Читать книгу Die merkwürdigen Erlebnisse des Astronauten Ribor Raskovnik bei seiner Rundreise durchs Weltall - Levi Krongold - Страница 9

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3. Kapitel

Aber auch in der Nachfolge riss die Kette der Missgeschicke nicht ab.

Ich sollte jetzt also zu meinem Rundflug aufbrechen, der mich auf eine genau berechnete Bahn um unser Zentralgestirn führen sollte, natürlich mit wissenschaftlicher Begleitung. Die Bahn sollte gemächlich in einem großen Kreis beginnen und sich dann immer weiter dem Zentralstern nähern, mit der Folge immer kleinerer Bahnen und immer größerer Geschwindigkeit, also auch größerer Beschleunigungen.

Aber schon der Start erwies sich als problematisch. Nicht nur verhedderte sich das Kabel bereits wenige Sekunden nach dem Start in einem zufällig vorbei schwebenden Kometen, ich schaltete auch vor lauter Schreck und wohl auch bei dem Versuch wieder frei zu kommen den Rückwärtsgang ein, was zur Folge hatte, dass das Kabel riss und ich unkontrolliert durch das All davon trudelte. Man muss sich das so vorstellen, dass ein Ball, der an einer Schnur angebunden ist um einen Baum geschleudert wird, so dass sich die Schnur bei jeder Baumumrundung verkürzt, bis der Ball schließlich mit Höchstgeschwindigkeit gegen den Baum prallt. Die dabei freiwerdenden Kräfte sollten die Stabilität der an mir neu entdeckten, hormonbedingten Körperstruktur zeigen.

Die sich aufdrängende Frage, was denn dann letztendlich aus der Rakete würde, wurde mit der profanen Antwort, es sei »doch schließlich eine große Ehre, an einem solchen Experiment für den Konzern in seiner Freizeit teilnehmen zu dürfen« abgetan. Also nicht weiter fragen und freudig in die Rakete steigen und los. Sinnigerweise wurde die Rakete tatsächlich an einem ultrastabilen transgalaktischen Rotationskabel, welches auch die Versorgungsleitungen für die Überwachungselektronik beinhaltete am Zentralstern verankert.

Dabei zog ich einen großen Teil des abgerissenen Kabels wie eine Angelschnur hinter mir her.

Das All ist ja bekannterweise nicht leer sondern voller Materie, insbesondere zivilisatorisch bedingter Abfälle und Überreste verglühter Raumstationen, defekter Satelliten, verlorener Socken, meistens der rechten und vor allem verschwundener Kugelschreiber, aber auch anderer wertvoller Materialien von nicht unbeträchtlichem Wert, wie Iridiumscheiben, seltenen Erden und Gravitationsschleifen aus Raumzeittransmutatoren.

Diese »Fundstücke« sind so wertvoll, dass es inzwischen eine nicht unbeträchtliche Anzahl von freiberuflichen Weltraummüllsammlern gibt, die ein weites Betätigungsfeld für ihren Broterwerb vorfinden.

Ja, neben den staatlich zertifizierten Weltraummüllsammlern hat sich auch eine gesetzlose Bande von Müllschiebern und Müllpiraten etabliert, die im weiten Raume ihr Unwesen treiben und nicht selten ganze Raumschiffe kapern und verschrotten. Auf dem Schwarzmarkt bringen diese Beutestücke einen nicht unerheblichen Gewinn.

Dabei kennen diese Burschen keine Tugend und keinen Anstand. Nicht nur jagen sie sich gegenseitig schonungslos den erbeuteten Müll ab, sie scheuen auch vor keiner Gemeinheit zurück, achten kein Menschenleben und keinen gesellschaftlichen Stand, kein Konzerngesetz und keine Vorfahrtregeln.

Diese Burschen werden natürlich von der intergalaktischen Polizei gejagt und festgesetzt, wo immer man ihrer habhaft werden kann, was selten genug vorkommt, angesichts der unermesslichen Weite des Weltenraumes. Allerdings muss leider auch gesagt werden, dass dabei oft ganze Geschwader der Illegalen ungehindert operieren können und man den Eindruck gewinnen kann, dass das Auge des Gesetzes nicht nur bewusst wegschaut, sondern sogar bei dem schändlichen Treiben behilflich zu sein scheint.... aber das sind nur Gerüchte!

Wie dem auch sei, ich flog oder vielmehr trudelte also mit meiner Einmannrakete, die erschreckend unsolide gebaut war, so dass es an allen Ecken und Enden zog, wackelte und vibrierte durch das All und angelte so unfreiwillig mit meinem Leinenende im Laufe der Zeit immer mehr Müll ein.

Das erste Stück, was sich in meiner Leine verfing, war wohl ein alter Samowar mit geschwungenen Henkeln, so dass er sich leicht verfing und nicht abglitt wie andere Gegenstände. Und von da an sammelten sich mit zunehmender Geschwindigkeit alle möglichen Teile und Ersatzteile, so dass die Fahrt nicht nur immer langsamer wurde, sondern der Kurs, der vorher schon hoffnungslos unbestimmbar war nun einem völligen Zickzack wich, was mir heftige Übelkeit zu bereiten begann.

Ja, ich muss gestehen, dass ich mehrmals den Deckel der Rakete öffnete um mich ins All zu erleichtern, natürlich immer, wie ich gelernt hatte, den Sonnenwind im Rücken!

Zu allem Überfluss stellte sich dennoch nach einigen Standarttagen ein nicht unbeträchtliches Hungergefühl ein. Zu meinem großen Erstaunen entdeckte ich außer einer Dose Tunfisch nichts Essbares in der Rakete und auch der Getränkevorrat war verschwindend und hätte maximal wenige Tage überbrückt. Bis auf eine alte Schuhsohle fand ich nichts Brauchbares und letztere erwies sich selbst eingeweicht in Mineralwasser als zu zäh, um daraus eine Mahlzeit zu machen. Immerhin verformte sie sich nach dem Einweichen zu einer Art Schale, so dass sie wenigstens als Trinkgefäß dienen mochte.

Mir kam das ungute Gefühl, dass vom Konzern eine längere Reise gar nicht geplant gewesen war und ich fragte mich, wie ich hätte die Rückreise überstehen sollen... oder gar ob überhaupt?

Sehr unruhig geworden und auch um den aufkeimenden Grimm zu unterdrücken, schraubte ich schabte ich überall dort, wo immer die Gefahr am geringsten war, unmittelbar ein Loch in die Rakete zu fabrizieren.

Ich begann mir ernsthaft Sorgen um meine Zukunft zu machen.

Die Zeit verrann, der Hunger wuchs und die Übelkeit durch das Schütteln und Schlingern der Rakete wollte nicht weichen.

Ich fürchtete, bereits in kurzer Zeit an Auszehrung sterben zu müssen. Ein unschöner Tod, wie mir jeder bestätigen wird, der schon einmal beim Öffnen einer dahintreibenden Rakete die papiertrockene ausgedörrte Mannschaft vorfinden musste, denn diese Todesart war, im Verein mit der erhöhten Strahlung im All, nicht gerade selten.

Gerade als ich wieder einmal den Deckel meiner Rakete öffnen musste, um Erleichterung im All zu finden, blieb mein Blick an meiner »Angelschnur« hängen und nicht weniger an dem Treibgut, welches sich inzwischen daran angefunden hatte.

Zu meinem Erstaunen fand ich einen noch voll funktionstüchtigen Atomofen im Westentaschenformat ganz in meiner Nähe.

Ich fasste mir ein Herz und beschloss die Rakete entsprechend gerüstet zu verlassen und mich an der Schnur entlang zu hangeln, in der Hoffnung, noch irgend etwas Brauchbares zu finden.

Das mache ich nur äußerst ungerne, da die endlose Weite im All schon eine gewisse Beklemmung auslösen kann.

Dennoch, es musste sein. Ich warf noch einmal einen Blick auf das Bildnis meiner Erzeuger, küsste es sanft mit den Lippen, seufzte und machte mich auf.

*

Die merkwürdigen Erlebnisse des Astronauten Ribor Raskovnik bei seiner Rundreise durchs Weltall

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