Читать книгу Standards und Evidenzen der logopädischen Stimmtherapie mit Mann-zu-Frau-Transsexuellen - Leah Kühl - Страница 4
1 Einleitung
ОглавлениеDiese Arbeit ist ein Versuch, einen Überblick zu schaffen, über den Forschungsstand der Therapiemethoden und die Bestandteile, die zu einer weiblichen Stimme beitragen. Derzeit gibt es im deutschsprachigen Raum keine evidente Übersicht effektiver Behandlungsmethoden für die Stimmtherapie von Mann zu Frau Transsexuellen. So schreibt eine Studie „Gültige Standards der logopädischen Therapie existieren nicht“ (Meister et al., 2016, p. 775). Die vorliegende Arbeit ist deswegen eine Betrachtung der derzeitigen Evidenzen und Standards in verschiedenen, für die logopädische Stimmtherapie relevanten Schriftstücken.
Standards werden durch diverse Organisationen aufgestellt. Da es im Rahmen dieser Arbeit nicht möglich ist, alle zu erfassen, wird hier lediglich eine reduzierte Anzahl beleuchtet. Die Auswahl erfolgte anhand ihrer Bedeutung im Gesundheitssystem bzw. für die Logopädie und die hier behandelten Fragen.
Um einen weltweiten Eindruck zu bekommen, werden die Standards of Care (SOC) betrachtet, da diese internationale Relevanz haben. Für Deutschland sind hier die Leitlinien, als auch die Heilmittelrichtlinien (HRL) als relevant eingestuft worden. Ebenfalls werden Arbeiten betrachtet, welche Bestandteile sowohl weiblicher als auch männlicher Stimmen behandeln. Im Anschluss werden einzelne Methoden und Studien zur Feminisierung der Stimme analysiert, welche sich mit der Stimmtherapie bei MFT befassen. So soll es dem Leser ermöglicht werden, die nach dem derzeitigen Forschungsstand bestmögliche Therapie zusammenzustellen. Dies soll einen Ausgangspunkt schaffen, von dem evidenzbasierte Methoden Einzug in die Therapie finden können. Es ergeben sich hieraus die drei folgenden Forschungsfragen:
Gibt es Standards in der Stimmtherapie mit Mann-zu-Frau-Transsexuellen und wenn ja welche?
Welche Evidenzen lassen sich in den SOC, den Leitlinien und HRL zur Stimmtherapie mit Mann-zu-Frau-Transsexuellen finden?
Gibt es Evidenzen zu Bestandteilen der Stimme und Therapiemethoden, die zu einer weiblichen Stimme bei Mann-zu-Frau-Transsexuellen beitragen?
Diese Arbeit soll sich also mit der Aufarbeitung von Standards und den darin enthaltenen Evidenzen befassen. Eine politische, soziologische oder philosophische Auseinandersetzung mit den zahlreichen Begriffen Transgender, Transsexuelle, „gender non comforming“, Trans* etc., ist nicht Bestandteil dieser Arbeit. Zugrunde liegen die derzeit geltenden Vorgaben der Begrifflichkeiten. Diese Entscheidung erfolgte auch der Verständigung wegen und soll so die Dringlichkeit des Leidensdrucks vieler MFT-Patientinnen berücksichtigen. So kann zuerst ein Standard für die Behandlung etabliert und im Nachgang neue Begrifflichkeiten diskutiert werden.
Schwierigkeiten lagen in der Verfügbarkeit einzelner Artikel, weshalb diverse davon direkt bei den Autoren bzw. Herausgebern angefragt werden mussten. Die Quote bezüglich der Rückantworten belief sich lediglich auf ca. 30 %.
Weiterhin musste zunächst ein tieferes Verständnis von Akustik erarbeitet werden, da dies in diesem Umfang nicht Teil der logopädischen Ausbildung war. Für das Verständnis einiger Studien bedurfte es außerdem erweiterter Kenntnis über Obertöne, Harmonien, Stimmfarbe, Resonanz, Formanten, deren Eigenschaften, sowie Entstehung, Messung und Visualisierung. Zudem sind beinahe alle relevanten Studien in englischer Sprache verfasst, was zunächst deren Übersetzung erforderte.
Die Arbeit ist relevant, da bereits Neumann et al. (2002) feststellten, dass die Personengruppe der Mann-zu-Frau-Transsexuellen unter starken Einschränkungen im Alltag leiden.
Ziel dieser Arbeit ist am Ende einen Überblick zu schaffen, welche größeren Organisationen evidenzbasierte Regelungen geschaffen haben bzw. im Begriff sind, diese zu schaffen. Weiterhin sollen die evidenzbasierten Hintergründe für die jeweiligen Standards, Richtlinien, sowie einzelne Bestandteile der Stimme und Behandlungsmethoden dargestellt werden.
Die Zielgruppe der Arbeit sind bereits tätige Logopäden, welche erste Erfahrung mit MFT haben, bzw. mit dieser Patientengruppe arbeiten möchten. Ebenfalls werden deren interprofessionelle Kontaktstellen wie Phoniater und Psychologen, angesprochen. Die Arbeit trägt somit bestenfalls auch zu einer Verbesserung der Behandlungsbedingungen und der Aufklärung, auch für die Gruppe der Patientinnen und deren Angehörigen bei.