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DER SCHNEEMANN

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Arme Kinder, verschiedener Nationen, werden Freunde.

„Ali, schau doch nicht immer so traurig aus dem Fenster. Der Papa kommt erst in zwei Wochen von seiner Arbeit nach Hause. Er ist in Frankfurt, 300 Kilometer von uns entfernt, beschäftigt.“

„Ich weiß Mami. Aber mir ist langweilig. Ich habe keine Freunde, die mit mir spielen.“

„Dann spiele meinetwegen mit deinem Schneemann, deinem einzigen Freund. Aber nicht zu lange.“

Ali freut sich riesig, wenn die Mutter ihm erlaubt, mit dem Schneemann zu spielen. Der Schneemann existiert auch jetzt noch im April. Als er Ende Februar anfing zu schmelzen, wurde er in einer großen Tiefkühltruhe im Keller untergebracht. Wenn die Mutter nicht so gut auf den weißen Mann aufgepasst und zeitweise verboten hätte, mit ihm zu spielen, wäre er schon lange geschmolzen.

Im Winter ist der Schneemann 1,50 m groß gewesen, genau wie Ali. Ein alter Kochtopf muss als Mütze herhalten, große blaue Mantelknöpfe sind seine Augen, eine Mohrrübe seine Nase. Aber das Besondere an ihm, das sich Alis Mutter ausgedacht hat und das kein anderer Schneemann in seiner Umgebung hat, ist eine Banane, als Mund. Er lacht jetzt und um seinen Hals ist ein alter bunter Schal gewickelt.

Als Ali Rote-Bete-Scheiben an den Kopf des Schneemanns drückt, sieht es so aus, als habe er Kopfhörer auf und hörte Musik. An seinen roten Ohren kann jeder ihn schon von weitem erkennen. Wenn er grüne Tannenzweige als Haare bekommt, werden seine Walnussaugen passend durch Rosenkohl ersetzt. Ali legt sich eine Schachtel mit Walnüssen, Haselnüssen, Eicheln, Bucheckern und dünnen Zweigen zurecht, die er für die Verkleidung benötigt.

Viele Hausbewohner grüßen den Schneemann, wenn sie morgens aus dem Haus gehen. Abends, wenn sie müde von ihrer Arbeit zurückkommen, freuen sie sich, dass er wieder anders aussieht.

Dann kommt der Frühling. Je höher die Temperatur steigt, umso trauriger wird Ali. Er muss jetzt zusehen, wie sein Freund langsam dahin schmilzt. Er bekommt als Augen braune Linsen und die Nase wird eine Gewürzgurke. Auch die Banane wird umgedreht, damit die Leute, die an ihm vorbeigehen, die Traurigkeit des Schneemannes bemerken.

Alis Mutter kann nicht mehr zusehen, wie ihr Sohn sich um seinen weißen Freund große Sorgen macht, und dabei immer trauriger wird. Als der Schneemann auf etwa 60 Zentimeter zusammengeschmolzen ist, beschließt sie, ihn ins Gefrierfach zu legen. Ab und zu darf Ali ihn herausholen und mit ihm spielen. Seine Augen kann er nach seinem Geschmack zwischen blauen, roten und schwarzen Hemdknöpfen auswählen. Der Schneemann bekommt eine kleine, krumme Karotte als Nase.

Die Sommerferien rücken näher, und er kann jetzt den Schneemann nur noch verkleiden, wenn es seine Mutter ausdrücklich erlaubt.

Am letzten Schultag vor den Sommerferien fragt die Lehrerin, wie ihre Schüler die Ferien verbringen werden. Nur Ali und noch drei seiner Klassenkameraden bleiben zu Hause, die anderen fahren in den Urlaub oder besuchen Verwandte.

Ali erzählt stolz, dass er mit seinem Freund spielen wird. Die Mitschüler wundern sich. „Du lügst. Du hast doch gar keine Freunde“, sagt einer.

Wütend antwortet Ali: „Ich bin kein Lügner! Ich kann dir das beweisen!“ Er erzählt vom Schneemann so spannend, dass drei Schüler aus seiner Klasse den weißen Mann unbedingt sehen wollen.

Alis Mutter staunt nicht schlecht, als er mit den fremden Kindern nach Hause kommt.

„Mami, das sind Klassenkameraden von mir. Sie möchten meinen Freund sehen. Gibst du uns Limonade und schneidest für jeden ein Stück Kuchen ab.“

Auf dem Küchentisch wird der kalte Mann auf ein breites Brett gelegt. Er wird von den Kindern gewogen. Sein Gewicht beträgt 230 Gramm und die Länge nur noch 30 Zentimeter. Da die Rosinen als Augen schon zu groß sind, bitten die Kinder Alis Mutter um farbige Stecknadeln. Ein Mandelkern ist nun seine Nase. Jedes Kind darf ihn nach seinem Geschmack verkleiden. Die Mutter hört in der Küche das Lachen der Kinder. Sie freut sich, dass Ali endlich einmal Schulkameraden mit nach Hause gebracht hat. Sie erinnert sich daran, wie sie vor langer Zeit mit ihren Freundinnen mit Puppen gespielt hatte. Bei keiner Puppe wurde die Verkleidung so oft gewechselt, wie jetzt beim Schneemann.

Sie unterbricht die Kinder beim Spielen: „Kommt ins Wohnzimmer! Es gibt etwas zu essen und zu trinken.“

Nach dem leckeren Essen spielen sie „Mensch Ärgere Dich Nicht“ und „Schwarzer Peter“. Als die Kinder nach Hause gehen, kommen sie an der Küche vorbei. Geschockt sehen sie das nasse Brett, und entdecken nur zwei rote Stecknadeln und einen Mandelkern. Ali fängt an zu weinen, auch die anderen Jungen werden traurig und leise.

Alis Mutter hört zu ihrer Freude einen der Jungen sagen: „Du hast nicht gelogen. Du hast jetzt deinen Spielkameraden verloren, aber dafür drei neue Freunde gefunden.“ Ali freut sich riesig über diesen Satz. Die Jungen klatschen sich mit den Händen ab und schwören gemeinsam: „Einer für alle! Alle für einen!“

Sie versprechen sich öfters zu besuchen und im Winter den größten und schönsten Schneemann in der Siedlung zu bauen.

Ein Dutzend Fantasiegeschichten

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