Читать книгу BGB-Erbrecht - Lutz Michalski - Страница 109
cc) Das Seetestament (§ 2251)
Оглавление182
Anders als beim Bürgermeister- und Dreizeugentestament ist für das Seetestament keine besondere Notsituation erforderlich, sondern es kann von jedem errichtet werden, der sich während einer Seereise an Bord eines deutschen Schiffes außerhalb eines inländischen Hafens befindet (§ 2251). Die Errichtung erfolgt durch mündliche Erklärung vor drei Zeugen gem. § 2251 i.V.m. § 2250 Abs. 3 (→ Rn. 181).
183-
184
Lösung der Ausgangsfälle
Fall 8 (→ Rn. 137):
Da sich Renate Rosenberger auf einer Seereise befand, könnte man zunächst an ein Seetestament (§ 2251) denken. Allerdings scheidet ein solches schon deshalb aus, weil es vor drei Zeugen errichtet werden muss und Renate Rosenberger sich allein in ihrer Kabine befand, als sie das Dokument abfasste. Es könnte aber ein wirksames eigenhändiges Testament gem. § 2247 vorliegen. Renate Rosenberger hat eigenhändig auf die Rückseite des Flyers geschrieben. Dass es sich um die Rückseite eines Flyers handelte und der Text mit einem rosafarbenen Glitterstift geschrieben wurde, ist unschädlich, denn das Schreibmaterial ist irrelevant (→ Rn. 162). Fraglich ist jedoch, ob eine formwirksame Unterschrift vorliegt. Die Unterzeichnung auf dem verschlossenen Briefumschlag genügt hier jedoch, denn der Unterschrift kommt keine eigenständige Bedeutung zu und sie steht – insb. auch aufgrund der Aufschrift „Testament“ – in so engem Zusammenhang mit der einliegenden Erklärung, dass sie sich nach dem Willen der Renate Rosenberger als äußere Fortsetzung und Abschluss der in der einliegenden Urkunde verkörperten Erklärung darstellt (→ Rn. 167). Dass die Unterschrift mit dem Künstlernamen „Rosarot“ erfolgt, ist irrelevant; da Renate Rosenberger diesen Künstlernamen seit Jahren benutzte, reicht dies i.S.v. § 2247 Abs. 3 S. 2 zur Feststellung ihrer Urheberschaft und der Ernstlichkeit ihrer Erklärung aus (→ Rn. 164). Schließlich führt auch das Fehlen von Ort- und Zeitangabe nicht zur Formunwirksamkeit, denn bei § 2247 Abs. 2 handelt es sich lediglich um eine Soll-Vorschrift. Im Übrigen: Selbst wenn später z.B. im Haus der Renate Rosenberger noch ein anderes Testament aufgefunden werden sollte, würden sich aus dem Fehlen von Zeit- und Ortsangabe keine Zweifel an der Gültigkeit des in der Kabine errichteten Testaments ergeben, weil die Erblasserin ja auf die Rückseite eines Flyers mit dem Menü für das Abendessen des Einschiffungstages schrieb. Es handelt sich folglich um ein wirksames eigenhändiges Testament i.S.d. § 2247.
Fall 9[130] (→ Rn. 137):
Der Bürgermeister hat konkludent durch das Einleiten der weiteren Förmlichkeiten erklärt, dass er subjektiv die Besorgnis eines vorzeitigen Ablebens des Erblassers für gerechtfertigt hielt. Ein Bürgermeistertestament kann dadurch errichtet werden, dass der Erblasser seinen letzten Willen mündlich erklärt und diese Erklärung in eine Niederschrift aufgenommen wird, § 2249 Abs. 1 i.V.m. § 2232 S. 1 Alt. 1. Der Erblasser hat seinen Willen mündlich erklärt. Weitere zwingende Voraussetzung für die Gültigkeit des Nottestaments ist jedoch eine Niederschrift (§ 2249 Abs. 1 S. 1, 4 i.V.m. § 8 BeurkG), die noch zu Lebzeiten des Erblassers angefertigt werden muss. Diesen Anforderungen genügt die aufgrund der Bandaufzeichnung vom Bürgermeister angefertigte Niederschrift nicht, da sie erst nach dem Tod des Erblassers hergestellt wurde. Als Niederschrift kommt jedoch das vom Erblasser übergebene Schriftstück in Betracht. Aus der Bezeichnung der Urkunde als Testament, dem Versehen mit Orts- und Datumsangabe und der Unterzeichnung durch Erblasser, Bürgermeister und die zwei Zeugen ergibt sich, dass alle die authentische Wiedergabe der vom Erblasser abgegebenen Erklärung bestätigen wollten. Die Mängel der Niederschrift (vgl. § 2249 Abs. 2 S. 1; §§ 9 Abs. 1 Nr. 1, 10 Abs. 1, 13 Abs. 1 S. 2, 28 BeurkG) sind – soweit es sich nicht ohnehin nur um Sollvorschriften handelt – nach § 2249 Abs. 6 unbeachtlich. Somit liegt ein formwirksames Bürgermeistertestament vor.