Читать книгу Irgendwas ist immer ...ein Kater auf Streifzug - Lisa Lenardi - Страница 7

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JANUAR

Simba, der Erste

Miau, alle zusammen, heute geht es also los. Wenn ich mich zunächst vorstellen dürfte:

Mein Name ist Simba, der Erste. Ihr könnt auch sagen, der Erlauchteste. Denn ich bin schließlich eine Perserkatze. Naja, nicht ganz. Mein Vater konnte nicht an sich halten und ist mal kurz auf eine Hauskatze gesprungen. Typischer One-Night-Stand eben. Dafür könnte ich ihn heute noch…Naja, damit muss ich jetzt fertig werden, miau.

Aber der Oberhammer ist, dass ich ihn nicht einmal kennengelernt habe. Noch vor dem Wurf hat er sich davongeschlichen, der Loser, und meine Mutter saß allein da mit uns. Nicht dass ich ihn je vermisst hätte, miau. Aber wenigstens seine Gene hat er dagelassen. Und darauf bin ich stolz. Nein, nicht auf den Loservater! Auf mein außergewöhnlich schönes Fell. Damit habe ich schon reihenweise die Mädels verrückt gemacht. Naja, aber es kommt auch auf die inneren Werte an, Leute. Und die habe ich definitiv von meiner Mutter und ihren Mut zum Risiko. Darum bin ich auch mit zwölf Wochen schon getürmt und habe mich allein durchgeschlagen. Denn wenn man nur fest daran glaubt, kann man alles erreichen. Also streune ich schon fast zwei Jahre durch Hamburg und bin viel herumgekommen. Ich habe wunderschöne Dinge gesehen und Einiges gehört, was euch interessieren könnte. Ich bin Simba, der Streuner. Kommt mit! Stopp!

Noch ein Wort zu meiner Verkleidung. Miau, ich bin nicht blöd und weiß, dass Weihnachten längst vorbei ist. Aber eine Wette ist nun mal eine Wette.

Ihr müsst wissen, ich habe da eine neue Mieze im Auge, und mit dem dicken Bauch brauche ich bei der Schönen gar nicht erst antanzen. Also habe ich mit Carlo, meinem Kumpel aus Bergedorf, gewettet, dass ich die nächsten zwei Monate meine Pfoten zum Laufen benutzen werde und mich nicht heimlich in Fahrradtaschen transportieren lasse. Miau, gleich am nächsten Tag hat er mich erwischt, und ich hatte die Wette verloren. Also trage ich jetzt die Mütze, bis ich abgenommen habe.

Amüsiert euch ruhig, denn ich weiß, dass ihr auch jedes Jahr im Januar euren Weihnachtsspeck abtrainiert. Nur, dass ihr sicher nicht so dämlich seid und euch auf so eine Wette einlasst. Bis später, miau.

Also für alle, die es interessiert, bei mir war gestern die Hölle los. Bis um fünf Uhr war die Welt noch in Ordnung. Naja, für meinen Freund Carlo wenigstens. Auf leisen Pfoten hat er mich verfolgt, der Spion. Wer macht denn sowas? Schon mal was von Vertrauen gehört? Ein Kater hat schließlich auch seinen Stolz. Na klar, wollte ich mich an unsere Abmachung halten, miau. Aber sagt doch mal ehrlich, immer nur laufen,

Treppen steigen und auf jedes Leckerli verzichten…das haut doch irgendwann den stärksten Kater um, oder? Außerdem ist mein Bauch schon um einige Millimeter geschrumpft. Da darf man sich doch endlich mal ein Wiener Würstchen gönnen, oder? Und Carlo, dieser Spielverderber, was macht der? Genau! Er hat mich erwischt! Naja, und was ein ehrenhafter Kater ist, der hält sein Wort. Wettschulden sind Ehrenschulden, Leute. Ihr glaubt mir nicht, miau? Na gut, ich merke schon. Ihr seid genau solche Schnüffler wie mein Freund Carlo. Dem kann ich auch nichts vormachen. Er hat mir miaut, dass meine Ohrenspitzen immer zucken, wenn ich lüge. Also bleib ich ab jetzt bei der Wahrheit. Naja, wenigstens vorläufig. Notlügen sind erlaubt. Oder was sagt ihr dazu? Ach, ihr wollt erst einmal wissen, warum ich die Wette verloren habe? Na gut. Ich werde es euch verraten. Zu der Wiener hätte mein Kumpel Carlo nix gesagt. Schließlich war es sogar eine Geflügelwiener. Aber als er in meine Vorratskammer ging, um sich ein Schälchen Milch zu holen, hat er meinen winzigen Vorrat gesehen, zwei Kilogramm Käsewürfel, ein Kilogramm geräucherter Aal und zwanzig Dosen Tunfisch in Öl. Wow! Das gab ein Donnerwetter, Leute. Wie kann man sich nur so aufregen. Ich habe die Vorräte nicht angerührt. Ehrlich.

Carlo war in Nullkommanix auf dem Michel, das sag ich euch. Und wenn der mal in Fahrt kommt, kann ihn niemand beruhigen, nicht einmal ich, sein bester und ältester Kumpel. Ich brauchte einen Notfallplan.

Also habe ich mich verpflichtet diese Weihnachtsmütze noch bis Ostern zu tragen. Das hat gewirkt. Carlo kam vom Michel wieder runter und hat mir sofort verziehen. Aber jetzt habe ich ein fettes Problem, Leute. Was sage ich nur der süßen Miezekatze, mit der ich morgen verabredet bin? Das erste Date und dann in so einer komischen Aufmachung, miau. Habt ihr eine Idee?

Am anderen Morgen hat mich Carlo zum Training abgeholt. Nein, nicht ins Studio oder eine kleine Runde joggen. Miau, ihr kennt Carlo nicht. Wir sind einmal um die Alster getigert. Ich sage euch, das war eine Tortur. Carlo hat mich im Eiltempo 7,4 Kilometer über den Wanderweg gescheucht. In Nullkommanix hing mein schönes langes Plüschfell wie ein nasser Waschlappen an mir herunter. Carlo hatte gut lachen mit seiner aalglatten Frisur. Erstens schwitzt er nicht so schnell wie ich und zweitens trainiert der täglich. Ist das nicht ungerecht, Leute?

Von wegen, nur ein schneller Spaziergang, ich bin doch kein D-Zug. Und dann noch Carlos Ansagen, ich solle mal Gas geben. Er hätte morgen noch etwas vor. Aber viel schlimmer war, dass alle an mir vorbeigetigert sind. Da kommt sich ein ehrenwerter Kater doch dämlich vor, miau. Ich kann auch nix dafür, dass ich kurze Beine habe, Leute.

Mittags hatten wie es endlich geschafft. Ich renne also schnell in meine Behausung, naja rennen konnte man dazu eigentlich nicht mehr sagen. Meine Beine hingen an mir wie Blei. Aber auf jeden Fall musste ich mein Fell in Ordnung bringen, die Bude aufräumen und so schnell ich eben noch konnte, wieder los. Schließlich wollte ich die süße Miezekatze nicht warten lassen. Allerdings hätte ich mir die Eile sparen können. Die Dame ließ nämlich auf sich warten. Ich stand geschniegelt und gestriegelt an der Schönen Aussicht und kam mir vor wie ein Depp.

Nachdem ich zwanzig Minuten auf die Stadt geglotzt hatte, bequemte sich Madam zu erscheinen. Natürlich hat sie sich erst einmal schlapp gelacht. Ich hatte auch nichts anderes erwartet, aber hätte sie nicht etwas dezenter lachen können? Und diese Sprüche, von wegen, ich ginge auch als Weihnachtsbraten durch, wenn man mich rasieren würde, oder ich sei der kleinste Weihnachtsmann der Welt, miau. Dämliche Ziege. Gott sei Dank, hat sie sich irgendwann beruhigt und mir die Story mit der Wette abgekauft. Ich habe sie sogar noch überzeugen können, mit mir ein Schälchen Milch zu schlürfen. Schließlich hatte ich extra meine Bude aufgeräumt. Also sind wir gemütlich zu mir geschlendert, und es wurde doch noch ein sehr schöner Abend. Und die Nacht erst, miau. Stopp! Nicht was ihr vielleicht denkt. Ich bin ein Gentleman. Wir haben nur geschmust. Ehrensache. Morgens habe ich mich auf leisen Sohlen aus der Bude geschlichen, um Futter zu besorgen. Geflügelwürstchen, fettarme Milch, Magerquark und Gurken. Ich muss schließlich an meine Figur denken und Frauen tun das sowieso, ständig. Naja, dachte ich jedenfalls, miau.

So lautlos wie ich davongeschlichen war, kam ich auch wieder zurück, und Madam schlief immer noch tief und fest. Also platzierte ich unser Frühstück auf meinem besten Deckchen, stellte die Blumen auf den Tisch und schlich mich wieder in die Schlafkammer. Dann habe ich meine Süße sanft geweckt. Wie? Mit leisem Katerschnurren. Und es wirkte sofort. Ihre langen Wimpern begannen zu zucken und endlich öffnete sie ihre wunderschönen grünen Augen. Was für Augen, miau. Oh sorry. Ich komme schon wieder ins Schwärmen.

Zunächst begann Madam mit ihrer Morgentoilette, und ich rede nicht von Katzenwäsche, wie ihr das manchmal morgens macht. Nein, miau. Ich rede von geschlagenen sechzig Minuten. Ich armer Kater. Der Magen hing mir schon bis auf den Boden. Naja, fiel nicht auf, denn mein Bauch tat das auch, miau.

Irgendwann bequemte sich mein Gast endlich Platz zu nehmen. Aber nicht lange. Denn was dann kam, schlug ein, wie der Blitz. Ihre wunderschönen grünen Augen färbten sich dunkelbraun und waren kurz darauf nicht mehr zu sehen, so kniff sie die Lider zusammen. Wow. Die sollte sich im Thalia Theater bewerben. Dann kam der theatralische Höhepunkt. Sie stellte ihren schwarzen Katzenbuckel auf Sturm und fauchte mich an. Leute, da ging sogar mir der Arsch auf Grundeis. Ihr denkt, das war`s? Noch lange nicht. Sie ging zu Phase zwei über, und hielt mir eine Standpauke, wie ich sie in meinem Katerleben noch nie erlebt habe, nicht einmal von meiner Mutter, miau.

Sie schrie mich an: „Willst du mich beleidigen? Bin ich dir etwa zu fett? Kuck dich doch besser selber an, du fetter Kater? Ist das etwa deine Rache, weil ich nicht gleich mit dir gepoppt habe?“

Und ehe ich miau sagen konnte, war Madam verschwunden. Ich sag euch Männer, egal wie wir es anstellen, den Damen dieser Welt können wir es nie recht machen. Oder wie seht ihr das?

Am anderen Tag lag ich um zwölf immer noch auf Eis. Miau, mein armer Kopf. Mit diesem Quadratschädel passte ich durch keine Tür und durch meine schmale Haustür schon gar nicht. War das eine Riesensause. Carlo schlägt selten über die Stränge, aber wenn, dann richtig. Welche Sause, wollt ihr wissen? Ach ja. Das habe ich euch noch gar nicht erzählt. Also, nachdem mich die Süße gestern vor meinem gedeckten Frühstückstisch hat stehen lassen, war ich so frustriert, dass ich erst einmal zu Carlo gegangen bin. Er ist ein echter Frauenkenner. Kein Wunder, ist schließlich zwei Jahre älter als ich. Als Erstes hat er mir ein Bier verschrieben, zum Ärger runterspülen. War okay, hat aber nicht wirklich geholfen. Also schob er noch eins über den Tisch und noch eins und noch eins. Genau damit fing das ganze Dilemma an. Ich weiß nur noch, dass er den ganzen Abend von seinen Weibergeschichten miaut hat und dann ist er noch ins Philosophische abgeglitten. Danach muss ich weggedämmert sein. Auf jeden Fall bin ich heute um fünf auf seinem Lieblingskissen aufgewacht, hab ihn schlafen lassen und bin in meine Bude getorkelt.

Fragt mich nicht, wie ich da hingekommen bin. Aber ich bin und habe erst mal geschlafen.

Oh, da fiel mir ein, dass ich eigentlich mit Carlo um die Alster rennen wollte. Naja, da wird wohl nix draus, würde eh nur ein Schleichen werden und kein Rennen. Am besten wird sein, ich hau mich wieder aufs Ohr. Carlo pennt sicher auch noch, sonst hätte er sich längst gemeldet, dachte ich.

Von wegen, der hat sich tatsächlich aufgerafft und mich an die Alster gezerrt. Er meinte, wer saufen kann, muss auch laufen können. Dämlicher Spruch, wenn ihr mich fragt. Aber ich wollte es mir mit Carlo nicht verscherzen. Also habe ich mitgemacht. Habt ihr auch so ehrgeizige Freunde? Na, dann wisst ihr ja, wovon ich rede. Ich mache jetzt ein Nickerchen, bis morgen, miau.

Rock and Roll

So Leute, jetzt kann ich endlich wieder laufen. Ich kann euch sagen, Schmerzen sind für einen Kater echt das Allerletzte. Naja, für euch sicher auch. Ich bewege mich gern auf leisen Sohlen durch Hamburg und am liebsten ganz gemütlich. Aber gar nicht mehr laufen zu können ist selbst für mich Bewegungsmuffel ein absolutes No-Go.

Oh, sorry. Ihr tappt noch im Dunkeln. Also von vorn. Am Dienstagmorgen ging ich auf diese neue Ampel am Jungfernstieg zu, ihr wisst schon, die mit der Sekundenanzeige. Wer sich das hat einfallen lassen, sicher ein Psychoonkel. Naja, auf jeden Fall bleibe ich stehen und starre auf die roten Zahlen. Neben mir hatte eine alte Frau geparkt, mit einem eigenartigen Stock. Naja, eigentlich war es gar keiner, eher ein verlängerter Fahrradlenker mit zwei Klingeln. Und dann sah ich ihr Stirnband und die hoch gegelten Haare. Leute, ich musste mir glatt ein Katergrinsen verkneifen. Als dann noch ein Greis auf einer Harley vorbeifuhr und sie zum Gruß den Arm hochriss, war mir alles klar. Denn sie hielt den kleinen und Zeigefinger ausgestreckt über der Stirn und jodelte dem Motorradfahrer irgendetwas auf Englisch hinterher, was ich nicht verstehen konnte. Alles klar, Rockmusikszene, dachte ich. Oh, miau, war das ne durchgeknallte Rockerbraut. Die letzten Sekunden liefen herunter und die Ampel für die Fußgänger zeigte endlich auf grün. Also startete ich. Die grauhaarige Dame mit ihrem Fahrradlenker auch.


Und was erspähte da mein scharfes Katerauge? Einen silbergrauen Porsche, der mit quietschenden Reifen auf uns zuraste. Blitzschnell gab ich der Oma einen Tritt und hechtete nach vorn. Der Scheißkerl bremste nicht einmal ab und streifte voll mein linkes Hinterbein. So ein Arsch! Dass der nix mitbekommen hat, ist kein Wunder, Leute. Bei der lauten Mucke, die aus seinen Boxen dröhnte, hätte ich auch nichts gepeilt. Außerdem klebte sein Handy am Ohr.

Gott sei Dank war der durchgeknallten Omi nicht viel passiert, nur ein aufgeschrammtes Knie. Naja, kann auch schmerzen. Aber mich hatte das Porschetier voll erwischt. An Aufstehen war gar nicht zu denken. Die nette Dame hat mich dann auf ihren Fahrradlenker gehoben und ohne zu zögern mitgenommen. Ich sei ihr Lebensretter, hat sie gesagt und es sei das Mindeste, dass sie mich gesund pflegen dürfe. Drei Tage hat sie mich umsorgt, auch kulinarisch. Ich hätte mich schon über ein Schälchen Milch gefreut, aber davon wollte sie nichts wissen. Sahne musste es sein. Oh, ha! Das mal zum Thema abnehmen. Die zwei Zentimeter Bauchumfang, die ich schon verloren hatte, waren in drei Tagen wieder drauf. Nein, schlimmer noch. Es wurden sogar mehr. Wie sollte ich das bloß Carlo erklären?

Übrigens, die Oma war wirklich etwas durchgeknallt, auf jeden Fall, was ihre Musik anging. Den ganzen Tag Heavy Metalmusik und Hardrock und dann noch in einer Lautstärke, dass mir die Katerhaare steif standen. Das hält kein normaler Straßenkater lange aus. Ich kann ja verstehen, dass man im Alter vielleicht nicht mehr so gut hört, aber muss man ganz Hamburg beschallen? Nein, miau! Darum habe ich am zweiten Tag auch angefangen laut zu jaulen und versucht an diese dämliche Fernbedienung für die Megaboxen zu kommen. Nach dem vierten Anlauf war es mir endlich geglückt und es war augenblicklich Ruhe im Stall. Naja, für fünf Sekunden. Denn die durchgeknallte Hippiebraut war schneller in der guten Stube als ich miau sagen kann, und aus war es mit der Ruhe.

Schließlich verschlechterte sich mein Gesundheitszustand so rapide, dass ich zu einem Tierarzt musste. Da halfen kein Bitten und kein Flehen. Die Oma blieb eisern. Mein linkes Hinterbein war mittlerweile zu einem Ballon angeschwollen. Naja, aber was ein echter Kerl ist, der hält das eigentlich aus. Doch irgendwann tat die nette Omi mir leid, denn sie hat immer feuchte Augen bekommen, wenn sie mein Ballonbein betrachtete. Also holte sie ihr hochmodernes Fahrmobil aus dem Nebenraum, setzte mich vorsichtig in den großen Korb, der vor dem Lenker angebracht war und ab ging`s zum Onkel Doktor.

Der Warteraum sah nett aus, viele bunte Bilder von meinen Kameraden, aber auch von meinen Feinden. Ihr wisst schon wen ich meine, oder? Na, diese kläffenden, sabbernden Köter, miau. Aber als die süße Krankenschwester mir ein Leckerli vor die Nase hielt, war ich sofort abgelenkt. Naja, kein Wunder, die hatte Beine, und erst der knappe Kittel, miau. Sorry, Leute, aber ich bin auch nur ein Kerl.

Übrigens ging die Geschichte mit der heißen Schwester und mir noch weiter. Als sie nämlich mein angeschwollenes Hinterbein sah, riss sie vor Erstaunen die Augen auf. Schöne Augen, wasserblau, wie die Alster an einem hellen Sommertag. Miau, jetzt komme ich schon ins Schwärmen. Sorry, Leute, weiter im Text.

Nachdem ich mein Leckerli aufgekaut hatte, hoben mich die schönen Augen auf ihren Arm und pressten mich sanft an ihre Brust. Oh, lala, hatte die ein Dekolletee. Da wurde sogar einem Weiberhelden, wie mir, schwindelig. Aber als sie mich in das Behandlungszimmer trug, meldete sich mein Magen. Leute, war mir schlecht. Der Typ hinter der Liege hatte einen blauen Kittel an. Was sollte denn das? Ich wollte zum Arzt, nicht zum Hausmeister.

„Hilfe! Bringt mich hier raus!“, schrie ich. Half nur nichts. Ich hatte in meiner Panik vergessen, dass ihr Menschen mich nicht versteht. Also wedelte ich so gut es ging mit den Vorderbeinen und begann fürchterlich zu Fauchen. Das hört sich furchterregend an, könnt ihr glauben. Doch geholfen hat es bei dem Blaumann nicht. Er packte meine Pfoten und drückte mich zusammen mit dem schönen Dekolletee auf die Liege. Der Typ war mir unheimlich. Und diese dicke Hornbrille auf seiner Nase, gruselig. Als er anfing an meinem Hinterbein rumzukneten, war der Spaß vorbei! Ich schrie auf und verpasste ihm einen Hieb. Ich kann eine Menge ertragen, aber das war selbst für einen starken Kater zu viel. Ich bin doch kein Kuchenteig! Doch der Doc ließ sich nicht abwimmeln und versuchte mich wieder auf die Liege zu drücken. Pah! Ich war schneller und verpasste ihm einen zweiten Hieb. Leute, von den Schrammen hat er noch lange was. Nur leider imponierte ihn das nicht. Er nahm eine Riesenspritze vom Tablett und…ich fiel in Ohnmacht.

Von der Nadel in meinem Allerwertesten habe ich Gott sei Dank nix mitbekommen, miau. Und als ich wieder zu mir kam, habe ich mein linkes Hinterbein nicht mehr gespürt. Nachdem er dann mit dem Rumgefummel fertig und ich Besitzer eines erstklassigen Verbandes war, freute ich mich auf den Heimweg. Denkste! Auf einmal fing der an, an meinen kleinen Kügelchen zu fummeln und flüsterte der Omi irgendetwas zu. Die zuckte nur mit den Schultern und sah mich mitleidig an. Doch er redete weiter auf sie ein und meinte, dass die eigentlich wegkönnten. Waaas?! Dem hat wohl einer ins Gehirn …!

Mit letzter Kraft sprang ich vom Tisch und landete auf dem glatten Boden. Natürlich konnte ich mich nicht auf meinem betäubten Hinterbein halten und rutschte quer durch den Raum. Die Omi hat mich dann gerettet, in das Körbchen gesetzt und entschieden, die Klöten bleiben dran!

Man, war ich gestern froh wieder Alsterluft zu schnuppern. Da wollte der Doktor mir doch tatsächlich meine Eier abschneiden. Nicht mit Simba!

Nachdem die kleine Omi mich noch eine Woche gepflegt hatte und ich auch die Nachkontrolle bei diesem Doktor im Hausmeisterkittel überstanden hatte, war es an der Zeit Lebewohl zu sagen. Aber ich musste der lieben Pflegeomi versprechen, dass ich sie auf jeden Fall besuchen werde. Irgendwie war sie mir ans Herz gewachsen, und ich ließ sie wirklich ungern allein, aber ich musste mich nach über zwei Wochen endlich bei Carlo sehen lassen. Schließlich hatte ich viel zu erzählen und außerdem wollte ich mir gleich ein Bierchen schnurren. Immerhin hatte ich vierzehn Tage auf dem Trockenen gesessen. Also nicht, dass mir der Alkohol gefehlt hat. Nö, nö, Leute. Aber so ein Blondes am Abend ist doch was Feines. Oder was sagt ihr dazu?

Also bin ich mit der S-Bahn gefahren, um schnell in Bergedorf zu sein, weiter auf schnellen Tatzen Richtung Schloss und war erstaunt, wie gut das ging. Meine Wunden waren prima verheilt. Aber als ich in Carlos Bude ankam, war von meinem Busenfreund nichts zu sehen. Okay, dachte ich, warte ich eben. Ich zupfte mir ein kühles Bier aus dem Kühlschrank und machte es mir auf seiner Couch bequem. Miau, eine Stunde habe ich gewartet. Dann kam er endlich angeschlichen, hängende Ohren, abgewetztes Fell und verweinte Augen. Boa, sah der Scheiße aus! Aber als er mich sah, schienen seine Lebensgeister zurückzukehren. Er rannte mit einem Affenzahn auf mich zu und stürzte sich auf mich. Aber kaum, dass ich wieder Luft bekam, hielt er mir eine Predigt. Und die war vom Feinsten, Leute. Das sage ich euch. Denn wenn Carlo erst einmal anfängt zu miauen, kann das dauern. Und so war es auch. Nach gefühlten sechzig Minuten redete er immer noch auf mich ein. Er war stinksauer, dass ich mich nicht gemeldet hatte und meinte, dass man das einem Freund nicht antut. Recht hat er. Ich vergrub meinen Kopf unter meinen großen Pfoten und schwörte Besserung.

Nach zwei weiteren Bierchen lagen wir uns in den Armen und heulten. Peinlich für erwachsene Männer, sagt ihr! Das sehe ich anders. Freudentränen sind erlaubt und andere auch. Wir haben doch auch Gefühle, auch wenn wir sie gern unter unserem angeblich dicken Fell verstecken.

Mein schlechtes Gewissen wuchs und wuchs, vor allen Dingen als Carlo mir erzählte, dass er gerade bei den Bullen war und eine Vermisstenmeldung aufgegeben hatte. Also mussten wir die Aktion noch abblasen, sonst würde es richtig Ärger geben. Und wer will schon Ärger mit der Bullerei? Ich nicht, miau.

Mir ging es Scheiße nach unserem Gespräch und ich schwor mir, es wieder gut zu machen.

Ist euch schon einmal so etwas passiert?

Manchmal verletzen wir genau die Menschen, die uns am meisten am Herzen liegen, obwohl wir das gar nicht wollen. Kennt ihr das?

Nachdem ich Carlo alles erzählt und mich tausendmal entschuldigt hatte, waren er und ich wieder beste Freunde. Trotzdem werde ich mir noch etwas Besonderes für ihn einfallen lassen.

Nach unserer Aussprache konnte er endlich seine Neuigkeiten loswerden. Leute, das haut dem Fass den Boden raus. Erinnert ihr euch an mein letztes Date? Diese arrogante Mieze hat mich nicht nur vor dem Katzenfrühstück sitzengelassen. Nein. Das ist eine von den ganz Ausgekochten. Die hatte unser Date von langer Hand geplant und es direkt auf mich abgesehen. Und wisst ihr warum? Miau, die hatte bei unserem ersten Rendezvous schon einen Braten in der Röhre. Jetzt seid ihr platt, was? Und ich erst. Dieses Luder. Und mir wirft sie vor, dass ich nur mit ihr in die Kiste will. So eine ist das also. Sich anbuffen lassen und gleich mit dem nächsten in die Kiste springen. Aber die Härte kommt erst noch, Leute. Die Süße erzählt an der Alster jedem, dass die kleinen Kätzchen in ihrem Bauch von mir sind. Das ist wohl der Oberbrüller! Morgen gehen Carlo und ich erst mal auf Schnüffeltour und kriegen raus, von wem die Süße angebufft wurde.


Irgendwas ist immer ...ein Kater auf Streifzug

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