Читать книгу Kalewala - Lönnrot Elias - Страница 13
Neunte Rune.
ОглавлениеNun erhob sich Wäinämöinen
Selber rasch auf seinem Schlitten,
Steiget ohne alle Hülfe
Und erhebt sich ungehoben,
Tritt heran zu dem Gebäude
Und begiebt sich in die Stube.
Dort wird eine Silberkanne,
Eine goldne hergetragen,
Doch sie fasset nur gar wenig,
Nur die allerkleinste Menge
Von dem Blute Wäinämöinen’s,
Aus der Wunde dieses Helden.
Von dem Ofen kreischt der Alte,
Ruft der Greis mit grauem Barte:
„Wer denn bist du von den Männern,
Wer wohl aus der Zahl der Helden?
Von dem Blut sind sieben Bootvoll,
Acht der allergrößten Zuber
Dir von deinen Knieen, Ärmster,
Auf den Boden hingeflossen;
Andre Worte möcht’ ich wissen,
Leider weiß ich nicht den Anfang
Von dem Ursprunge des Eisens,
Von des Erzes erstem Wachsen.“
Sprach der alte Wäinämöinen,
Redet’ Worte solcher Weise:
„Kenn’ ja selbst des Eisens Ursprung,
Weiß gar wohl des Stahls Entstehung:
Luft vor Allem ist die Mutter,
Wasser ist der ältste Bruder,
Eisen ist der jüngste Bruder,
In der Mitte steht das Feuer.“
„Ukko, er, der Schöpfer oben,
Selber er, der Gott im Himmel
Schied das Wasser von den Lüften,
Von dem Wasser dann die Erde,
Ungeboren war das Eisen,
Ungeboren, konnt’ nicht wachsen.“
„Ukko, er, der Gott der Lüfte,
Rieb sich seine beiden Hände,
Drückt sie beide an einander
Auf des linken Kniees Spitze;
Da entstanden drei der Mädchen,
Drei der schönsten Schöpfungstöchter,
Mütter von dem Eisenroste,
Von dem Stahl mit blauen Munde.“
„Fingen schwankend an zu gehen,
Von dem Wolkenrand zu schreiten,
Ihre vollen Brüste strotzten,
Daß die Warzen ihnen schmerzten,
Lassen ihre Milch zur Erde,
Ihrer Brüste Fülle fließen
In die Erde, in die Sümpfe,
In die schlummerreichen Wogen.“
„Schwarze Milch entsendet eine,
Die an Jahren reichste Jungfrau,
Weiße Milch vergießt die zweite,
Welche in der Mitte stehet,
Rothe Milch zuletzt die dritte,
Die an Jahren allerjüngste.“
„Wo die schwarze Milch geflossen,
Da entstand das weiche Eisen,
Wo die weiße Milch vergossen,
Da ward harter Stahl geschaffen,
Wo die rothe Milch geströmet,
Da ergab sich sprödes Eisen.“
„Dauerte ein kurzes Weilchen,
Will das Eisen schon besuchen
Seinen lieben ältern Bruder,
Will das Feuer kennen lernen.“
„Doch das Feuer raset furchtbar,
Wächst gar sehr mit seinen Kräften,
Will den Armen da verbrennen,
Seinen lieben Eisenbruder.“
„Doch das Eisen flieht von dannen,
Rettet sich durch rasches Laufen
Aus des tollen Feuers Fäusten,
Aus der bösen Flamme Rachen.“
„Darauf fliehet fort das Eisen,
Fliehet es und nimmt die Zuflucht
In den schwankungsreichen Sümpfen,
In den sprudelreichen Quellen,
Auf der Sümpfe breitem Rücken,
An des jähen Berges Abhang,
Wo die Schwäne Eier legen,
Wo die Gänse fleißig brüten.“
„In dem Sumpfe steckt das Eisen,
Dehnt sich aus im Wasserlande,
Ist verborgen zwei der Jahre,
Bleibt verborgen noch im dritten
Zwischen zweien Baumes Stumpfen,
Unter dreier Birken Wurzeln,
War jedoch noch nicht entronnen
Seines Bruders wilden Händen,
Sollte noch zum zweiten Male
Kommen in des Feuers Stube,
Daß zu Speeren und zu Schwertern
Es daselbst geschmiedet würde.“
„Auf dem Sumpfe liefen Wölfe
Von der Haide kamen Bären,
Bei dem Wolfstritt bebt der Morast,
Bei dem Bärenschritt die Felder,
Und zum Vorschein kam das Eisen,
Kamen starke Stahles Stangen,
Wo des Wolfes Füße gingen,
Wo des Bären Tatzen weilten.“
„Ilmarinen war geboren,
War geboren und gewachsen,
Auf dem Kohlenberg geboren,
Auf der Kohlenflur gewachsen,
In der Hand den Kupferhammer,
In der Faust die kleinen Zangen.“
„In der Nacht ward er geboren,
Baut am Tage seine Schmiede,
Sucht zur Schmiede eine Stelle,
Wo der Blasbalg auszubreiten:
Siehet einen Sumpf mit Hügeln,
Land, das wohl nicht ohne Nässe;
Ging dorthin es anzuschauen,
In der Nähe zu betrachten,
Dorthin schafft er seine Bälge,
Dorthin setzt er seine Esse.“
„Eilet auf des Wolfes Tritten,
Folgt der Bärentatzen Spuren,
Sieht des Eisens junge Sprossen,
Sieht die Barren schönen Stahles
In des Wolfes großen Spuren,
In des Bären breiten Tritten.“
„Redet Worte solcher Weise:
„„O du armes, liebes Eisen,
Bist fürwahr an schlechter Stelle,
Bist gar niedrig hier gebettet,
Wo der Wolf im Sumpfe schreitet,
Stets des Bären Tatzen drücken!““
„Dachte nach und überlegte:
Was wohl würde daraus werden,
Wenn ich es in’s Feuer brächte,
In die Esse es versetzte?“
„Sehr erschrickt das arme Eisen,
Ist voll Schreckens, ihm wird bange,
Als vom Feuer es nur hörte,
Von des Feuers tollem Treiben.“
„Sprach der Schmieder Ilmarinen:
„„Also sei es keinesweges,
Nicht verbrennt das Feuer Freunde,
Schadet nimmer den Verwandten!
Kommst du in des Feuers Stube,
Zu dem Aufenthalt der Flamme,
Wirst gar schön empor du wachsen,
Wirst gar kräftig du gedeihen,
Wirst zum schönen Schwert des Mannes,
Wirst zur Schnall’ am Weibergürtel.““
„An dem Ende dieses Tages
Ward das Eisen aus dem Sumpfe,
Aus dem Wasserland gegraben,
Nach der Esse hingetragen.“
„In das Feuer that’s der Schmieder,
Legt es in die Feueresse,
Setzt den Blasbalg in Bewegung,
Läßt ihn dreimal kräftig blasen:
Da zerfließt zu Brei das Eisen,
Es zerdehnet sich in Blasen,
Wurde gleich dem Waizenteige,
Weich wie Teig zum Roggenbrote
In des Schmiedes großem Feuer,
Durch die Kraft der lichten Flamme.“
„Da ach! schrie das arme Eisen:
„„Ilmarinen, lieber Schmieder,
Nimm mich lieber fort von hinnen,
Aus des rothen Feuers Qualen!““
„Sprach der Schmieder Ilmarinen:
„„Nehm’ ich dich jetzt aus dem Feuer,
Wirst gar furchtbar du gerathen,
Viel zu wild du dich gebehrden,
Deinen eignen Bruder schneiden,
Deiner Mutter Kind verwunden.““
„Darauf schwor das arme Eisen,
Schwor’s den stärksten aller Eide
Bei der Esse, bei dem Amboß,
Bei dem Hammer, bei dem Klopfer,
Redet Worte solcher Weise,
Läßt auf diese Art sich hören:
„„Giebt wohl Bäume noch zu beißen,
Kann der Steine Herz verzehren,
Werde nicht den Bruder schneiden,
Nicht der Mutter Kind verwunden;
Besser ist es mir zu leben
Und vorzüglicher mein Dasein,
Wenn ich in Gesellschaft wandre
Und als Händewerkzeug diene,
Als den eignen Stamm zu zehren,
Als Verwandte zu verwunden.““
„Darauf riß Schmied Ilmarinen,
Dieser ew’ge Schmiedekünstler,
Aus dem Feuer rasch das Eisen,
Legt es auf die Amboßfläche,
Schmiedet bis es weich geworden,
Hämmerte gar scharfe Dinge,
Hämmert Speere, hämmert Äxte,
Hämmert Waaren jeder Weise.“
„Fehlt dem Eisen noch ein wenig,
War dem Armen noch ’was nöthig:
Noch nicht kocht des Eisens Zunge,
Noch nicht wuchs der Mund des Stahles,
Hart gedieh noch nicht das Eisen,
Von dem Wasser nicht befeuchtet.“
„Darauf denkt Schmied Ilmarinen
Selber nach und überlegte,
Streute aus ein wenig Asche,
Legte von der Lauge etwas
Zu des Stahles Schmiedewasser,
Zu des Eisens Härtungssafte.“
„Kostet drauf mit seiner Zunge,
Prüfet gut mit seinem Sinne,
Redet selber diese Worte:
„„Nein, es taugt die Masse nimmer
Zu des Stahles Schmiedewasser,
Zu des Eisens Härtungssafte.““
„Eine Biene flog vom Boden,
Blaugeflügelt aus dem Grase,
Fliegt umher und hält dann inne
An der Schmiede Feueresse.“
„Sprach der Schmieder diese Worte:
„„Bienchen, du behendes Männchen,
Bringe Honig auf den Flügeln,
Hole Süße mit der Zunge
Aus der Krone von sechs Blumen,
Aus der Spitz’ von sieben Kräutern,
Um den Stahl hier zu bereiten,
Um das Eisen anzurichten!““
„Hiisi’s Vöglein, die Hornisse
Schaute zu und hört die Worte,
Schaute von des Daches Firste,
Sitzend in der Birkenrinde,
Als das Eisen dort bereitet,
Als der Stahl geschmiedet wurde.“
„Fliegt mit Schnelligkeit von dannen,
Streuet alle Schrecken Hiisi’s,
Bringt das Zischen böser Schlangen,
Bringt das schwarze Gift der Nattern,
Bringt die Ätze der Ameisen,
Bringt geheimes Gift der Frösche
Zu des Stahles Schmiedewasser,
Zu des Eisens Härtungssafte.“
„Selbst der Schmieder Ilmarinen,
Er, der ew’ge Schmiedekünstler,
Glaubte da und war der Meinung,
Daß das Bienchen angelanget,
Ihm gebracht des Honigs Süße,
Honigseim ihm hab’ geholet,
Redet Worte solcher Weise:
„„Sieh, das ist mir gar erprießlich
Zu des Stahles Schmiedewasser,
Zu des Eisens Härtungssafte.““
„Dahin taucht er dann den Stahl ein,
Taucht er ein das arme Eisen,
Als er’s aus dem Feuer holte,
Aus der Esse endlich brachte.“
„Böse mußt’ der Stahl da werden,
Und erzürnen mußt’ das Eisen,
Brach erbärmlich seine Eide,
Fraß nach Hundeart die Schwüre,
Schnitt den Bruder ohn’ Erbarmen,
Wüthet gegen die Verwandten,
Läßt das Blut gar reichlich fließen,
Aus der Wunde heftig brausen.“
Von dem Ofen rauscht der Alte,
Rauscht er mit dem Bart und Kopfe;
„Kenne nun des Eisens Ursprung,
Kenn’ des Stahles böse Sitten.“
„O du armes, böses Eisen,
Armes Eisen, rauhe Schlacke,
Du, o Stahl, voll großer Stärke,
Also bist du aufgewachsen,
Also schrecklich du geworden,
Gar zu groß fürwahr gerathen!“
„Warst gewißlich ohne Größe,
Ohne Größe, ohne Kleinheit,
Ohne sonderliche Schönheit,
Ohne Kräfte von Bedeutung,
Als in Milchgestalt du ruhtest,
Als du frisch noch warst geborgen
In der Jungfrau schönen Brüsten,
In des Mädchen vollem Busen
An dem langen Wolkensaume,
Unterhalb des Himmels Wölbung.“
„Warst gewißlich ohne Größe,
Ohne Größe, ohne Kleinheit,
Als dem Wasser gleich du ruhtest,
Gleich dem klaren Quellenstrahle
Auf des Sumpfes breitem Rücken,
An des Felsen jähem Abhang,
Als ein Erdenkloß du wurdest,
Als zu rost’gem Staub verwandelt.“
„Warst gewißlich ohne Größe,
Ohne Größe, ohne Kleinheit,
Als das Elenn dich im Sumpfe,
Als das Rennthier dich geschlagen,
Als des Wolfes Tritt dich drückte,
Dich die Bärentatzen kratzten.“
„Warst gewißlich ohne Größe,
Ohne Größe, ohne Kleinheit,
Als du aus dem Sumpf gezogen,
Aus der schwarzen Erd’ gefördert,
Zu der Schmiede wardst geführet,
In die Esse Ilmarinen’s.“
„Warst gewißlich ohne Größe,
Ohne Größe, ohne Kleinheit,
Als in Klumpenform du zischtest
Und wie siedend Wasser walltest
In der wilden Feuerstätte,
Als den starken Eid du schworest
Bei der Esse, bei dem Amboß,
Bei dem Hammer, bei dem Klopfer,
Bei des Schmiedes Aufenthalte,
Bei der Esse heißen Fluren.“
„Jetzt wohl bist du groß geworden,
Bist in große Wuth gerathen,
Hast den starken Eid gebrochen,
Fraß’st nach Hundeart die Ehre
Da du deinen Stamm gestreifet,
Mit dem Munde ihn berühret!“
„Wer denn trieb zu schlechten Thaten,
Wer ermahnte dich zur Bosheit,
War’s dein Vater, deine Mutter,
War’s der älteste der Brüder,
War’s die jüngste deiner Schwestern
Oder sonst ein Mann des Stammes?“
„Nicht dein Vater, nicht die Mutter,
Nicht der älteste der Brüder,
Nicht die jüngste deiner Schwestern,
Nicht ein Mann von deinem Stamme,
Nein, du selber hast das Unheil,
Hast das Schreckenswerk begonnen.“
„Komme jetzt und sieh dein Machwerk,
Komm dem Übel abzuhelfen,
Eh’ ich’s deiner Mutter sage,
Ehe ich’s der Alten klage,
Mehr bekommt zu thun die Mutter,
Hat gar große Müh’ die Alte,
Wenn der Sohn ’was Böses thuet,
Wenn das Kind verwegen handelt!“
„Hör, o Blut, nun auf zu fließen,
Warmer Strahl, hervorzuquellen,
An die Stirne mir zu sprützen,
An die Brust mir herzubrausen,
Steh, o Blut, gleich einer Mauer,
Stehe still gleich einem Zaune,
Stehe wie ein Schwert im Meere,
Wie das Riedgras in dem Moose,
Wie ein Felsblock auf dem Felde,
Wie ein Stein im Wasserfalle!“
„Sollt’ jedoch dein Sinn dich treiben,
Daß behende du dich rührest,
Nun, so rühre dich im Fleische,
Lauf geschwinde in den Knochen;
Drinnen ist es dir viel besser,
In der Haut bedeutend schöner,
In den Adern dort zu rauschen,
In den Knochen dich zu rühren,
Als zur Erd’ herabzufließen,
In dem Staube zu verrinnen.“
„Wirst, o Milch, nicht auf den Boden,
Wirst nicht auf den Rasen fließen,
In das Heu nicht, Zier der Männer,
Auf den Hügel, Gold der Helden,
In dem Herzen mußt du wohnen,
In der Lunge ist dein Keller,
Dahin ziehe rasch zurücke,
Dahin eile recht behende,
Brauchest nicht als Bach zu fließen,
Noch als See dich auszubreiten,
Nicht als Sumpfes Quell zu sprudeln,
Nicht als Lache hinzurieseln.“
„Stehe still, hör auf zu fließen,
Rothes Blut, hör auf zu rinnen,
Werde still und hemm’ dich selber!
Stand ja selbst der Fall von Tyrjä,
Inne hielt der Fluß der Todten,
Trocken wurden Meer und Himmel
In dem großen Dürresommer,
In dem Feuerjahr voll Qualen.“
„Wenn du dieses nicht beachtest,
Weiß ich wohl noch andre Wege,
Weiß was ich zu suchen habe:
Ruf’ herbei des Hiisi Grapen,
Daß darin das Blut ich koche,
Es gar heftig dort erhitze,
Daß kein Tröpflein mir entrinne,
Von dem rothen Saft entkomme,
Nicht das Blut zur Erde fließe,
Aus der Wunde niederbrause.“
„Sollt’ in mir der Mann nicht stecken,
Nicht ein Held im Sohn des Alten,
Der des Blutes Strömung hemmet,
Der der Adern Gießbach dämmet,
O, so wird der Vater droben,
Er, der Schöpfer im Gewölke,
Er, der mächtigste der Männer,
Er, der kräftigste der Helden
Wohl den Mund des Blutes stopfen,
Seine Strömung endlich stillen.“
„Ukko du o Schöpfer oben,
Gott und Vater in dem Himmel!
Komm herbei, du bist vonnöthen,
Komm, du wirst herbeigerufen,
Drücke mit den kräft’gen Händen,
Dränge mit dem dicken Daumen
Fest zusammen diese Wunde
Und verschließ die böse Öffnung,
Lege drauf gar zarte Blätter,
Streue aus die goldnen Blumen,
Daß des Blutes Bahn geschlossen,
Daß gedämmt die Strömung werde,
Daß sie nicht zum Bart mir sprütze,
Auf die Kleider mir nicht brause!“
So nun stillte er die Strömung,
Hemmte so die Bahn des Blutes,
Schickte seinen Sohn zur Schmiede,
Um dort Salbe zu bereiten
Aus des Grases zarten Fasern,
Aus der Blüth’ der Tausendkrone,
Aus dem Honig, der getröpfelt,
Aus des süßen Seimes Theilchen.
In die Schmiede ging der Knabe,
Um die Salbe zu bereiten,
In den Weg kam eine Eiche,
Von der Eiche fragt er also:
„Hast du Honig in den Zweigen,
Hast du Seim an deiner Rinde?“
Klüglich antwortet die Eiche:
„Ja noch gestern tropfte Honig
Mir an meine breiten Zweige,
An dem Wipfel blieb er hängen
Von den Wolken, die da rauschten,
Von dem Duft der Lämmerwolken.“
Nimmt der Eiche seine Spänchen,
Nimmt des Holzes mürbste Brocken,
Nimmt gar viele gute Gräser,
Nimmt verschiedenart’ge Kräuter,
Welche nicht in diesen Ländern,
Nicht an allen Stellen wachsen.
That sie auf der Esse Feuer,
Ließ die Masse tüchtig kochen,
Brocken von der Eichenrinde,
Gräser von dem schönsten Aussehn.
Bei dem Kochen lärmt der Grapen
Drei der Nächte nach einander,
Drei der Tage in dem Frühling;
Schaute dann nach seiner Salbe,
Ob sie nun schon recht gerathen,
Ob das Mittel jetzt schon tauge.
Noch nicht fertig war die Salbe,
Nicht nach Wunsche noch das Mittel,
Fügt noch Gräser in die Masse,
Kräuter mannigfacher Arten,
Die von anderswo geholet,
Wohl aus hundert Meilen Ferne,
Dort gepflückt von neun der Zaubrer
Und von acht der besten Seher.
Kochte nun noch drei der Nächte,
Neun der Nächte nach einander,
Hob den Grapen ab von Feuer,
Und beschaut die Salbe sorgsam,
Tüchtig war die Salbe endlich
Und das Zaubermittel fertig.
War dort eine äst’ge Espe,
Wuchs am Rande des Gefildes,
War gar böslich durchgebrochen,
War fast völlig umgeworfen:
Salbte diese mit der Masse,
Schmiert sie mit dem Zaubermittel,
Spricht selbst Worte solcher Weise:
„Dadurch, daß mit dieser Salbe
Ich den wunden Fleck bestreiche,
Ich den Bruch damit verschmiere,
Soll die Espe gleich genesen,
Schöner als sie je gewesen.“
Und sogleich genas die Espe,
Wurde schöner noch denn früher,
Wuchs gar stattlich mit der Krone,
Ward gar kräftig mit dem Stamme.
Also prüfte er die Salbe,
Prüfte er das Zaubermittel:
Strich damit gespaltne Steine,
Strich gesprungne Felsenblöcke,
Rasch vereinten sich die Hälften
Und zusammen flog Getrenntes.
Aus der Schmiede kam der Knabe,
Als die Salbe er bereitet
Und das Mittel angerichtet,
Legt es in die Hand des Alten:
„Hier nun hast du kräft’ge Salbe,
Hast du ein bewährtes Mittel,
Füget Berge fest zusammen,
Einet Felsen ohne Weiters.“
Mit der Zunge prüft der Alte,
Kostet es mit seinem Munde,
Fand das Mittel gar vortrefflich,
Fand die Salbe gut gerathen.
Schmierte darauf Wäinämöinen,
Heilte ihn, den Schlechtgefahrnen,
Schmiert ihn oben, schmiert ihn unten,
Schmiert ihn gleichfalls in der Mitte,
Redet Worte solcher Weise,
Läßt auf diese Art sich hören:
„Wandle nicht mit eignem Fleische,
Wandle mit dem Fleisch des Schöpfers,
Schwebe nicht mit eignen Kräften,
Schwebe mit des Mächt’gen Kräften,
Spreche nicht mit eignem Munde,
Spreche mit dem Mund des Höchsten,
Ist in meinem Munde Anmuth,
Ist des Schöpfers Mund dran reicher,
Sind voll Schönheit meine Hände,
Sind des Höchsten Hände schöner.“
Als die Salbe aufgestrichen,
Als das Mittel aufgeleget,
Wirkt es, daß zusammen sinket
Von dem Schmerze Wäinämöinen,
Hierhin sich und dorthin wendet,
Nirgends aber Ruhe findet.
Da verbannt der Greis die Schmerzen,
Treibt er fort die starken Qualen
Nach des Schmerzenberges Mitte,
Zu des Qualenhügels Gipfel,
Um den Steinen Schmerz zu bringen,
Um die Felsen abzumartern.
Griff nach einem Bündel Seide,
Schneidet Streifen in die Breite,
Reißt dieselben von einander,
Macht aus ihnen gute Binden,
Bindet dann mit dieser Seide
Und umwickelt gar geschmackvoll
Wäinämöinen’s Knie, das kranke,
Und des armen Mannes Zehen.
Redet Worte solcher Weise,
Läßt auf diese Art sich hören:
„Gottes Seide dient zur Binde,
Gottes Stoff dient zur Umhüllung
An dem guten Knie des Mannes,
An den Zehen voller Kräfte!
Blicke her, o Gott voll Schönheit,
Schütze uns, o starker Schöpfer,
Daß wir nicht in Unglück kommen,
Wir dem Schaden nicht verfallen!“
Wäinämöinen alt und wahrhaft
Ward gar bald der Hülfe inne,
Wurde bald gesunden Leibes,
Schön gedieh das Fleisch am Leibe,
Wurde unten ganz geheilet,
In der Mitt’ des Schmerzes ledig,
Auf den Seiten ohne Schaden,
Oben ohne alle Narben,
Wurde trefflicher denn früher,
Besser als es je gewesen;
Schon vermag der Fuß zu gehen,
Schon das Knie sich zu bewegen,
Schmerzte ihm nicht im geringsten,
Macht ihm keineswegs Beschwerden.
Es erhob da Wäinämöinen
Seine Augen in die Höhe,
Blickte mit gar großer Freude
Auf zum Himmel über’m Haupte,
Redet’ Worte solcher Weise,
Ließ auf diese Art sich hören:
„Dorther kommet stets die Gnade,
Dorther die bewährte Hülfe,
Dorther, von dem Himmel droben,
Von dem machterfüllten Schöpfer.“
„Sei gepriesen nun, o Höchster,
Hoch gelobet du, o Schöpfer,
Daß du Hülfe mir gewähret,
Deinen Schutz mir zugewendet
Bei den gar zu harten Schmerzen,
Bei dem Leib durch Eisenschärfe!“
Sprach der alte Wäinämöinen
Ferner Worte solcher Weise:
„Zimmre nicht, o Volk der Zukunft,
Nicht, o Volk, das nun emporsteigt,
Und die Wette je ein Fahrzeug,
Prahlend nicht des Bootes Wölbung,
Gott nur setzt dem Lauf ein Ende,
Er, der Schöpfer, nur Vollendung,
Nimmer wird der Held sie finden,
Nie des Kräft’gen Hand sie bieten.“