Читать книгу Blutvollrausch Vol. 1 - Maira Wunsch - Страница 3

INSACIABLE

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Caroline Matik war eine bildhübsche junge Frau von 23 Jahren. Sie lebte jetzt schon seit dreieinhalb Jahren mit ihrem Freund Oliver Harduck zusammen. Die beiden hatten sich bei einem Musikfestival in der Preservation Hall kennen gelernt und sich auf Anhieb bestens verstanden. So gut, dass sie nach einem halben Jahr zusammen zogen. Gut, gleich nach Beginn des Zusammen Zuges hatte es kleinere Differenzen gegeben, die die beiden aber nach kurzer Zeit beigelegt hatten. Jeder Anfang war schwer.

Mittlerweile waren sie ein eingespieltes Team und hatten sich eine solide auf Liebe und Treue basierende Partnerschaft aufgebaut. Sie wohnten in New Orleans, im Südstaat Louisiana. Vor der Tür lag der Golf von Mexico und das Wetter war fast das ganze Jahr über heiß bis mild. Beide waren sehr glücklich miteinander und fanden, das sie das perfekte Leben lebten. Am Wochenende ging es immer in den City-Park, der neben Wiesenliegeplätzen und Botanischem Garten auch sportliche Aktivitäten bot. Manchmal machten sie auch einen Abstecher in den Carousel Gardens Amusement Park, in dem es unter anderem auch mehrere Fahrgeschäfte gab. Auch einen Ausflug nach Florida unternahmen sie, dort relaxten sie dann am Pensacola Beach, einem wunderschönen weißen Sandstrand. Dieser lag nicht all zu weit weg. Ungefähr 300 Kilometer war die Distanz und dauerte circa 3 Stunden Autofahrt. Das war annehmbar und strapazierte ihren Geldbeutel nicht über die Maße. Manchmal gingen sie aber auch einfach nur schick Essen, unterhielten sich und alberten rum, was immer in der gleichen Zeremonie endete. Zu viel Wein ließ sie beide regelmäßig nach solchen Restaurant Besuchen, kaum zu Hause angekommen, übereinander herfallen. In wilder Extase trieben sie es dann, mit kleinen Unterbrechungen, die ganze Nacht miteinander. Einige Male schafften sie es nicht einmal mehr bis nach Hause. Dies hatte am anderen Tag dann immer zu Folge, das sie erschöpft den nächsten Tag im ruhenden Zustand im Bett verbrachten. Auch liebten sie es durch das Stadtviertel zu bummeln, wo auch minderbemittelte mit kleinen Ständen versuchten sich hier und da etwas dazu zu verdienen. Selbst Kinder die nur Getränke in Pappbechern anboten, fand man hier. Diese traf man hauptsächlich in kleinen Seitenstraßen, aber Caroline und Oliver hatten hier schon so manches Mal ein Schnäppchen gemacht. Gerade auch, weil diese Menschen ihre privaten Objekte anboten. Manchmal war den Leuten gar nicht bewusst, was sie hier für wenig Geld verscherbelten. Gut es waren keine Schätze dabei aber es ließ sich hier weit unter Wert einkaufen. Das eine oder andere Stück war sicherlich auch „vom LKW gefallen“.

Heute sollte ein besonderer Tag werden. Oliver hatte ihr gesagt, das sie sich für den Abend elegant kleiden sollte. Er wollte sie groß ausführen. Wohin hatte er ihr verschwiegen, nur das es eine Überraschung werden sollte. Caroline war gespannt was sie erwartete, so geheimnisvoll hatte sie ihn noch nie erlebt. Sie hatte sich für diesen Freitagabend extra ein neues Kleid zugelegt. Ein rückenfreies hellrotes Kleid ohne Träger, das eng am Körper anlag und im Röhrenschnitt kurz über den Knien endete und ihre wohlgeformten Rundungen in keinster Weise verbarg. Aber sie konnte es sich erlauben. Darin sah sie elegant, aber auch sehr verführerisch aus. Dazu trug sie High Heels in der gleichen Farbe.Nur der Seidenschal, den sie leger um ihre nackten Schultern trug hatte sie in schwarz gewählt, genauso ihre Handtasche. Ihr Make-up war dezent gehalten, aber ihre Lippen zeigten das gleiche rot, wie ihr Kleid und ihre Schuhe. Ihre blonden Haare, die zu einem Bob geschnitten waren, wusc helte sie mit Haargel durch, was ihr einen leicht wilden Touch gab. Noch ein paar Accessoires dazu, wie schwarze Hängeohrringe, Kette, Armband und Ringe und sie war fertig. Der Abend konnte kommen.


Oliver war Sachverständiger einer großen Versicherung. Caroline war die Frau seines Lebens. So hatte er sich seine Beziehung immer ausgemalt. Wild und verträumt, aber auch aufregend und verlässlich. Alles passte. Heute wollte er sie fragen, ob sie seine Frau werden wollte. Dafür hatte er extra einen Tisch im angesagtesten Restaurant der Stadt bestellt. Er hatte dies schon lange geplant und musste drei Monate auf die Tischreservierung warten. Aber das hatte sich gelohnt. Es sollte schließlich ein ganz besonderer Tag werden. Es ging ins „Insaciable“, das sich eigentlich nur die Reichen und Schönen leisten konnten. Für ein Essen bezahlte man dort so viel, wie ein normaler Mensch für einen sechswöchigen Urlaub berappt hätte. All inklusive versteht sich. Aber er hatte eine dicke Jahresprämie eingeheimst und das Geld dafür und für einen edlen Verlobungsring bei Seite gelegt. Caroline wusste nichts davon. Sie hatte gedacht, das für das letzte Jahr die Prämien der Mitarbeiter gestrichen worden waren, um die Firma zu sanieren und Arbeitsplätze zu erhalten. Stolz war er auf seine Notlüge nicht aber sie diente ja einem guten Zweck. Caroline würde ihm das sicherlich verzeihen. So hoffte er zumindest, nein, er wusste es. Er war auch ihr Traummann, zumindest sagte sie das immer zu ihm. Er fühlte auch, das das die Wahrheit war. Als er gegen 15.30 Uhr das Büro verließ, fuhr Oliver zu seinem besten Freund Ralf. Dieser bewahrte den Verlobungsring auf. Sie tranken noch eine Flasche Bier zusammen und plauderten eine ganze Zeit über das bevorstehende Ereignis des Abends. Ralf gab Oliver noch so einige nützliche Tipps mit auf den Weg, bevor dieser nach Hause fuhr. Als er zu Hause an kam, verschlug es ihm fast den Atem. Caroline sah umwerfend aus. Unter anderen Umständen hätte er alles abgeblasen und sie auf der Stelle genommen, aber dafür hatte er zu lange auf die Tischreservierung im „Insaciable“ gewartet. Also hielt er seine Triebe in Schach und komplimentierte lediglich nur ihr tolles Outfit. Später hatte er noch genug Zeit, dachte er sich.


Als sie gegen 18:30 Uhr im „ Insaciable“ ankamen begrüßte sie der Concierge, der hinter einem hohen Sekretär die Gästeliste mit den eintreffenden Besuchern abglich. Ein abgestellter Ober im schwarzen Anzug geleitete sie zu ihrem Tisch. Das Lokal war der Hammer, überall waren nur die edelsten Einrichtungsgegenstände und Stoffe verbaut worden. Und das sah nicht nur teuer aus, es musste ein Vermögen gekostet haben. Jetzt war ihm auch klar, warum hier fast ausschließlich nur Hochrangige verkehrten. Es war das beste vom Besten. Wenn das Essen nur halb so gut war, würde dies ein perfekter Abend. Caroline war begeistert. Sie konnte kaum an sich halten. Oliver hatte ins Schwarze getroffen. Das war ihm jetzt klar.Sie setzten sich an ihren Tisch und bestellten schon einmal eine Flasche Rotwein., während sie noch die Speisekarte studierten. Überall an den anderen Tischen saßen vornehm gekleidete Leute, die sich in schicklicher Manier unterhielten.Im Hintergrund spielte leise Musik, die das ganze Ambiente noch abrundete. Der Rotwein kam und sie gaben ihre Bestellung auf. Caroline nahm Hummer und Oliver tat es ihr gleich. Der Hummer war köstlich und auf den Punkt gegart. Die Stimmung war super und Oliver beichtete ihr schon einmal seine Lüge, was die Jahresprämie anging und begründete diese damit, das er heute etwas ganz spezielles mit ihr vor hatte und dafür das verschwiegene Geld benötigt hatte. Wie erwartet war Caroline viel zu begeistert, als das sie böse mit ihm war. Sie bestellten das Dessert und er wusste, das das der Zeitpunkt war ihr die alles entscheidende Frage zu stellen. Oliver hatte geplant, den Ring im Eiskuchen zu verstecken, getarnt in einer kleinen Rose aus Marzipan, die er extra für diesen Anlass gekauft hatte. Wie gewohnt, entschuldigte sich Caroline, um sich nach dem Hauptgang auf der Toilette ein bisschen frisch zu machen. „Wenn du gleich wieder kommst, erfährst du endlich um was für eine Überraschung es sich handelt. Es geht um etwas ganz Großes, was unser Leben verändern wird“. „Das habe ich mir schon gedacht. Den ganzen Aufwand betreibst du ja nicht ohne einen Hintergedanken. Ich bin gespannt, wie ein Flitze-bogen.“ Bevor sie ging, drehte sie sich noch einmal zu ihm um. „Ich liebe dich, Oliver Harduck.“ „Ich liebe dich auch.“ Sie lächelten sich beide liebevoll zu. Dann drehte sie sich um und verließ den Speisesaal des Restaurantes. Der Ober brachte die Nachspeise und Oliver legte die Marzipanrose, in der der Verlobungsring eingebettet war, auf ihren Kuchen. Dann lehnte er sich zurück und wartete. Der Showdown konnte beginnen.


Caroline betrat die Toilette des „Insaciable“ und hielt den Atem an. Es erinnerte sie weniger an eine Restauranttoilette, sondern eher an ein luxuriös eingerichtetes Badezimmer mit mehreren WCs. Überall besaßen die Armaturen goldene Beschläge. Es lagen verschiedene Seifen, Handtücher, ja sogar Parfüms für die Gäste bereit. Sie betrat eine der Kabinen, sogar beheizte Toilettenbrillen gab es. Danach wusch sie sich die Hände und machte sich frisch. Ob Oliver ihr etwa einen Heiratsantrag machen wollte. Mit diesem glücklichen Gedanken drehte sie sich von den Spiegeln weg, in Richtung des Parfumtisches. Ob sie eins ausprobieren sollte. Sie roch an den verschiedenen Flacons. Sie war so vertieft darin, das sie den Mann nicht bemerkte, der hinter sie trat. Ein dumpfer Schlag ertönte und Caroline fühlte einen brennenden Schmerz an ihrem Schädel. Dann wurde es schwarz um sie.


Der Chef vom „Insaciable“, Alfredo di Sagione, würde toben. Es war nun schon das dritte Mal, das Antonio es vermasselt hatte. Antonio, der Koch, hatte vergessen die Nachbestellungen für die „Hohen“ an José weiter zu geben. José beschaffte die speziell vorbestellten Delikatessen der „Hohen“. Für heute hatte sich das Mafiaoberhaupt, Don Fernandes, einen besonderen Leckerbissen ausgesucht.Es war seine Leibspeise. Don Fernandes durfte man nicht enttäuschen. Das bedeutete den sicheren Tod. Einen langsamen und qualvollen dazu. Nachdem Antonio es zum zweiten Mal vergessen hatte die ausgegangene Speiseliste an José weiter zu geben, ließ Alfredo ihm beide Beine brechen. Er war danach gezwungen im Rollstuhl durch die Küche des „Insaciable“ die gewünschten Speisen zu bereiten. Die Schmerzen und die Demütigungen waren ihm noch gut in Erinnerung. Diesmal würde Alfredo ihm nicht nur die Beine brechen. Umbringen würde er ihn zwar nicht, weil er auf ihn angewiesen war, aber es konnte gut sein, das er ein oder mehrere, fürs Kochen unnütze Körperteile verlieren würde. Schließlich ging es hier um Don Fernandes Essen. Alfredo würde es selber an den Kragen gehen, soviel war schon einmal sicher. Er musste sich etwas einfallen lassen. Alfredo durfte nichts bemerken, sonst ging es ihm schlecht.

Er trat vor die Küchentür in den Gang hinaus, der zu den Toiletten führte. Eine junge, hübsche Frau betrat gerade die Damentoilette. Er kannte sie nicht. Sie gehörte nicht zu den „Hohen“. Wahrscheinlich wieder nur eine von den Frauen, die im Leben einmal sagen wollten, das sie hier gespeist hätten, um vor ihren Bekannten anzugeben. Alfredo ließ auch normales Fußvolk ein, damit kein Verdacht geschöpft wurde. Es gab aber Listen mit den „Normalos“, damit jeder wusste, worauf er zu achten hatte. Er lugte mit einem Zettel in der Hand in den Speisesaal. Tatsächlich an Tisch 4 fehlte die Begleiterin. Eine „Normale“, dachte er. Alle anderen Tische mit den „Hohen“ waren vollzählig. Das war seine Chance. Niemand konnte beweisen, das sie das Lokal nicht verlassen hatte. Alfredo würde im Nachhinein schon für entsprechende Zeugen sorgen, die bestätigen würden diese Frau gehen gesehen zu haben, wie sie das Lokal verlassen hatte. Das würde zumindest weniger Ärger einbringen, als mit leeren Händen vor Don Fernandes zu stehen. Kurz entschlossen kehrte er in die Küche zurück und ergriff einen Fleischklopfer, den er immer in der Schublade seines Arbeitsplatzes aufbewahrte. Er spähte noch einmal kurz in den Speisesaal. Es schien alles unverändert. Dann betrat er die Damentoilette. Sie war bis auf eine verschlossene Kabine, leer. Er versteckte sich in einer Nische hinter einem kleinen Vorsprung. Eine blonde Frau trat aus der Toilettenkabine heraus und wusch sich die Hände. Sie lächelte glücklich. Dann drehte sie sich in Richtung des Parfumtisches. Sie blickte auf die Fläschchen hinab und roch an verschiedenen Flacons. Das war seine Chance. Er trat leise hinter sie und schlug mit der flachen Seite des Fleischklopfers zu. Das Parfum fiel zu Boden, zerschellte und die junge Frau sackte in sich zusammen, wie ein alter, fauliger Kartoffelsack. Antonio fing sie gerade noch auf, bevor sie zu Boden fiel und trug sie in die Küche. Er hatte Glück gehabt, niemand hatte etwas bemerkt.

Caroline kam langsam zu sich. Sie wusste nicht wo sie sich befand. Ihr Kopf schmerzte wie Hölle. Es fühlte sich an, als ob tausend Nadeln ihren Schädel durchbohren würden. Sie versuchte sich zu bewegen. Es ging nicht. Sie öffnete ihre Augen. Gleißendes Licht blendete sie. Sie blinzelte, nahm alles nur verschwommen wahr. Dann wurde es wieder dunkel um sie.

Oliver wurde langsam nervös. Wo blieb Caroline nur. Normalerweise brauchte sie nur 5 Minuten auf der Toilette. Mittlerweile waren 15 Minuten verstrichen. Er erhob sich vom Tisch und ging in Richtung Damen WC. Er klopfte an die Tür und wartete auf Antwort. Nichts. Er klopfte abermals, wieder keine Reaktion. Er rief ihren Namen. Dann kam ein Mann im Anzug auf ihn zu. „ Kann ich ihnen helfen?“ fragte er. „Meine Freundin ist vor 20 Minuten zur Toilette gegangen und noch nicht zurück gekommen. Ich mache mir langsam Sorgen. Es ging ihr in letzter Zeit nicht so gut. Ständig Schwindel und so. Nicht das sie ohnmächtig geworden ist.“ antwortete Oliver. „ Darf ich mich vorstellen, mein Name ist Alfredo di Sagione, ich bin der Chef hier. Lassen sie uns mal nachsehen.“

Er öffnete die Tür zum Damen WC und trat ein. „Bitte warten Sie hier. Falls eine der weiblichen Gäste kommt, möchte ich Aufsehen vermeiden. Mich kennt man und wird es als Kontrollgang ansehen. Ich bin gleich wieder da.“ Mit diesen Worten verschwand er.


Die Kabinen waren leer, hier befand sich niemand. Er sah sich prüfend um. Auf dem Boden vor dem Accessoire Tisch entdeckte er zerbrochenes Glas von einem der Flacons und Flüssigkeit auf dem Boden, die verdächtig nach Parfum roch. Neben der kleinen Pfütze entdeckte er einen Blutstropfen. Jetzt kam ihm ein schrecklicher Verdacht. Antonio murmelte er. Hatte dieser Vollidiot wieder vergessen die Nachbestellungen an José weiter zu geben. Er bückte sich, sammelte die Glasscherben ein und entsorgte sie. Dann wischte er mit seinem Taschentuch das Blut und das Parfum auf. Das Taschentuch steckte er vorsorglich wieder in seine Hosentasche zurück. „Es tut mir leid, die Damentoilette ist menschenleer. Ihre Freundin muss gegangen sein. Vielleicht sitzt sie mittlerweile auch wieder am Tisch.“ „Meine Freundin ist nicht einfach so gegangen. Wir wollten unsere Verlobung feiern, sie wusste das eine Überraschung auf sie wartete und hat sich riesig darauf gefreut.“ „Es tut mir leid aber ich kann ihnen nicht weiterhelfen. Ich muss mich jetzt auch wieder um den Betrieb kümmern. Ihre Caroline taucht schon wieder auf. Frauen sind eben wankelmütig. Sie sind nicht der erste, der Hals über Kopf verlassen wird.“ Oliver konnte es nicht fassen. Das war überhaupt nicht ihre Art. Er bedankte sich und ging zurück zum Speisesaal. Ihr Tisch war so wie er ihn verlassen hatte. Keine Caroline. Was sollte er jetzt machen. Verzweifelt sah er sich um. Er sah sie nirgends. Wo war sie nur abgeblieben. Alfredo di Sagione betrat die Küche. Nur die üblichen Helfer waren hier. Er betrat die Speisekammer, verschloss die Tür hinter sich und betätigte einen geheimen Schalter. Das Regal schwang zur Seite und legte einen mit weißen Kacheln ausgestatteten, circa 20 Quadratmeter großen Raum frei. Hier hingen unter anderem Fleischerhaken von der Decke und eine Tür mit Bullauge führte in einen kleinen Kühlraum, der nur mit Fleischerhaken ausgestattet war, hier hing der sogenannte Vorrat. Einige Regale im Hauptraum waren mit den verschiedensten Küchenwerkzeugen, aber auch mit anderen Werkzeugen gefüllt, die man normalerweise im Garten oder einer Werkstatt benutzte. In der Mitte des Raumes befand sich ein großer Tisch. Er war blutüberströmt. Die verschiedensten Leichenteile lagen darauf verstreut. Auf der gegenüber liegenden Seite war eine Tür eingelassen, die in den Hinterhof führte. So war die Spezialbelieferung sowie der Abtransport gesichert. Der Hinterhof war uneinsehbar und mit hohen Mauern umsäumt. Das Tor war immer abgeschlossen, nur wenige Eingeweihte hatten hier für einen Schlüssel. Im hinteren Teil des Raumes stand ein Bottich. Er war rund und mit einem Deckel verschlossen, in dem sich eine kreisrunde Aussparung befand, um jemanden fixieren zu können. Nur ein Kopf guckte heraus. Eine junge Frau befand sich darin. Eine Frau mit blonden, kurzen, blutüberströmten Haaren, sie war bewusstlos. Aber selbst wenn sie wie am Spieß geschrien hätte, hätte sie niemand gehört. Dieser Raum und die Speisekammer waren schalldicht isoliert. Also doch, dachte Alfredo di Sagione. Das musste die junge Frau sein, die verschollen war. Antonio musste sie überwältigt und hier eingesperrt haben. Da sie in diesem Bottich saß, musste es sich um die Bestellung von Don Fernandes handeln. Die Opfer mussten bei Bewusstsein ermordet werden, damit das durch Furcht ausgeschüttete Adrenalin, das Fleisch besonders zart machte. Das hatte zumindest die Vergangenheit gezeigt. Alfredo di Sagione kochte vor Wut. Das konnte richtig Ärger geben. Einen der Gäste zu kidnappen war nie eine Option gewesen. Antonio konnte sich auf etwas gefasst machen, aber erst später. Jetzt musste er erst einmal für entsprechende Zeugen sorgen, die bestätigen würden, das die junge Dame das Restaurant verlassen hatte. Er drehte sich um, verließ den Schlachtraum und begab sich zu seinem eingeweihten Personal um Instruktionen zu erteilen, welches das „Insaciable“ sauber hielten.

Ein lautes Geräusch riss Caroline aus ihrer Ohnmacht. Sie erwachte, blinzelte und versuchte die Augen zu öffnen. Wieder grelles Licht. Ihr Schädel hämmerte, sie schmeckte Blut an ihren Lippen. „Mein eigenes“ schoss ihr durch den Kopf. Langsam kehrte die Erinnerung zurück. Jemand hatte sie nieder geschlagen. Jetzt erkannte sie Konturen. Eine Männergestalt mit etwas in der Hand. Sie konnte es nicht deutlich genug erkennen.Der Mann trat auf sie zu. Sie versuchte sich zu bewegen, vor ihm zurückzuweichen. Es ging nicht. Sie konnte sich keinen Millimeter bewegen. Die Umrisse wurden deutlicher und auch was er in der Hand hielt konnte sie allmählich erkennen. Es war eine Handkreissäge. Sie wollte schreien, brachte aber vor Schreck keinen Ton heraus. Auch bemerkte sie nun, das sie gefesselt war und in einem Behältnis saß, was sie gefangen hielt. Schlagartig wurde ihr klar, das man an ihr Leben wollte aber viel Schlimmer war die Erkenntnis, das sie keine Chance hatte zu entkommen. Panik stieg in ihr hoch. Mit aller Macht versuchte sie sich zu befreien. Sie schaffte es nicht. Dann fing sie an, zu schreien. Antonio schritt weiter mit einem breiten Grinsen im Gesicht auf sie zu und setzte an. Das Metallblatt der Handkreissäge bohrte sich durch Carolines Haut. Blut lief sofort aus der Wunde, über ihre Augen, ihre Wangen. Jetzt schmeckte sie warmes Blut in ihrem Mund. Das Geräusch der Säge veränderte sich, als es ihren Schädelknochen erreichte. Ein unsagbarer Schmerz durchzuckte Carolines Körper, er raubte ihr fast die Sinne. Ihr Schrei vermischte sich mit Gurgel lauten, als sie ihr eigenes Blut schluckte. Das letzte was sie sah, war durch Rotschleier das Gesicht ihres Peinigers und den Laut ihrer eigenen Stimme bevor sie für immer die Augen schloss. Stille herrschte im Schlachtraum. Es war vollbracht. Der Abend war gerettet. Antonio entfernte mit geübten Händen das Gehirn der jungen, toten Frau, wusch es und brachte es in die Küche. Dann machte er sich in Ruhe daran Don Alfredos Leibspeise zuzubereiten.

Alfredo di Sagione betrat die Küche. „Ich weiß was du getan hast, Antonio. Das wird ein Nachspiel haben.“ „Bitte Alfredo, ich hatte keine andere Wahl. Ich hab es wieder versaut, ich weiß. Aber ich habe die Situation auch wieder gerettet. Zählt das denn gar nicht? Bitte tue mir nichts, ich verspreche es war das letzte Mal. Es kommt nie wieder vor.“ „Da bin ich mir sogar ganz sicher.“ antwortete Alfredo di Sagione. „Und nun mach weiter, ich dulde keine Pannen mehr.“ Antonio drehte sich wortlos an den Herd zurück und war erleichtert. Er hatte es geschafft. Er hatte Alfredo mit seiner Tat besänftigt. Glück gehabt, dachte er.

Oliver hatte sich an den Tisch Nummer 4 zurück gesetzt. Er hatte noch 10 Minuten gewartet. Dann rief er mit seinem Handy Carolines Nummer an. Es klingelte, aber der Anrufbeantworter meldete sich. Dann rief er zu Hause an. Auch hier nur der Anrufbeantworter. Er rief die Polizei an. Diese teilte ihm mit, das sie erst nach 24 Stunden handeln konnten. Wenn sie bis dahin verschollen blieb, sollte er sich auf der Wache melden. Der Ober trat an den Tisch. „ Ich soll ihnen von Herrn di Sagione ausrichten lassen, das er nachgefragt hat und der Concierge hat eine blonde Frau verabschiedet, auf die die Beschreibung ihrer Begleiterin passt. Sie hat das Lokal vor ungefähr einer halben Stunde verlassen.“ Oliver war sprachlos. Warum hatte sie das getan. Er verließ das Lokal und fuhr nach Hause.

Don Fernandes saß am Tisch des „Insaciable“. Mit ihm drei seiner Familienmitglieder. „Hervorragend Alfredo, wie immer. Heute habe ich sogar den Salat mit gegessen, obwohl ich den normalerweise verabscheue. Respekt. Ihr steigert euch sogar noch. Welchen Namen hatte meine Speise denn heute. Den Namen zu erfahren ist mir wie immer ein Bedürfnis, wie sie wissen.“ „ Der Name lautete Caroline, Don Fernandes.“ „Ah, ein schöner Name für ein köstliches Mahl. Darf ich ihnen meinen Sohn Guiseppe vorstellen. Er ist das erste Mal mit dabei. Ab heute kommt er öfter mit. Ich hoffe für sie, sie verstehen was ich damit sagen will.“ „Aber selbstverständlich Don Fernandes. Es ist mir eine Ehre, ein weiteres Mitglied ihrer Familie bewirten zu dürfen.“ Alfredo di Sagione war zufrieden, das war noch mal gut gegangen. Der Gast hatte den Köder geschluckt und war gegangen. Don Fernandes war zufrieden. Nun musste er sich nur noch um Antonio kümmern. So eine Schlamperei durfte nie wieder passieren.

Gegen zwei Uhr in der Nacht verließ Antonio das „Insaciable“. Es war dunkel auf den Straßen, aber er hatte es ja nicht weit bis nach Hause. Er genoss die kühle Nachtluft. Als er zu Hause an kam, öffnete er eine Dose Bier, setzte sich in seinen Sessel und schaltete den Fernseher an. Die beiden Männer, die aus seinem Schlafzimmer in den Wohnbereich schlichen bemerkte er erst, als ihm ein mit Äther getränkter Wattebausch vor das Gesicht gepresst wurde. Dann verlor er das Bewusstsein.

Es war der nächste Morgen, ein Samstag. Oliver hatte Caroline gestern, nachdem er vom „Insaciable“ weder in der Wohnung vorgefunden, noch sie telefonisch erreicht. Auch bei ihrer Familie und Freunden hatte er keinen Erfolg. Caroline blieb verschwunden.

Als Antonio erwachte, lag er in seinem Bett. Er war noch etwas benommen. Dunkel konnte er sich erinnern, das er betäubt worden war. Er richtete sich langsam auf. Auf seiner Kommode neben seinem Bett entdeckte er Schmerzmittel und einen Karton. Er griff danach und öffnete ihn. Darin lagen ein menschliches Ohr, ein abgetrennter kleiner Finger einer linken Hand und ein halber Fuß, fünf Zehen die zwei Finger breit unter dem Endglied abgesägt waren. Antonio stieß einen kurzen Schrei aus und schleuderte den Karton von sich. Er fiel polternd zu Boden. Er blickte auf seine linke Hand. Sie war verbunden. Dann befühlte er seinen Kopf. Das rechte Ohr befand sich an seinem Platz. Aber das linke fehlte. Alfredo, du Schwein, dachte Antonio. Ihm wurde fast schwarz vor Augen. Mit aller Macht riss er sich aus dem Schwindel, der im die Sinne zu rauben schien heraus und schlug die Tagesdecke zur Seite. Ihm fehlte der halbe Fuß des rechten Beines. „Nein!“

schrie er und Spucke flog aus seinem Mund. Tränen liefen ihm über sein Gesicht. „Das wirst du mir büßen, Alfredo“, spie er aus, bevor er völlig entkräftet in sein Kissen zurück sank.

Es war Montag, als das Telefon klingelte. Doktor Kewittz war am Apparat. Er wollte Caroline sprechen. Oliver erklärte dem Arzt die Situation und auch das die Polizei bereits alarmiert sei. „Unter diesen Umständen muss ich ihnen mitteilen“, sprach Dr. Kewittz, „das ihre Verlobte schwer krank ist und dringend Medikamente braucht. Carolines Schwindel und Kopfschmerzen kommen durch Taeniasis, den Befall durch Schweinebandwurm konnten wir über die Stuhlprobe nachweisen.

Richtig gefährlich wird es aber für ihre Verlobte, wenn es sich zu einer Meningoenzephalitis entwickelt, dann kann es lebensbedrohliche Ausmaße annehmen.“ „Wie kann Caroline sich infiziert haben?“ „Na, ja, da gibt es verschiedene Möglichkeiten.“ Dr. Kewittz erklärte Oliver die Infizierungsmöglichkeiten. „Und Rufen sie mich bitte sofort an, wenn ihre Verlobte wieder auf taucht. Wir möchten doch verhindern, das sich die Vorlarven durch die Darmwand bohren und übers Blut in Muskeln oder sich schlimmstenfalls im Gehirn zu sogenannten Finnen umwandeln und besagte Meningoenzephalitis auslösen. Im jetzigen Stadium lässt es sich noch relativ unkompliziert behandeln.“ „ Natürlich, Herr Doktor, sobald ich von ihr höre, melde ich mich bei Ihnen. Danke für ihren Anruf.“ Damit beendete Oliver das Gespräch. Er informierte die Polizei und gab eine Anzeige in der Zeitung auf. Auch Flugblätter fertigte er an. Als Oliver damit fertig war überlegte er wie Caroline sich angesteckt haben könnte. Dann fiel es ihm ein. Bei einem ihrer Trödel besuche in den Seitenstraßen von New Orleans hatte es eine Situation gegeben, die eine Infizierung ermöglicht hätte. Es konnte nur dort passiert sein, da war er sich sicher.

Nach circa 6 Monaten verstarb Don Fernandes. Antonio las die Traueranzeige in der Zeitung. Auch ein Artikel über den schweren Leidensweg des Don befand sich darin. Die Obduktion hatte ergeben, das er an den schweren Folgen einer Meningoenzephalitis, ausgelöst durch den Schweinebandwurm , gestorben war. Er hatte auch die Flugblätter noch gut in Erinnerung, die der Verlobte von dieser blonden, jungen Frau verteilt hatte. Auch sie war mit dem Schweinebandwurm infiziert gewesen. Ob es da einen Zusammenhang gab? Jedenfalls war das seine Chance, so dachte er sich an Alfredo di Sagione zu rächen. Vier Monate hatte er gebraucht, bis er wieder einigermaßen auftreten konnte. Das hatte er nicht verdient. Er war es schließlich gewesen, der die Situation gerettet hatte, sonst hätte Don Fernandes Alfredo schon an besagtem Abend kalt gemacht. Rache, Antonio wollte Rache. Also schickte er kurzerhand einen von den Flugblättern, die der Verlobte verteilt hatte, an die Adresse des Mafia-Sohnes Guiseppe. Wenn der nicht ganz verblödet war, würde er die Zusammenhänge erkennen ihm würde klar werden, das sein Vater sich hier angesteckt hatte und sich an Alfredo rächen. Immerhin wurde das „Insaciable“ als letzter Ort genannt, an dem die junge, erkrankte Frau gesehen worden war. Auch war die Erkrankung der Frau erwähnt und für Antonio war es unumstritten,das es das Fleisch war, worüber sich der Don angesteckt hatte. Guiseppe würde die Zeichen zu deuten wissen, da war sich Antonio sicher.

Zwei Tage nach der Beerdigung seines Vaters erhielt Guiseppe einen Umschlag ohne Absender. Er öffnete ihn und überflog das sich darin befindliche Flugblatt. Unter dem Blatt stand mit zittriger Schrift „GEHIRN“ geschrieben. Wut überfiel ihn. Diese Frau litt an der gleichen Grunderkrankung, wie sein Vater. Auch der Name der Frau kam ihm bekannt vor. Hatte sein Vater nicht gefragt, wie seine Speise mit Namen hieß. Caroline hatte man ihm geantwortet. Den Obduktionsbericht seines Vaters hatte er nicht gelesen und seiner Mutter verboten darüber zu sprechen. Er wollte nur den Schuldigen finden und ihn töten. Der Absender wusste offensichtlich mehr. Diese Frau hatte seinen Vater angesteckt. Er war sich sich, das der Verfasser dieses Briefes ihm das sagen wollte. Es befand sich eine Telefonnummer unter dem Flugblatt. Er rief an und erfuhr von Oliver, das Caroline immer noch nicht gefunden war und das man mittlerweile von einem Verbrechen ausging. Unter dem Vorwand etwas zu wissen, gab Oliver ihm seine Adresse. Guiseppe versprach noch am Abend vorbei zu kommen. Guiseppe lächelte kalt. Diese Frau war zwar umgebracht worden, aber Schuld am Tod seines Vaters. Alfredo di Sagione gab er keine Schuld, immerhin erledigte der nur seinen Job. Auch hatte er nichts von der Krankheit der Frau gewusst. Er aber hatte seinen geliebten Vater verloren. Das forderte Rache, jetzt würde dieser Oliver dafür bezahlen, denn er wusste ja um die Krankheit seiner Verlobten und ging trotzdem mit ihr aus. Nun würde auch er verlieren, nämlich sein Leben. Einer musste schließlich bezahlen, damit die Familienehre wieder hergestellt war. So verlangte es das ungeschriebene Gesetz der Mafia. Er zog sich um, packte seinen Spezialkoffer und verließ die Villa seiner verstorbenen Vaters.

Gegen 20:00 Uhr parkte Guiseppe sein Auto vor Olivers Haus und betätigte die Klingel. Oliver öffnete voller Hoffnung die Tür. Noch immer suchte er Caroline verzweifelt und ging jedem Hinweis nach. Die Polizei hatte Caroline schon längst aufgegeben. Doch dieser Mann, Guiseppe, wusste was mit ihr passiert war, zumindest hatte er das gesagt. Ein großer, sportlicher, junger Mann trat auf Oliver zu, als dieser die Haustür öffnete. Er führte ihn in das Wohnzimmer. Von hinten traf ihn ein harter Schlag. Oliver fiel zu Boden. Der junge Mann packte ihn und schleuderte ihn an die nächste Wand. Hart prallte Oliver dagegen. Benommen nahm er wahr, wie er auf einen der Esszimmerstühle gefesselt wurde. Dann öffnete Guiseppe seinen Koffer. Verschiedene Folter- und Mordinstrumente befanden sich darin. Als erstes schnitt er Oliver die Zunge raus. Der Schmerz den er empfand, riss Oliver aus seiner Benommenheit. Blut füllte seinen Mund und er spuckte. Tränen des Schmerzes schossen ihm aus den Augen und liefen die Wangen hinab. „ So, jetzt kannst du dich nicht bewegen und nicht mehr sprechen. Wie fühlt sich das an?“ fragte Guiseppe. „ Mein Vater konnte zum Schluss auch nicht mehr reden, geschweige denn sich bewegen. Und weißt du wessen Schuld das war.“ Oliver schüttelte schmerzgeplagt den Kopf. Er verstand die ganze Situation nicht. Wusste nicht was hier passierte und warum. „ Deine und die deiner Verlobten Caroline. Du hast sie ausgeführt, obwohl du wusstest wie krank sie war und dem kleinen Flittchen hat das auch noch gefallen. Sie hat meinen Vater angesteckt. Er hat an diesem Abend ihr verficktes Gehirn gegessen. Ja da staunst du was. Das „Insaciable“ ist in auserwählten Kreisen für seine, sagen wir mal, „Besonderen“ Speisen bekannt. Ihr wart am falschen Tag am falschen Ort und habt damit meinen Vater umgebracht.“ Jetzt wurde Oliver einiges klar. „Die“ hatten sie abgefangen und ermordet. Der Besitzer vom „Insaciable“ hatte Bescheid gewusst und ihm eine Lüge aufgetischt. Jetzt liefen Oliver Tränen der Trauer vermischt mit Hass die Wangen hinab, aber er konnte nicht sprechen. Am liebsten hätte er diesem Bastard vor sich angebrüllt, ihm seine ganze über Monate angestaute Wut entgegen geschleudert. Was hatten „die“ seiner Caroline nur angetan. Er rüttelte wie wild an seinen Fesseln und stieß gurgelnde Laute dabei aus. Blutfäden liefen sein Kinn hinab. Doch Guiseppe hatte ihm längst ein Klebeband über den Mund geklebt. Unfähig sich zu rühren, sah Oliver, wie dieser junge Mann einen Schraubenzieher aus seinem Koffer holte und ihm immer näher kam. Panik erfasste Oliver. „Siehst du das, mein Freund, weißt du wie mein Vater monatelang gelitten hat, wegen deiner kleinen Hure. Ich werde es dir sagen, damit du weißt, warum du so leiden musst. Erst hat sich dieser Scheiß Schweinebandwurm in sein Gehirn gefressen, das hat erst ganz harmlose Symptome ausgelöst, wie das eine Grippe macht mit Fieber und so. Dann ging es ihm wieder besser. Doch dann kam das Fieber wieder zurück und er musste sich ständig übergeben und hat über Nackenschmerzen geklagt. Dann wurde es immer schlimmer. Die Ärzte konnten nichts finden, waren ratlos, aber mach dir keine Sorgen, die haben für ihre Unfähigkeit schon einen hohen Preis bezahlen müssen. Licht und Geräuschempfindlichkeit, Verwirrung und Bewusstseinsstörungen waren an der Tagesordnung. Zum Schluss konnte er sich nicht einmal mehr bewegen, keinen einzigen Muskel und das führte letztendlich zur Atemlähmung und er ist qualvoll erstickt. Monatelang dauerte sein Martyrium. Und das passierte meinem Vater Don Fernandes, dem gefürchtetsten Mafia Oberhaupt. Mein Vater war ein so stolzer, mächtiger Mann und du und deine Nutte habt ihm alles genommen. Deshalb wirst du jetzt sterben. Aber du wirst leiden, wie mein Vater gelitten hat. Ich muss die Familienehre retten und dein Tod wird den meines Vaters rächen. Das verstehst du doch.“

Mit diesen Worten stach er Oliver beide Augen aus. Oliver stieß unartikulierte Laute aus. Wieder quollen Blutfäden unter dem Klebeband hervor und liefen sein Kinn hinab. Er war einer Ohnmacht nahe, aber diese wollte ihn noch nicht ganz einfangen. Verzweifelt versuchte er sich zu befreien. Der Schmerz war ins unerträgliche angestiegen. Er konnte nichts mehr sehen und musste das Blut, das immer noch aus der Wunde seiner abgeschnittenen Zunge rann, gezwungenermaßen runter schlucken, um nicht zu ersticken. Als nächstes spürte er einen brennenden Stich im Nacken, dann in den Beinen. Warme Flüssigkeit lief seinen Rücken hinab, das gleiche fand an seinen Beinen statt. Guiseppe musste mit einem spitzen Gegenstand auf ihn ein stechen. Oliver war nun in einem Zustand der sich schon mehr auf Seiten der Ohnmacht befand. Er bemerkte noch, das etwas mit ihm passierte, realisierte aber nicht mehr so genau wo und wie. Er wusste, das er heute sterben würde. Guiseppe hatte mehrfach auf Oliver mit einem Messer eingestochen. Er sah, das sein Opfer es nicht mehr lange machen würde und übte den letzten Griff für heute Abend aus. Er hielt Oliver die Nase zu. Er sollte ersticken, genauso wie sein Vater. Ein letztes Mal bäumte sich der Körper des an den Stuhl gefesselten Mannes auf und sank dann kraftlos in sich zusammen. Es war erledigt.

Guiseppe ließ den blutüberströmten Körper des toten Olivers los. Sein Vater war gerächt. Er nahm seinen Koffer und verließ die Wohnung.

Als Guiseppe am nächsten Morgen beim Frühstück saß, gab ihm seine Mutter wortlos ein Kuvert und verließ dann das Esszimmer. Er öffnete es und las.

Mein Lieber Guiseppe


mir ist klar, das du die Ehre der Familie wieder herstellen willst und Rache an dem Schuldigen suchst, der deinen Vater angesteckt hat. Das ehrt dich, mein Sohn. Nur in diesem Fall kannst du keine Rache ausüben. Hättest du den Obduktionsbericht gelesen oder mit mir gesprochen, wüsstest du, das die Erkrankung deines Vaters einzig und allein durch direkte Aufnahme der Eier des Schweinebandwurmes ausgelöst wurde. Da die Magen-, Darmsymptomatik ausblieb, kamen die Ärzte nicht darauf. Die Gehirnerkrankung deines Vaters blieb somit unentdeckt. Mit Eiern infiziertes Wasser oder kontaminierter Salat sind Überträgerarten des Schweinebandwurmes. An Wasser oder Salat kannst du dich nicht rächen. Ich bitte dich, lass es dabei bewenden und komme wieder zur Ruhe. Es schmerzt mich zu sehen wie du dich quälst. Konzentriere dich auf deine neuen Aufgaben, schließlich bist du jetzt das neue Oberhaupt der Familie. Don Guiseppe. Dein Vater hätte dies auch gewollt und wäre sehr stolz auf dich.

In Liebe.

Deine Mutter

Guiseppe ließ seine Hand, die den Brief hielt auf seinen Schoß sinken. Dann war das junge Mädchen unschuldig gewesen und ihr Verlobter auch. Sie hatte sich genau wie sein Vater irgendwo angesteckt und er hatte diesen Oliver umsonst getötet. Mitleid empfand er nicht wirklich. Das war eben dumm gelaufen. Er war jetzt Don Guiseppe. Niemand konnte etwas beweisen und er dachte nicht einmal im Traum daran zuzugeben hier einen Fehler begangen zu haben.

Zwei Tage darauf. Antonio war nervös. Nichts war passiert. Hatte Guiseppe seinen Brief nicht erhalten. Als er die Zeitung aufschlug und die Schlagzeile las wurde ihm allerdings schlagartig bewusst, wen er mit seinem Brief an Guiseppe ans Messer geliefert hatte. Oliver Harduck war regelrecht abgeschlachtet worden. So ein Mist, dachte er. Sein Plan, Alfredo zu treffen, war fehl geschlagen. Es würde sich eine neue Gelegenheit ergeben, dachte er. Missmutig ging er damit seinen täglichen Aufgaben wieder nach.

Drei Wochen später ging ein Skandal durch Presse und Rundfunk. Das teuerste und gerade wegen seiner hochrangigen Gäste bekannte „Insaciable“ machte Negativ Schlagzeilen. Bei einer von langer Hand geplanten Kontrolle des Gesundheitsamtes konnte man dem Restaurant nachweisen, mit den Eiern infizierten Salat des Schweinebandwurmes wohl über Monate hinweg verarbeitet zu haben.

Die Kontrolleure stellten in akribischer Kleinarbeit fest, das der Lieferant des Gemüses, der sich direkt neben dem Schlachthaus befand, durch eine Verkettung von unhygienischen Zuständen, zu mehreren Übertragungen durch Salat auf Menschen und dadurch zu deren Infektion geführt hatte. Auch Im „Insaciable“ nahm man es mit der Säuberung des Gemüses wohl nicht so genau.

Zwei Abende später warteten vier Männer vor dem „Insaciable“ auf das Verlassen der letzten Gäste des Restaurants. Um Ein Uhr dreißig war es dann soweit. „ Ihr wisst was zu tun ist.“ sagte einer der Männer. „Wir machen es genau so wie gestern bei dem Gemüsehändler. Überwältigt sie alle aber lasst sie am Leben. Ich kümmere mich persönlich um sie. Ich habe hier noch eine ganz Besondere Rechnung offen. Ich muss die Familienehre wieder herstellen.“ Die drei anderen nickten dem großen, sportlichem, jungen Mann wissend zu, der einen Koffer mit sich trug. Dann betraten sie gemeinsam das „Insaciable.“

Blutvollrausch Vol. 1

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