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Aus Elisabettas Tagebuch I

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SAN Valentino, 30. Juni 1964


Mein liebes Tagebuch!


Welche Freude! Gestern kam Giancarlo, mein lieber Bruder aus Deutschland zu Besuch. Mehr als ein Jahr habe ich ihn nicht mehr gesehen. Er hat seine Verlobte mitgebracht – Karin, eine Deutsche. Ein seltsamer Name! Er klingt so hart, wie ein Kommando. Aber sie ist sehr sympathisch. Matteo und ich wussten ja bereits, dass sich unser Bruder in Deutschland verliebt hat. Aber Mamma und Papà wussten nichts davon und alle anderen natürlich auch nicht. Mamma mia, haben die Augen gemacht, als hinter Giancarlo plötzlich diese elegante, blonde Frau vor dem Haus stand. Mamma war sehr unfreundlich zu Karin und ich habe sie deswegen geschimpft, aber es war nutzlos. Mamma hat Karin nicht einmal zur Begrüßung die Hand gegeben. In der Küche war sie ganz aufgebracht, weil Giancarlo und seine Freundin im Hotel wohnen. Sie seien ja nicht einmal verheiratet, hat Mamma gesagt. Es gehöre sich nicht und das stimmt natürlich. Auch ich hätte mich gefreut, wenn Giancarlo wie früher in meinem Zimmer geschlafen hätte, wir sind schließlich Zwillinge und waren schon immer sehr eng zusammen.

Giancarlo hat mir eine pastellgrüne Wolljacke mitgebracht, die kann ich im Winter tragen. So was tragen in Deutschland die Frauen nur im Büro, sagt Giancarlo. Ich sehe damit ein bisschen aus wie eine Schauspielerin, hat er gesagt, die Jacke gefällt auch mir sehr gut. Außerdem hat mir Giancarlo schöne Fotomagazine dagelassen. Auch wenn ich sie nicht lesen kann – die Bilder sind toll…..Doris Day, Jean Simmons, Gina Lollobrigida, Audrey Hepburn….Was würde ich darum geben, auch eines Tages in einem solchen Heft abgebildet zu sein.

Es gäbe viele schöne Dinge in Deutschland, hat Giancarlo erzählt. Das Essen sei aber lange nicht so gut wie in Italien, und Karin wäre auch nicht die geborene Köchin. Nach Feierabend würden sie meist Spiegelei oder Würstel braten und am Wochenende wären sie meist bei ihren Eltern eingeladen. Die hätten eine kleine Villa mit einer großen Terrasse und Karins Mutter würde gerne kochen, wenn natürlich auch nicht so gut wie unsere Mamma. Mamma hat das alles überhaupt nicht interessiert.

Karin hat uns deutsches Brot mitgebracht, es sah ganz grau und so ganz anders als unser Brot aus. Giancarlo hat gesagt, wir sollen es mal probieren. Also, um ehrlich zu sein – mir hat es nicht geschmeckt und Matteo sah auch nicht gerade begeistert aus. Mamma aber hat ihren Bissen gleich wieder ausgespuckt und zu Giancarlo gesagt, dass er sein Brot selbst behalten könne. Dann hat sie noch etwas sehr Hässliches über Karin gesagt und Giancarlo ist auch böse geworden und wollte nicht einmal mehr zum Essen bleiben. Er hat gesagt, er würde Karin noch in diesem Jahr heiraten, ob in Deutschland oder in Italien, das hinge ganz von ihr ab, und es wäre ihm auch egal, aber er würde Karin auf alle Fälle zur Frau nehmen.

Mamma hat vor Wut einige Möbel umgeschmissen. Sie war total hysterisch und konnte sich erst beruhigen, als ich ihr die Pillen gegeben habe. Seither schläft sie. Wie gesagt, ich finde Karin sehr sympathisch. Giancarlo hatte mir ja schon vor einem halben Jahr ein Foto geschickt: Da hatte er den Arm um sie gelegt und die beiden lehnten an einem Fahnenmasten am Lago di Costanza. Im Hintergrund sieht man hohe Berge – sogar mit Schnee auf den Spitzen. „Das ist meine neue Heimat“, hatte Giancarlo auf die Rückseite des Schwarz-weiß-Fotos geschrieben. Vielleicht hätte ich es doch Mamma vor seinem Besuch mal zeigen sollen?

Auf dem Foto ist Karin übrigens viel schlanker als in Natura. Vielleicht kommt ihr Bäuchlein ja von dem komischen grauen Brot?


Treffpunkt Rom

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