Читать книгу Die Frau im grünen Regenmantel - Laura Lippman - Страница 4

3

Оглавление

»Mr. Epstein?«

Die Frau, die auf der Treppe zu Don Epsteins Haus stand, sah absurd aus. Kein Wunder. Schließlich legte sie sich ordentlich ins Zeug. Ihr fuchsienroter Trenchcoat war nicht zugeknöpft, so kam das wild geblümte Kleid, das sie darunter trug, noch besser zur Geltung. Blumenmuster gehörten fast zwangsläufig zu einer Frau, die Mrs. Blossom hieß. Ihre Schuhe waren hohe Reeboks in grellem Pink, ein Modell aus den achtziger Jahren. Sie hatte gleich mehrere dieser klobigen Wunder auf einem Flohmarkt gekauft, ein regelrechter Reebok-Regenbogen – pink, orange, rot, gelb, weiß. Sie pflegte ihre Reeboks, als wären sie handgefertigte italienische Pumps, rieb sie mit Spezialcreme ein, polierte die Spitzen, stopfte sie über Nacht sogar mit Papiertüchern aus. Schmeichelten die Schuhe vielleicht auch ihren stämmigen Waden nicht, meinten sie es zumindest gut mit ihren Füßen. Wie hatte Mr. Blossom, Gott hab ihn selig, immer gesagt? »Wie könntest du ohne deine Füße auf irgendwas stehen?«

Übrigens war Don Epstein nicht der Erste, der Felicia Blossom auf den ersten Blick nicht für voll nehmen konnte. Auch Tess Monaghan hatte Mrs. Blossom bei ihrer ersten Begegnung für leicht durchgeknallt gehalten, doch inzwischen bemühte sich Mrs. Blossom um eine Teilhaberschaft bei Keys Investigations. Natürlich bedauerte sie die Umstände, derentwegen sich ihr diese Gelegenheit geboten hatte. Immerhin würde das Kind sie darüber hinwegtrösten, dass sie so weit von ihren in Arizona lebenden biologischen Enkelkindern entfernt wohnte. Außerdem war sie froh, die ganze Bandbreite ihrer Talente unter Beweis stellen zu können.

»Egal, was Sie zu verkaufen haben, kein Interesse«, sagte ihr Opfer. Vielleicht hätte Epstein Mrs. Blossom sogar die Tür vor der Nase zugeknallt, hätte sie nicht einen pink gepolsterten Fuß auf die Schwelle gesetzt.

»Ich komme vom städtischen Tierasyl BARC.« Sie zückte eine Visitenkarte, die Crow eine Stunde zuvor am Computer entworfen hatte. »Wir möchten über Ihre treuhänderischen Pflichten gegenüber dem von Ihnen ausgesetzten Hund mit Ihnen sprechen.«

Tess hatte gefunden, treuhänderisch klinge zu großspurig – und sei vielleicht auch unzutreffend –, aber Mrs. Blossom hatte angeführt, für eine selbstherrliche Verwaltungsbeamtin sei das genau der richtige Ausdruck. Überhaupt war sie wie ein Method Actor an die Sache herangegangen und hatte sich voll und ganz in ihre »Figur« hineinversetzt. Ihr Alter Ego wohnte in einem dieser kleinen, aber reizenden Bungalows in Northeast Baltimore und hatte sieben Enkelkinder. Da ihr Mann arbeitsunfähig war, musste sie den Lebensunterhalt verdienen.

»Wie bitte?«

»Angesichts steigender Ausgaben und rückgängiger öffentlicher Finanzhilfen haben wir in Anlehnung an eine Bestimmung aus dem Regelwerk des Sozialamts beschlossen, Haustierbesitzer, die ihre Lieblinge einfach aussetzen, zur Kasse zu bitten. Ansonsten müssen wir die Tiere sofort einschläfern lassen.«

»Meinetwegen können Sie das blöde Vieh gern einschläfern«, sagte Epstein. »Damit täten Sie mir sogar einen Gefallen.«

Don Epstein verhielt sich genauso, wie Tess es sich vorgestellt hatte. Trotzdem war sein Auftritt beschämend. Mrs. Blossom holte das mit Fachbegriffen gespickte »Genehmigungsformular« heraus – ebenfalls Tess’ Idee und Crows Erzeugnis – und deutete auf die Stelle, wo Epstein unterschreiben sollte. Er setzte hastig seinen Namen unter das vermeintliche Todesurteil, ohne es auch nur zu überfliegen.

»Und die Unterschrift Ihrer Frau benötigen wir natürlich auch noch«, sagte Mrs. Blossom und deutete auf die Zeile darunter.

»Meiner Frau?«

»Die Leute, die uns den Hund gebracht haben, haben uns die Kontaktdaten des Züchters gegeben, und über ihn haben wir dann Sie gefunden. Seinen Aussagen zufolge haben Sie beide den Kaufvertrag unterschrieben. Deshalb benötigen wir zwei Unterschriften, um weitere Schritte einleiten zu können.«

Er war einer jener Männer, denen das Blut in den Kopf stieg, wenn sie wütend wurden. Aber er wurde nicht bloß rot, sondern dunkelviolett. Für einen Schuh wäre das eine hübsche Farbe gewesen, aber einem Menschen stand sie nicht gut zu Gesicht. Mit seinem dunklen Haar und dem dichten Bart sah Mr. Epstein ein wenig wie ein Werwolf aus. Mr. Blossom dagegen, Gott hab ihn selig, war genauso sanftmütig gewesen wie der Nachname, zu dem er seiner Gattin vor mehr als fünfzig Jahren verholfen hatte.

»Sie können mich zwingen, für die Pflege dieses Drecksviehs aufzukommen, aber das Recht, das Sorgerecht abzulehnen, habe ich nicht? Das ist doch absurd.«

»Alles, was ich dafür brauche, ist die Unterschrift Ihrer Frau.«

»Sie ist nicht hier.«

Auch mit dieser Antwort hatte Tess gerechnet.

»Ist sie im Büro? Ich kann sie gern an ihrem Arbeitsplatz aufsuchen.«

»Meine Frau ist, äh, selbstständig.«

»Dann ist sie also …«

»Nicht hier. Auf Geschäftsreise.«

»Wann kommt sie wieder zurück?«

»In einer Woche etwa. Allerdings geht Sie das gar nichts an.«

»Wohin ist sie verreist?«

»Auch das geht Sie nichts an.«

Er warf die Tür zu. Sie war aus Holz, sehr massiv, und konnte vielleicht gar nicht anders, als mit derart dröhnender Endgültigkeit zuzufallen. Mrs. Blossom hatte keine Ahnung von Architektur, aber mit seinen sandfarbenen Außenwänden und dem roten Ziegeldach weckte Epsteins Haus die Assoziation »italienisch« in ihr. Es stand auf einer weitläufigen Rasenfläche, die vermutlich von einem ganzen Trupp Gärtner in Schuss gehalten wurde. Sie wollte niemanden in eine Schublade stecken – denn genau das passierte ihr selbst regelmäßig –, aber Mr. Epstein sah zu … gelackt aus für jemanden, dem die Gartenarbeit Spaß machte. An seinen frisch manikürten Händen steckten zwei blitzende Ringe. Diese Details würde sie sich später notieren. Seltsamerweise besserte sich ihr Gedächtnis, das sie mehr und mehr im Stich zu lassen begonnen hatte, seit sie ihrer neuen Tätigkeit nachging. Enges weinrotes Hemd, trug sie in ihre mentale Bestandsliste ein. Goldenes Armband, ID-Style.

Bei Häusern hatte er einen besseren Geschmack als in Sachen Schmuck. Selbst auf dem aktuell schwächelnden Immobilienmarkt war das Haus mindestens eine Million Dollar wert, und in Baltimore kam man beim Hauskauf mit einer Million ziemlich weit.

Statt auf dem gepflasterten Weg zu ihrem Auto zu gehen, steuerte Mrs. Blossom, scheinbar desorientiert, auf die Garage zu. Ein gewisses Maß an Verwirrtheit stand einer alten Frau schließlich zu. Das Garagentor hatte kleine rautenförmige Fenster, durch die man ins Innere schauen konnte. In der Garage war Platz für drei Autos, aber es standen nur zwei drinnen – ein BMW-SUV und ein windschnittiger Porsche, bei dessen bloßem Anblick sie bereits Rückenschmerzen bekam. Allein die Vorstellung, in so ein Auto einzusteigen. Mr. Epstein war wohl erst Mitte fünfzig, aber groß und kräftig. Sie versuchte sich die Autonummern zu merken, was nicht ganz ohne war. Zum Glück hatte ein Fahrzeug ein Wunschkennzeichen, dessen Bedeutung sich ihr jedoch entzog: MLCRISS.

»Midlife-Crisis!«, platzte Tess heraus. »Ausgerechnet das in die Welt hinauszuposaunen? Aber wo ist die Vorzeigefrau, die in der Regel dazugehört?«

»Sie ist auf Geschäftsreise«, sagte Mrs. Blossom.

»Behauptet er«, bemerkte Tess spöttisch. »Was haben Sie sonst noch bei Ihren Hintergrundrecherchen rausgefunden?«

Mrs. Blossom las von ihren Notizen ab. »Ihm gehört eine Kette von Scheckeinlösestellen. Fünf davon hat er allein in Baltimore.«

»Einige von diesen Leuten sind sauber, aber jede Wette, dass er zu den halbseidenen gehört, die Sozialhilfeempfänger ausnehmen und Kredite zu aberwitzigen Zinsen vergeben. Wie lang ist er schon verheiratet?«

»Dem Trauschein zufolge sechs Monate. Für sie – Carole Massinger Epstein – ist es die erste Ehe, für ihn nicht. Laut Trauschein war er verwitwet.«

»Zeitungsrecherchen?«

»Nicht viel, und die Beacon-Light-Datenbank reicht nur bis 1995 zurück. Er taucht in ein paar Meldungen über Scheckeinlösestellen auf, die sich wegen der Digitalisierung Sorgen machen, aber damit hat es sich auch schon.«

»Und Carole?«

»Im Vergleich zu seinen dreiundfünfzig ist sie mit zweiunddreißig deutlich jünger. Mehr habe ich bisher noch nicht herausbekommen.«

»Und bei der Kfz-Zulassungsstelle?«

»Die zwei Autos in der Garage sind auf ihn zugelassen, allerdings unter einer alten Adresse in Anne Arundel County. Er hat sie bisher noch nicht umgemeldet. Ihr Auto dagegen haben sie erst vor drei Monaten gekauft, es ist unter der neuen Adresse in der Blythewood registriert. Ein BMW-Cabrio, laut Unterlagen grün.«

»Wenn wir also Mr. Epstein glauben können«, sagte Tess, »hat sich seine Frau in ihrem nagelneuen BMW auf eine mehrtägige Geschäftsreise begeben, ohne mit einem Wort zu erwähnen, dass der Hund weggelaufen ist. Wer tut so was?«

»Der Hund scheint es ziemlich … in sich zu haben.«

»So schlimm ist er auch wieder nicht«, sagte Tess. Das immer noch namenlose Windspiel hatte aufgehört, seine Box zu verschmutzen, neigte jedoch immer noch dazu, jeden anzuknurren und nach ihm zu schnappen. Mit Ausnahme von Tess, die es als Mitgefangene in diesem bizarren Gefängnis zu betrachten schien. Wenn der Hund nur sprechen könnte, würde sich vielleicht eine dieser wunderbaren Freundschaften zwischen ihnen entwickeln, wie man sie aus Knastfilmen kannte. Der Hund in der Eisenbox, Der Kuss des Windspiels, The Preeclampsia Redemption.

Mrs. Blossom warf einen misstrauischen Blick auf die Hundebox. »Ich habe Mr. Blossom übrigens wegen eines Hunds kennengelernt. Habe ich Ihnen das mal erzählt?«

»Nein«, sagte Tess. »Ich weiß, dass Sie ihn keinen Monat nach Ihrem ersten Date geheiratet haben, aber wie es dazu gekommen ist, haben Sie nie erwähnt.«

»Ich stand an der Bushaltestelle. Ich habe damals am Notre Dame College studiert und allen Ernstes mit dem Gedanken gespielt, ins Kloster zu gehen. Ich wollte zwar keine Nonne werden, aber die Jungs standen nicht besonders auf mich. Ich hatte eine hübsche Figur und einen schönen Teint, aber ich wusste nicht, wie ich mit ihnen reden sollte, und deshalb dachte ich mir: Am besten, ich werde Nonne, dann merkt niemand, dass ich keinen Freund habe.« Das Geständnis schien ihr peinlich zu sein. »Ich war gerade mal siebzehn.«

»Man muss nicht siebzehn sein, um so was zu denken«, versicherte ihr Tess.

»Jedenfalls stand ich an der Bushaltestelle in der Charles Street. Und dann hat ein streunender Hund versucht, die Straße zu überqueren, und die Charles Street war damals, bevor sie die ganzen Highways gebaut haben, die so ziemlich stärkstbefahrene Straße in Baltimore. Ohne lange zu überlegen, bin ich ihm einfach hinterhergelaufen. Ein Autofahrer hat sofort gebremst, aber der hinter ihm hat nicht schnell genug reagiert und ist ihm hinten draufgefahren. Und dann ist der Hintermann unglaublich wütend geworden. Er ist ausgestiegen, und die zwei haben angefangen, sich anzubrüllen und dann auf mich einzuschreien …«

»Und der Fahrer, der gebremst hat, war Mr. Blossom?«

»Nein, nein.«

»Der Fahrer, der ihm hinten draufgefahren ist?«

»Nein, auch nicht. Mr. Blossom hat auf der anderen Straßenseite gestanden und auf den Bus Richtung Norden gewartet.«

»Und was hatte das mit dem Hund oder dem Unfall zu tun?«

»Ich war total durcheinander und bin einfach auf die andere Straßenseite gerannt. Und dieser nette junge Mann – damals kannte ich seinen Namen noch nicht – hat zu mir gesagt: ›Bleib doch erst mal ein paar Minuten hier, bis die zwei Herren sich wieder eingekriegt haben.‹ Das habe ich dann auch getan, und sein Bus ist gekommen und weitergefahren und meiner auch, und wir sind zur Cold Spring runtergegangen, wo es damals noch so eine altmodische Eisdiele gab, und haben geredet und geredet und, na ja, eigentlich haben wir nie mehr mit Reden aufgehört.«

»Echt? Sie waren über fünfzig Jahre verheiratet, ohne dass Ihnen der Gesprächsstoff ausgegangen ist?«

»Wir haben durchaus gelernt, miteinander still zu sein. Aber dieses Schweigen war nie unangenehm. Wir waren einander nie böse.«

»Nie?« Das schien Tess unvorstellbar. Crow war der umgänglichste Mensch, den man sich denken konnte, und doch trieb er sie jede Woche mehrmals in den Wahnsinn. Wenn man lange verheiratet war, gemeinsam Kinder großzog, war es schlichtweg unmöglich, nicht hin und wieder gereizt oder wütend zu sein. »Wie haben Sie das geschafft?«

»Immer wenn ich wütend auf ihn wurde, habe ich an das Mädchen an der Bushaltestelle gedacht. Sie war so unglücklich. Niemals würde irgendwer mit ihr ausgehen, geschweige denn sie lieben, da war sie sich ganz sicher. Es hört sich vielleicht ein bisschen einfältig an, aber ich habe gemerkt, dass Glücklichsein mich glücklicher macht als Unglücklichsein.«

Tess ließ sich Mrs. Blossoms Worte noch einmal durch den Kopf gehen: Glücklichsein macht mich glücklicher als Unglücklichsein. Diese Feststellung war ebenso bescheuert wie tiefschürfend.

Nachdem Mrs. Blossom gegangen war, schaute Tess seufzend auf den Stony Run Park hinab. Ihr Laptop, der auf einem altmodischen Korbtablett vor ihr stand, hatte sie sehr schnell sehr weit gebracht, aber nicht weit genug. Sie konnte damit zu Hause das Internet durchforsten und in wenigen Augenblicken Informationen finden, für deren Beschaffung sie früher Stunden, wenn nicht Tage gebraucht hätte. Da waren zum Beispiel das Gutachten und die Kaufunterlagen für Don Epsteins Haus; und die alte Adresse in seiner Kfz-Zulassung ermöglichte ihr, sein früheres Haus aufzurufen, das noch teurer gewesen war als sein jetziges, eine Vier-Millionen-Dollar-Villa auf Gibson Island. Die drahtlose Verbindung ermöglichte es ihr zwar, Zeit und Raum zu überwinden, konnte ihr aber nicht zu den Zufallsfunden verhelfen, die sie, zunächst als Reporterin, beim Durchstreifen von Gerichten und Regierungsgebäuden und später, als Ermittlerin, beim Klinkenputzen gemacht hatte. Und sie fragte sich, ob das alles Teil einer gigantischen Verschwörung war und diese unglaublichen Zugangsmöglichkeiten nichts weiter als ein Taschenspielertrick waren. Schau her, schau, wie viel du finden kannst. Kümmer dich nicht um den Mann hinter dem Vorhang. H.L. Mencken, unbestritten einer der berühmtesten Journalisten des 20. Jahrhunderts, hatte alle Kollegen verachtet, die die Redaktion nie verlassen hatten, und sie die Kastraten der Branche genannt.

Andrerseits hatte sich Mencken damit gebrüstet, Dinge erfunden zu haben. Insofern taugte er nicht unbedingt als Vorbild.

Trotzdem, es störte Tess gewaltig – mein Gott, wie altmodisch –, ans Bett gefesselt zu sein. Auch wenn sie Mrs. Blossom vertraute, niemandes Augen sahen genau das, was ihre eigenen Augen sahen. Und waren ihre Instinkte auch alles andere als unfehlbar, so waren es doch ihre eigenen Instinkte. Hätte sie Don Epstein selbst aufgesucht, sie hätte sich einen präziseren Eindruck von dem Mann verschaffen können. Tess durchschaute Lügner schnell, auch wenn sie meistens nicht den Finger darauflegen konnte, wo genau sie die Unwahrheit sagten. Aber jetzt saß sie hier mit einem ständig winselnden Italienischen Windspiel und einer in Fruchtwasser schwimmenden Kerkermeisterin fest. Seit Neuestem nannten Crow und sie das Baby in Anlehnung an das Stinktier aus Looney Tunes »Fifi La Fume«, einer dieser blöden Insiderscherze, die aus dem Nichts kamen, um sich umso hartnäckiger zu halten. Crow fand solchen Gefallen an dem Namen Fifi, dass er in Erwägung zog, seine Tochter so zu nennen. Tess stellte sich vor, wie es wäre, diese Namenswahl ihren Eltern zu erklären. »Hier ist eure Enkelin, Fifi Monaghan.« Dann war die Frage nur noch, welcher Name ihre in solchen Dingen sehr konservative Mutter mehr auf die Palme brächte.

Das Baby würde eine Monaghan. Da es ein Mädchen war, hatte Crow in seiner fast schon zu fortschrittlichen Gesinnung entschieden, dass es Tess’ Familiennamen tragen sollte. Tess konnte nicht leugnen, dass sie das freute. Natürlich war ihr Name der ihres Vaters. Sie konnten zwar den Mädchennamen ihrer Mutter nehmen – Fifi Weinstein hörte sich doch ganz gut an –, aber auch das war letztlich der Name eines Mannes. Um einen richtigen Mädchennamen zu finden, musste man bis zu Lilith zurückgehen, vermutete Tess. Die arme Lilith, die allererste Frau, dazu verdammt, vergessen zu werden.

Wieder schaute sie auf die Kopie der Heiratsurkunde, die ihr Mrs. Blossom beschafft hatte. Carole Epstein war einmal Carole Massinger gewesen. Als Tess »Massinger« googelte, landete sie auf der Homepage eines Fotografen. Auf einem bei einer Hochzeit aufgenommenen Foto war eine Carole Massinger zu sehen. Wie bei solchen Anlässen üblich, wirkte die Aufnahme ein bisschen gestellt, aber sie zeigte eindeutig die Frau, die Tess durch ihr Fernglas gesehen hatte. Die Frisur war anders, aber sie trug ein selleriegrünes Kleid, und in der Hand hielt sie – stimmte diese Frau eigentlich alles aufeinander ab? – einen grünen Cocktail und prostete mit einem strahlenden Lächeln Braut und Bräutigam zu, bei denen es sich laut Angaben des Fotografen um Don und Annette Epstein handelte.

Die Frau im grünen Regenmantel

Подняться наверх