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Schmerzensbuch Tagebuch Anne

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Anne führte während ihrer Krankheit einige Jahre ein Tagebuch. Die Therapeutin hatte das wie üblich empfohlen. Den ersten Eintrag datierte Anne mit dem 21. November 2014. Den letzten Satz trug sie am 1. Februar 2018 ein. Dreieinhalb Jahre schrieb sie also vieles von dem auf, was sie erlebte und was sie bewegte, in schwierigen Zeiten für sie.

Es handelt sich bei ihrem Tagebuch nicht um ein typisches Tagebuch-Buch. Eines mit festem Umschlag, hochweißen Seiten, wertvoller Einbindung, einem zierlichen Verschluss und einem farbigen Band als Orientierungshilfe. Nein, ihre Notizen trug sie in vier Oktavheftchen und zwei kleinen Notizbüchern ein.

„Schreiben Sie doch ein Tagebuch! Das wird Ihnen helfen!“ lautete also der Rat der Psychotherapeutin. Anne war mit einer Verordnung in deren Betreuung aufgenommen worden. Sie hatte zu dieser Zeit zunehmend Schwierigkeiten mit ihrem Gedächtnis bekommen, auch andere psychische Probleme bedrückten sie. Bedrückten sie im wahrsten Sinne des Wortes immer mehr. Also, wie es in solchen Therapien oft üblich: Her mit dem Tagebuch!

Folgsam begann Anne damit, in den kleinen Büchern einiges von dem festzuhalten, was sie erlebte und fühlte. Mehr oder weniger regelmäßig. Ich bestärkte sie darin, drängte sie aber niemals kontrollierend dazu. Ich bat sie auch nicht, mir daraus vorzulesen. Wahrscheinlich hielt mich eine Tatsache aus unserer Vorgeschichte davor zurück. Anne und ich, wir hatten uns in dem Arbeitsverhältnis „Chef – Chefsekretärin“ kennengelernt. Jahrelang arbeiteten wir äußerst konstruktiv zusammen. Sie beherrschte ihr „Handwerk“. Die gemeinsame „Schreibarbeit“ nahm in unserer Zusammenarbeit naturgemäß einen großen Raum ein. Da ging es oft darum: Wer hat was, wie und warum so formuliert, und wie sollte oder könnte das Formulierte verstanden werden?

Anne wurde für mich zur perfekten, fast unersetzlichen Chefsekretärin. Im Zusammenhang mit ihrer beginnenden Krankheit und ihren so persönlichen Tagebuchbuchnotizen behagte es mir instinktiv nicht, mit ihr wieder in eine Art Chef-Sekretärinnen-Atmosphäre hineinzukommen. Also spielte das Tagebuch in unserem täglichen Zusammenleben nur eine untergeordnete Rolle. Irgendeine Scheu hielt mich auch davor zurück, jemals in ihren kleinen Tagebüchern zu blättern und zu lesen. Auch nicht, nachdem wir uns endgültig voneinander verabschieden mussten.

Wie sich doch manches Detail im Gedächtnis festhakt: Ein halbes Jahr nachdem die Lebensliebste für immer gegangen war, in der Nacht vom 3. auf den 4. Oktober 2020, lag ich wieder einmal wach, konnte nicht mehr einschlafen. Wieder einmal schwirrten mir im Denken an sie Nachtgedanken durch den Kopf. Mir fielen ihre Tagebücher ein. Die kleinen Hefte lagen wie eh und je über meiner „Koje“ auf dem schmalen Bord an der Wand. Unberührt nach wie vor, so wie sie Anne aus der Hand gelegt hatte. Mir kam in den Sinn: Nun, da du am Buch über unsere Liebe schreibst, da müsstest du doch eigentlich, da müsstet du doch endlich, da könntest du eigentlich, auch wenn es …

Am folgenden frühen Sonntagmorgen, noch vor dem Frühstück, saß ich in meinem Opa-Korbsessel mit dem strahlend roten Aufleger und blätterte vorsichtig in den kleinen Tagebüchern von Anne, begann diese und jene Notiz zu lesen. Las, wie sie unserem unerwünschten Lebensbegleiter begegnete und wie sie ihn erlebte.

Anne

Tagebuch 2014 – 2018

Zufällig ausgewählte Auszüge*

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21.11.2014

Frau Dr. M. (Gespräch) = Ich habe keine Demenz!

Besser geworden als vor 2 Jahren!

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24.11.2014

Vier große grüne Blechdosen geputzt – Mittag: Senfsoße, je 2 gekochte Eier + Kartoffeln! – Ich lese das

Buch „Der Sommer des Jahrhunderts. 1913.“ von

Florian Klier = sehr spannend + gut geschrieben!

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19.12.2014

Gestern zum Singen; kleine Chorgruppe, etwas ach Frauen und zwei Männer. Diesmal Weihnachtslieder.

Ich hatte meine Noten und Texte vergessen = war blöd!

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22.12.2015

Einkauf! Weihnachten!

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24.12.2015

Weihnachten. Sehr ruhig …

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25.12.2015

Rouladen!

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26.12.2015

Essen beim Griechen! War gut!

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27.12. 2015

Zu Hause

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1.1.2015

Kino „Babylon“. Film war gut, sehr gut!

Film war von Änne …

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08.01.2015

Und wieder mach´ ich meine Hausarbeit (täglich) wie der Blitz; alles muss schnell sein! Mein Herz schlägt wie ein Hammer! Ich merke es aber wieder mal selbst, dass ich wie eine Verrückte die Hausarbeit mache. Warum? So war es eben während der vielen Jahre, als die Kinder noch zu Hause waren. Alles musste schnell gehen, bis ich merkte, dass ich mich so nach und nach übernehme. Heute besonders! Warum nur? Keiner jagt mich! Ich habe es mir immer noch nicht abgewöhnen können. Plötzlich, heute gegen 10:30 Uhr, wummert mein Herz! Ich stehe in der Küche und fühle meinen Puls, der raaast! Also – Pause; aufschreiben und ´runterkommen! Nach diesem Schreiben alles wieder normal. Ich sollte mehr auf mich achten …

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11.01.2015

Wir sind zum Urban-Krankenhaus gelaufen + zurück, damit ich den Weg wieder ins Gedächtnis bekomme.

Am 14.1. muss Malte antreten im Urban zur OP – doppelter Leistenbruch! Ich werd´ ihn dort besuchen; bin nach wie vor besorgt. Gegen 14:30 Uhr fühlte ich mich beim Lesen sehr schlapp. Etwas später merkte ich, dass ich bis dahin vor lauter Arbeit meine Gesundheitsstrümpfe nicht angezogen hatte.

Nun aber flott – und gleich war alles wieder gut!

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24.01.2015

Malte hat Geburtstag! Am Nachmittag kamen Gäste: Dennis, Theresa (hochschwanger) und meine Ieke.

Ieke und ich haben nach dem Kaffeetrinken im Flur auf dem Fußboden gesessen = sie dahinten, ich hier vorne, Beine gegrätscht und uns den festen Gummiball, groß bzw. klein wie ein Tennisball, uns gegenseitig zwischen die gegrätschten Beine gekullert. Wir hatten beide viel Spaß. Am frühen Abend verabschiedete sich die junge Familie, Theresa hochschwanger. Ich bin ja sehr gespannt. Diesmal will Theresa normal (nicht mit Kaiserschnitt) entbinden.

Man bekommt bei einer Normalgeburt Anweisungen, wann und wie geatmet werden muss. Es ist nicht einfach! Im Gegenteil! Aber die Hebamme „wird es schon richten“!

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31.01.2015

Drei Tage nichts eingetragen! Kopp wie Sieb!

ESCITALOPRAM: 5 Tropfen täglich morgens!

Malte achtet sehr darauf. Und für ihn ist es nicht zu

übersehen: Es soll meine Vergesslichkeit „liquidieren“!?

Ich bin wieder mal zur „Strickliesel“ mutiert.

Es lagert noch viel Wolle zum Verstricken.

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07.02.2015

Malte und ich haben heute unseren 29. Hochzeitstag!

Wie ist die Zeit vergangen! Malte und ich, wir machten noch einen kleinen Rundgang. Danach hat er mich zum Essen eingeladen – beim GRIECHEN in Treptow.

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12.02.2015

Blumenstrauß für Frau M. zum Geburtstag!

Einen Tag zu früh gratuliert. Na ja, kein Problem.

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07.03.2015

Nachmittags wieder ins Urban-Krankenhaus gelaufen zu Malte – Leisten-OP! Er stand auf, zog sich an, und wir gingen in die Cafeteria. Morgen wird Malte entlassen – wie schön! Ich werde darauf achten, dass er sich zu Hause nicht körperlich übernimmt. Und hoffentlich hört er mal auf mich! Sonst rumst es im Karton!

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11.04.2015

Friedhof (Maltes Söhne) = Blumen – Zu Mutti auf den Friedhof in den nächsten Tagen!!! – Rund um den Weißensee gelaufen. War schönes Wetter. – Heute Mittag gab es Taubenbeine, schmecken wie Hühnerbeine = gut!

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05.05.2015

Langsam komme ich mit meinem Kalender nicht mehr klar: bei dem, was ich alles notieren muss = Arzttermine: jetzt verschieben wegen Wanderung! Malte bastelt an seinen Wanderschuhen. Hat mal wieder laut geschimpft, weil er was nicht im Kopf hatte = laut geschimpft!

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14.05. 2015

Auf dem Weg zum Bus habe ich mich doch wieder etwas verirrt und musste Leute fragen: „Wie komme ich zum Bus?“ Dann konnte ich mich wieder erinnern.

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01.06. – 10.07.2015

Keine Einträge = Wanderung, „Frankenweg“

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11.07.2015

Wir sind den „Frankenweg“ komplett gelaufen! Ohne negative Zwischenfälle. War sehr schön + prima mit Malte. Viel könnte ich darüber schreiben, muss ich aber nicht. Bestimmt wird Malte wieder ein Büchlein schreiben …

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17.07.2015

Heute wieder ganz durcheinander im Kopf! „Bude“ saubergemacht! Malte sitzt am Schreibtisch und arbeitet. Was mein Gedächtnis anbetrifft, hat sich – glaube ich – nichts verbessert! Ich will nicht mehr zu Frau Dr. M. gehen = Psychologin! Die Gespräche belasten mich tagelang! Außerdem verstehe ich nicht, was mir während der Gespräche helfen soll. Sie stellt Fragen wie alle anderen auch.

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08.08.2015

Heute bin ich sehr durcheinander. Warum? Malte sitzt auf dem Trainingsrad (auf dem Balkon) und trimmt sich. Ich habe die „Bude“ saubergemacht! Jetzt suche ich das Buch „Die geschützten Männer“ von Merle! Weg ist es?

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30.08.2015

Ins Kino. KULTURBRAUEREI. Guter Film. Musische Kinder.

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31.08.2015

Zu Marie nach Wandlitz gefahren. Malte hat dort in der Seniorenresidenz eine Lesung gehabt. Ist gut verlaufen. Marie kenne ich nun schon so lange!

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07.09. – 16.09.2015

Kleine Fußwanderung im Hohen Fläming18. Burgenwanderung. Wunderschönes Wetter. Guter Weg. Hat mir Freude gemacht!

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03.10.2015

15:00 Uhr zu Algisa eingeladen = Busch-Chor-Sängerin. Mir hat´s gefallen. Kaffeetrinken und gemeinsames Singen. Lieder aus der Chorzeit. Einige sind mir namentlich entfallen.

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09.10.2015

Kein guter Tag in meinem Kopf! Bin sehr vertieft in die traurige Nachricht über die Krankheit meines Jugendfreundes F. M. Vergesslichkeit! Das kenne ich doch, hab´ ich auch. Aber nicht so schlimm wie er.

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31.10.2015

Fahrt zu Sepp, meinem Jüngsten. Nach Twistringen bei Bremen. Allein. Malte hat mich zum Zug gebracht = Lichtenberg. Ich hab´ einen Fensterplatz. Die Sonne scheint! Trotzdem hab´ ich Angst allein im Zug …

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02.12.2015

Ich wünsche mir zu Weihnachten Buntstifte und einen Tuschfarbkasten mit Pinsel.

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10.12.2015

Mit unserem Freund Pan in die Neue Nationalgalerie. Er im schweren Rollstuhl. Hin und zurück mit dem Bus. Alles lief gut. War sehr schön. Jetzt gegen 18:00 Uhr wieder zu Hause. Ich lese. Malte ist müde vom anstrengenden Tag, er liegt für ein Stündchen im Bett, das macht er richtig! Ich häkele inzwischen an meiner Handarbeit weiter.

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19.01.2016

Ergo-Therapie. War wieder gut + lustig.

Nächste Mal mit Körbchenbasteln.

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24.01.2016

Malte hat Geburtstag – 80 Jahre. Vormittags kam Charly mit Frau und haben gratuliert; noch einige Anrufe. Sepp hat angerufen! Der Tag war sehr ruhig. Schöne Blumen sind angekommen. Mein „Alterchen“! Wie schnell sind die Jahre vergangen!

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07.02.2016

Hab Sepp zum Geburtstag gratuliert! Er hat sich gefreut und uns zum 30. Hochzeitstag gratuliert. Sonst niemand weiter von den Kindern.

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15.02.2016

Tag normal verlaufen. Malte hat gekocht zu Mittag: Kartoffeln, Fleisch, Gemüse. Hat gut geschmeckt. Danach hat er etwas geschlafen. Nun, nachmittags, trifft er sich mit seinem Dichterfreund Nepomuk19 in der Szenekneipe von Barbara und Alina. Ich lese ein wenig im Englisch-Buch „English for you!“ Ich muss doch außer ERGO20 ein wenig für mich tun, was mir Freude macht.

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25.02.2016

Ich habe vergessen, wann Frau M. Geburtstag hat. Ich glaube auch am 23? Nee, alles schon gewesen.! (Knallt’s in meinem Kopf!) Sie hatte am 13. und wurde 92 Jahre! Donnerwetter! Sie ist im Kopf sehr fit!

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05.03.2016

Gleich stricke ich weiter. Muss ja auch mal fertigwerden! Aber es beruhigt mich sehr. Ich sortiere wieder meine Gedanken im Kopf! Ich hoffe immer noch, endlich von der ERGO befreit zu werden. Die Arbeit mit der Laubsäge ist zwar etwas Neues, aber ich habe trotzdem keine Lust mehr. Und so schlimm ist mein Kopf doch gar nicht krank!

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08.03.2016

Ich war nachmittags zu Frau Dr. H. Es war dort voll, und ich musste lange warten. Erst gegen 19:00 Uhr kam ich zu Hause an. Malte hat sich sehr gesorgt und dachte, mir ist etwas passiert. Es tat mir sehr leid, hab´ nicht daran gedacht, Malte anzurufen!! Er war sehr in Sorge um mich!!

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30.03.2016

Mit der Singegruppe im Altersheim Hoffmannstraße.

Auftritt (weiße Bluse etc.). Das ist gut angekommen.

Einige von den dort betreuten Bewohnern haben leise mitgesungen.

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22.04.2016

Großsaubermachen mit Malte; dabei immer ein bisschen Meckerei von ihm. Jetzt um 11:20 Uhr denke ich endlich an meine Tabletten und nehme sie ein! Ach so, gestern war ich mit Malte bei Frau Dr. M. Sie hat mich getestet, ich war dabei ganz gut. Nun hatte ich gehofft, mal von dem Ganzen in Ruhe gelassen zu werden – aber „Hustekuchen“!

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01.05.2016

Malte und ich sind am späten Nachmittag an die frische Luft gegangen. Im Park war es voll, die Jugend stand am Ufer vom Kanal, es wurde gemeinsam gesungen und laute Musik gespielt! War ein schöner Tag.

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09.05.2016

Sachen zusammensuchen für unsere Wanderung = Am 23.05. geht es wieder los. Zu Fuß über das Rothaargebirge21 und durch den Westerwald22!

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05.06.2016

(Während der Wanderung)

Sonntag = Ruhetag. Wir sind im Lahnhof. Frühstück war gut.

Malte hat unsere Wanderstiefel auf dem Balkon gereinigt; das hat sich gelohnt! Jetzt trudelt er noch eine Leine auf und befestigt sie auf dem Balkon; ein paar Kleinigkeiten müssen gewaschen werden! Die Sonne scheint!

Malte trocknet meine Strümpfe mit dem Föhn.

Das Abendbrot war gut und reichlich = Stullen.

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20.06.2016

07:10 Uhr krächzte der Rabe. Malte steht unter der Dusche.

Die Sonne scheint, der Himmel ist blau! Ich suche meine Sachen zusammen. Dann dusch ich mich! Dann geht es zum Frühstück. Anschließend wandern wir weiter.

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30.06.2016

Wieder zurück von unserer Wanderung durch das

Rothaargebirge und durch den Westerwald. Sind gegen 15:00 Uhr angekommen. Malte ist schon unterwegs, für Abendbrot zu sorgen. Mona hat sich sehr gut um unsere Pflanzen gekümmert. Bald zieht sie nach Adlershof zu ihren Kindern! Ich werde sie sehr vermissen!

Übrigens: Wir sind über das Rothaargebirge und den Westerwald gelaufen; war teilweise etwas problematisch, aber schön!

Das wird nun unsere letzte Wanderung gewesen sein.

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22.07.2016

Heute hab ich in der Karl-Kunger-Straße einen Unfall miterlebt = eine junge Frau fuhr auf dem Fahrrad auf der rechten Seite. Links stand ein großer LKW, der Fahrer öffnete seine linke Seite und stieß dabei die Radfahrerin um. Zum Glück hat sie sich nichts getan!

Und da sie mitbekommen hat, dass ich den Unfall gesehen habe, bat sie um meinen Namen und sagte mir, dass ich als Zeugin auftreten muss. Ich muss also vor dem Gericht meine Meinung äußern! Na, mal abwarten, wann die Sitzung tagen wird! …

Heute Mittag gab es Nudeleintopf; Malte hat gekocht; hat gut geschmeckt!

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26.07.2016

Heute ERGO, mein Gottchen, werde ich das denn nie los!

Es war doch ganz gut; ich habe meine Sache gut gemacht = mein Körbchen, das ich geflochten habe, ist sehr hübsch geworden! Es steht auf dem großen runden Tisch im Wohnzimmer, das damit schön geschmückt wird.

Frau S. hat mit aufgepasst, dass keine Fehler entstehen.

Trotzdem: Ich muss die ERGO bis zu meinem Lebensende weitermachen! Dabei bekam ich die fünf Wochen Wanderung ohne ERGO bestens aus.

Überhaupt verstehe ich nicht bzw. nie, warum ich bis zu meinem Lebensende zum ERGO gehen muss!?

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07.09.2016

Lange kein Eintrag, ich weiß auch nicht, warum ich das tagelang vergessen hab!? Wetter ist sehr schön! Zu Mittag gab es Königsberger Klopse. Morgen: ERGO!

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15.09.2016

Auftritt Singkreis im „Gerard Philipe“23. Alle hatten eine weiße Bluse und eine schwarze Hose an! Der Saal war voll! Die Gäste wurden angeregt, mitzusingen.

Ganz in meiner Nähe saß ein dicker weißhaariger Mann, der alle Lieder mitsang. Das fand ich Klasse!

Es wurde viel geklatscht und noch Zugaben gesungen.

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05.10.2016

Ich habe meinen Ring mit dem helllila Stein verloren!?

Wahrscheinlich habe ich ihn Theresa geschenkt.

Nee, stimmt nicht, ich hab‘ ihn wieder.

Er passt Theresa nicht. Jetzt trage ich ihn wieder!

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18.10.2016

16:45 Uhr Termin bei Frau M. (Nervenärztin). Ich sagte ihr, dass ich genug von ERGO habe und ich kann nicht mehr wirklich sagen, ob es mir besser geht oder nicht. Danach sagte ich ihr, dass ich deswegen mit ERGO aufhören möchte, und sie sagte: „Na, denn hören Sie auf!“

Damit hatte ich nicht gerechnet! Ich war sehr froh und umarmte sie mit einem Dankeschön!

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05.11.2016

Was muss ich tun, wenn Malte vor mir stirbt?

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09.12.2016

Lange Pause – nichts eingetragen; kann auch nicht zurückdenken. Ich habe viel gemalt! Im Buch „Achtsamkeit erleben“ (ist ein Ausmalbuch). Hab´ aber bis jetzt nur eine Seite sehr gut ausgemalt, morgen und jeden Tag geht es weiter. Ich versuche, sauber auszumalen; denn in meinem Alter zittern manchmal die Hände. Mein Liebster denkt und schreibt am Computer – er ist sehr fleißig.

Jetzt ist es 18:15 Uhr. Um 19:15 Uhr decke ich den Tisch.

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31.12.2016

Heute Nachmittag fahren wir zu einem Konzert.

Das wird uns gefallen!

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03.01.2017

Malte und ich sind in die Stadt gefahren, um mir Wolle zu kaufen. Nun kann ich weiterstricken. Malte sitzt schon am Schreibtisch.

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14.01.2017

Mir tut es sehr weh, gleich unterhalb der Brust, ob ich atme oder nicht atme! Keiner kann mir helfen!

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24.01.2017

Malte hat Geburtstag! Wir fuhren nach Buckow24.

Dort sind wir gewandert durch den Wald. Die Unterkunft ist gut! Übermorgen fahren wir wieder nach Hause.

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30.01.2017

Tagesablauf wie immer! Ich habe alle Koch- und Backbücher in Gedanken in den Müll geworfen. Malte hat mit mir geschimpft.

Jetzt ist 14:00 Uhr, wir essen sehr spät. Pellkartoffeln, Quark, Tomaten + Gurkensalat, Schokoladenspeise! Übrigens hat sich jemand die Koch- und Backbücher aus dem Müllkasten rausgesucht. Ich weiß nicht, was mich geritten hatte?!

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23.02.2017

Mein Geburtstag. Einige Geburtstagspost ist gekommen! Kein Kind war hier, aber alle haben mir am Telefon gratuliert – das hat mir genügt. Malte ist mit mir abends ins griechische Restaurant gelaufen. Dort wurden wir sehr freundlich willkommen geheißen. Da es am Abend war, haben wir ein sehr gutes warmes Essen … und der Kellner hat mir gratuliert.

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03.03.2017

Wir waren bei Gerhard und Renate. Gerhard war freundlich zu seiner Frau = sein Glück, sonst hätte es was gegeben!

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18.03.2017

Heute ist „Rabatz und bunte Bühne“! Malte und ich machten gerade „Rabatz und bunte Bühne“! Es wurde auch Zeit, dass wir uns von einigen Sachen (Kleidung) getrennt haben!!

In den Schränken ist es nun wieder übersichtlicher!!

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18.04.2017

Um 09:00 Uhr Aufnahmegespräch im St. Joseph-Krankenhaus mit leitendem Arzt.

Hoffentlich muss ich nicht zur ERGO!!

(Beginn einer ambulanten einjährigen Behandlungs- und Betreuungstherapie im Krankenhaus. M.K.)

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19.05.2017

Lange kein Eintrag! Die Sonne scheint! Mittag ist gegessen!

Ich mache die Küche sauber, dann stricke ich weiter.

Ich war endlich mal wieder bei Frau. M.

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14.06.2017

10 – 12 Uhr Krankenhaus. Gruppen-ERGO.

Um 15:15 Uhr Gespräch bei Dr. K.

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11.10.2017

Ach, herrje! Ich habe ja lange nichts eingetragen – hab´s vergessen! So was kommt vor! Mein Gehirn – na ja!

Ich werde mir Mühe geben, es nicht wieder zu vergessen.

Übrigens singe ich wieder jeden Dienstag. Es sind zwar nicht viel Sänger, aber trotzdem singen wir dabei, aber trotzdem singen wir alle – leider ohne Klavierspieler! Schade!

Jetzt sitze ich wieder am Strickzeug, es ist meine Lieblingstätigkeit. Wolle ist genug da.

Malte ist dabei sehr großzügig!!

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14.10.2017

Fahren wir ins Maxim-Gorki-Theater! Ich freue mich! …

Spät nach Hause – dunkel! Uns hat die Aufführung sehr gut gefallen! Es passiert ja selten im Jahr!

Gleich als wir zu Hause ankamen,

holte ich mein Strickzeug hervor.

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26.10.2017

Der Dienst in der Tagespflege fällt aus!

Ich finde das prima!!

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30.10.2017

Heute hab‘ ich ERGO! Malte fährt mich wieder hin.

Obwohl ich nicht gerne dorthin fahre! Wenn ich dann aber am Tisch sitze mit den Männern, die uns alle immer zum Lachen bringen, ist es lustig!

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01.11.2017

Heute ist ALLERHEILIGER. Kirchgang ist von mir nicht mehr!

Aber es ist ein Tag ohne Arbeit! Mich betrifft das nicht und auch nicht meinen liebsten Malte. Er sitzt am Computer und arbeitet. Ich lass ihn in Ruhe. Dann kann er besser denken.

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11.11.2017

Ich brauche wieder Wolle! = gelb, weiß, schwarz, rot!

Nachmittags kam Holger, und wir sitzen bis zum Abend und reden – und lachen viel über die lustigen Reden, über dies und das.

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30.11.2017

Im Bad ist Malte der volle Wassereimer umgekippt.

Jetzt wischt er auf dem Boden das Wasser auf!

Er tut mir sehr leid!!

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21.12.2017

Wir haben bei einem Weihnachtslied ein fehlendes Wort gefunden. = „Guten Abend, schön Abend“! Jetzt stricke ich weiter!

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01.02.2018

Aufstehen! – Frühstücken! Ich habe gestrickt.

10:30 Uhr kam N. Wir unterhielten uns mit ihm.

Dann hat er saubergemacht. Ich bin dann mit ihm spazieren gegangen an den Kanal. Danach Mittagessen: Kartoffeln, Weißkäse. Danach kleiner Mittagsschlaf.

Danach Spazierrunde, da die Sonne schien. Dann haben wir Matthias in seiner Buchhandlung besucht. Kleiner Einkauf bei EDEKA. Dann nach Hause gegangen. Tee getrunken.

Malte Zeitung lesen, ich hab gestrickt. Dann Abendbrot.

Malte hat noch eine Stunde gearbeitet. Heute Abend sehen wir uns im Fernsehen den „Bergdoktor“25 an. Ich stricke ein breites Stück für den Flur, dann ist die Wandseite komplett!

Am 23.02. habe ich Geburtstag.

Am 23.02. habe ich Geburtstag.

Das ist der letzte Satz, den meine Liebste in ihr Tagebuch geschrieben hatte. Nie wieder griff sie zum Stift oder Kugelschreiber, um etwas aufzuschreiben. In der uns verbleibenden Zeit hat sie kein Wort mehr geschrieben. Wie viele ihrer Worte mögen da verborgen geblieben sein? Nicht einen einzigen Satz hat sie mehr geschrieben! Wie lebens-gern und noch mehr Tagebuchnotizen hätte ich von lesen wollen! Aufgeschrieben von ihr in einer Schrift, die mir so vertraut geworden war! In einer Schrift, die für mich bis in ihr Alter hinein immer etwas Mädchenhaftes aussandte.

Trotzdem war und ist das Nachlesen ihrer Tagebuchnotizen sehr schmerzhaft für mich. Jede Situation, die sie beschreibt, wird mir gegenwärtig! Wie hat sie doch unter den immer stärker zunehmenden Einschränkungen gelitten!

Fünf Wochen vor ihrem Ableben saßen wir mit ihr zusammen und gratulierten ihr das letzte Mal zum Geburtstag. Ich wusste, dass es so war!

Es war der 23. Februar 2020.

Und es war ihr 80. Geburtstag.

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Nun endlich hatte ich die Tagebuchnotizen meiner Liebsten über ihre wohl schwerste Lebenszeit gelesen. Nur wenige ihrer Aufzeichnungen habe ich ausgewählt und hier in diesen Bericht über unsere letzte gemeinsame Wanderung eingefügt. Was sie über ihr Erlebtes und ihre Gefühle während der Krankheit aufschrieb, wollte ich nicht aus meiner Sicht kommentieren. Ich konnte es wohl auch nicht! Zumal uns beiden nach ihrem letzten Tagebucheintrag noch einige Monate bevorstanden, die überboten, was wir bis dahin erlebt hatten. Uns standen noch Prüfungen, Schmer-zen, Ängste und Belastungen bevor, die die Grenzen des Ertragbaren erreichten … überschritten?

In einem der kleinen Tagebücher von Anne fand ich einen Eintrag von ihr: ohne Datum, auf einer letzten Seite, für sich alleinstehend, ohne einen weiteren Kommentar. Sie hatte dort notiert: „Unser Friedhof ist in Alt-Stralau!“

Unser Friedhof ist in Alt-Stralau …

Anne LebensLiebe

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