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Ärger mit Nummer 18
ОглавлениеHundemüde am Montag
Gestern war ein Hunde anstrengender Tag. Wir sind viele Kilometer über die Insel gewandert. Als munterer Labrador liebe ich das Laufen. Doch gestern hatten wir fast 30 Grad und mir hing die Zunge aus der Schnauze. Hund, war das hart.
Wir wohnen nun bereits seit einem Monat auf einer kanarischen Insel. Unsere Insel, auf der meine Zweibeinerin Leonie und ich leben, heißt Teneriffa und liegt mitten im Atlantischen Ozean. Leonie hat mich in einer großen Transportbox im Flugzeug hierher gebracht. Und da es um uns herum viel Sonne, Natur und Wasser gibt, lebt nicht nur Leonie gerne hier.
Als Hund ist es mir egal, wie diese Insel heißt, wichtig ist, dass es hier gut duftet. Und das tut es auf Teneriffa. Gestern bin ich vor lauter Wandern und Schnüffeln nicht dazu gekommen, mein Geschäft anständig zu erledigen. Na ja, was sollte ich machen – war doch klar, dass ich heute Nacht um 2 Uhr irgendwann ein ganz starkes Bedürfnis verspürte. Und wie Leonie mich müde angeschaut hat, als ich winselnd vor ihrem Bett stand. Fast tat sie mir ein wenig leid. Doch tapfer und mit wirklich sehr kleinen Augen ist Leonie auch mitten in der Nacht mit mir Gassi gegangen.
Heute am Montagmorgen war ich nach dem gestrigen Wandertag und der halb durchgemachten Nacht absolut fertig. Ich brauchte meinen Schönheitsschlaf auf dem Sofa. Mein Kopf fühlte sich schwer an und ich wünschte mir ganz viele Streicheleinheiten. Die bekam ich auch. Leonie flüsterte mir ganz lieb ins Ohr: „Lasko nach dem gestrigen Tag hast Du wirklich alle Ohrenkrauler der Welt verdient.“
Doch am späten Nachmittag war unsere Ruhe dahin. Was für ein Erlebnis! Ich war gerade wieder munter und wir gingen in einem kleinen Park spazieren. Als wir zu unserem Apartmenthaus zurückkamen, liefen wir über einen sehr langen Flur im oberen Stockwerk, wo wir wohnen. Wir waren 20 Meter von unserer Wohnungstür entfernt und Leonie ließ mich wie üblich von der Leine. Normalerweise müssen Hunde in unserer Wohnanlage angeleint zu gehen. Doch wenn keiner zuschaut, lässt Leonie mich manchmal die letzten Meter bis zur Wohnungstür frei laufen. Und ich bin ja auch immer ganz brav. Jedenfalls meistens.
Voller Freude auf mein Futter und mein Sofa sprang ich auch heute in großen Galoppsprüngen Richtung Haustür. Doch was war das? Plötzlich bemerkte ich auf der rechten Seite des Flures eine offene Tür zu einem Apartment. Dort wohnt laut Schild, das Leonie mir irgendwann vorgelesen hat, das britische Ehepaar Mordland. Da Apartment hat die Nummer 18. Leonie nennt Frau und Herrn Mordland daher einfach „Nummer 18“.
Ich glaube, dass Leonie die Beiden nicht wirklich gern hat. Einmal hörte ich sie zu einem unserer Freunde sagen, dass Frau Mordland immer sehr böse über die Hunde im Haus schimpfen würde und auch Leonie bereits mehrmals sehr unfreundlich von der Seite wegen mir angesprochen hätte. „Von der Seite?“ Das sagt mir nichts. Ich belle immer geradeaus und direkt nach vorn.
Aber heute – das könnt Ihr mir glauben, roch es verdammt lecker von der Seite bei Nummer 18. Ich konnte mich nicht beherrschen. Da musste ich einfach mal nachschauen gehen, was in diesem Apartment denn nun so lecker roch. Ich gebe zu, ich bin nicht nur verfressen. Ich bin auch ein wenig neugierig.
Ehe Leonie sich versah, war ich durch die halb offene Tür gestürmt und stand im Flur des Apartments der Mordlands. Die Mordlands oder Nummer 18 oder genauer gesagt Frau und Herr Mordland, die leider wirklich und grundsätzlich keine Hunde mögen, fingen furchtbar an zu schreien. Das ältere Ehepaar schrie im Duo, wobei die keifende Stimme von Frau Mordland den Bass von Herrn Mordland um einige Töne übertönte.
Frau Mordland schimpfte auf Englisch und griff dabei mit ihrer rechten Hand nach einem langen Besen, um auf mich damit loszugehen. Dabei hatte ich doch nur nachsehen wollen, warum es bei Nummer 18 so lecker roch. Beleidigt zog ich mich schnell zurück. So gut ist die britische Küche nun wirklich nicht, dass ich mir dafür meine Hundenase verbrenne oder gar einen Schlag mit dem Besen riskiere. Nach drei Hundesekunden (die übrigens noch schneller vergehen als Menschensekunden) war ich wieder auf dem Gang.
Doch das Ehepaar Mordland lief aus ihrem Apartment heraus und hinter mir her. Leonie stand etwas bleich auf dem Flur und schaute ängstlich auf die wütend gestikulierenden englischen Herrschaften. Beide bauten sich zusammen vor Leonie auf und schrien entsetzlich auf sie ein. Leonie schien die ganze Angelegenheit höchst peinlich zu sein. Jedenfalls wechselte sie ihre Gesichtsfarbe und stotterte so etwas wie: „sorry, sorry“.
Das habe ich nicht verstanden. Ich meine, ich verstehe den Begriff sorry. Doch was ich gar nicht verstehen kann, ist, warum Leonie sich entschuldigte. Es war doch gar nichts passiert. Manchmal sind Zweibeiner und ihre merkwürdigen Verhaltensweisen für mich einfach ein Rätsel.
Doch Leonie entschuldigte sich weiter. Sie entschuldigte sich sogar mehrmals in allen möglichen Sprachen. Nur gebellt hat sie leider nicht. Das hätte sie mal besser machen sollen. Ein stolzes Verbellen macht immer Eindruck. Das muss ich ihr noch mal beibringen. Auf Leonies Entschuldigungen schienen die Nummer 18 Bewohner überhaupt nicht zu stehen. Frau Mordland schimpfte weiter laut auf dem Flur hinter Leonie her. Herr Mordland grummelte vor sich hin und verschwand in seinem Apartment. Leonie hatte mich am Halsband gepackt und zog mich eilig zu unserem Apartment.
Frau Mordland watschelte mit ihren Armen fuchtelnd hinter uns her. Sie verfolgte uns mit britischen Schimpfwörtern bis zu unserer Apartmenttür. Leonie schloss mit zittriger Hand die Tür auf und verschwand dann mit mir schnell nach drinnen. Sie knallte die Tür zu und lehnte sich mit dem Rücken an die Tür. So als wenn sie Angst hätte, dass Frau Mordland noch die Tür eindrücken würde. Draußen schimpfte Frau Mordland weiter.
Da wir drinnen sicher schienen und endlich wieder unter „uns Rudel“ waren, erklärte mir Leonie dass die Nummer 18 Menschen sich beim Präsidenten über uns beschweren wollten. Soviel hatte sie jedenfalls verstanden. Der Präsident dieser Apartmentanlage scheint so etwas wie ein Oberwolf zu sein. Ob dieser Oberwolf nun uns oder Nummer 18 auffressen wird, bleibt nunmehr abzuwarten. Ich für meinen Teil denke, dass der Oberwolf ruhig kommen soll. Ich kann kämpfen oder mich im Notfall auch unter dem Sofa verstecken.
Morgen werden wir nach dieser Aufregung mit dem Ehepaar aus Nummer 18 ein wenig Wandern gehen. Das beruhigt das Gemüt, sagt Leonie. Auch wenn ich Kämpfen und mich unter dem Sofa verstecken kann. In den Bergen finden uns die Leute aus Nummer 18 und der Oberwolf bestimmt nicht. Um mich ein wenig für die Wanderschaft zu stärken, muss ich schauen, dass ich heute Abend etwas von dem leckeren Lammbraten, den Leonie gerade vor mir im Kühlschrank verstecken will, abbekomme.
Wandern am Dienstag
Gestern war ich mitten in der Nacht sehr lange spazieren. Es gab Life Musik in einer Bar gleich um die Ecke. Und da Leonie sich so über Frau und Herrn Mordland aufgeregt hat, beschloss sie das Lamm im Kühlschrank zu lassen und mit mir essen zu gehen. „Ich muss hier einfach heraus“, stöhnte sie. Ich muss auch oft hier heraus. Das sieht Leonie allerdings nicht immer so. Doch gestern Abend waren wir uns einig. Und so gingen Leonie und ich zum Essen in unser allerliebstes spanisches Restaurant. Dort gab es für mich dann einen großen Extraknochen, so dass ich gar nicht lange dem Lammbraten in unserem Kühlschrank hinterher trauern musste.
Mein Lieblingsspanier auf zwei Beinen heißt Oskar. Oskar hat ein Restaurant, in dem ich mit Leonie ab und zu zum Essen gehen darf. Eigentlich sind Hunde in spanischen Restaurants verboten. Doch Oskar mag Hunde und Oskar mag insbesondere mich. Daher darf ich mit in sein Restaurant, unter Leonies Tisch liegen und abwarten, bis er mir einen Knochen bringt.
Auf dem Rückweg hörten wir uns noch ein wenig Lifemusik in einer Bar an. Dann konnte ich mein Geschäft erledigen und die Nacht durchschnarchen. Es ist wahr – ich schnarche ab und zu ein wenig. Aber wen stört das schon? Leonie meint, wenn ich sie nachts nicht anders bewachen kann, dann kann ich wenigstens mit meinem Schnarchen die wilden Tiere vertreiben. Was für Tiere das wohl hier auf Teneriffa gibt? Ich hoffe, dass sie nicht zu groß sind.
Heute sind Leonie und ich wieder viele Kilometer gelaufen. Leonie liebt wandern. Sie wandert immer neue Strecken entlang und schreibt darüber kleine Zeitungsberichte. Sie meint, dass auf diese Weise auch andere Zweibeiner von schönen Wanderstrecken erfahren und diese entlang wandern können. Ich verstehe das nicht. Hunde finden ihren Weg auch ohne dass der groß und lang in der Zeitung beschrieben wird.
Wir erschnüffeln uns unseren Weg. Wenn Leonie und ich einen Weg einmal lang gegangen sind, kann ich ihn immer wieder erschnüffeln. Und andere Hunde können das auch. Wir brauchen keine Zeit dafür zu investieren, uns Wegnummern zu notieren, im Wanderführer nachzuschauen, Straßen zu suchen und noch alles aufzuschreiben. Ihr Zweibeiner seid da schon ein bisschen komplizierter konstruiert und braucht viel mehr Zeit als wir. Nun gut, die eingesparte Zeit benutze ich für meinen Schönheitsschlaf.
Doch heute ging es erst einmal über Berge, durch einen langen Tunnel und zur Abkühlung für mich in einen Wasserkanal. Toll, wie ich da drinnen geplantscht habe. Da draußen beim Wandern haben wir ganz das Ehepaar Mordland und den Oberwolf vergessen. Doch als wir uns unserem Apartment näherten, schlich Leonie ganz leise über den Flur, damit bloß nicht die Mordlands uns hören sollten.
Auf Zehenspitzen und Hundekrallen ging es zu unserer Haustür. Von den Mordlands war weit und breit nichts zu sehen. Doch im Briefkasten fand Leonie ein Schreiben unseres Vermieters vor. Er teilte Leonie mit, dass sich das Ehepaar Mordland aus Nummer 18 über uns beschwert habe.
Leonie seufzte und gönnte sich zur Beruhigung ein kanarisches Hähnchen. Davon gab sie mir leider gar nichts ab. „Nee Lasko, Hähnchen Knochen sind nichts für Hunde“, sagte sie. Warum eigentlich nicht? Das Hähnchen riecht doch so verdammt lecker. „Hier hast Du ein großes Rinderohr, Lasko“, sagte Leonie, als sie die Hähnchenknochen im Biomüll vor der Anlage vor mir in Sicherheit brachte. Das Rinderohr war ein Geschenk – nein, nicht von Nummer 18 –, sondern von einer sehr lieben Freundin von Leonie aus München, die uns hier letzte Woche besucht hat. Die hat auch Hunde zu Hause und weiß was sich gehört. Ich wünschte es gäbe, mehr so nette Zweibeiner wie Leonies Freundin oder Oskar. Und ich wünschte, dass es weniger so miesgelaunte Zweibeiner, wie die Mordlands gäbe.
Morgen werde ich die Geschichte mit Nummer 18 meinen Kumpels erzählen. Insbesondere Bobby, der andere Labrador, der hier im Haus lebt, wird interessiert sein. Denn auch sein Herrchen ist schon mal von Nummer 18 angeschrien worden, da Bobby im Swimmingpool baden wollte, weil es so heiß war. Die Mordlands hatten dafür leider überhaupt kein Verständnis. Vielleicht können Bobby und ich und die anderen in der nächsten Zeit einmal eine kleine konzertierte Bellaktion für Nummer 18 starten.
Wasserloser Mittwoch
Gestern Morgen war auf einmal das Wasser in der Wohnung weg. Kein Tropfen kam aus dem Wasserhahn. Leonie drehte am Wasserhahn nach links und rechts und klopfte mit der Faust auf die Armaturen. Nichts half. Das Wasser blieb weg. Nicht dass mich das fehlende Wasser groß gestört hätte. Aber Leonie war mächtig irritiert. Sie hatte vor einer halben Stunde eine Waschmaschine mit Wäsche gestartet. Nun stand die Wäsche im Wasser in der Waschmaschine und wurde nicht weiter gewaschen.
„Wahrscheinlich haben die hier mal wieder das Wasser abgedreht“, murmelte Leonie. Sie dachte, dass alle Wohnungen im Haus kein Wasser hätten. Das passiert nämlich auf Teneriffa ab und zu.
Es klingelte an der Tür. Leonie öffnete und begrüßte einen unserer Nachbarn. Der alte Herr Gonzalez wohnt zwei Wohnungen neben uns. Er fragte: „Ist bei Ihnen auch das Wasser abgestellt? Ich habe seit Stunden kein Wasser“, sagte er. Leonie erklärte ihm, dass auch wir leider kein Wasser hätten. Ein wenig beruhigt dachte Leonie nun, dass tatsächlich alle Wohnungen von dem Wassermangel betroffen seien. So nahmen wir beide das fehlende Wasser gelassen.
Doch am Abend sah Leonie andere Nachbarn ihre Balkonpflanzen mit dem Wasserschlauch besprengen. „Oh, da haben ja doch einige Leute Wasser“, grübelte Leonie vor sich hin. Sofort lief sie zur Hausmeisterin und fragte dort nach dem Wasser. Die Hausmeisterin erklärte Leonie, dass bei 20 Wohnungen, deren Eigentümer nicht die Wasserrechnung bezahlen konnten, der Hauptwasserhahn zugedreht sei. Diese Mitteilung hob nicht gerade Leonies Laune, zumal sie ihre Miete pünktlich bezahlt hatte. Ich bin Zeuge! Doch was nützte es. Die Wäsche blieb weiter in der Wäschetrommel eingeschlossen.
Sehr lieb und ein bisschen tröstend war für uns, dass uns eine Nachbarin Wasserkanister zum Spülen für die Toilette zur Verfügung stellte. Auch mir brachte sie netterweise Wasser für meinen Napf, so dass ich nicht verdursten musste. Ich merkte erst jetzt, dass ich ja doch Wasser brauchte und mir ein abgestellter Hauptwasserhahn auf Dauer schlecht bekommen würde.
Heute ist das Wasser immer noch weg. Leonie befürchtet, dass das wohl auch noch eine ganze Weile so bleiben wird. Sie hat mir erklärt, dass das halt die Krise hier sei. „Viele Leute können ihre Rechnungen nicht mehr bezahlen und dann gibt es auch keine Elektrizität und kein Wasser mehr“, sagte sie. Und unser Vermieter gehört wohl zu diesen Leuten, obwohl Leonie ihm ihre Mieter pünktlich in die Hand gedrückt hat. Zum Glück kann Hund so etwas nicht passieren. Allerdings, wenn ich mir das genau überlege…
Möglicherweise sehe ich gerade deswegen hier so wenige Hunde in guten Hütten. Häufig müssen meine armen Hundefreunde in irgendwelchen Holzverschlägen oder Pappboxen hausen. Die Hundehütten sind wahrscheinlich alle bereits hoch überschuldet und an die Knochenbank überschrieben. Man bin ich froh, dass ich noch mein rotes Sofa hier in unserer Wohnung habe. Dort rolle ich mich immer gemütlich zusammen. Auch wenn Leonie ab und zu darüber schimpft, dass ich auf dem roten Stoff einige hundert Haare liegen lasse. Das mache ich doch nicht mit Absicht Leonie.
Morgen werde ich mit meinem besten Hundekumpel Bobby reden, ob wir eine Spendensammelaktion für die obdachlosen Hunde machen können. Und im Übrigen kann ich nur hoffen, dass unser Vermieter irgendwann die Wasserrechnung bezahlen kann, damit wir die Wäsche wieder aus der Waschmaschine herausholen können. Die sieht nämlich schon richtig blau und verfärbt aus. Nicht das mir das irgendetwas ausmachen würde, aber Leonies Laune steigert der Anblick der verfärbten Wäsche in der Maschine nicht gerade. Außerdem muss Leonie im Moment ihre Zeit mit Wasser schleppen verbringen und darüber wird sie vielleicht noch vergessen mich zu füttern. Na ja, bisher ist das noch nicht vorgekommen, aber in so einer Krise…wer weiß?
In der Ruhe liegt die Kraft
Gestern Morgen bin ich mit Leonie meine Morgenrunde durch den Ort und am Atlantik entlang gelaufen. Wir gehen nämlich jeden Morgen zusammen Joggen. Überall hingen auf unserem Weg große Ankündigungsplakate, an die ich gerne ein wenig gepinkelt hätte. Leonie, die die Plakate studierte, zog mich jedoch immer gerade dann, wenn ich das Bein angehoben und in die richtige Position gebracht hatte, weg. Manchmal bin ich doch ein wenig sauer, dass ich mit der Leine am verlängerten Arm von Leonie hänge. Leonie lief weiter und ich konnte später in ein Gebüsch pieseln. Das war auch in Ordnung. Dort roch es wunderbar nach vielen anderen Hunden.
Leonie erklärte mir, dass sie auf den Plakaten gelesen hätte, dass ab dem nächsten Donnerstag Karneval sei. „Fünf Tage Karneval auf Teneriffa, was sagst Du dazu Lasko?“ Was soll ich dazu sagen? Merkwürdig, in Deutschland ist der Karneval doch schon vorbei? Ist am Aschermittwoch doch noch nicht alles vorbei? Hier scheint es jedenfalls nach Aschermittwoch erst richtig los zu gehen. Na, dann lassen wir uns doch mal überraschen.
Bis dahin muss Leonie erst einmal ordentlich weiter Wasser schleppen. Wenn sie sauber zum Karneval gehen will, braucht sie Wasser. Und das ist in unserer Wohnung immer noch abgestellt. Ich bin zum Glück mit einer automatischen Waschanlage ausgestattet und kann mich jederzeit sauber lecken. Karneval ich bin bereit!
Heute ruhe ich Lasko auf der Sonnenliege und schaue Leonie beim Wasser schleppen zu. Meinen Namen hat sich Leonie ausgedacht. Er sollte einfach klingen und ein wenig an Labrador erinnern. Wenn Leonie meint, dass diese Kriterien mit dem Namen Lasko erfüllt sind – ok, ich kann damit leben. Dass später nach mir eine Fernsehsendung benannt wurde, hat sie wohl nicht geahnt. Jedenfalls bin ich keine Faust Gottes. Das möchte ich hier einmal ganz ausdrücklich feststellen. Und heute hat Lasko frei und schlummert auf der Sonnenliege.
Doch Leonie muss das Wasser, das ihr die nette Reinigungsfrau mit dem hübschen Namen Angelina Delfina zur Verfügung stellt, aus dem Gemeinschaftsraum in einem großen Eimer über den langen Flur vorbei am Apartment der Familie Mordland schleppen. Ab und zu, wenn Leonie an Nummer 18 vorbei kommt, stecken Frau oder Herr Mordland neugierig den Kopf aus der Tür und grinsen hämisch. „Na, kein Geld für Wasser?“ fragte neulich Frau Mordland bissig, als Leonie gerade wieder mit dem großen Eimer voll Wasser an ihrer Haustür vorbei schlich.
Morgen und in den nächsten Tagen müssen wir die Wohnung aufräumen, da wir Besuch bekommen. Ich wollte sagen, dass Leonie noch ein wenig die Wohnung aufräumen muss. Ich verzieh mich in der Zeit lieber auf mein rotes Sofa. Von dort werde ich Leonie zuschauen, wie sie die vielen Millionen von einzelnen Labradorhaaren aus der Wohnung entfernt. Vielleicht haben wir ja Glück und unser Wasser wird wieder angestellt. Dann dürfte die Haarentfernung ein bisschen besser gelingen.
Leonie hat mir erzählt, dass sie vor einigen Jahren, als sie Urlaub in den USA machte, einen Werbefilm gesehen hat, in dem ein Hundestaubsauger angepriesen wurde. Manchmal wenn ich wieder ein paar tausend Haare zu viel (jedenfalls nach Leonies Verständnis) verloren habe, wünscht sie sich, dass sie wüsste, wo es diesen Hundestaubsauger zu kaufen gibt. Ich weiß es jedenfalls nicht und wenn ich es wüsste, würde ich es ihr ganz bestimmt nicht verraten. Hundestaubsauger – iiiigiiiiittt.
Am Freitag hat Lasko frei
Gestern war ein wirklich schlimmer Tag. Wir waren draußen beim Wandern, da Leonie einen Artikel über eine neue Wanderroute im Tenogebirge schreiben wollte. Wir wanderten einen sehr felseigen steilen Berg hinauf. Dabei ging es auch über Vulkangestein und mir taten nach einiger Zeit die Pfoten weh. Ich will mich ja nicht beschweren, denn wenn ich an all die Hunde denke, die hier in kleinen Ställen oder Verschlägen eingesperrt sind, geht es mir doch richtig gut. Dennoch liege auch ich ab und zu einfach am liebsten auf meinem roten Sofa und lasse mich ein bisschen kraulen. Wellnesstage sind einfach für die Seele nicht zu unterschätzen.
Doch gestern, als wir nach der langen anstrengenden Wanderung zu unserem Apartmenthaus zurückkamen, waren überall Verbotsschilder für Hunde angebracht. Jedenfalls befanden sich auf allen Eingangstüren, auf den Fluren und im Fahrstuhl überall kleine Schilder mit einem durchgestrichenen Hund. Könnt Ihr Euch das begreifen? Verbotsschilder! Stellt Euch vor, Ihr kommt zurück in Euren Menschenwohnblock und dürft nicht mehr durch die Tür, nicht mehr in den Fahrstuhl und einfach überhaupt nirgendwo hin. Das war anscheinend das neue Werk von Familie Nummer 18. Da haben Frau und Herr Mordland wohl den Oberwolf überzeugt, dass er Hunde im Haus verbieten muss. Leonie war sprachlos, wusste nicht mehr was sie dazu noch sagen oder machen sollte. Sie war einfach nur fertig und sagte gar nichts mehr. Gut nur, dass sie noch daran dachte, mich wenigsten zu füttern.
Heute weckte uns ein gurgelndes Geräusch. Leonie und ich sprangen gleichzeitig auf und rannten in das Badezimmer. Und tatsächlich. Dort tropfte es aus dem Wasserhahn. „Wie schön Lasko. Wir haben wieder Wasser“, rief Leonie begeistert aus. Sie putze die Zähne, sie duschte und wischte vor Begeisterung gleich die ganze Wohnung nass aus. Was für ein Gefühl nach einer Woche ohne Wasser wieder das kühle Nass in den Leitungen rauschen zu hören. Jedenfalls himmlisch für Leonie. Und auch ich freute mich, auch wenn ich das Wasser in der Wohnung nicht wirklich vermisst hatte. Denn ich kann auch gut aus einem Eimer trinken. Und wenn ich Wasser brauche, dann soll es doch bitte gleich ein ganzer Teich voll sein.
Leonies Laune hob sich sofort merklich. Fröhlich füllte sie gleich zwei Mal meinen Wassernapf. Dann holte sie die mittlerweile blau verfärbte stinkende Wäsche aus der Waschmaschine und wusch sie mehrmals neu. Das war auch nötig. Puh, das stank vielleicht aus der Waschmaschine. Dann duschte Leonie ein zweites Mal und fing dabei sogar an zu singen. Wie sich so ein bisschen Wasser doch auf ein menschliches Gemüt auswirken kann. Nun sind Leonie, die Wäsche, das Geschirr und die ganze Wohnung wieder sauber.
Und ich konnte mich währenddessen ausgiebig ausruhen, denn freitags mache ich frei. Danach schüttelte ich mich ordentlich und ließ ein paar Haare auf den frisch geputzten Fußboden fallen. Denn ansonsten hätte es in der Wohnung viel zu sauber ausgesehen.
Morgen müssen wir uns wieder aus dem Haus schleichen, denn die neuen Verbotsschilder verbieten Hunde. Wie gerne hätte ich ein Verbotsschild, das Nachbarn, wie Nummer 18 verbieten würde. Aber leider können wir Hunde ja keine Menschenschrift schreiben. So bleibt mir nur, in einem unbeobachteten Moment ganz unauffällig mein Bein vor der Tür von Nummer 18 zu heben. So schreiben Hunde.
Bestreikte Flieger, Multitasking und lästige Fliegen
Gestern war nun unser Wasserproblem gelöst, nicht aber die Probleme mit Ehepaar Nummer 18. Um uns ein wenig abzulenken und Spanisch zu lernen, schauten Leonie und ich abends Fernsehen. Dort zeigte das spanische Fernsehen Bilder von einem Streik bei der Fluggesellschaft Iberia. Sämtliche spanischen Flugpläne scheinen durcheinander zu sein. Nun frage ich mich, ob unser Besuch aus Deutschland überhaupt kommen wird. Leonie scheint recht zuversichtlich zu sein. Vielleicht käme der Besuch mit Verspätung, aber sie sei ganz sicher, dass noch Flüge auf Teneriffa ankommen würden. Streiks seien hier doch an der Tagesordnung. Und da hat sie absolut Recht. Jeden Tag hören oder lesen wir (oder besser gesagt Leonie) Berichte über Streiks. Neulich, als wir in der Inselhauptstadt Santa Cruz zum Einkaufen waren, sind wir sogar selber in einen großen Streik geraten. Viele Menschen protestierten vor einer Bank. Wahrscheinlich hat die Bank ihnen ihre Wohnungen weggenommen. Ich würde auch protestieren, wenn mir jemand meine Knochen wegnehmen würde.
Heute liege ich auf der Sonnenliege und beobachte die Fliegen, die um meine große Hundeschnauze herum fliegen. Ansonsten mache ich nichts, denn ich bin kein Multitasker, wie viele von Euch Zweibeinern. Ich konzentriere mich ganz auf das Jetzt und Hier. Und in diesem Fall konzentriere ich mich auf die lästigen Fliegen. Leonie ist derweil am Herumwirbeln, denn Leonie ist eine Multitaskerin. Mit der rechten Hand bügelt sie ihre Wäsche glatt, während sie mit der linken das Handy an ihr Ohr hält. Es scheint schon wieder irgendwelche Probleme mit unserem Vermieter zu geben. Oder ist jetzt wirklich der Oberwolf in der Leitung? Das alles hält Leonie nicht davon ab, noch mit einem Auge zum Fernseher zu starren, in dem gerade die wegen dem Streik gestrichenen Flüge durchgegeben werden. Für mich ist das alles zu anstrengend. Mir reicht es bereits, dass ich wegen dieser Fliege auf meiner Pfote nicht schlafen kann und mich in die Beobachtungsposition begeben muss. Das Auge nur halb geschlossen und bei Bedarf zu schnappen. Hunde müssen gar nicht Multitasker sei. Es reicht schon, dass wir tolle Jäger sind. Verdammt, wieder daneben geschnappt.
Morgen soll nun endlich unser Besuch kommen. Vielleicht bringt der ja neue Knochen aus Deutschland mit. Und außerdem werde ich Leonie überreden, mit dem Besuch bei unserem Lieblingsspanier essen zu gehen. Der hat immer ein paar Lammknochen für mich über. Und ich bin mir absolut sicher, dass unser Besuch unseren Lieblingsspanier auch mögen wird. Mir läuft jetzt schon das Wasser im Mund zusammen. Schlafen, fressen, wandern und chillen – ich kann Euch sagen, ich habe hier ein wunderbares Hundeleben auf der Insel. Und die Hundeverbotsschilder werde ich einfach weiter ignorieren.
Wochenende und Sonnenschein
Gestern hat Leonie unseren Vermieter befragt, was es denn nun mit den Hundeverbotsschildern hier in dem Haus auf sich hätte. Ängstlich fragte sie: „Müssen wir nun ausziehen?“ Wie gesagt, ich habe nichts gegen Wellnesstage auf dem Sofa, aber ab und zu muss ich schon mal raus, um gewisse Dinge zu erledigen. Wisst Ihr was unser Vermieter zu Leonie gesagt hat? Er hat gesagt, dass sie das mit den Schildern man nicht so eng nehmen sollte. Es gäbe so viele Hunde im Haus. Die könnten ja nicht alle für immer in den Wohnungen eingesperrt bleiben. Außerdem sei er sich sicher, dass mit dem Schild nur Katzen gemeint sein könnten.
Katzen? Ja, es gibt hier auch irgendwo im Wohnblock eine kleine schwarze Katze. Neulich hörte ich die keifende Frau aus Nummer 18 zu ihrem Mann sagen: „Wir müssen unbedingt den Eigentümer dieses Katzenviehs finden. Die Katze muss weg“. Hundert Schilder für eine Katze? Irgendwie kommt mir das spanisch vor. Da muss ich erst einmal eine Runde drüber nachdenken.
Heute scheint die Sonne. Es ist Wochenende und ich ruhe auf meinem Sofa. Aber nicht mehr lange, denn Leonie hat Wohnungsbesichtigungstermine vereinbart. Sie hat sich wohl doch entschlossen, hier aus dem Haus auszuziehen. Nicht wegen der Hundeverbotsschilder wie sie sagt. Auch nicht wegen Nummer 18. „So viel Ehre haben die gar nicht verdient“, brummelt sie. Aber unser Vermieter hat kein Geld. Leonie sagt, dass er zukünftig überhaupt keine Rechnungen bezahlen wird.
So müssen wir damit rechnen, wenn wir hier wohnen bleiben, dass wir keine Elektrizität und keine Wasser haben werden. Und trotz Mietzahlung ohne Wasser in der Wohnung zu sein, das möchte Leonie nicht mehr. Und das kann ich verstehen. Ich möchte nämlich eine gut gelaunte Leonie haben, die nicht ihre Zeit mit Wasser schleppen verbringen muss, sondern mit mir wandern gehen kann.
Und so werden wir hier hoffentlich bald ausziehen. Und ich werde bald neue Wohnbereiche erschnüffeln dürfen. Allerdings nur, wenn der Vermieter mich in die Wohnung herein lässt. Doch Leonie meint, dass sie bereits mit einem Vermieter gesprochen hätte und der hätte nichts gegen Hunde. Na, da bin ich ja schon richtig gespannt. Ob es dort wohl ein neues rotes Sofa gibt? Nicht, dass die mich noch in einen spanischen Hundeverschlag abschieben. Aber das würde Leonie nicht zulassen. Da bin ich ganz sicher. Leonie hat mir versprochen, mir für den Fall, dass es in der neuen Wohnung kein rotes Sofa geben sollte, eine rote Decke zu kaufen. Darauf freu ich mich jetzt schon – neu und ganz bestimmt kuschelweich.
Morgen werde ich mit meinen Hundekumpels Kontakt aufnehmen und überlegen, wie wir in einer konzertierten Aktion die Verbotsschilder für Hunde oder Katzen von den Türen und Wänden kratzen können. Auch wenn Leonie und ich ausziehen werden. Die vielen anderen Hunde, die hier wohnen, müssen doch auch weiter täglich Gassi gehen. Ich bin gespannt, was Familie Mordland zu meinen Plänen sagen wird.