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Wilde Hast

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Wir sind nicht lange gefahren. Ich wünschte, die Fahrt würde länger gehen, denn jetzt wo sich vor uns ein hohes, gusseisernes Tor öffnet, werde ich noch nervöser.

Ich schaue auf das gepflegte, grüne Gelände, das im Licht zahlreicher Kunstfackeln erhellt wird, während über uns die Wolken immer düsterer werden. Es ist ein zauberhafter Anblick.

Ehrfürchtig schaue ich auf das prächtige weiße Cottage, das vor uns liegt und auf dessen Auffahrt wir fahren. Über der mächtigen Treppe, mit ihren wenigen Stufen, wird die hölzerne, weiße Flügeltür von Säulennachbildungen gehalten. Ich staune und mein Begleiter amüsiert sich flugs über meine Bewunderung.

Erst jetzt stelle ich mir die Frage, mit wem er in diesem riesigen Haus wohl lebt und mir wird noch unwohler. Wie kam ich tief in mir drin eigentlich zu der Annahme, dass er allein und flirtwillig ist?

Ganz wie ein Gentlemen hält er mir die Wagentür auf. Er schmunzelt, als ich meine nackten Zehe auf die Kiesel seines Hofes setze. Kiesel! Immer diese verdammten Kiesel!

„Au!“

Ich beiße mir auf die Zunge. Ein spitzer Stein hat sich in den Spalt zwischen meinen Zehen gebohrt. Sofort stützt mich mein Retter.

„Für gewöhnlich trage ich keine Frau so schnell über die Schwelle, aber wenn es so sein soll?“

Seine tiefe Stimme lässt mich wohlig erschauern, während seine warme Hand meinen Arm stützt. Ich sauge seinen Duft förmlich ein.

„Es geht schon.“, sage ich schnell und er lässt mich los. Er nimmt mir stattdessen meine Schuhe ab.

Es fühlt sich sonderbar an, ihm vorauszugehen und vor eine fremde Tür zu treten.

Ich wende mich ihm zu, während er seinen Schlüssel nimmt und noch einmal seinen Blick über meine nackten Beine wandern lässt. Er nickt mir zu.

Und dieses Nicken verstört mich plötzlich vollkommen. Irritiert zögere ich einen Moment mit dem Eintreten. Wartend hält er mir die Tür auf. Ich sehe, dass er schneller atmet. Er zwinkert mir zu.

Mein Herz überschlägt sich und ich kann den Schauer nicht unterdrücken, der mich erzittern lässt.

Habe ich etwas falsch verstanden? Habe ich einen falschen Eindruck erweckt?

„Hereinspaziert.“, flüstert er und lässt mich in meiner Unsicherheit zurück. Er weiß, dass ich ihm folgen werde. Wieder ganz fachmännisch greift er nach seinem Festnetztelefon. Erleichtert atme ich auf und bin froh, dass er mir den Rücken zugedreht hat. Mir ist so unglaublich heiß.

Verlegen und neugierig schaue ich mich. Der Flur geht direkt in den Wohnraum über. Während das Haus von außen in weißem Glanz erstrahlt, strotzt es innen von eindrucksvoller Kunst. Die weißen Wände wirken wie aus Marmor gemeißelt, doch es riecht zu sehr nach frischem Holz, als dass ich der Täuschung glauben kann.

Ehrfürchtig starre ich auf die liebevollen Schnitzereien an den Wänden und die altmodisch elegante Einrichtung.

Prompt schlucke ich schwer. Mein Blick fällt auf den Strauß Blumen, dessen rosa Blüten das Zimmer so sehr duften lassen. Ich suche nach Bildern, Bildern der Frau, die diesen Vaseninhalt so schön arrangiert hat. Es lässt mich fast eifersüchtig werden. Seltsam.

Ich drehe mich wieder zu ihm um. Ein attraktiver Mann am Telefon, ein schöner Anblick. Ich atme lange aus.

„Liam, Drake hier. Kannst du einen Wagen abschleppen?“

Ich höre gebannt zu, während ich näher trete und mein Blick zwischen seinen Augen und seinen Lippen hin und her geht.

„Ja, jetzt. „

Er macht eine Pause und dreht sich mir zu. Er lächelt und erneut prüft er mich, wie er es zuvor an der Landstraße getan hatte.

Ich schlage meine Arme übereinander. Er sieht, dass ich dabei schmerzlich den Mund verziehe. Ich hasse die Erinnerung an Michael.

Wieder lässt er seine Zunge über seine Lippen fahren. Will er mich provozieren? Ich muss mir eingestehen, dass er das verdammt gut kann.

„Ich kenne sie nicht. Sie ist bei mir.“

Ich horche auf.

„Gut, vielen Dank Liam. Bis gleich.“

Er legt das Festnetztelefon weg und greift stattdessen zu seinem Handy. Er tippt nachdenklich. Sofort greife ich nach meinem Telefon. Ich hingegen habe noch immer keinen Empfang.

„Falscher Anbieter.“, flüstert er verwegen und lächelt.

Meine Aufregung wächst, als er sein Handy auf die Flurkommode legt und mich ins Wohnzimmer mit den schweren Eichenmöbeln führt. Eine antike Couch lässt das Zimmer wirken, als wäre es aus einer längst vergangenen Zeit.

Seine Hand liegt auf meinem Rücken, während er mich sanft hereinführt.

„Schön wohnen sie.“ –

„Danke.“

Sein Blick wirkt verändert, als er mich noch einmal anschaut. Er öffnet eine schmale Glasvitrine und holt zwei Gläser heraus. Ist das Wein?

„Rot?“, fragt er und lächelt.

Noch ehe ich antworten kann, bestätigt er sich selbst.

„Rot.“, sagt er entschlossen. Nervös setze ich mich und versinke fast in der weichen Polsterung des Sofas.

Wie er mich anschaut!

Vollkommen entspannt gießt er dabei den Wein in das Glas. Seine Hand ist so ruhig. Er beugt sich zu mir herunter und reicht mir den Wein.

„Vielen Dank. Ich trinke eigentlich nicht.“

Meine Stimme klingt wieder unsicher. Ich will das nicht.

„Aber nach dem heutigen Tag ist ein Drink doch genau das Richtige, oder nicht?“, flüstert er und lächelt mich verschmitzt an. Er gießt auch sein Glas voll und stellt es auf den Glastisch.

Entschlossen tritt er vor die Fenster und sieht hinaus.

Mit wem lebt er wohl in dieser Einöde? Ich habe weit und breit kein weiteres Haus gesehen.

Die plötzliche Stille lässt mein Herz schneller klopfen.

„Danke für ihre Hilfe.“, sage ich schnell.

„Drake. Ich bin Drake.“ –

„Elena.“, lächle ich.

Ich bin mir sicher, dass meine Wangen wieder erröten. Ich bin doch sonst nicht so verlegen!

Er setzt sich auf den Hocker vor mir und ist so nah, dass sich unsere Knie berühren. Unbeholfen nippe ich an meinem Glas. Er folgt dem Lauf des Weines, versucht zu erahnen, wie er meine Kehle hinunterrinnt.

Ich verschlucke mich.

Verflucht!

Sofort treten Tränen in meine Augen. Ich huste, doch glücklicherweise beruhigt sich meine Lunge wieder schnell.

„Alles gut?“, fragt er und seine Hand ruht plötzlich auf meinem nackten Knie.

Amüsiert betrachtet er mich und sieht zu, wie ich kompliziert meine Tränen wegwische. Meine langen Nägel stören. Er leckt sich wieder über die Lippe. Meine Nägel scheinen ihm zu gefallen.

„Wie geht es jetzt weiter mit meinem Auto? Kann ihr Bruder etwas machen?“ –

„Ihr Bruder?“ –

„Er ist doch ihr Bruder, das sagten sie doch, oder?“ –

„Sind wir nicht schon zum Du übergegangen?“

Er senkt seine Stimme, wodurch sie noch tiefer klingt. Ich erzittere.

„Was sagte denn dein Bruder?“ –

„Ich habe ihm eine SMS geschickt. Er holt den Wagen jetzt dort ab und bringt ihn in seine Werkstatt. Danach können wir mehr sagen. Ich bin mir sicher, er bekommt ihn morgen wieder hin. Er hat sicher einen Austauschmotor da.“

Ich seufze.

Heißt es, ich werde die Nacht hier verbringen?

Noch einmal suche ich das Zimmer nach Anzeichen für die Anwesenheit einer Frau ab.

„Du kannst mein Schlafzimmer nehmen.“

Sein Blick durchbohrt mich, als fordere er mich auf, etwas zu tun.

Es klingelt.

Mein Handy klingelt!

Sofort schieße ich hoch. Ich habe wieder Empfang!

Doch als ich nach meiner Handtasche greife und auf mein Telefon schaue, erstirbt mein Lächeln. Meine Beine scheinen unter mir nachgeben zu wollen. Meine Hände zittern sofort. Ich lasse das Handy wieder in die Tasche gleiten. Es ist Michael, der anruft. Er wird mich suchen. Er darf mich nicht finden.

„Warum gehst du nicht ran? Sicher macht sich schon jemand Sorgen.“

Ich bin mir sicher, ich bin jetzt aschfahl. Drake erhebt sich und tritt hinter mich.

„Der Anruf ist nicht wichtig.“, sage ich schnell. Er merkt, dass ich etwas vor ihm verberge. Tadelnd sieht er auf meinen blauen Arm.

„Nun?“, fragt er und seine Stimme vibriert.

„Nun?“, frage ich irritiert.

Seine Hand streicht über meine Taille.

„Komm, du weißt, warum du mit mir gekommen bist.“, flüstert er und zieht meinen Körper an seinen. Ich spüre den warmen Hauch seines Atems in meinem Nacken. Seine Lippe berührt lustvoll mein Ohr. Ich ringe nach Luft.

Seine Hand presst sich fordern auf mein Becken. Ich spüre seine Erregung. Was ist hier plötzlich los?

„Ich brauchte Hilfe.“, sage ich entsetzt, doch komme ich nicht umhin, dieses aufkeimende Kribbeln zu verdrängen.

Hastig öffnet er seinen Gürtel. Ich spüre, dass er seine Hose öffnet, während er jetzt meine Taille fest umklammert hält. Ich bin vollkommen perplex.

„Was soll das?“, zetere ich laut und drehe mich hastig in seiner Umklammerung.

„Stell dich nicht so an!“, herrscht er mich an. „Deshalb bist du doch mitgekommen!“

Hart stößt er mich auf den Boden, während ich sehe, dass er seinen Reißverschluss herunterzieht.

Was geschieht hier?

Energisch zieht er an meinem Arm und bringt mich wieder auf die Beine. Hastig zerrt er an den Trägern meines Kleides.

„Du bist so heiß!“, flüstert er hastig, und wird noch begieriger, als ich mich wehre.

Ein lautes Knallen lässt uns auseinanderfahren.

„Drake!“

Eine harte, tadelnde Männerstimme weist Drake zurück.

„Lass sie!“

Sofort zieht der fremde Mann Drake von mir und hält ihn an seinen Schultern zurück.

„Was fällt dir denn ein?“, schreit er ihn an, ehe er sich mir zuwendet.

„Alles okay?“

Hilfsbereit hält er mir die Hand hin und hilft mir auf.

„Sorry.“, sagt Drake trocken an mich gerichtet.

Ich weiß nicht, was ich denken soll. Mein Herz führt einen schweren Kampf. Ich bin entsetzt und zugleich unglaublich erregt. Was war das gerade? Irgendetwas ist hier gerade in Sekunden unvorbereitet aus den Fugen geraten.

Mein Mund ist plötzlich unglaublich trocken. Ich nicke hastig, als ich die Hand des dunkelhaarigen Mannes annehme, der ein graues T-Shirt und eine hellblaue Jeans trägt. Seine dunklen Augen sehen mich merkwürdig, ja fast schmerzerfüllt an.

„Ich entschuldige mich für meinen Bruder.“, sagt er sanft und ich fühle mich in seiner Gegenwart sofort behütet.

„Für deinen Bruder musst du dich nicht entschuldigen. Das kann er auch selbst.“, sagt Drake, richtet seinen Gürtel und sieht sichtlich verärgert aus, weil man ihm die Tour vermasselt hat.

„Wir lagen wohl nicht auf einer Wellenlänge.“, setzt er trocken fort und lächelt mich an. Es pocht hinter meiner fiebrigen Stirn.

Er geht einfach darüber hinweg.

„Darf ich vorstellen? Mein Bruder. Liam.“, erklärt Drake und trinkt sein Glas in einem Zug aus ,als wolle er seinen Verdruss hinunterspülen.

„Ich fahre sie gern zu ihrem Hotel.“, wirft Liam sofort ein. Sein warmer Blick lässt mein Herz wieder langsamer schlagen. Sofort bin ich aus meinem merkwürdigen, ekstatischen Gefühl zurückgekehrt. Mein Hotel…

„Die junge Dame hat sich bereits dazu entschlossen, heute mein Schlafzimmer zu nehmen.“

Ich schaue Drake verwundert an. Habe ich das?

Ich sehe das wilde Pulsieren seiner Halsschlagader und ich habe plötzlich das Gefühl, zwischen zwei rivalisierende Brüder geraten zu sein, obwohl sie doch zunächst so harmonisch miteinander telefoniert haben. Ich habe nicht so schnell damit gerechnet, ihn kennen zu lernen.

„Möchte sie das wirklich?“

Liam wendet sich besorgt an mich.

Ich nicke, aber ich bin unsicher. Sofort blitzen Drakes Augen auf. Er fühlt sich bestätigt und ich weiß nicht, warum ich wieder wohlig erzittere.

„Der Motor des Wagens ist hin. Aber ich bekomme das hin. Morgen Nachmittag ist ihr Auto wieder startbereit.“ –

„Bringst du den Wagen dann?“ –

„Na klar.“ –

„Danke Liam.“

Ich merke, dass Drake froh darüber ist, dass Liam sich so schnell wieder verabschiedet.

„Passen sie auf sich auf.“, sagt er und schaut verdrießlich zu seinem Bruder.

„Das mache ich.“, sage ich.

Doch sobald er gegangen ist, ist die Stimmung angespannt.

„Das Badezimmer ist in der oberen Etage links. Mein Schlafzimmer gleich daneben. Handtücher liegen auf dem Regal, ein Shirt zum Schlafen kannst du dir aus meinem Schlafzimmerschrank nehmen.“

Drakes Stimme klingt kühl und trocken. Das merkwürdige Knistern ist erstorben. Ich finde keine Worte für ihn. Er ist stürmisch über mich hergefallen und geht einfach zur distanzierten Tagesordnung über. Ich bin sprachlos.

Er zeigt mir den Weg nach oben. Wortlos folge ich dem Lauf der prachtvollen Treppe. Und selbst als schließlich das heiße Wasser über meinen inzwischen erschöpften Körper läuft, kann ich nicht abschalten. Und ich glaube, mein Körper ist noch verwirrter als ich.

Er kommt nicht mal mehr, um nach mir zu sehen oder mir eine gute Nacht zu wünschen. Lauschend sitze ich auf dem breiten Bett. Es ist so unendlich weich und ich bin so müde, dass ich am liebsten sofort in den Kissen versinken will.

Die Anwesenheit einer Frau kann ich nach dem Vorfall wohl streichen. Bin ich darüber erleichtert? Was war das da unten denn gerade?

Sehe ich wirklich aus, wie eine Frau, die so schnell zu haben ist? Hat er das gedacht?

Ich betrachte mich in dem gegenüberliegenden Schlafzimmerspiegel. Ich sehe so harmlos und lieb aus, so frisch geduscht, in seinem flauschigen Bademantel.

Ich seufze.

Ich muss ja zugeben, dass ich ihm wohl ganz schön billig dahergekommen sein muss in meinem knappen Kleid, so auffällig geschminkt. Aber so bin ich nun mal.

Jetzt sehe ich vollkommen anders aus. Brav und artig, schlafbereit.

Ich trete an das hohe Fenster und sehe hinaus. Das liebliche Grün wirkt im Schein des Mondlichts wie aus einem Zaubergarten.

Ich öffne das Fenster leicht. Ich höre Grillen zirpen und sind das Frösche dort in der Ferne? Ich atme tief durch. Die Luft ist noch immer warm, aber angenehm.

Ich schließe meine Arme um meinen Körper und wieder ist der Gedanke an Michael da. Je mehr Stunden verstreichen, desto fester wird mein Wille. Ich will nie wieder zu ihm zurück. Ich will ihn nie wiedersehen.

Ich lasse den Tag hinter mir. Alles wird gut werden.

Ich schlage die Decke zurück und sinke auf die ersehnten weichen Kissen.

Das Cottage

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