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WOLKENBILDER

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Ein Vater, der alles weiß, muss von seinem Sohn erfahren, dass es noch Wunder in unserer Welt gibt.

Hardy, ein aufgeweckter, neugieriger Junge hatte vor einer Woche seinen neunten Geburtstag gefeiert. Er sitzt für sein Leben gern mit seinem Vater im Auto. Hier kann er während der Fahrt seinem Vater die unmöglichsten Fragen stellen. Sein Vater hat für jede Frage eine Antwort parat. Wenn Hardy die Auskunft nicht versteht, dann muss er immer hören: „So ist das eben. Vielleicht kapierst du es, wenn du älter bist. Jetzt bist du dafür noch zu jung.“

Hardys größter Wunsch ist, dass irgendetwas passiert, worauf sein Vater keine Antwort hat. Er muss endlich zugeben, dass er dann das Geschehen nicht erklären kann und auch nicht alles weiß.

An einem Novembertag fährt die Familie im Auto, um Tante Lotte in der Nähe zu besuchen. Hardy sitzt gut gelaunt angeschnallt auf dem Rücksitz.

Der Vater ist verärgert wegen der schlechten Sicht auf der Straße. „Der blöde Nebel! Jetzt muss ich besonders langsam fahren und wir wollten doch früh bei Tante Lotte sein.“

„Fein“, meint Hardy. „Dann kannst du mir ja beibringen, was Nebel ist. Wo kommt er her und wohin geht er?“

Papas Erklärung folgt sofort: „Der Nebel ist eine Wolke, die Bodenkontakt hat und entsteht, wenn mit Wasserdampf gesättigte Luft abkühlt. Das passiert meistens wegen der Kälte in der Nacht. Es bilden sich dann winzig kleine Tropfen, die du morgens als Morgentau sehen kannst. Scheint die Sonne früh am Morgen, so erwärmt sie dann den Morgentau. Dieser verdunstet und steigt in die Höhe. Diesen aufsteigenden Wasserdampf nennen wir Nebel, und der steigt in den Himmel und es können sich Wolken bilden. Wolken kennst du doch, oder?“

Er lacht, als er Hardys ernstes Kindergesicht anschaut. Hardy ärgert sich jedes Mal, wenn sein Vater so schadenfroh grinst. Der Sohn ist still und fragt nicht weiter und muss über die Antwort nachdenken. Würde sein Gehirn aus Rädern bestehen, könnte jeder sie jetzt rattern hören.

Am Nachmittag besucht die Familie mit der Tante die große Herbstkirmes. Hardy erbettelt vier Luftballons, die an sein Handgelenk gebunden werden. Dafür fährt er nicht Karussell und isst keine Süßigkeiten. Auf der Rückfahrt ist es wegen der Luftballons im Auto sehr eng. Die Tante macht einen Vorschlag: „Hardy schreibe deinen Namen mit deiner Adresse auf vier Postkarten, und lasse sie dann zusammen mit den Ballons fliegen. Dann brauchen die Finder dir nur den Fundort mitteilen, und du weißt genau wie weit deine Ballons geflogen sind.“

Hardy verengt seine Augenbrauen. „Nein! das mache ich nicht Auf keinen Fall. Die Luftballons gehören mir und ich kann damit machen, was ich will.“

„Hardy, was willst du mit deinen Luftballons machen? Möchtest du etwa mit ihnen weg fliegen?“, fragt lachend sein Vater. Keine Antwort! Gut, dass in der Dunkelheit niemand das seltsame Lächeln von Hardy sieht.

Hardy geht freiwillig mit den Luftballons früh ins Bett. Er bittet seine Mutter noch um eine zusätzliche dünne Bettdecke. Die Eltern haben nicht mitbekommen, dass er den Wecker in seinem Bett versteckt hat. Hardy weiß, dass seine Eltern sonntags gerne lange schlafen. Und so beginnt am frühen Morgen sein Abenteuer.

Hardy hört den Wecker um sechs Uhr klingeln. Schnell versteckt er ihn unter seiner Bettdecke. Gott sei Dank, die Eltern haben nichts gehört.

Er zieht sich zügig an, schmiert sich ein Butterbrot und nimmt einen Apfel mit. Er packt seinen Proviant und die dünne Bettdecke in einen Korb und nimmt die vier schwebenden Luftballons mit. Leise schließt er die Haustür und läuft zur Wiese nahe beim Haus.

Dort breitet er die Bettdecke aus und stellt den Korb darauf. An jede Ecke der Decke knotet er einen Luftballon fest, dann legt er sich auf die dünne Bettdecke. Er hofft jetzt, dass er Vaters Erklärung über den Nebel richtig verstanden hat und sein Traum in Erfüllung geht.

Am Nachmittag wird Hardy von seinem Vater mit hochrotem Kopf, hektischem Atem und fuchtelnden Händen geweckt. „Wieso bist du weggelaufen? Was hast du den ganzen Tag gemacht? Mutter und ich haben dich gesucht!“

Trotzig stampft Hardy mit seinen Füßen auf und antwortet ebenfalls mit lauter Stimme: „Ich habe keinen Ausflug gemacht, Papa! Ich habe mich hier auf meine Decke hingelegt und bin eingeschlafen.“

„Das stimmt nicht. Ich war hier bereits am Mittag und habe nichts gesehen. Ich bin doch nicht blind, und habe keine Tomaten vor den Augen.“

„Papa, dann ist es doch wahr!“, lacht Hardy überglücklich „Ich bin mit der Decke zu den Wolken geflogen. Glaube mir. Es ist wunderbar. Sie fühlen sich so weich wie Watte an, und ich kann damit so schön spielen. Es ist so, als ob Mama mir ein Schaumbad macht. Aus diesem Schaum forme ich mir auch Berge, Burgen, Autos, die ich wegblasen kann oder hochpuste. Ich kann auch den Schaum in meinen Händen zerquetschen. Papa machst du das nie?“

„Hardy, ich gehe doch nur in die Badewanne um mich zu säubern und manchmal zu entspannen. Aber mit dem Schaum zu spielen, habe ich keine Zeit und es würde mir auch nicht im Traum einfallen.“

„Mir ist es aus den Wolken leicht gefallen, ein Auto und ein Haus mit einem Schornstein zu bilden. Schwieriger ist es mit den Zahlen gewesen. Eine Null, die auch ein O sein kann, muss ausgehöhlt werden, so dass nur ein Kranz stehen bleibt.

Als ich wieder gelandet bin, habe ich alle Luftballons von den Ecken losgelöst, zusammen geknotet und dann in den Himmel geschickt.“

Der Vater kann mit dieser Aussage nichts anfangen und antwortet ärgerlich: „Ich weiß, wie eine Null aussieht. Das brauchst du mir gar nicht zu erklären. Ich glaube dir nicht, dass du mit den Wolken gespielt hast. Das geht überhaupt nicht. Komm jetzt! Wir müssen nach Hause, Mama wartet schon.“

„Papa, bleib noch ein bisschen, setz dich auf die Decke und schau dir den Himmel an! Hast du als Kind nie in die Wolken geschaut und dir Figuren, die sich immer schnell ändern, ausgedacht?“

Schlecht gelaunt setzt sich der Vater auf die Decke und schaut nach oben. „Wenn ich aus dem Haus gehe, schaue ich mir die Wolken an und entscheide ob ich eine Regenjacke anziehe oder einen Regenschirm mitnehmen muss.“

Wie bestellt erscheinen die ersten Wolken. Tatsächlich! Der Vater kann ein Haus und auch ein Auto erkennen. Kaum sind sie verschwunden erscheinen Zahlen. Als der Vater die Null sieht, packt er seinen Sohn an die Hand und geht nachdenklich nach Hause.

Unterwegs wird kein Wort gesprochen. Als sie im Wohnzimmer sind, wundert sich die Mutter, dass Hardy nicht ausgeschimpft wird. Sie hört den Vater mehrmals sagen: „Das glaube ich nicht! Das kann nicht wahr sein. Dafür habe ich keine Erklärung.“

Noch betroffener wird der Vater am Montag, als er die Zeitung aufschlägt. Dort sind Fotos von eigenartigen Wolkenformen zu sehen. Eine Wolke sieht wie eine Null aus, eine andere wie ein Auto. Die Meteorologen sind über diese unbekannten Wolkenformen sehr erstaunt und können das Rätsel nicht lösen. Die Leser fragen sich, woher die seltsamen Wolkenbilder kommen?

Nur Hardy hat sein seltsames Lächeln wieder im Gesicht, als er die Wolkenfotos sieht.

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