Читать книгу Die Eisenritter - Lucian Caligo - Страница 5

Kapitel 2

Оглавление

Der Klingenjäger schoss aus der Landebucht des Großschwertes. Die Flaggschiffe besaßen nicht umsonst die Form einer Klinge. Sie vermochten andere Großkampfschiffe zu rammen und zu durchstoßen. Diese Möglichkeit hatten sie jedoch schon lange nicht mehr genutzt. In diesem System, einem Verbund aus etwa dreißig Sonnensystemen, gab es kaum noch Feinde, die solch ein Manöver nötig machten.

»Eindrucksvoll. Das denke ich immer wieder, wenn ich eine der Großklingen von außen sehe«, plauderte Dafrosa. »Und die der Mutter ist besonders beeindruckend. Es heißt, die Großschwerter werden vom Eisengott selbst geführt.« Sie sah über die Schulter.

»Wahre Größe verleiht nur der Eisengott. Das ist lediglich ein Schiff«, entgegnete Judas. Er hatte bereits zweimal in seinem Leben gesehen, wie Großschwerter von den Auglaras vernichtet wurden. Mit dem letzten war Ebba gestorben. Das wäre nicht passiert, wenn der Eisengott selbst das Großschwert geführt hätte.

»Aber es heißt doch, sie sind Ausdruck seines Willens«, widersprach Dafrosa, während sie die Koordinaten eingab.

»Richtig«, gab Judas klein bei. Aber waren es nicht eher die Energiekristalle und die Technik, die alles erschufen? Wenn er ehrlich zu sich selbst war, besaß der Eisengott keine Macht. Wenn ein Kampf besonders gut ausging oder jemand mit viel Glück überlebte, dann unterstellte man dies dem Willen des Eisengottes. Aber ein allmächtiges Wesen sollte doch dazu imstande sein, all seine Feinde auf einen Schlag zu vernichten. Es wäre gar nicht erst auf die Hilfe von Rittern angewiesen. Doch es hieß genau so: Der Eisengott würde erst kommen, wenn sich die Menschen seiner würdig erweisen. Was sollten sie noch tun, um seine Gunst zu erhalten? Judas schalt sich selbst für derart ketzerische Gedanken.

»Was erwartet uns?«, fragte Dafrosa. »Ich war noch nie auf M-127.«

Judas war ebenfalls noch nie dort gewesen, es gab Hunderte dieser Schürfanlagen, unmöglich, sie alle zu kennen. Deshalb rief er die Information aus dem Bordcomputer ab. »Das ist ein Wüstenplanet. Er ist zu klein, um eine eigene Atmosphäre zu halten. Die Anlagen dort benutzen Schildgeneratoren, um eine künstliche Atmosphäre zu erschaffen. Das verbraucht viel Energie. Deshalb sind sie oft im Rückstand mit ihren Beiträgen zum Pilgerpfad«, fasste er zusammen.

»Das Schürfverfahren ist sehr aufwendig. Ist es da überhaupt lukrativ, den Planeten zu bewirtschaften?«

»Die Arbeiter können liefern, wenn sie nur wollen. Sie erfinden nur jedes Mal neue Ausreden«, unterstellte Judas. Mit den Minenarbeitern war es immer das Gleiche.

Der Klingenjäger trat in die Atmosphäre des Planeten ein und glitt auf die Schürfanlage zu. Dafrosa meldete sich mit ein paar Tastendrücken an. Nach wenigen Minuten kam die Anlage in Sicht. Es war ein leuchtendes Geflecht, das sich über die rote Oberfläche des Planeten spannte. Der größte Teil der Mine befand sich unter Tage. Der obenliegende Teil bestand aus vielen Kuppeln, die über Wege miteinander verbunden waren. Normalerweise waren auch die Wege von einem Energieschild umgeben, doch nicht dieses Mal.

Dafrosa lenkte den Klingenjäger gekonnt auf die runde Landeplattform am Rande der Anlage.

Judas aktivierte seine Rüstung. Ohne Muskelkraftverstärker und Antischwerkraftgenerator konnte man den schweren Panzer kaum bewegen. Erst als alle Systeme bereit waren, fühlte sich die Rüstung wie eine zweite Haut an. Sie setzte sich aus unterschiedlich großen Versatzstücken zusammen und erlaubte so volle Bewegungsfreiheit.

Dafrosa tippte auf den Armaturen herum. »Sie melden sich nicht.«

Judas fasste reflexartig an den Schwertgriff. »Wir steigen aus.«

Dafrosa schluckte. Sie machte sich daran, ihre Rüstung zu aktivieren.

»Helm«, befahl Judas seiner Rüstung. Ein Kraftfeld schloss sich kuppelartig über seinen Kopf. Sobald dieses Kraftfeld aktiviert war, stellte die Rüstung automatisch eine Funkverbindung zu Judas´ Begleitung her.

Dafrosa tat es ihm gleich. Daraufhin deaktivierte sie den Schild des Cockpits. Sie stiegen aus dem Schiff und gingen zielstrebig über die Landeplattform auf den Eingang der Station zu. Dafrosa hielt sich hinter Judas. Dennoch bemerkte er, dass sie Angst hatte. Sie klammerte sich verkrampft mit der Linken an den Schwertgriff.

»Was hier wohl geschehen ist?« Dafrosas Stimme zitterte vor Anspannung, dies war selbst durch den Kommunikator hörbar.

»Wir werden es sehen.« Judas trat vor das Terminal. Mit einem Tastendruck aktivierte er den Schild über der Plattform. Atemluft flutete den Hangar. Dennoch behielt er den Helm auf. Die Tür öffnete sich und die beiden Ritter traten hindurch. Gleich darauf schloss sich die Pforte hinter ihnen, die Luft wurde von der Landeplattform gesogen und der Schild darüber verlosch.

»Warnung, Energie im kritischen Bereich«, verkündete eine Computerstimme.

»Lass uns in der Befeuerungsanlage nachsehen«, beschloss Judas. »Vielleicht können wir die Energieversorgung wiederherstellen.«

Er nahm sein Schwert zur Hand. Dafrosa hielt sich schräg hinter ihm.

Nichts deutete auf einen Zwischenfall hin. Die Station war aufgeräumt und sauber. Die beiden Ritter schritten durch eine Empfangslobby mit Tresen und Terminal. Die nächste Tür führte sie in einen Gemeinschaftsraum. Hier standen einige Computer und Spielautomaten, es gab gemütliche Sitzgelegenheiten und an den Wänden etliche Replikatoren. All dies wies auf eine sehr wohlhabende Schürfanlage hin. Die Minen mussten alle die gleichen Abgaben entrichten. Was sie mit dem Überschuss anstellten, war ihre Sache. Judas hatte bereits Schürfanlagen gesehen, die kaum in der Lage waren zu zahlen. Diese waren verkommen und die Menschen sahen alles andere als gesund aus. Aber jeder musste nun mal seinen Beitrag leisten.

Aber diese Station protzte mit ihrem Reichtum. Judas kümmerte dies nicht, solange sie zahlten. Die meisten Minenarbeiter jammerten über die Widrigkeiten ihrer Umstände. Oft gerade jene, die ohnehin zu viel hatten.

»Gebäudeplan abrufen«, verlangte Dafrosa. »Befeuerungsanlage anzeigen.« Die Karte wurde auf der Innenseite ihres Helms angezeigt, aus seinem Winkel konnte Judas sie nicht sehen.

»Wir müssen durch zwei Sektoren und dann hinunter«, beschrieb sie den Weg.

»Warnung, Schilde unterversorgt, Dekompression steht unmittelbar bevor. Sie werden angewiesen, Sektor sieben zu verlassen!«, sprach der Stationscomputer.

»Warnung, Dekompression steht bevor. Verlassen Sie Sektor sieben!«

»Wo befindet sich dieser Sektor?«, fragte Judas. »Da ist vielleicht noch jemand.«

»Und steckt in Schwierigkeiten, genau. Folgt mir!« Dafrosa rannte los, ihre schweren Schritte hallten durch die verlassene Station. Der Weg führte sie an der nächsten Sektion vorbei und bog darauf scharf nach rechts ab. An der Schleuse angekommen, betätigte Dafrosa die Notschaltung, sodass die Tür freigeben wurde, obwohl der Schild über dem Außenbereich nicht aktiviert war. Stattdessen baute sich hinter ihnen ein Energieschild auf, um die Dekompression zu verhindern. Dieser schob sich auf sie zu, bis die beiden zur Tür hinausgetreten waren. Erst als die Tür wieder verriegelt war, verlosch der Schild. Die Ritter rannten über den Steg im Außenbereich. Hier draußen verursachten ihre schweren Rüstungen keine Schrittgeräusche mehr, da es keine Atmosphäre gab, die diese hätte weitertragen können.

Das Tor gegenüber stand offen, dahinter waberte ein Energieschild. Dafrosa aktivierte den Schild ihres Anzugs. Da die beiden Energiefelder auf dieselbe Frequenz eingestellt waren, konnte sich Dafrosa ungehindert hindurchbewegen.

Dahinter herrschte Verwüstung. Teile der Wandtäfelung waren herausgebrochen, Kabel lagen frei und die Deckenbeleuchtung flackerte. Die wenigen Tische waren umgeworfen und die Sofas zerschnitten. Die Theke lag ebenfalls in Trümmern. Durch die zerstörte Einrichtung zogen sich mehrere Blutspuren, die sich ineinander verschlangen.

»Warnung, Dekompression steht bevor. Verlassen Sie den Sektor!«

»Lebt hier noch jemand?«, rief Dafrosa.

Judas ging durch den Raum. Aber er war zu spärlich eingerichtet, als dass er ihn lange durchsuchen musste. Er warf einen Blick hinter ein Sofa und den Tresen, dann war er sich sicher. Hier war niemand zu finden, nicht einmal ein Toter.

»Warnung, in zwei Minuten wird die verbliebene Energie auf die Kernsektion reduziert. Bitte verlassen Sie die Sektoren sieben und acht.«

»Wenn wir hier sind, dann ist der Überlebende nach Sektor acht gelangt«, schlussfolgerte Judas.

»Sektor acht ist weiter von der Kernsektion entfernt, wieso sollte man ...«

»Wo müssen wir hin?«

»Dort entlang.« Dafrosa lief voraus. Die beiden Sektionen lagen direkt aneinander, sie waren nur durch eine Tür getrennt. Davor lag ein Mann. Judas hielt den Scanner auf ihn. Die Anzeige vermeldete keinerlei Lebenszeichen, aber er war noch warm. Unter ihm hatte sich eine Blutlache gebildet, deren Ursprung Judas nicht sehen konnte.

Dafrosa wollte durch das Kraftfeld treten, aber sie stieß dagegen. »Er hat die Frequenz geändert, aber wieso?«

»Die Notverriegelung!« Judas wies auf die blutverklebte Schaltung. »Da kommen wir nicht durch.«

Er sah durch das Kraftfeld. Im flackernden Schein des Lichtes bewegte sich ein Schatten. Ein unförmiges Wesen, das mit seinen langen Armen, den Pranken und einem wulstigen Kopf nur entfernt an einen Menschen erinnerte. Mit schweren Schritten kam es auf die Tür zugestapft.

Dafrosa wich entsetzt zurück, als sie das Wesen erblickte. Sie hätte beinahe ihr Schwert fallen gelassen.

»Warnung, Dekompression, Sektor acht wird abgeriegelt!«

Ein massives Tor schloss sich vor ihnen. Dahinter hörten sie ein Grollen. Daraufhin schlug etwas Schweres so heftig gegen das Schott, dass sich das Metall verformte. Diese Kraft konnte nur jemand mit einer Kampfrüstung aufbringen. Aber das widersprach dem, was Judas gesehen hatte.

»Ziehen Sie sich aus Sektion sieben zurück, Dekompression in zehn Sekunden!«

»Was war das?«, fragte Dafrosa. »Das war doch kein Mensch.«

»Nein, war es nicht«, stimmte Judas zu. »Wir stellen die Energie wieder her und sehen uns die Leiche an. Weist den Weg!« Natürlich hätte Judas auch selbst die Stationskarte aufrufen können, aber so würde Dafrosa niemals selbstständig werden.

Sie überflog die Karte im Interface ihres Helmes. »Folgt mir!«

»Abschaltung erfolgt!«, verkündete der Zentralcomputer. Die Luft entwich fauchend aus der Sektion. Der Druckabfall kümmerte sie in den Rüstungen nicht. Dennoch war es ein befremdliches Gefühl zu wissen, dass die Atmosphäre, die einen umgab, nicht mehr zum Atmen geeignet war.

Dafrosa wirkte verängstigt. Ihre Augen fuhren suchend herum. Ihre Hände zitterten, was die Rüstung nur bedingt ausglich.

»Besinnt Euch auf die Gebete«, wies Judas sie an.

Dafrosa atmete tief durch und begann etwas vor sich hin zu flüstern. Sie entspannte sich.

»Da entlang!«

Die Eisenritter

Подняться наверх