das weiße zerrissene T-Shirt und die ebenso weiße Schürze waren blutgetränkt. Aus seiner Brust ragte ein Küchenmesser und hatte die Blutlache verursacht, die sich um ihn herum gebildet hatte.

Ciel hatte das Gefühl, sich übergeben zu müssen, und schlug sich würgend die Hand vor den Mund, als sich ein widerwärtiger Geschmack darin ausbreitete. Der Geruch von Schweiß und Blut im Raum machte es nicht besser. Sie wusste, dass sie zum Telefon greifen und den Notruf wählen musste. Doch sie wusste auch, sie würde keinen Ton herausbringen. Sie würde den Leuten am Ende der Leitung nicht erklären können, dass ihr gemeiner Chef, der das einzige Beständige in ihrem Leben gewesen war, von irgendjemandem ermordet worden war und nun blutüberströmt und mit einem Küchenmesser in der Brust in seiner Pizzeria lag.

Instinktiv kam ihr das Einzige in den Sinn, wozu sie jetzt fähig war: Flucht. Blind vor Tränen stürmte sie zur Tür und hinaus ins Freie. Sie rannte los, ohne klar denken zu können. Ihr Kopf fühlte sich wie Watte an.

Ihr Chef war tot. Jemand hatte ihn ermordet. Aber wie konnte das sein? Sie hatte ihn zuletzt vor nicht einmal einer halben Stunde gesehen, als er sie losgeschickt hatte, um die Besorgungen zu erledigen. Irgendjemand musste in diesem kurzen Zeitraum im Laden gewesen sein und ihn getötet haben. Das Blut war nicht geronnen, sondern noch sehr frisch gewesen. Der Mord musste erst vor wenigen Minuten geschehen sein. Wo war der Mörder? War er etwa nun auch hinter ihr her?

Ciel rannte weiter, durch die Straßen und an Geschäften und Wohnhäusern vorbei. Die Tränen nahmen ihr die Sicht, dann stolperte sie und stürzte auf das harte Pflaster des Gehweges. Leute blieben stehen, sahen sie besorgt an und tuschelten, doch niemand half ihr auf die Beine.

Ciel weinte, und ihr Herz raste, sodass sie kaum Luft bekam. Ihr Kopf war wie benebelt. Was sollte sie jetzt tun? Sie blickte auf – und ihre Augen weiteten sich vor Entsetzen.

Das Mädchen in Schwarz stand nicht mehr als zehn Meter von ihr entfernt auf der anderen Straßenseite und beobachtete sie. Menschen gingen einfach an ihr vorbei, ohne ihr Beachtung zu schenken, obwohl sie mitten auf dem Gehweg stand und den Weg versperrte. Sie wirkte wie ein Geist, den zu sehen nur Ciel in der Lage war. Sie trug dieselben Klamotten wie am Vortag und hatte die Kapuze über den Kopf gezogen. Doch diesmal konnten Ciel und sie sich direkt in die Augen sehen.

Ihre Blicke trafen sich – und wieder kam es Ciel so vor, als sähe sie ihr eigenes Spiegelbild. Die kristallblauen Augen ihres Zwillings waren weit aufgerissen und funkelten vor Angst. Sie öffnete den Mund. Ciel wusste nicht, was ihr Zwilling ihr zurufen wollte, aber plötzlich kam ihr ein schrecklicher Gedanke.

»Toivo!«

Entsetzt rappelte sie sich auf und stürmte los, ließ ihren unheimlichen Zwilling hinter sich zurück. Sie rannte zurück zu ihrer Wohnung und der kleinen Gasse, in der ihr Hund seinen Schlafplatz hatte. Atemlos hielt sie an und wieder kamen ihr die Tränen, diesmal vor Erleichterung. Toivo war an seinem Platz unter dem löchrigen Mülleimer und schlief. Doch als Ciel vor ihm stand, wurde er munter, wedelte mit dem Schwanz und bellte erfreut.

»Oh, Toivo!« Schluchzend band sie ihn los und nahm ihn in die Arme. Sie drückte ihn an sich und war so froh, dass es wenigstens ihm gut ging. Sie hatte befürchtet, der Mörder ihres Chefs hätte auch Toivo etwas angetan.

»Es ist etwas Schreckliches geschehen«, flüsterte sie ihrem Hund zu. Plötzlich hörte sie in der Ferne das Heulen von Sirenen. Sie wusste nicht, warum sie plötzlich wieder die Panik packte, doch sie rannte erneut los, ohne zu wissen wohin. Wieder nahmen ihr die Tränen die Sicht, während sie Toivo an sich drückte und mit ihm durch die Straßen hetzte. Sie lief und lief, spürte, wie der stechende Schmerz ihre Beine emporschoss. Ihre Lunge brannte wie Feuer, sie konnte kaum richtig atmen. Das Dröhnen in ihrem Kopf war so schmerzhaft, dass sie glaubte, ohnmächtig davon zu werden.

Ohne gemerkt zu haben, wohin sie rannte, war sie am Supermarkt angekommen – zumindest an dem Wenigen, was davon noch übrig war.

Sie ließ sich atemlos auf ihren Platz auf der Bank fallen und starrte mit weit aufgerissenen, leeren Augen geradeaus.

Das Feuer hatte das Gebäude komplett zerstört. Mauerreste, geborstene Fenster und Rußflecken waren noch als Reste vorhanden und der Geruch von Rauch lag in der Luft. Ein Polizeiband sperrte das Gebiet weiträumig ab. Auf dem Parkplatz war es menschenleer.

Ciel schluchzte auf. »Was geht hier bloß vor?« Sie wusste nicht, wo sie nun hinsollte. Gab es überhaupt noch einen Platz, wo sie jetzt bleiben konnte? Sie war allein, hatte außer ihrem geliebten Toivo niemanden mehr.

Sie erschrak, als sie plötzlich eine warme Hand auf ihrer Schulter spürte.

»Hallo, Ciel«, sagte eine leise Stimme traurig.

Ciel riss erschrocken den Kopf hoch, während ihr die Tränen über die Wangen rannen. Neben ihr auf der Bank saß der blonde Junge mit den smaragdgrünen Augen.

»Lucien?« Ciels Lippen bebten, während sie sich die Tränen von der Wange wischte. Sie wusste nicht warum, aber seine warme Hand vermittelte ihr ein Gefühl, als könnte sie ihr all den Kummer und das Leid nehmen. Sie fühlte sich mit einem Mal nicht mehr ganz so traurig und verzweifelt, was sie merkwürdig fand, aber es kam ihr so vor, als würden sie sich schon seit Ewigkeiten kennen. Normalerweise hätte sie die Flucht ergriffen, doch sie blieb ruhig sitzen, betrachtete sein makelloses Gesicht.

Hatte sie ihm nicht die Haut verbrannt?

Sie blickte verblüfft auf ihre Hand. Wurde sie verrückt? Oder war das alles etwa nur ein Traum gewesen?

Lucien zog überrascht die Augenbrauen hoch. »Du kennst meinen Namen?«

»Ein Junge namens Oscuro hat ihn mir verraten«, erwiderte Ciel leise.

»Das ist schade.« Er verzog das Gesicht in leichtem Ärger. »Ich hatte gehofft, mich dir vernünftig vorstellen zu können, wenn wir uns wiedersehen. Und zwar so, dass du keine Angst vor mir haben würdest. Leider kam mir dieser Typ nun zuvor«, fügte er trocken hinzu.

Es schien ihn tatsächlich zu verletzen, sich ihr nicht selbst vorgestellt zu haben. Und mit einem Mal war Ciel froh, dass er da war, auch wenn sie ihn kaum kannte. Sie brauchte jemanden, mit dem sie sprechen und sich den Kummer von der Seele reden konnte. Und Lucien war … nun ja, er war einfach da.

»Was ist passiert? Warum hast du geweint?«, fragte er und strich ihr mit der Hand sanft über den erhitzten Kopf.

»Ich weiß es nicht. Ich weiß es einfach nicht«, schluchzte sie und vergrub das Gesicht in den Händen.

Doch dann öffnete sie ihm ihr Herz, und die Worte sprudelten nur so aus ihr heraus. »Mein Chef … ich war nur kurz weg … und als ich wieder zurückkam, lag er tot und blutüberströmt im Laden. Jemand muss ihn ermordet haben. Ich weiß nicht, wer es getan hat, aber ich fürchte mich so! Was ist, wenn der Mörder nun hinter mir her ist?« Sie ließ die Hände sinken und schaute ihn aus rot geweinten Augen an. »Henry hatte nichts, wofür es sich gelohnt hätte, sein Leben auszulöschen. Ich weiß, er war nicht nett zu mir, aber er war herzlich und offen seinen Kunden gegenüber. Alle mochten ihn. Er hatte keine Feinde. Ich war die Einzige, die er angeschrien hat.« Sie holte tief und bebend Luft und schloss dann die Augen.

»Was?«, flüsterte Lucien erschrocken. »Aber wie …«

»Ich fühle mich so schlecht, so hilflos, und ich hatte panische Angst. Ich bin einfach geflohen, habe nichts unternommen. Und dann habe ich sie wiedergesehen. Dieses Mädchen, das mir so ähnlich sieht.« Ciel versuchte das Zittern ihrer Stimme unter Kontrolle zu halten, doch sie brachte den Satz nur mühsam heraus. »Sie … sie ist schon wieder aufgetaucht. Sie ist wie ein Schatten, der mich verfolgt.«

Lucien öffnete den Mund, um etwas zu sagen, doch sie unterbrach ihn schluchzend: »Bitte, sag mir, dass das hier alles nur ein böser Traum ist und ich gleich aufwachen werde und …«

»Sch, sch! Alles wird gut, Ciel«, flüsterte er und zog sie in seine Arme.

Der zärtliche Klang seiner Stimme tat ihr gut. Die Wärme, die er verströmte, ließ sie ruhiger werden, als hätte er ihr irgendein Beruhigungsmittel verabreicht. Sie lauschte seinem Herzschlag und schloss die Augen.

»Du wirst sehen, alles wird gut«, wiederholte er und strich ihr immer wieder tröstend über den Kopf.

»Ich hätte ihn nicht verlassen dürfen …« Ciel schniefte leise und klammerte sich an ihn, als könnte er ihr all die Angst und die Trauer nehmen. Tatsächlich schien es so, als könnte er es. Ihre Tränen und ihre Verzweiflung ließen nach.

»Gib dir nicht die Schuld, Ciel.« Lucien streichelte ihr besänftigend den Rücken. »Wer auch immer es war, er hätte dich ebenfalls getötet, wenn du bei deinem Chef geblieben wärst.«

Ciel seufzte erschöpft. Lucien hatte recht, der Mörder ihres Chefs hätte sie ebenfalls getötet. Vermutlich hätte sie nichts von alldem verhindern können, dennoch hasste sie sich selbst dafür, dass sie Henry nicht hatte helfen können.

Selbst Toivo saß auf dem Boden zu ihren Füßen und winselte leise, als trauere auch er um Ciels Chef.

Plötzlich spürte sie, wie Lucien sie losließ und sich zurückzog. Kälte durchzog ihren Körper, und sie fror mit einem Mal. Sie hob den Kopf und blickte ihn an. Sie wollte, dass er sie wieder in den Arm nahm. Sie wollte wieder diese beruhigende Wärme spüren, die er ausstrahlte.

»Lucien?«, flüsterte sie zaghaft. Sie befürchtete, er könnte einfach weggehen und sie allein lassen. Es war, als würde er ihr Hoffnung geben, nur um sie ihr dann sofort wieder zu nehmen.

Doch dem war nicht so. Lucien hatte sich aus einem anderen Grund von ihr abgewandt. Er hatte sich umgedreht. Seine Körperhaltung war angespannt, die Hände zu Fäusten geballt.

»Sie ist hier«, flüsterte er plötzlich in einem so besorgten Tonfall, dass es Ciel einen Schauder über den Rücken trieb.

Sie brauchte gar nicht zu fragen, von wem er sprach. Als sie das Mädchen hinter sich ansah, hörte ihr Herz für einen kurzen Augenblick auf zu schlagen. Ihre Doppelgängerin stand hinter einer breiten Metallabsperrung am Rand der Straße, nicht mehr als hundert Meter von ihnen entfernt, und blickte herüber. Ihre langen blonden Haare wehten im Wind.

Ciel wollte aufstehen, auf sie zulaufen und sie zur Rede stellen. Sie wollte endlich wissen, warum sie ihr so ähnlich sah, und ob sie Antworten auf all ihre vielen Fragen hatte.

Doch Lucien packte plötzlich ihre Hand und hielt sie zurück. Eine heiße Welle schoss durch Ciels Körper, und ein Schwindelanfall packte sie.

»Schnell! Gehen wir.« Luciens Stimme klang ungeduldig und nervös.

»Was? Wieso?« Ciel keuchte vor Schmerzen auf. Seine Hand, die Berührung und der Druck taten weh, und eine merkwürdige Hitze übertrug sich von seiner Haut auf ihre. Die Hitze schwoll so stark an, dass Ciel glaubte, gleich zu verbrennen.

»Weil sie gefährlich ist. Bitte, lass uns verschwinden!« Lucien zerrte an Ciel, doch sie riss sich von ihm los.

Ihr Zwilling stand noch immer reglos und mit neugierigem Blick da und starrte sie an. Sie bewegte keinen Muskel, es war, als wäre sie zu Stein erstarrt.

Ciel machte einige Schritte auf sie zu. Sie öffnete den Mund, wollte ihr etwas zurufen, als sie plötzlich sah, wie ein Auto auf der belebten Straße hinter ihrem Double die Kontrolle verlor, ins Schleudern geriet und mit quietschenden Reifen und voller Wucht in einen zweiten Wagen krachte. Es gab einen lauten Knall. Voller Entsetzen beobachtete sie, wie einer der Fahrer durch die Frontscheibe geschleudert wurde, sich wie eine leblose Puppe mehrmals in der Luft überschlug und dann unweit ihres Zwillings auf dem Pflaster landete.

Ciel stieß einen Schrei aus, wollte losrennen, um zu helfen, doch Lucien packte sie grob und zerrte sie hastig hinter sich her. »Verschwinden wir! Na los!«, befahl er aufgebracht.

»Nein!«, schrie Ciel und wollte sich wieder losreißen.

Doch da blieb er stehen, nahm ihr Gesicht in beide Hände und sah sie so verzweifelt an, dass ihr jeglicher Protest im Hals stecken blieb.

»Wenn wir nicht verschwinden, bist du die Nächste, die stirbt!«

Sein unglücklicher Tonfall drang ihr bis ins Herz und seine Worte waren wie ein Schlag mitten ins Gesicht. Sie starrte ihn an, unfähig, etwas zu erwidern. Das konnte nicht sein Ernst sein! Sie sollte die Nächste sein? Aber warum? Lucien musste sich einen Scherz erlauben. Doch ein Blick in seine Augen genügte, um zu wissen, dass er es todernst meinte. Ciel wagte nicht zu protestieren. Es war, als ginge seine Angst auf sie über. Sie lähmte sie, nahm jeden Winkel ihres Körpers in Besitz, sodass sie keinerlei Kontrolle mehr über ihr Handeln und Denken hatte.

Schlussendlich wurde sie von Lucien fortgezerrt, der in der einen Armbeuge Toivo trug und mit der anderen Hand ihre Hand fest umschlossen hielt.

Ohne zu wissen, was sie tat, folgte sie ihm. Sie rannten beide im gleichen Tempo, ihre Füße berührten gleichzeitig den Boden. Ciel warf noch einen schnellen Blick zurück zur Straße. Die zusammengekrachten, zerbeulten Autos qualmten. Es stank nach Rauch und ausgelaufenem Benzin. Menschen stürmten zum Ort des Unfalls, um irgendwie zu helfen. Schreie ertönten. Einige Schaulustige standen abseits. Menschen telefonierten, riefen den Krankenwagen.

Das Letzte, was Ciel sah, war ihre Doppelgängerin, die mit tränenüberströmtem Gesicht herumwirbelte und davonrannte, fort von dem Unfall und von Ciel und Lucien.

Engelszwillinge

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