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Siebente Rune.

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Inhaltsverzeichnis

Wäinämöinen alt und wahrhaft

Schwamm so durch die tiefen Wogen,

Wandert wie ein Zweig der Fichte,

Wie ein dürres Reis der Tanne

Sechs der schönsten Sommertage,

Sechs der Nächte nach einander,

Vor sich hatte er die Fluthen,

Hinter sich den klaren Himmel,

Schwimmet ferner zwei der Nächte,

Zwei der allerlängsten Tage;

Endlich in der Nächte neunter,

Nach Verlauf des achten Tages

Ward der Alte ungehalten,

Fühlt er großes Mißbehagen,

Denn der Zehe fehlt der Nagel

Und dem Finger die Gelenke.

Wäinämöinen, er, der alte

Sprach da selber diese Worte:

„Wehe mir, dem armen Manne,

Wehe mir, dem Unglückskinde,

Daß das eigne Land verlassend,

Aus der Heimath ich gegangen,

Um nun unter freiem Himmel

Tag’ und Monde hier zu wandern,

Von dem Sturme stark geschaukelt,

Von den Wogen arg gewieget

Auf den weiten Wasserstrecken,

Auf den ausgedehnten Fluthen;

Frostig ist mir hier das Leben,

Schmerzhaft ist es hier zu weilen

Immerfort in diesen Wogen,

Auf dem Wasser hinzuziehen.“

„Weiß ja nicht, wie ich hier leben,

Wie ich mich verhalten solle

Jetzt in diesen schlechten Zeiten,

In den harten Unheilsstunden:

Soll mein Haus im Wind’ ich bauen,

Auf den Wogen meine Stube?“

„Baute ich mein Haus im Winde,

Fänd’s im Winde keine Stütze,

Baut’ ich meine Stub’ im Wasser,

Würd’ das Wasser sie entführen.“

Her von Lappland kam ein Vogel,

Aus dem Dämmerland ein Adler,

Nicht gehört er zu den größten,

Keineswegs auch zu den kleinsten,

Streift das Meer der eine Flügel,

Reicht der andre an den Himmel,

Durch die Wogen fegt der Bürzel,

An die Klippen schlägt der Schnabel.

Fliegt umher und hält dann inne,

Schaut sich um und blickt nach hinten,

Sieht den alten Wäinämöinen

Auf dem blauen Meeresrücken:

„Weshalb bist du, Mann, im Meere,

Du, o Held, im Naß der Wogen?“

Wäinämöinen alt und wahrhaft

Redet selber diese Worte:

„Deshalb bin ich Mann im Meere,

Ich, der Held, im Naß der Wogen,

Ging zum Nordland um zu freien

Um des Düsterlandes Jungfrau.“

„Hastig jagt’ ich auf dem Wege

Längs der großen Meeresfläche,

Da gerieth ich eines Tages

Um die Zeit der Morgenstunde

An die Bucht von Luotola,

An die Strömung von Joukola,

Wo mein Roß mir todt geschossen,

Wo man mich zu treffen dachte.“

„Stürzte darauf in das Wasser,

Mit den Fingern in die Fluthen,

Daß der Sturm mich heftig wiegte,

Daß die Wogen mich bewegten.“

„Her von Nordwest kam ein Sturmwind,

Her von Ost ein starker Windstoß,

Dieser trieb mich weit vom Lande,

Führt’ mich fort in ferne Strecken;

Ward gewieget viele Tage,

Schwamm umher gar viele Nächte

In den weiten Wasserstrecken,

In den ausgedehnten Fluthen;

Kann auch nimmer hier erfahren,

Merken nicht und nicht begreifen,

Wie ich endlich sterben werde,

Was wohl früher wird geschehen,

Ob vor Hunger ich verkomme,

Ob ins Wasser ich versinke.“

Sprach der Aar, der Lüfte Vogel:

„Sei du keineswegs voll Kummer,

Setze dich auf meinen Rücken,

Richt dich auf am Bürzelknochen,

Will dich aus dem Meere tragen,

Wohin sich dein Sinn auch sehnet;

Wohl gedenk’ ich noch des Tages,

Denke noch der guten Zeiten,

Als die Waldung von Kalewa,

Osmo’s Hain du niederbranntest,

Doch die Birke du verschontest,

Ihn, den schlanken Baum, dort ließest

Als ein Ruheplatz den Vögeln,

Selber mir zu einem Sitze.“

Drauf erhebet Wäinämöinen

Seinen Kopf rasch aus den Fluthen,

Steigt dann muthig aus dem Meere,

Hebt sich kräftig aus den Wogen,

Setzt sich auf des Adlers Flügel,

Auf des Vogels Bürzelknochen.

Fort trägt drauf der Lüfte Vogel

Wäinämöinen, ihn, den alten,

Führt ihn längs der Bahn der Winde,

Längs des Laufs des Frühlingswindes

Zu des Nordens weiten Gränzen,

Nach dem trüben Sariola;

Ließ dort Wäinämöinen nieder;

Selber rauscht er durch die Lüfte.

Wäinämöinen weinte dorten,

Weinte dort und wimmert’ ängstlich

An dem Strand des weiten Meeres,

An der unbekannten Spitze,

Wohl mit hundert Seitenwunden,

Tausendfach vom Wind geschlagen,

Mit dem Barte voller Unrath

Und den wild zersausten Haaren.

Weinte zwei, ja drei der Nächte,

Weinte eben so viel Tage,

Wußte keinen Weg zu gehen,

Keinen Pfad dort aufzufinden,

Der ihn nach der Heimath führte,

Nach bekannten Länderstrichen,

In das Land, wo er geboren,

Wo bis dahin er gelebet.

Nordlands schlankgewachsne Jungfrau

Mit der schönen, weißen Farbe

Hatte mit der Sonn’ gewettet,

Mit der Sonne, mit dem Monde,

Stets zugleich sich zu erheben,

Und zusammen zu erwachen;

Kam jedoch bei weitem früher,

Vor dem Mond und vor der Sonne,

Eh’ den Hahn sie hören konnte,

Eh’ der Henne Sohn gekrähet.

Schor dann fünf der schönsten Schafe,

Sechs der allerbesten Lämmer,

Sammelte zum Tuch die Wolle,

Wählt’ sie aus zu dem Gewande,

Lang’ bevor der Morgen graute,

Eh’ die Sonne sich erhoben.

Wusch darauf die langen Tische,

Kehrte rein des Bodens Bretter

Mit dem zweigereichen Besen,

Mit der blätterreichen Quaste,

Scharrt den Kehricht dann zusammen

Auf der kupferreichen Schaufel,

Bringt den Unrath fort nach außen,

Durch die Thür zum Ackerfelde,

Zu des letzten Feldes Kante

An des untern Zaunes Ende;

Bleibt dort bei dem Kehricht stehen,

Horchet auf und dreht den Körper,

Hörte von dem Meer’ her weinen,

Jammern von dem andern Ufer.

Hastig eilte sie nach Hause,

Eilt’ behende in die Stube,

Sprach, als sie dort angekommen,

Und berichtet solcher Weise:

„Hörte von dem Meer her weinen,

Jammern auf dem andern Ufer.“

Louhi, sie, Pohjola’s Wirthin,

Nordlands zähnearme Alte,

Eilte nach dem Hof geschwinde

An die Öffnung ihrer Pforte,

Horchte fleißig auf die Laute,

Redet selber diese Worte:

„Also weinen nimmer Kinder,

Also jammern nimmer Weiber,

Also weinen bärt’ge Helden,

Männer mit behaartem Kinne.“

Stieß den Nachen in das Wasser,

In die Fluth den dreibretthohen,

Selbst beginnt sie schnell zu rudern,

Ruderte und eilt’ voll Raschheit

Hin zum alten Wäinämöinen,

Zu dem Helden, der da weinte.

Wirklich weinte Wäinämöinen,

Jammerte der Wogen Gönner

In dem schlechten Weidenbusche,

In dem dichten Faulbaumhaine,

Mund und Bart, die bebten beide,

Doch der Mund ließ sich nicht öffnen.

Sprach die Wirthin von Pohjola,

Sprach und redet’ solche Worte:

„O du alter Mann voll Thorheit,

Bist in fremdes Land gerathen!“

Wäinämöinen alt und wahrhaft

Hebt sein Haupt da in die Höhe,

Redet Worte solcher Weise:

„Weiß das selber zur Genüge,

Daß ich bin in fremdem Lande,

Auf ganz unbekannten Strecken;

In der Heimath war mir wohler

Und zu Hause stand ich höher.“

Louhi, sie, Pohjola’s Wirthin,

Redet Worte solcher Weise:

„Möchte gern von dir erfahren,

Und erlaubt sei es zu fragen,

Wer denn bist du von den Männern,

Wer wohl aus der Zahl der Helden?“

Wäinämöinen alt und wahrhaft

Redet selber solche Worte:

„Ward genannt in frühern Zeiten,

Ward zuvor betrachtet immer

Als Erfreuer an dem Abend,

Als ein Sänger in den Thälern,

Auf den Fluren von Wäinölä,

Auf den Flächen Kalewala’s;

Glaube mich in meinem Elend

Selber fast nicht recht zu kennen.“

Louhi, sie, Pohjola’s Wirthin,

Redet Worte solcher Weise:

„Steig, o Mann, nun aus der Nässe,

Komm’, betritt die neuen Pfade,

Daß dein Unglück du erzählest,

Dein Geschick du mir berichtest!“

Nahm den Mann so fort vom Weinen,

So den Helden vom Gewimmer,

Ziehet ihn ins Boot behende,

Setzt ihn an des Fahrzeugs Ende,

Selber macht sie sich ans Rudern,

Ruderte mit allen Kräften

Graden Weges nach Pohjola,

Nach den fremden Wohngebäuden.

Speisete den Hungermatten,

Trocknete den ganz Durchnäßten,

Wärmte ihn gar manche Stunde,

Wärmte ihn und schafft ihm Hitze,

Macht den Mann gar bald genesen

Und gesund den starken Helden;

Fragt ihn dann und forschet fleißig,

Redet selber diese Worte:

„Weshalb hast, o Wäinämöinen,

Du, o Wogenfreund, geweinet

In dem schlechten Aufenthalte

An dem Strande dieses Meeres?“

Wäinämöinen alt und wahrhaft

Redet Worte solcher Weise:

„Habe Grund genug zum Weinen,

Grund genug mich abzuhärmen,

Hab’ gar lang’ im Meer geschwommen

Und die Wogen fortgestoßen

In den weiten Wasserstrecken,

In der ausgedehnten Öde.“

„Deshalb weine ich so lange,

Quäl’ ich mich so lang’ ich lebe,

Daß ich aus dem Heimathlande,

Aus bekannten Länderstrecken

Zu der fremden Thür gekommen,

Zu den unbekannten Pforten;

Alle Bäume hier verwunden,

Jeder Ast scheint mich zu schlagen,

Jede Birke bringt Beschwerden,

Jede Erle sucht zu schneiden;

Nur der Wind ist mein Bekannter,

Nur die Sonne mir befreundet

In den fremden Länderstrecken,

Bei den unbekannten Thüren.“

Louhi, sie, Pohjola’s Wirthin,

Redet darauf diese Worte:

„Weine nicht, o Wäinämöinen,

Klage nicht, o Freund der Wogen,

Gut ist’s hier für dich zu weilen,

Schön die Zeit hier zuzubringen,

Lachs vom Teller hier zu essen,

Nebenbei das Fleisch der Säue.“

Sprach der alte Wäinämöinen

Selber Worte solcher Weise:

„Nimmer mag ich fremde Speise

In der allerbesten Fremde;

Besser ist der Mann im Lande,

Und zu Hause steht er höher;

Gieb, o güt’ger Gott dort oben,

Du, o Schöpfer voller Liebe,

Daß nach Hause ich gelange,

Nach dem lieben Heimathlande!

Besser ist’s im eignen Lande

Wasser aus dem Schuh zu trinken,

Als im fernen fremden Lande

Honigtrank aus goldner Schale.“

Louhi, sie, des Nordlands Wirthin,

Redet Worte solcher Weise:

„Was denn wirst du mir wohl geben,

Wenn ich dich nach Hause schaffe,

An den Saum des eignen Feldes,

Hin zur Badstub’ deiner Heimath?“

Sprach der alte Wäinämöinen:

„Was wohl wünschst du zu erhalten,

Wenn du mich nach Hause schaffest,

An den Saum des eignen Feldes,

Daß den Kuckuck dort ich rufen,

Dort die Vögel singen höre;

Willst du eine Mütz’ voll Goldes,

Einen Hut voll schönen Silbers?“

Louhi, sie, Pohjola’s Wirthin,

Redet Worte solcher Weise:

„O du weiser Wäinämöinen,

Einzig ew’ger Zaubersprecher,

Nimmer werd’ nach Gold ich fragen,

Nimmer mich um Silber kümmern;

Gold ist wie der Kinder Blumen,

Silber wie der Rosse Zierath;

Kannst du mir den Sampo schmieden,

Mir den bunten Deckel hämmern

Aus der Schwanenfeder Spitze,

Aus der Milch der güsten Stärke,

Einem einz’gen Gerstenkorne,

Aus der Wolle eines Schafes,

Ja, dann geb’ ich meine Tochter,

Dieses Mädchen dir zum Lohne,

Bringe dich zum Heimathlande,

Daß du dort die Vögel singen,

Dort den Kuckuck rufen hörest

An dem Saum des eignen Feldes.“

Wäinämöinen alt und wahrhaft

Redet Worte solcher Weise:

„Nicht kann ich den Sampo schmieden,

Nicht den bunten Deckel hämmern;

Bring mich nach dem Heimathlande:

Werde Ilmarinen senden,

Daß den Sampo er dir schmiede,

Dir den bunten Deckel hämmre,

Deine Tochter sich gewinne,

Daß die Jungfrau er beglücke.“

„Dieser ist ein Schmied, wenn einer,

Ist ein Meister in den Künsten,

Hat den Himmel schon geschmiedet,

Hat der Lüfte Dach gehämmert,

Nirgend sieht man Hammerspuren,

Nirgend eine Spur der Zange.“

Louhi, sie, Pohjola’s Wirthin,

Redet Worte solcher Weise:

„Dem nur geb’ ich meine Tochter

Und versprech’ mein Kind nur jenem,

Der den Sampo für mich schmiedet,

Der den bunten Deckel hämmert

Aus der Schwanenfeder Spitze,

Aus der Milch der güsten Stärke,

Einem einz’gen Gerstenkorne,

Aus der Wolle eines Schafes.“

Schirrte an das muntre Füllen,

Spannt’ das braune vor den Schlitten,

Setzt’ den alten Wäinämöinen,

Setzt’ den Helden in den Schlitten,

Sprach drauf Worte solcher Weise,

Ließ sich selber so vernehmen:

„Heb dein Haupt nicht in die Höhe,

Strecke nicht hervor den Körper,

Wenn das Roß nicht schon ermüdet,

Wenn nicht schon der Abend da ist;

Hebst dein Haupt du in die Höhe,

Reckest du den Kopf nach außen,

Wird gewißlich Unheil kommen,

Dich ein bös’ Geschick ereilen.“

Trieb der alte Wäinämöinen

Rasch sein Roß und jagt’ von dannen,

Ließ die Leinen lustig schweben,

Lärmte so des Weges weiter

Aus dem nimmerhellen Nordland,

Aus dem düstern Sariola.

Kalewala

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