Читать книгу Ein gefährliches Spiel - Madeleine Abides - Страница 4

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Vom ersten Augenblick an achtete ich bewusst darauf, sie nicht zu berühren. Ich wollte den Zauber der Situation nicht zerstören.

Eigentlich war ich nie auf Blond geflogen, doch das war auf einmal vollkommen unwichtig. Sie war so scheu, so natürlich, so zart und bewegte sich doch so ungeahnt sexy, dass ich sie am liebsten unverzüglich in die Büsche gezerrt hätte. Schon einfach neben ihr zu gehen, in sittsamem Abstand, war so aufregend wie noch etwas, und ich musste mich regelrecht zwingen, nicht ständig nur an das eine zu denken, das der Abend eventuell noch bringen konnte.

Ich schwebte auf Wolken.

Jedes Wort, das sie sagte, ließ mich innerlich vibrieren, nicht nur, weil sie es sagte, sondern mehr noch durch die Art, wie sie es sagte. Sie gab mir das Gefühl, momentan für sie der wichtigste Mann weit und breit zu sein. Nicht einfach jemand, an dem ein Mädchen wie sie achtlos vorbeiging, ohne ihn auch nur zu bemerken. Irgendwie schien sie mich toll zu finden. Und das fand ich wiederum noch viel toller.

Als sie neben mich in den Wagen stieg, klaffte ihr Mantel für einen Moment auseinander und gab den Blick auf zwei hinreißende Schenkel frei, die im Mondlicht schneeweiß schimmerten und meine Phantasie endgültig in die Einbahnstraße schickten.

Ich schnallte mich an. Und dann gleich wieder ab, weil sie mit der Gurtschnalle nicht zurechtkam und mich entzückend hilflos bat, ihr damit zu helfen. Was ich liebend gerne tat.

Während ich mich halb über sie, halb um sie herum beugte, konnte ich ihren Duft atmen, und das kriegte mich dann vollends kirre. Ich wusste mir nicht anders zu helfen, als mich selbst so umständlich wie möglich wieder anzugurten, damit ich wenigstens einen kleinen Vorwand hatte, meinen werdenden Ständer unauffällig ein wenig zur Seite zu drücken, so dass er sich nicht gar zu unangenehm am Stoff von Hose und Unterhose verfing. Als ich losfuhr, stand mein Bester bereits in Paradehaltung.

Sie bemerkte zum Glück nichts.

Es war damals gerade ziemlich lange her, dass ich das letzte Mal echten Sex mit einer echten Frau gehabt hatte. Wie das Leben so spielt, lag rein zufällig auch das letzte Mal masturbieren schon länger zurück, so dass ich einfach nur so scharf war wie ein frisch abgezogenes Rasiermesser.

Und dann dieses Traumgeschoss!

Ihre Eltern hatten sie offenbar nie davor gewarnt, dass kein Mädchen einem Mann mit bösen Absichten noch entrinnen kann, wenn es erst einmal allein mit ihm im Auto sitzt. Ein Unhold muss sein Fahrzeug nur geradewegs auf einen verlassenen Parkplatz lenken oder gleich aus der Stadt hinaus in einen einsamen Waldweg, und nichts kann sie mehr retten. Natürlich wollte ich weder das eine noch das andere, schließlich war ich kein krimineller Vergewaltiger.

Außerdem besaß ich ein Bett, das für Liebesspiele aller Art weitaus mehr Platz und Komfort bot als jedes Auto unter dem Standard eines gehobenen Rolls Royce. Und wenn die Kleine mir in diesem Bett so viel Spaß bereitete, wie ich erhoffte, dann würde ich ihr später einmal schon beibringen, nicht mehr mir nichts, dir nichts zu fremden Männern ins Auto zu steigen.

Doch das war der Zeit weit voraus. Erst einmal musste ich sie wirklich bei mir zu Hause haben, dann mochte sich alles andere finden.

Fürs erste nahm ich mir vor, all meine Konzentration darauf zu richten, dass ich weder anzügliche Bemerkungen noch eindeutige Komplimente vom Stapel ließ, so sehr sie mir auch auf der Zunge lagen. Es war schwer, bei ihrem Anblick nicht unentwegt auszusprechen, was meine Augen sahen und mein teilweise abgeschaltetes Gehirn kaum glauben mochte.

So viel zauberhaftes Gesicht, so viel atemberaubend perfekte Figur!

Ein schockierter Rückzieher ihrerseits wäre wirklich das letzte gewesen, was ich in meinem Zustand hätte verkraften können.

Irgendetwas muss dennoch schiefgelaufen sein in meinem Rausch der Gefühle. Denn wir waren noch nicht weit gekommen, als ich mich schon hitzig mit ihr über die verwirrende Selbstverständlichkeit diskutieren hörte, mit der heute selbst ausnehmend kultivierte Frauen tabulos ihre Reize zur Schau stellen, sich teuren Intimschmuck einsetzen lassen und ihre Scham unter Schmerzen auch noch vom feinsten Härchen befreien.

Nur mit knapper Not vermochte ich mich von der Frage abzuhalten, wie es sich damit bei ihr verhielt.

Doch auch so plapperte ich in einem fort. Sie war eine jener berückenden Zuhörerinnen, die mir vollkommen beiläufig einen schier endlosen Redefluss entlocken konnten, welchen ich dann aus eigener Kraft kaum noch zu stoppen vermochte. Selbst den kleinsten Moment des Schweigens hätte ich als unhöflichen Akt angesehen, als bedrohliches erstes Anzeichen dafür, dass wir uns nichts mehr zu sagen hatten. Dabei war ich mir nicht einmal sicher, dass mein Redeschwall sie tatsächlich bis ins letzte Detail fesselte. Doch ich plapperte und plapperte, während sie wenig mehr von sich gab als ein paar aufgeweckt eingestreute Stichworte sowie hin und wieder eine knappe Frage, die mich dann sofort wieder zum ungehemmten Weiterplappern verleitete.

So verging die Fahrt für mich wie im Fluge, obwohl sie nicht viel weniger als eine Stunde gedauert haben dürfte. Schon als ich beim Einsteigen ihrer Beine ansichtig geworden war, hatte ich mich spontan für den längsten und umständlichsten Weg zu mir nach Hause entschieden, der mir nur eingefallen war. Ich wollte die Nähe dieses himmlischen Wesens in der Abgeschlossenheit meines Wagens unbedingt noch eine Weile genießen. Denn in diesem kleinen Reich zwischen Türholm und Türholm war ich der unumschränkte Herrscher und kein anderer Mann konnte mir in die Quere kommen. Falls ich am Ende einmal mehr leer ausgehen sollte, würde ich wenigstens auf den Genuss zurückblicken können, meine Phantasie für eine Weile auf grüner Weide spazieren geführt zu haben. Welch ein Glück immerhin, dass wir schon mal am falschen, weil weit von meinem Zuhause entfernten Ende der Stadt gestartet waren.

„Werden wir auch bestimmt niemanden stören?“, fragte das blonde Herzchen irgendwann fast schüchtern.

„Ich lebe allein, … zur Zeit.“

„Es ist bestimmt ein sehr kleines Appartement.“

„Ein Appartement würde ich es nicht unbedingt nennen.“

„Nicht? Was dann.“

„Ein Haus. Im Wald. Mit allerhand Grund dabei.“

„Dann musst du reich sein.“

Ihr Stimmchen klang erschreckt.

„Na ja, ich komme schon zurecht.“

Mir schien es, als ob sie plötzlich eine gewisse Beklommenheit erfasst hätte. Klar, als arme Studentin hatte sie vermutlich kaum jemals mit Menschen Kontakt, deren finanzielle Probleme eher theoretischer Natur waren. Jetzt war es wichtig, erst gar keine lähmende Distanz zwischen uns entstehen zu lassen. So fragte ich betont beiläufig:

„Hast du denn selbst ein Appartement?“

„Das könnte ich mir niemals leisten.“

„Wie wohnst du dann?“

„Wir teilen uns zu dritt eine Art Loft. Sehr klein aber.“

„Klingt doch gut.“

„Zum Wohnen ist es nicht ideal. Wenigstens sind wir ungestört.“

„Wer ist denn wir?“

„Du bist aber neugierig.“

„Komm schon. Immerhin werden wir beide ja sozusagen auch zusammenwohnen. Wenn auch nur für eine Nacht.“

Einen Moment lang musterte sie mich. Zu gerne hätte ich dabei ihren Gesichtsausdruck gesehen, doch leider lenkte mich der Verkehr genau im falschen Moment vom Wesentlichen ab. Dann sagte sie mit einem eigenartig lauernden Unterton, der mir kurz die Nackenhaare zu Berge stehen ließ:

„Zwei Mitbewohnerinnen und ich.“

Mitbewohnerinnen waren weiblich. Also interessierten sie mich prinzipiell schon mal. Vor allem wenn sie möglicherweise hübsch waren. Tja, und falls Blondie auch nur im Geringsten ein Anhaltspunkt war …

„Du musst dir meinetwegen aber keine Umstände machen“, unterbrach sie meine Gedankenspiele. „Ich schlafe natürlich auf der Couch.“

„Kommt ja gar nicht in Frage“, entgegnete ich. Fairerweise hätte ich auch noch zugeben können, dass ich gar keine klassische Couch besaß. Aber was konnte es schaden, zwischendurch auch mal den Kavalier der alten Schule zu markieren?

Wie es schien, war sie wirklich beeindruckt. Sie fuhr sich mit einer Hand durch das blonde Haar und behielt am Ende eine Strähne zwischen den Fingerspitzen.

„Du bist so anders als andere Männer!“

„Ist das gut oder schlecht?“

Ich stieß die Antwort krampfhaft hervor, weil mir bei ihren fast schon klassischen Worten ums Haar die Luft weggeblieben wäre.

„Weiß nicht, ich kenne dich ja kaum.“

„Was möchtest du denn wissen?“

Erst nachdem ich das gefragt hatte, fiel mir auf, dass es ja auch sein konnte, dass sie überhaupt nichts über mich – oder von mir – wissen wollte. Rein theoretisch. Glücklicherweise zerstreute sie meine Bedenken im Nu.

„Na, du hast ein Haus und so ein Auto. Welcher Student hat das schon?“

Ich lachte. Hatte sie mich also tatsächlich noch für einen Studenten gehalten. Einen ewigen vielleicht.

„Nein, nein“, erwiderte ich dann. „Mein Studium habe ich hinter mir. Schon einige Jahre.“

„Und was tust du jetzt?“

Sie verdrehte sich ein wenig auf dem Sitz, und es war ein Jammer, dass ich nicht angemessen konzentriert hinsehen konnte.

„Geld verdienen“, sagte ich lachend. Sie sollte nicht glauben, dass ich nur in Discos herumlungerte und Mädchen wie sie abzuschleppen versuchte.

„Dann musst du sicher früh raus.“

„Nein, ich bin selbständig. Sozusagen mein eigener Chef.“

„Muss man da nicht schrecklich viel arbeiten?“

Viel arbeiten hätte einerseits nicht schlecht geklungen. Andererseits witterte ich eine Gelegenheit, ihr noch mehr zu imponieren.

„Wenn man was draufhat, nicht unbedingt. Ich hab von Anfang an ganz gut verdient, nach dem Studium.“

„So viel?“

„Na ja, auch geerbt. Von einer entfernten Tante.“

„Entfernte Tante?“ Sie kicherte. „Wer hat sie denn entfernt?“

„Nein, ich meine: Urgroßtante oder so. Weiß es selbst nicht so genau.“

„Aber sie hat dir was vererbt?“

„Sie hatte wohl niemanden. Nur das Haus. Und einiges an Wertpapieren. Eigentlich hab ich sie gar nicht gekannt.“

„Hach, das müsste mir auch mal passieren.“

Sie war schon herrlich naiv. Doch das störte mich nicht. Eigentlich störte mich gar nichts an ihr.

Höchstens, dass ich noch nicht die geringste Ahnung hatte, wie und wann ich das Ruder herumreißen sollte. Im Augenblick war ich noch der selbstlose Gönner, der einem armen versprengten Reh Zuflucht bot. Das war ich wirklich, ohne Übertreibung. Mir lief förmlich das Herz über vor selbstlosen Gefühlen, weil ich endlich einmal Gelegenheit hatte, meinem natürlichen Beschützerinstinkt mit etwas Großem Genüge zu tun. Vielleicht zum ersten Mal überhaupt.

Moderne Frauen pfeifen auf den Beschützerinstinkt. Und sie pfeifen auf einen Beschützer.

Andererseits verstand ich mich mit Blondie fabelhaft. Es wäre ein Jammer gewesen, wenn da nicht mehr passiert wäre, zumal sie schlicht eine Augenweide war für jeden Mann, dessen männliche Gene ihm den Blick für die Schönsten der Schönen geschenkt haben. Und den Blick für eine reife Frucht natürlich, die nur noch gepflückt werden muss.

„Hör mal“, warf sie unvermittelt ein, „wenn ich wirklich bei dir übernachten darf, wäre es vielleicht gut, meine Sachen mitzunehmen.“

„Deine Sachen?“

„Ja, das Gepäck. Nachthemd und so.“

Klar, sie war ja auf der Durchreise. Und auf das Nachthemd war ich schon gespannt, kaum dass sie es überhaupt erwähnt hatte. Also fragte ich bloß:

„Wo ist denn das Nachth…, ähm, also die Sachen, wo sind die denn?“

„In einem Schließfach am Bahnhof.“

„Der ist nicht weit.“

„Toll! Fahren wir hin!“

Das taten wir, und wenig später holte sie nacheinander ein Köfferchen, eine Reisetasche, einen Aktenkoffer, einen Laptop und noch allerlei Kleinkram aus einem der Schließfächer. Zum Glück für mich aus einem in der obersten Reihe: Nicht nur, dass sie deshalb unentwegt auf Zehenspitzen zu balancieren hatte, um auch die hinteren Stücke zu erreichen – nein, sie musste sich auch noch so weit nach oben recken, dass ihre fabelhaften Brüste unter dem glattgespannten Top für eine ganze Weile in Topform zur Besichtigung einluden. Schlagartig spürte ich wieder, dass wir uns ausgezeichnet verstanden.

Sobald alles herausgeholt war, blickte sie ein wenig ratlos von einem Gepäckstück zum andern. Ich erkannte sofort, dass es der rechte Zeitpunkt für einen Mann von Welt war, ihr entschlossen beizuspringen. Es war mir ohnehin gar nicht unrecht, dass ich mich zu dem Zeug hinunterbücken konnte. Erstens weil ich dadurch meinen spürbar roten Kopf ein Weilchen kaschieren konnte; zweitens weil es eine gute Möglichkeit war, über die Ausbuchtung in meiner Hose hinwegzutäuschen; und drittens, weil ich auf diese Weise ausnehmend unauffällig an ihren tadellosen Beinen Richtung Rocksaum nach oben spitzen konnte.

Vor allem wegen dieser Möglichkeit nahm ich besonders bedächtig ein Gepäckstück nach dem anderen auf, linste dabei immer wieder verstohlen zur Seite und konnte mich in der kurzen Zeit gar nicht sattsehen.

„Das da auch noch“, sagte sie zwei- oder dreimal ruhig, als ich mit dem Aufladen nicht mehr so gut vorankam, weil mir die freien Hände und Schultern ausgegangen waren. Ihre Bemerkung war nicht besonders helle, denn in dem kahlen Gang zwischen den stählernen Schließfachwänden hätte man nicht einmal eine Briefmarke übersehen können. Doch immerhin half sie mir dann beim Aufnehmen der letzten Teile, hängte mir den schweren Laptop-Koffer an seiner langen Schlaufe um den Hals und klemmte mir am Ende sogar noch das Schminktäschchen unters Kinn. Dann fragte sie freundlich:

„Geht das so?“

Ich bejahte mit zusammengebissenen Zähnen und wollte nicken. Das hatte leider zur Folge, dass mir das Schminktäschchen herausrutschte und zu Boden plumpste. Sie ging anmutig neben mir in die Knie und hob es auf. Kopfschüttelnd wischte sie mit spitzen Fingern darüber und sagte dann in leicht gereiztem Tonfall:

„Pass doch auf!“

Sie schob mir das Ding wieder unters Kinn, machte auf dem Absatz kehrt und ging mit leeren Händen voraus. Als ich mich daraufhin verdattert in Bewegung setzte und noch hastig hervorpresste, wir könnten doch einen Gepäckwagen suchen, zwitscherte sie bloß fröhlich zurück:

„Ach, den brauchen wir nicht. So ist es doch viel einfacher.“

Frauen können manchmal furchtbar gedankenlos sein.

Ich stolperte so gut es ging weiter und tröstete mich damit, eingehend ihr entzückendes Hinterteil zu studieren, das sich bei ihren forschen Schritten keck und herausfordernd unter dem Mantel abzeichnete. Allerdings fiel ich mit meinen unbeholfenen Versuchen, alles auf einmal zu tragen, nach und nach ziemlich weit hinter sie zurück. Bis sie schließlich innehielt, sich energisch umdrehte und mir ungeduldig zurief:

„Kommst du?“

„Jaja, sofort, geht schon irgendwie“, ächzte ich hilfeheischend.

„Prima!“, quittierte sie trocken und wandte sich in einer eleganten Bewegung zum Weitergehen. „Aber nun sieh zu, dass du dich ein wenig beeilst.“

So ein Früchtchen! Doch solange ich einigermaßen den Anschluss hielt, entschädigte ihr Anblick für vieles. Den Rest konnte sie ja in der Nacht gutmachen. Falls alles so lief, wie ich mir das mittlerweile ausmalte.

Ein gefährliches Spiel

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