Читать книгу Wer bist du wirklich? - Lilly M. Beck - Страница 3
ОглавлениеZWEI
Die Melodie kommt ihr bekannt vor.
„Oh neeein“, brabbelt Vicky ins Kissen.
Ihr Wecker klingelt sie unsanft aus ihren Träumen. Sie ertastet das Handy neben sich und aktiviert zum ersten Mal die Snooze-Funktion. So müde bekommt sie kaum die Augen auf. Sie hat diese Nacht nicht viel Schlaf bekommen. Die Erinnerung daran zaubert ihr ein Lächeln ins zerknitterte Gesicht. Erst vor zwei Stunden ist sie zuhause angekommen und direkt ins Bett gefallen.
Wohlig eingekuschelt döst sie erneut weg, bis die Melodie wieder ertönt. Sie ist wahrlich die „Queen of Snooze“. Ohne große Mühe drückt sie nochmal die Taste und will sich gerade final umdrehen, als es Sturm klingelt. Vicky versucht, die Töne im Oberstübchen zu sortieren.
„Moment, das ist nicht das Handy… das ist die Haustür!“
Widerwillig schlurft sie zur Balkontür, um zu schauen, wer da ist. Odette strahlt sie an.
„Ihr Shuttleservice, werte Prinzessin“, lacht ihre beste Freundin.
Vicky lacht ebenfalls. Was wäre sie nur ohne ihre Beste?
„Keine Prinzessin“, stöhnt sie. „Gib mir zehn Minuten, bitte.“
Odette kennt ihre Freundin gut genug. „Mach hin, sonst komm ich dich holen“, droht sie ihr. „Wir dürfen nicht zu spät kommen.“
Ganze zwanzig Minuten später öffnet Vicky, frisch geduscht und zurechtgemacht, die Wagentür ihrer Freundin.
„Geht das so?“
Sie legt ihre Handtasche in den Fußraum und öffnet ihre Strickjacke. Sie zeigt ihrer Freundin ihr Outfit. Booties, Strumpfhose, weiße Bluse, darüber ein übergroßes Shirt, das einen verstorbenen Rapper zeigt. Unter der Brust betont ein Gürtel ihre Taille.
Odette grinst. „Guten Morgen. Du siehst… großartig aus.“
Sie lacht, weil Vicky so zerstört aussieht. Sofort drückt sie ihr einen Schmatzer auf die Wange und beginnt mit dem Programm. Dann startet sie den Wagen.
„Willkommen an Bord, Frau Bauer. Zu ihrer Rechten finden Sie in dem Fach in der Tür frische Croissants und zu ihrer Linken kredenzen wir Ihnen in der Mittelkonsole Ihren Lieblingskaffee. Schnallen Sie sich an und lassen Sie es sich schmecken. Die geplante Ankunftszeit ist 7.45 Uhr. Knapp genug.“
Im Wageninneren duftet es herrlich und Vicky lächelt ihre beste Freundin verlegen an. „Du bist ein Schatz. Danke“, sagt sie ehrlich.
Odette grinst sie verschwörerisch an. „Ich will alles wissen, Maus.“
Vicky strahlt ebenfalls sofort. „Die Nacht war wundervoll. Er war wundervoll. Odette, sowas habe ich noch nie erlebt. Das Date war per-fekt. Vom Anfang bis zum Schluss.“
Bei der Erinnerung an ihn, lächelt sie breit. Sie fasst für ihre Freundin alles kurz zusammen. „Und dann hat er mich gegen fünf Uhr morgens heimgebracht. Wir haben die ganze Zeit im Taxi geknutscht. Mega sweet, er hat gewartet, bis ich drin war und ist dann erst weitergefahren.“
Auf der weiteren Fahrt zum Verlag wird Odette mit schlüpfrigen Einzelheiten versorgt und so auf den allerneusten Stand gebracht. Sie nimmt einen Schluck aus ihrem eigenen Becher.
„Also, Fräulein Bauer. Ich bin eindeutig im Team Simon“, sagt sie schließlich bestimmt, während sie auf den Parkplatz einbiegt.
„Der hat definitiv ein zweites Date verdient“, fügt sie eindringlich hinzu und hebt die Augenbrauen.
Schließlich kennt sie ihre Freundin gut genug. Und bisher hat Vicky nicht viel Wert auf Beziehungen gelegt. Sie macht immer den Eindruck, als wolle sie sich nicht festlegen. Dabei wünscht sich Odette nach den drei Single-Jahren seit Lio mal wieder etwas Herzwärme für ihre Freundin.
„Ja, mal sehen. Ich muss erst mal den heutigen Tag überstehen. Erzähl mir mal, auf wen ich besonders achten muss. Schieb mal bissel Büro-Gossip rüber, Schwester.“
Odette instruiert Vicky genauestens und gibt ihr alle nötigen Tipps. Sie begleitet sie zur Personalabteilung und schiebt sie dann mit einem herzlichen „Toi, toi, toi. Ich hol dich später zur Mittagspause ab“ durch die Tür.
Vicky lächelt unsicher und drückt die Hand ihrer Freundin. „Danke, Babe.“
Odette hat ihr den Posten vermittelt und ihr den Start gerade sehr angenehm gestaltet. Mit den Fragen zu ihren nächtlichen Erlebnissen hatte Vicky die Aufregung ganz vergessen und sogar etwas frühstücken können. Zuallererst gilt es, den notwendigen Papierkram zu erledigen, bevor sie an ihre Abteilung übergeben werden kann.
Die Personalreferentin ist freundlich und nimmt sich viel Zeit für das sogenannte Onboarding. Sie erklärt Vicky die Besonderheiten im Unternehmen und füllt alles Nötige mit ihr aus. Sie beantragt bei der IT Vickys Schlüsselkarte und fragt dann in der Abteilung an, ob sie schon bereit für Vicky sind. Diese notiert fleißig alles Hilfreiche in ihrem Notizbuch; wo was ist und wer Ansprechpartner für was ist. Sie versucht, die Flut an Informationen und neuen Eindrücken zu verarbeiten. Die neue Karte, mit der nun ihre Arbeitszeiten gescannt werden und die gleichzeitig auch den Eintritt für fast alle Räumlichkeiten innerhalb des Gebäudes bedeutet, dient ihr vorerst als Lesezeichen.
So viele neue Dinge prasseln heute auf sie ein. Von der Firmenhistorie und Gebäudegröße über Verhaltensregeln bis hin zu all den neuen Kollegen. Nach der zweiten Stunde versucht Vicky gar nicht mehr, sich die Namen mit den Vermerken zu notieren. Die Outlookdateien und das Intranet werden ihr da sicher dienlich sein. Der einzige Name, der für sie relevant ist, ist Henri Weber. Das ist ihr direkter Vorgesetzter und einer der Chefs des Verlags. Seine Assistentin gibt den Posten zum nächsten Quartal auf. Noch kennt Vicky keinen der beiden, aber Odette hatte ihr schon verraten, dass die zwei immer für Tratsch gesorgt haben. Schon lange wird gemunkelt, dass sie eine Affäre miteinander hätten.
Vicky war zum Vorstellungsgespräch bei seinem Partner eingeladen gewesen, weil Herr Weber zu dieser Zeit geschäftlich im Ausland war. Die Assistentin war damals angeblich krank. Rückblickend waren die Umstände schon verdächtig. Aber Vicky soll‘s egal sein. Sollen die alle miteinander rummachen. Sie will einfach einen Job, um ihre Miete zahlen zu können. Jahrelang hat sie in einer kleinen Buchhandlung als Verkäuferin gearbeitet. Leider muss der kleine Laden nun schließen. Der Onlinehandel hat den kleinen Familienbetrieb einfach gekillt. Sie haben Vicky fairerweise frühzeitig signalisiert, dass sie sich besser nach einer neuen Stelle umschauen sollte. Und keine Woche später hat ihre aufmerksame Freundin dann beim Käffchen unter Kollegen aufgeschnappt, dass sich da wohl bald was ergeben könnte und sofort Vicky vorgeschlagen. Es kommt immer, wie es kommen soll. Ganz sicher. Jetzt ist Vicky hier – und das wird bestimmt noch spaßig werden.
Clara Stein, der Inbegriff einer Vorzimmerdame, beäugt Vicky abwertend von oben nach unten, als sie miteinander bekanntgemacht werden. Clara sieht aus, als sei sie einem Katalog für Assistentinnen entsprungen. Tolle Figur, unglaublich stilsicher, Brille, selbstbewusstes Auftreten. Sie schüchtert nicht nur Vicky total ein. Odette hatte ihr schon verraten, dass Clara in all den Jahren im Unternehmen keinen Anschluss gefunden hat. Vicky grinst, als ihr das Gespräch mit Odette in den Sinn kommt. Wenn das pikante Gerücht wahr ist, hat sie sehr wohl „Anschluss“ gefunden.
Leider hat Clara es im Job ziemlich drauf. Schon nach wenigen Minuten hat sie Vicky mit ihren Fähigkeiten überzeugt. Sie ist deutlich stressresistent und kann mehrere Situationen gleichzeitig ziemlich souverän jonglieren. Telefon, Kalender, Schriftsätze, permanente Anfragen von internen Mitarbeitern, ab und an von Externen, Druckereien, Messen, der Presse und Aufgaben auf Zuruf vom Chef natürlich. Nach kurzer Zeit ist Vicky so eingeschüchtert, dass sie sich sicher ist, dass sie das alles in diesem Tempo niemals beherrschen und nicht lange bleiben wird.
Odette fällt die trübe Stimmung ihrer Freundin beim Mittagessen sofort auf. Vicky schildert ihr kurz die Erlebnisse des Tages und Odette nimmt sie mit raus auf die Terrasse, um abseits der Kollegen den Nachtisch genießen zu können. Vicky hat sich eine Dose Energydrink am Automaten gezogen, um die Müdigkeit etwas in den Griff zu bekommen. Gähnend und niedergeschmettert sitzt sie vor ihrer Freundin.
„Babe, ich glaube, ich schaff das nicht. Wirklich nicht. Ich fühle mich hier total fehl am Platz. Schau mal, wie ihr alle ausseht. Wie aus‘m Katalog und ich daneben wie der letzte Bauerntrampel. Ich check nicht mal die Hälfte von dem, was Clara da macht. Ich glaube fast, das kann nur schief gehen.“
Odette rümpft die Nase und schlägt ihrer Freundin gespielt verärgert aufs Knie. „So ein Quatsch, reiß dich mal zusammen. Du bist übermüdet und kannst gerade gar nicht klar denken. Wahrscheinlich bist du eh noch bei dem Sahnestück von heute Nacht, und wer kann dir das verdenken?“ Sie lächelt wissend. „Bitte, sei so gut, trink deinen Energydrink, atme durch und schreib deinem Lover.“
Vicky lacht. „Du bist einmalig, Babe. Okay. Für heute lasse ich deine Argumente gelten, aber ich…“
„Tztztz, Ruhe. Ich will nix hören. Du hattest mir doch eben zugestimmt. Also. Dann shhht. Schreib Simon und genieß deine Restpause. Ich muss leider wieder hoch. Ich lieb dich.“
Odette küsst Vickys Kopf und nimmt das Tablett mit rein. Im gläsernen Durchgang winkt sie ihr nochmal aufmunternd zu und deutet auf ihr Handy.
„Ja, ja, Mutti“, lacht Vicky nickend und angelt ihr Handy aus der Handtasche.
Das kleine weiße Licht blinkt und ihr Herz macht einen Satz. Sie entsperrt ihr Display und liest in der Vorschau seinen Namen.
Kleines, guten Morgen, ich hoffe, du hast noch ein paar Stunden Schlaf abbekommen, bevor du zu deinem neuen Job gestartet bist. Hoffentlich bereiten dir alle einen schönen Tag und ich darf dich bald wiedersehen?
Vicky grinst. Er ist einfach so charmant. Sie hat direkt beim Lesen seine Stimme in seinem Ohr und weiß genau, wie er was betont hätte, wenn er vor ihr gestanden wäre.
Sie lächelt und sendet ihm eine kurze Sprachnachricht: „Nach diesem Tag kann ich ein paar Drinks bei dir inklusive der Hammer-Aussicht gut gebrauchen, Honey. Verrat mir, wann ich da sein darf?“
Wieder gut gelaunt steckt Vicky ihr Handy weg und nimmt den letzten Schluck von ihrem Energydrink.
Als sie die Glastür zum Assistenzbereich öffnet, sieht sie ihren Chef nur von hinten, wie er bei Clara steht und sich auf den Schreibtisch beugt. Sie sehen sehr vertraut miteinander aus und Vicky überlegt kurz, noch einen Moment zu warten, doch wo soll sie hin? Und die beiden weiter beobachten möchte sie auch nicht.
Clara kichert über etwas, dass Henri gesagt hat. Vicky ist es total unangenehm, da reinzuplatzen, und sie beschließt, sich lieber noch einen Kaffee zu holen. Leider stößt sie beim Umdrehen ungeschickt mit dem Metallverschluss ihrer Handtasche gegen Tür und schreckt das Pärchen auf. Die beiden blicken Vicky finster an.
„Shit“, entfährt es ihr und sie winkt ihnen hektisch durch die Tür zu und formt noch ein „Sorry!“.
Als Vicky ansetzt, um in die Cafeteria zu starten, reißt Clara hinter ihr die Tür auf und ein „Sofort in mein Büro“ vom Chef schlägt ihr entgegen. Langsam dreht Vicky sich um und schaut verschüchtert in Claras steinerne Miene. Die Frau schafft sie echt. Das wird ein Heidenspaß mit ihr. Drei Monate können verdammt lang sein. Vicky ist sich sicher, dass sie niemals so gut werden wird wie sie.
Clara ist ein wahrgewordener Cheftraum, was die Besetzung ihrer Position zu Vickys persönlichen Albtraum macht. Clara hält immer noch die Tür für sie auf und deutet mit dem Kopf auf den Türspalt hinter ihr.
„Man lässt ihn auf keinen Fall warten. Geh schon“, herrscht sie Vicky an.
Diese verstaut schnell ihre Handtasche unter ihrem Schreibtisch und schnappt sich den Stift samt Block und eilt aufgeregt zu Herrn Weber in die Höhle des Löwen. Sie betritt sein Büro und ist erstaunt. Hier wirkt alles so kühl. Die bodentiefen Fenster zeigen die vielbefahrene Allee hinter ihm. Vicky schließt leise die Tür und bleibt in einiger Entfernung stehen. Er sitzt mit dem Rücken zu ihr. Den Kopf schräg gelegt, Beine übereinandergeschlagen, auf eine Seite gestützt.
„Setzen Sie sich bittee, Victoria.“
Sie nimmt Platz und wartet. Eine halbe Ewigkeit passiert nichts und sie beginnt auf den Block zu kritzeln.
„Langweile ich Sie vielleicht?“, fragt er mit arrogantem Unterton.
Vicky rollt die Augen und versucht trotzdem, weiter freundlich zu klingen. „Nein, Herr Weber, natürlich nicht, ich…“
Er dreht sich langsam zu ihr um. „Nein, natürlich nicht.“
Sein Blick fixiert sie und das Blut gefriert ihr in den Adern. Vicky sitzt vor ihm wie das verängstigte Kaninchen vor der Schlange. Nervös klopft sie mit dem Kugelschreiber auf ihren Block und beißt sich in die Innenseite einer Wange. Er bewegt sich keinen Millimeter, zuckt nicht mal mit den Wimpern. Sie rutscht nervös langsam und unauffällig auf der Stuhlkante vor und zurück. Diese Situation ist ihr mehr als unangenehm.
„Wie läuft denn Ihr erster Tag bei uns? Gefällt es Ihnen?“ Er genießt ihre Unsicherheit.
Vicky überlegt sich kurz eine Antwort und bestätigt dann etwas zu überschwänglich: „Ja. Ja, es ist toll, Herr Weber. Es wird unmöglich werden, Frau Stein zu ersetzen, aber ich…“ Und schon im nächsten Moment ärgert sie sich über ihr Geplapper und fährt nicht fort.
„Das kann doch nicht dein Ernst sein!“, ermahnt sie sich innerlich.
Überrascht von ihrer Ehrlichkeit blickt er sie an. Er hat eine Augenbraue angehoben. „So? Ich glaube, wir schaffen das. Zusammen.“
Sie schaut ihn erstaunt an. Ist das seine Art von Freundlichkeit? Irgendwie ist der Typ ihr unheimlich. Sie nickt.
„Für heute haben wir wohl erst einmal genug Bekanntschaft geschlossen.“
Verwirrt rafft Vicky ihre Sachen zusammen. „Ähm... ja... natürlich.“
Nachdenklich setzt sie sich an ihren Platz und spielt die Unterhaltung in ihrem Kopf noch einmal in Ruhe durch. Waren da Anspielungen zwischen den Zeilen? Hat sie irgendwas übersehen? Er war regelrecht angsteinflößend. Wofür war sie denn nun überhaupt da?
„Fräulein Bauer, ich möchte Sie ja nicht stören bei was auch immer, aber wenn wir hier weiterkommen wollen, müssten Sie langsam mal mitmachen.“ Clara schnippt in die Luft und schaut missbilligend zu Vicky herüber. Alles an ihr signalisiert Abneigung.
Super freundlich nickt Vicky und zieht das „Natüüürlich“ extra übertrieben in die Länge. Sie nimmt den Block und Stift wieder vom Tisch und rutscht mit ihrem Stuhl zu ihrer Kollegin rüber. Clara erklärt ihr, wie sie E-Mails in den verschiedenen Postfächern handhaben soll und sorgt dafür, dass Vicky die Rechte schnellstens dafür erteilt bekommt. Als Vicky sich Notizen dazu machen möchte, sieht sie ihre Kritzeleien von vorhin und erschrickt furchtbar. Das kann gar nicht sein. Sie muss zweimal hinsehen…
Aus dem Durcheinander an Strichen, die kreuz und quer über die obere Ecke verlaufen, blitzt tatsächlich sein Gesicht durch.
Das muss der wenige Schlaf sein. Vicky klappt schnell das Blatt um und benutzt eine leere Seite, um festzuhalten, was sie für das Bearbeiten der Postfächer benötigt. Den restlichen halben Tag sitzt sie neben der Assistentin und versucht das Pensum mitzumachen, das Clara vorgibt. Vor Feierabend pocht ihr so dermaßen der Kopf und sie ist erschöpft. Der Tag war so unglaublich anstrengend. Herr Weber ist seit Stunden in Video-Meetings verschwunden. Vicky ist das ganz recht. Ihr Vorgesetzter verbreitet eine ganz komische Stimmung und so richtig kann sie sich die Zusammenarbeit mit ihm noch gar nicht vorstellen.
Schließlich schickt Clara sie barsch in den Feierabend. Vicky ist mehr als froh, den Arbeitstag hinter sich gebracht zu haben. Am Aufzug in ihrem Stockwerk checkt sie ihr Handy. Odette hat geschrieben und sich nach ihrem Wohlbefinden erkundigt. Und Simon. Er hat auch geschrieben. Er hat auf ihre Sprachnachricht geantwortet, dass er sie abholen werde. Im Aufzug hat sie keinen Empfang. Sie ist aufgeregt.
Als sie mit den anderen Mitarbeitern herausströmt, hält sie nach ihm Ausschau, kann ihn aber nicht ausmachen. Enttäuscht zieht sie das Handy aus der Strickjacke und will ihn anrufen. Sie läuft ein wenig die Straße rauf und hofft, dass er gleich den Anruf entgegennimmt. Tatsächlich hebt er sofort ab.
„Hey, Kleine“, sagt er sanft, und sofort strahlt Vicky übers ganze Gesicht.
„Hey“, haucht sie in den Hörer.
„Geht’s dir gut?“ will er wissen.
Vicky fängt an, von ihrem Tag zu erzählen und plappert frei drauf los. Er lacht herzlich und sie greift sich verschämt an den Kopf.
„Kein Grund, sich zu genieren. Ich mag, wenn du so erzählst“, flüstert er ihr belustigt ins Ohr.
Augenblicklich versteht sie. Sie schaut sich um und entdeckt ihn prompt auf der anderen Straßenseite. Er lehnt lässig an seinem Wagen, die Füße über Kreuz, und grinst sie an. Sie lacht und winkt ihm. Sie achtet auf die vorbeifahrenden Autos und rennt dann über die Fahrbahn. Sie haben beide währenddessen das Handy weggesteckt. Vicky bleibt genau vor Simon stehen und er umfasst direkt vertraut ihre Hüften. Bevor sie sich wegen der Begrüßung Gedanken machen kann, zieht er sie schon fest an sich, streichelt ihre Wange, greift ihren Nacken und küsst sie leidenschaftlich, lasziv, fast schon unanständig. Seine Hände wandern unter ihre Strickjacke und pressen sie am Hintern gegen ihn. Sofort spürt Vicky das Kribbeln zwischen ihren Beinen. Dieses Verlangen.
„Ich will da weitermachen, wo wir aufgehört haben.“
Er haucht das so sexy in ihren Mund, dass sie ihm auf der Stelle die Sachen vom Leib reißen und sich auf der Motorhaube von ihm ficken lassen will. Mehr als ein zustimmendes „Ich will dich“ bekommt sie aber nicht raus.
Simon tauscht ihre Positionen und hebt sie aufs warme Auto. Vicky streicht über seine Wange und küsst ihn sehr zärtlich, während ihr Puls rast und sie kaum Luft bekommt. Seine Hände ruhen an ihrem Hintern und sie schmiegt sich an ihn. Atmet seinen Duft. Diese Mischung aus Leder, Parfum und ihm… Er küsst ihren Hals und sie legt den Kopf dafür schräg. Zwischen zwei Wimpernschlägen meint sie, gegenüber jemanden stehen zu sehen, der sie beobachtet.
„Simon, da…“, macht sie Simon darauf aufmerksam.
Aber als sie beide hinblicken, ist da niemand im Laternenlicht. Es beginnt leicht zu regnen und Simon trägt Vicky auf die andere Seite des Wagens. Er öffnet geschickt die Beifahrertür und stellt sie vor sich ab.
„Mach dir keine Sorgen. Dir passiert nichts.“
Er küsst ihre Stirn, während sie fasziniert zu ihm hochschaut. Aufgeregt steigt sie ein, ohne den Beobachter ein zweites Mal zu registrieren. Den ganzen Tag wurden Schauer angekündigt, vielleicht kamen da auch ihre Kopfschmerzen her.
Verwundert stellt sie fest, dass sie vor dem Club halten. Simon rennt mit ihr durch den kräftigen Regen und hält seine Lederjacke schützend über sie, bis sie sich zusammen am Eingang unterstellen können.
„Was machen wir hier?“, fragt Vicky überrascht.
Simon zuckt mit den Schultern und schließt auf. Im Aufzug drückt er eine besondere Kombination, mit der sie nicht ganz hochfahren, sondern in einem Zwischenstock halten. In seinem Appartement. Er unterbricht den Kuss, als er merkt, dass sie angekommen sind und greift Vickys Hand. Er zieht sie mit sich und stoppt im dunklen Flur. Zwei Türen direkt vor ihnen. Er überlässt ihr die Wahl. Er schaut ihr tief in die Augen, während ihre Hände wieder auf ihren Hüften ruhen.
Er streichelt über ihre Wange und sagt: „Du entscheidest. Links Schlafzimmer. Rechts Küche.“
Vicky grinst ihn an und ihre Augen funkeln. Sie zieht ihn zu sich heran und küsst ihn. Dabei legt sie ihre Tasche ab, lässt ihre Strickjacke fallen, danach ihren Gürtel, und er hilft ihr mit dem Shirt und streift sich selbst auch die Klamotten ab. So hinterlassen sie eine Spur aus Kleidungsstücken, die ins Schlafzimmer führt. Unter Küssen sorgen sie dafür, dass sie am Bett angekommen nichts mehr tragen.
Er grinst sie an. „Du Luder.“
Sie lächelt unschuldig. „Ich weiß gar nicht, was du meinst.“
„So, das weißt du genau“, lacht er und kitzelt sie.
Sie stolpern lachend ins Bett und albern herum, bis er direkt über ihr einen ernsthaften Gesichtsausdruck bekommt und über ihre Wange streicht. „Ich mag dich, Vicky. Ehrlich.“
Sie schaut ihn an und will ihn küssen, als er sein Gesicht wegzieht. Er streichelt weiter ihren Kopf. „Kleine, du bist frei und musst gar nichts. Ich will, dass du einfach hier sein willst.“
Die zig Schmetterlinge in ihrer Magengegend sorgen bei Vicky für ein merkwürdiges Gefühl. „Küsst du mich nun endlich?“
Sie will cool und abgeklärt klingen, aber eigentlich ist es ein Flehen. Die Situation ist ihr nicht vertraut. Das macht sie unglaublich nervös und sie fühlt sich so angreifbar und verletzlich. Sie ist seit drei Jahren überzeugter Single und fährt damit wunderbar. So kommt keine Langeweile auf und ihr Leben gehört ihr. Über mehr will sie sich keine Gedanken machen. Männer und Frauen passen eh nicht zusammen. So kann sie einfach eine gute Zeit haben, solange es eben passt, und wenn es nicht mehr passt, dann: next. Das Leben ist zu kurz und die Auswahl zu groß, um wegen irgendwas oder irgendwem traurig zu sein, und Vicky liebt ihre Freiheit eben sehr. Glaubt sie zumindest. Man kennt sowieso immer nur die jetzige Wahrheit für sich. Was man fühlt, fühlt man eben, auch wenn es dann in zwei Wochen oder zwei Jahren anders ist.
Vicky versucht, das Leben auszukosten und den großen Schmerz zu betäuben. Sie ist besonders gut darin, sich Glücksmomente zu verschaffen, auch weil sie meistens keinen Regeln folgt – oder eben ihren eigenen. Aber es gibt ja auch niemanden Allwissenden. Solange niemand in ihren Schuhen gelaufen ist, weiß er nicht, was sie täglich für einen Weg hinlegt. Sie mag es, niemandem Rechenschaft schuldig zu sein, und gibt sich große Mühe, nicht allzu verbindlich zu wirken. Nur in Freundschaften ist das anders. Ihre Herzmenschen wissen, wieviel sie ihr bedeuten. Dieses permanente „Bussibussi“ mit jeder und jedem war noch nie ihr Ding.
Wenn Vicky jemanden ins Herz geschlossen hat, dann fest. Menschen sind Menschen und enttäuschen. Das ist ihre Wahrheit. Wie sonst als mit dieser lockeren Einstellung könnte sie die persönlichen Rückschläge sonst verkraften? Niemand, dem nicht alles gleichgültig ist, kann auf Dauer nur einstecken. Jede Erfahrung prägt. Der nächste Mensch weiß nicht, was dir vorab passiert ist, muss es aber mittragen. Nur fair, wenn man versucht, neutral ranzugehen, findet Vicky. Aber solche Nähe macht ihr Angst. Jemanden auf diese Weise an sich ranzulassen ist ihr nicht möglich. Zu groß ist die Angst vor Verlust. Früher oder später gehen sie ja doch…
Simon küsst sie, als wollte er all ihren Schmerz wegküssen, dabei ahnt er nicht, wie es in ihr aussieht. Sanft und zärtlich streichelt er sie und küsst doch gierig und leidenschaftlich zugleich. Sie stöhnt, als seine Nägel über ihren Oberschenkel kratzen. Er knabbert an ihrer Unterlippe und treibt sie an. Seine Finger tauchen kurz zwischen ihre Lippen. Es ist sehr besonders, wie nass sie jetzt schon ist. Als er sich ihrer Geilheit sicher ist, hockt er sich blitzschnell auf die Knie. Vicky schaut überrascht, denn in einer weiteren Bewegung hat er sie ebenfalls auf die Knie vor sich hochgezogen.
Er küsst ihren Rücken und massiert ihre Brüste, während er sich von hinten an ihr reibt. Sie stützt sich in die Kissen und bewegt sich leicht mit. Das fühlt sich so gut an. Er greift ihre Hüften und stößt mit einem Mal tief in sie hinein. Sie spürt seinen Schwanz hart und gänzlich in sich. Er zuckt leicht, als er in ihre warme, nasse, fleischige Höhle taucht. Das fühlt sich so gut an.
Seine Hand greift unter ihr durch und massiert ihre Perle, während er sie weiter tief fickt. Die Stimulation ist so hervorragend, dass ihr Stöhnen immer schneller und lauter wird. Er bewegt sich immer schneller. Greift mit der linken Hand ihre Haare und führt sie streng. Die rechte greift fest neben ihren Nacken in die Schulterpartie. Er stößt tief in sie hinein und genießt diese machtvolle Position. Er spürt ihre Muskeln um ihn herum arbeiten und will sie kommen lassen.
Mit gezielten Bewegungen läutet er das Ende ein und sorgt mit dem immer wechselnden Rhythmus für stetige Geilheit. Für das Grande Finale hat er sich tiefe, harte Stöße aufgehoben, schnell hintereinander, und die Mischung aus all den dominanten Elementen geben Vicky den Rest. Sie hechelt und stöhnt laut mit und drückt sich ihm entgegen.
Als Simon spürt, dass sie sich gemeinsam dem Höhepunkt nähern, zieht er deutlich fester an Vickys Kopf und knetet ihren Hals. Ihre Laute und, dass er der Grund dafür ist, machen ihn verrückt und lassen ihn kräftig pumpen. Er steuert sie beide unaufhörlich weiter, weiß genau, was sie anmacht und nimmt sich seinen Teil. Sie nähern sich immer weiter dem Höhepunkt.
„Lass es raus, Kleine.“
Er will sie hören, nichts Unterdrücktes. Er will es roh, authentisch, animalisch, echt.
„Sei laut. Denk nicht nach, lass los.“
Vicky gibt sich Simon hin und stöhnt laut und hemmungslos, als sie kommt, zuckt mehrfach heftig, und beim ersten Mal rutscht seine Hand durch ihre Bewegungen ab und kratzt ihr Schulterblatt auf. Im Eifer des Gefechts bekommen beide davon gar nicht viel mit. Ihr Kommen steht im Mittelpunkt. Danach Aftercare.
Simon legt sich neben Vicky und streichelt sanft über ihren Körper, küsst sie, verwöhnt sie… bis sich auf einmal ihr Magen meldet und er anbietet, ihr etwas zu essen zu zaubern. Sie schlüpft in sein Shirt und er in seine Shorts. Zusammen gehen sie in die Küche. Während er schon loslegt, meldet sich ihre Blase und sie verschwindet kurz auf der Toilette.
Während Vicky ihre Hände wäscht, schaut sie in den Spiegel. Sie sieht richtig durch aus. Haare zerzaust, Wangen rot, ihre Augen strahlen. Gefickt halt. So sieht sie aus. Am Shirt erkennt sie die Flecken. Sie betrachtet sich die drei tiefen Kratzer. Wow. Das war verdammt geil, sieht aber krass aus. Sie wird Simon gleich nach einem Pflaster fragen. Aber der Typ gefällt ihr. Er ist gut. Genau in den richtigen Momenten rough, sonst witzig und charmant. Komisch, wie das Leben so spielt. Sie spürt die Nässe zwischen ihren Beinen, trotz Abputzen, und grinst. Der Kerl bringt sie total durcheinander. Was, wenn sie das nicht kontrollieren kann?
Sie hört Musik aus der Wohnung und kehrt zu ihm zurück. Er tanzt fröhlich hinter dem Herd und greift nach ihr.
„Ich hoffe, du liebst Pasta. Ich zaubere für dich Pasta à la Simonero.“
Vicky lacht und bewegt sich im Takt mit ihm. Vergessen ist die Frage nach dem Pflaster und die Bedenken, ihn zu nah an sich ranzulassen.
„Kochen kannst du auch? Was kannst du nicht, Baby?“
Er küsst sie und grinst. „Hm… nicht viel… Ich bin ein super Fang.
Geübt kümmert er sich um die Soße und setzt Vicky auf die Anrichte. Sie hat heute wirklich nicht viel zu essen bekommen und freut sich schon sehr auf die Mahlzeit. Unglaublich süß, dass er so spontan etwas für sie beide zaubert. Und das, nachdem sie eben Sex hatten. Es ist so vertraut zwischen ihnen. Sie fühlt sich wohl mit ihm. Und wenn er so besonders schöne Dinge sagt oder macht, dann spürt sie die Schmetterlinge in ihrem Bauch… und das macht ihr doch sehr zu schaffen.