Читать книгу Operation Johannesburg - Leo Frank-Maier - Страница 7
ОглавлениеDen ganzen Tag hatte Teddy Cooper in seinem Büro in der US-Botschaft in Wien vertrödelt und auf den Anruf des Hofrates Dr. Hammerlang gewartet. Das Telefonat kam am späten Nachmittag.
»Die Sache geht in Ordnung«, hatte Dr. Hammerlang nur unwillig gegrunzt und dann aufgelegt. Ted Cooper wußte, daß der Hofrat keine Freude an der ganzen Geschichte hatte. Aber es war für ihn der sicherste Weg, dem KGB diese Information zuzuspielen, von der er sich so viel erwartete. Er mußte sich irgendeinen Anlaß ausdenken und dem Hofrat wieder einmal eine Kiste Cognac schicken. Kleine Geschenke erhalten schließlich die Freundschaft.
Cooper zündete sich eine Zigarre an und überlegte, ob er an diese dicke Scherbler jetzt seine Observationsgruppe ansetzen sollte. Ob er sie die nächsten Tage rund um die Uhr beobachten lassen sollte, um ganz sicher zu sein, daß sie das Durchschlagpapier des Hammerlang-Diktates ihrem Kontaktmann übergab. Schließlich entschloß er sich, es nicht zu tun. Bei einer Observation kann immer eine Panne passieren, und die Sache war ihm zu wichtig. Er wollte nichts riskieren.
Er rechnete, wie lange es wohl dauern könnte, bis im Hauptquartier des KGB in Moskau die Alarmglocken schrillen würden. Zwei bis drei Tage könnte die Scherbler das Karbonpapier in ihrer Handtasche herumschleppen, das war bei ihr so üblich. Wenn sie dann ihren Treff gehabt und das Zeug übergeben hatte, dauerte es sicherlich keine 24 Stunden mehr. Die Erwähnung des Namens Sergej Andropow in dem Hammerlang-Bericht und die angedeutete Beziehung des ehemaligen Obersten Andropow zum CIA während der Besatzungszeit in Wien mußte im Kreml wie eine Bombe einschlagen. Denn Sergej Andropow war erster Anwärter auf den Posten des Innenministers und somit des Chefs des KGB. Das wußte man in Washington. Jeder andere Kandidat wäre dem Pentagon lieber gewesen, und es war die Aufgabe Ted Coopers, die Karriere des Andropow nach Möglichkeit zu verhindern.
Ted Cooper war ein ausgezeichneter Schachspieler und betrachtete seinen Beruf als eine Art Realisierung dieses königlichen Spieles. In dieser Partie hieß sein Bauernopfer Wilhelm Weiss alias William Vreugdenhil und lebte in Johannesburg. Für den KGB war dieser Mann der einzige noch lebende Mensch, der Aufschluß über die tatsächliche Rolle des Andropow im Wien der fünfziger Jahre geben konnte. Für Cooper stand fest, daß man nun diesen Vreugdenhil auf irgendeine Art kontaktieren werde. Die Frage war nur, auf welche Art.
Ted Cooper sog an seiner zweiten Zigarre und versuchte zu erraten, welchen Zug die Gegenseite jetzt wohl machen werde.
Das Schlimmste, was ihm passieren konnte, war, wenn sich die Russen zu einem Kidnapping entschlossen. Aber ein Menschenraub in diesem riesigen Land Südafrika war keine einfache Sache. Cooper konnte sich nicht vorstellen, wie die Roten den Mann aus dem Land herausbringen sollten. Und einen gesicherten Stützpunkt in Südafrika hatten sie nicht – so hoffte er wenigstens. Und außerdem wollte er nicht glauben, daß man gleich mit allerschwerstem Geschütz auffahren werde. Nach menschlichem Ermessen würden sie irgendeinen tüchtigen Mann mit dem Auftrag nach Johannesburg schicken, den Wilhelm Weiss zu einer verbindlichen Aussage über Andropows Wiener Vergangenheit zu bringen. Man konnte ihm Geld dafür bieten und auch mit Drohungen wegen seines falschen Namens ein wenig nachhelfen. So jedenfalls würde Cooper in dieser Situation reagieren, und warum sollte es bei den Russen anders sein.
Wohl zum hundertsten Male in den letzten Wochen überlegte Cooper, ob er nicht doch noch rasch nach Johannesburg fliegen und vor den Russen mit Willi Weiss reden sollte. Schließlich waren sie einmal fast Freunde gewesen. Damals, vor mehr als zwanzig Jahren. Und schließlich verdankte Wilhelm Weiss den Amerikanern seinen jetzigen Schlupfwinkel und seine finanzielle Unabhängigkeit. Sicherlich, er hatte nichts geschenkt bekommen, sich alles redlich verdient. Der CIA ist ja auch kein Unterstützungsverein.
Aber dann erinnerte er sich wieder an ihr letztes Treffen vor fünf Jahren auf dem Flugplatz in Kairo. »Ich will von euch nichts mehr hören und sehen«, hatte Weiss beim Abschied ernst erklärt. »Von euch nicht und von allen Nachrichtendiensten dieser Welt auch nicht.«
Cooper kannte diesen Wilhelm Weiss. Die Wahrscheinlichkeit, daß er ihn bei einem Besuch gar nicht anhörte und einfach zur Tür hinauswarf, war ziemlich groß. Und das würde die Operation nur verkomplizieren. Denn mit Sicherheit würde es dem sowjetischen Emissär ebenso ergehen. Und das war ein wesentlicher Bestandteil seiner Spekulation: Die Behauptungen über Andropow sollten von Wilhelm Weiss weder bestätigt noch entkräftet werden. Das mußte genügen, dann hatte Cooper diese Schachpartie gewonnen.
Er war jetzt bei seiner dritten Zigarre. Irgendwie war es für ihn unbefriedigend, daß er in seinem Plan bei den zu erwartenden Geschehnissen in Johannesburg so gar keine Kontrolle haben sollte. Den lokalen Residenten einzusetzen, ihn auch nur zu informieren, kam für Cooper nicht in Frage. Ein Amerikaner hatte in seinem Spielchen nichts zu suchen. Ansonsten witterte man in Moskau den Braten, und das wäre womöglich für Andropow noch positiv! Aber irgendeine neutrale Figur, wenn er einsetzen könnte…
John Bratt fiel ihm ein. Der englische Journalist, der jetzt in London bei »World News Agency« arbeitete, mit dessen Chef, Direktor Morris, er befreundet war. John Bratt hatte das richtige Alter. Denn irgendeinen jungen Schnösel konnte er nicht zu Wilhelm Weiss schicken. Der Gedanke mit John Bratt gefiel ihm immer besser. Vielleicht konnte Direktor Morris den Bratt unter dem Vorwand irgendeiner Reportage nach Johannesburg schicken. Dann wäre er einmal an Ort und Stelle und könnte notwendigenfalls eingesetzt werden. Direktor Morris konnte ihm, Cooper, diese Bitte sicher nicht abschlagen. Cooper drückte seine Zigarre aus.
Es war schon fast 21 Uhr, als er den Telefonhörer abhob und von der Zentrale ein Ferngespräch nach London verlangte.