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“Es kommen kaum noch junge Leute zu solchen Ausstellungen, weißt du? Das ist sehr traurig, Luczizcki.”

“Mhh.” Meine Antwort fiel sehr kurz aus. Ich fand, es reichte, dass ich sie begleitete, gezwungenermaßen wohlgemerkt. Ich brauchte mich nicht auch noch an der Konversation zu beteiligen, die sie mir aufzuzwingen versuchte.

“Weißt du, alles worum es in dieser Stadt geht, ist das schwarze Gold, das Erdöl. Alle Jungs wollen einen Job in der Raffinerie ergattern, alle Mädchen wollen einen Mann finden, der in der Raffinerie arbeitet, am besten schon mit sechzehn. Dann beeilen sie sich schnell einen Haufen Kinder in die Welt zu setzen und mit Ende zwanzig, Anfang dreißig lassen sie sich scheiden und starten eine neue Familie mit jemand anderem.” Sie sprach so, als würde sie mir einen Gefallen damit tun. Sie bildete sich wohl ein, es würde mich interessieren, wie und was und wieso die Menschen hier machten was sie machten.

“Aha!” sagte ich, während sie ihr kleines orangenes Auto durch den Abendverkehr lenkte. Die Straßen waren voll. Menschen, die alle in der gleichen Arbeitskluft (grau mit grünen reflektierenden Streifen) unterwegs waren, sprangen aus oder in Busse, kreuzten die Straße, standen in kleinen Grüppchen herum, schwatzten, lachten, rauchten, riefen sich Sachen zu. Manche gingen in oder verließen die Restaurants, oder was auch immer hier am Stadtrand als Restaurant durchging - allem Anschein nach war es kurz nach Schichtwechsel.

“Schau sie dir nur an, sie alle führen ein so eintöniges Leben, manchmal könnte ich vor Mitleid weinen. Ihre Ehe- und Beziehungsdramen liefern die einzigen Abwechslungen und das aber immer mit bitterem Beigeschmack. Wie kleine Ameisen, schau sie dir an, sie sehen jetzt in der Dunkelheit sogar alle gleich aus.” Es war Anfang Dezember, es wurde schon um sechs Uhr abends dunkel.

Ich schaute sie mir an, aber nicht, weil sie es mir auftrug, ich hätte sie auch so angesehen. Tatsächlich sahen sie nicht sehr glücklich aus. Dann bildete sich ein Loch in den Wolken und wir hatten freie Sicht auf den letzten Vollmond des Jahres.

“Siehst du das? Hast du es gesehen? Sieh hin! Wie ein Wolfsmond.”

Ich sah schon dort hin. Wieso liebte sie es so sehr, die Ziele für meine Augen zu bestimmen? Wieso konnte sie mich nicht frei wählen lassen, wohin ich meine Augäpfel richtete und was ich ins Visier nahm?

“Schön!” sagte ich und meinte es auch, ich fand es wirklich schön.

“Weißt du, an Vollmondnächten gebären ungewöhnlich viele Frauen, der Mond hat solch eine starke Wirkung auf die Schwerkraft.”

“Aha.” Eine weitere Portion unnützes Wissen. Ich würde nie schwanger werden, auch hatte ich nicht vor noch irgendjemanden zu schwängern. Zwei Kinder, die nichts von mir wissen wollten waren mehr als genug, und die Schwangeren Anderer interessierten mich sowieso nicht. Aber so war sie nun einmal, meine Nachbarin Diana, sie spuckte Wissen aus, wie dieser komische Clown, der auf der Kärtnerstraße in der Wiener Innenstadt Seifenblasen in die Luft bläst.

“Ich weiß was du brauchst!” Sie rief diesen Satz und zog ruckartig am Lenkrad. Das Auto verließ die Straße und blieb nach einer Vollbremsung wenige Zentimeter vor dem Ladenfenster eines OXXO-Supermarktes stehen.

“Warte hier!”, befahl sie. Ich kämpfte immer noch damit, mein Herz zu beruhigen, das mir wegen der brüsken und unerwarteten Wendung und der darauffolgenden Notbremsung gegen den Adamsapfel klopfte.

Sie ging hinein und dann zielstrebig auf die Kassiererin zu. Ein kurzer Wortaustausch fand statt, die Kassiererin deutete auf eine der Flaschen, die ihren Platz hinter der Kasse hatten. Diana schüttelte den Kopf, der Finger wanderte weiter zu einer kleineren Flasche (verflixt!) jetzt nickte Diana. Sie segneten den Handel ab, das Geld wanderte in die Kasse, Diana schnappte sich die Flasche und kam zurück. Sie lachte mir zu, zwinkerte sogar mit einem Auge und als ob das nicht schon genug war, sandte sie mir einen Kuss zu. Ich hatte nur Augen für die Flasche.

“Ich werde auf keinen Fall den ganzen Abend mit so einem mürrischen Kerl an meiner Seite verbringen, nimm, trink!”

Sie sagte mir all das, noch bevor sie zurück ins Auto stieg, reichte mir die Flasche zuerst und setzte sich dann erst hin.

Nun, das waren Befehle, mit denen ich viel eher etwas anzufangen wusste. Ich setzte an und nahm drei große Schlucke.

“Luczizcki, du bist ein Tier, unmöglich bist du! Dass du mir dort ja keine Szene machst!” Ich lachte auf, zum ersten Mal an dem Tag. Genauso wild wie sie von der Straße abgefahren war, fädelte sie sich auch wieder in den Verkehr ein.

Kein Tanz wie jeder andere

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