Читать книгу Blood-Lady - Mandy Hopka - Страница 4

Letzte Angst

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Die Stunden, in denen ich neben ihr lag, kamen mir vor wie eine Ewigkeit. Die Nacht war bereits verstrichen und die Sonne kämpfte sich an die Macht. Ich hatte nur wenig Schlaf gefunden, auch wenn ich diesen eigentlich dringend bräuchte. Noch immer besaß ich nicht meine volle Stärke und normalerweise brauchte ich mehr Blut, aber solange wie es ihr nicht besser ging, konnte ich nichts tun als zu warten. Als abzuwarten, bis sie aufwachte und sich erholte. Es dauerte noch weitere Stunden, in denen ich mich immer wieder über sie beugte und anstarrte, als konnte ich damit bewirken, dass sie endlich ihre Augen aufschlug. Irgendwann regte sich tatsächlich etwas und energisch glitt ich wieder über sie und wartete darauf, in ihre dunklen Augen blicken zu können, die ich nun so klar sehen konnte, wie schon lange nicht mehr. Benommen blinzelte sie in mein Gesicht. Für eine Weile schauten wir einander an. Reglos. Atemlos. Es gab nichts Wichtigeres in diesem Moment als ihre Augen, ihre Lippen, ihre Stimme, die mir sagte, dass sie lebte. Ihr erging es da wohl nicht anders, nach all dem was geschehen war.

„Ich dachte, ich hätte dich verloren“, sagte sie glücklich und schlang ihre Arme um meinen Hals. Meine Stirn sank auf die ihre und wir schlossen die Augen. Meine Haare strichen über ihre Wangen und verdeckten unsere Gesichter. „Du wirst mich niemals verlieren. Egal wo ich bin, ich werde immer bei dir sein. Dein Leben lang und auch danach werde ich einen Weg finden, dich nicht verlieren zu müssen.“

„Es tut mir so leid. Ich hätte mit dir darüber reden sollen, warum es dir so schlecht ging.“

„Warte“, fuhr ich ihr dazwischen. „Es ist nicht deine Schuld. Ich habe dich eingesperrt, es war dein gutes Recht, dich so zu benehmen. Ich habe für mich selbst entschieden, so zu handeln.“

„Aber warum? Ich verstehe dich nicht? War es so schwer für dich eine andere Blood-Lady zu finden? Einfach mal einen normalen Menschen ... naja.“ Ich spürte ihren heißen Atem auf meiner Haut und ließ meine Lippen mit den ihren verschmelzen. Ich hatte sie solange nicht küssen können. Viel zu lange, hatte ich nicht einmal ihre Stimme hören können. „Je mehr man liebt umso einsamer ist man“, erwiderte ich in den Pausen die ich ihr ließ, um Luft zu holen. Voller Hingabe erwiderte sie jede meiner Zärtlichkeiten, fuhr mit ihrer Hand durch meine Haare, dehnte die Küsse bis in die Ewigkeit aus. Ich spürte ihre Liebe zu mir noch intensiver als jemals zu vor, was mein Herz fast zerspringen ließ. „Du musst eben auch mal lernen, nicht immer nur an dich zu denken und das zu tun, was du für richtig hältst. Sonst funktionieren wir beide nicht.“ In ihrer Stimme lag ein flehender Unterton, der sich mit Verzweiflung mischte. „Ich weiß das, aber was soll ich machen? Ich habe nun mal Angst, dich zu verlieren. Soll ich denn dabei zusehen, wie du Fehler machst, die du nicht einmal mehr bereuen kannst?“

„Ja.“ Ihre Entschlossenheit ließ mich die Augen aufschlagen und meinen Kopf nach oben schnellen. „Wie bitte?“

„Du musst mich meine eigenen Entscheidungen treffen lassen. Mich mein Leben so leben lassen, wie ich es möchte. Du kannst nicht über mich herrschen Damian. Ich bin nicht dein Eigentum, kein Gegenstand, welches nach deiner Nase tanzt. So funktioniert eine Beziehung nicht, dass weiß selbst ich.“ Ihre Hand legte sich an meine Wange, während ihre Augen mich fixierten. „Wenn wir beide glücklich sein wollen, dann musst du mich meine Fehler machen lassen. Selbst wenn es eben nicht immer der richtige Weg ist, muss ich selbst entscheiden, welchen ich gehen möchte. So ist der Lauf des Lebens. Es gibt bei jedem Höhen und Tiefen es kann nicht immer alles nur perfekt laufen, dass müsste doch selbst bei euch Vampiren so sein, egal wie perfekt oder übernatürlich ihr seid. Dazu gehört eben auch, dass ich die schwierigen Dinge, meine Fehler meistern muss, um stärker zu werden. Du kannst nicht alles kontrollieren. Wenn du eine Katze immer nur im Haus hältst, wird sie nie lernen, sich selbst zu versorgen.“

„Was ist das für ein Vergleich? Hier geht es um dein Leben, nicht um die Frage, welche Schuhe du dir kaufst! Diese Welt ist in den letzten Monaten gefährlicher geworden als du denkst. Und alles, was dich betrifft, betrifft nun auch mich. Du bist nicht mehr allein, Amy. Du bist nun ein Teil meines Lebens und ohne dich ist mein Leben bedeutungslos.“ Was rede ich da eigentlich? Seit wann hatte sich mein Herz so verändert? Was war aus mir geworden? Ihre Augen weiteten sich. „Denkst du mir ergeht es anders? Ich liebe dich, Damian. Es gibt keinen Tag mehr, an dem ich nicht an dich denke, seitdem sich unsere Blicke getroffen hatten. Ganz gleich, was du auch bist. Ich akzeptiere dich. Mit allem was du bist.“ Sie hielt inne, um meinen Kopf näher zu sich heran zuziehen. Nun war er endlich da. Der Moment, in dem ich spürte, dass Amy mich so liebte, wie ich sie. Wo ich wusste, dass wir alle Grenzen überwunden hatten, die für sie, so unüberwindbar erschienen waren. Ob sie es nun tatsächlich akzeptierte, was ich war? Unsere Nasenspitzen berührten sich und das Verlangen nach einem weiteren Kuss, war unerträglich für mich. Aber ich übergab ihr die Handhabung der Situation und so, schauten wir einfach nur einander in die Augen. „Das tue ich selbst nachdem … nachdem du mich gebissen hast, aber du musst auch endlich anfangen, etwas für uns zu tun. Ich habe das Gefühl, als würde nur ich um uns kämpfen.“

„Das stimmt nicht. Was denkst du, wie sehr ich mich in den letzten Monaten zurückgehalten habe, um dich nicht zu verletzen. Egal, ob es sich um einen dummen Fighter handelte oder um dich selbst. Es ist bei weitem nicht mehr so, dass ich nur an mich denke. Ich wollte Menschenblut trinken, aber damit hätte ich getötet. Ich hätte erneut Blut an meinen Händen gehabt etwas, was du nicht mehr wolltest. Du willst keinen Mörder von Unschuldigen an deiner Seite, deshalb konnte ich es einfach nicht. Ich musste immer wieder daran denken, was du zu mir sagtest. Wir töten euch und ihr tötet uns. Der Hass wird nie ein Ende finden, wenn nicht jemand den Anfang macht. Ich will lernen das Leben zu schätzen. Nicht nur das meine, sondern auch von anderen.“ Amy schenkte mir ein zärtliches Lächeln, welches ich wohl mit am meisten vermisst hatte. Dieses Lächeln, bei dem in meinem kalten Herzen die Sonne aufging. „Das ist doch schon mal ein guter Anfang. Aber wieso würdest du sie dann gleich umbringen. Mich hast du doch auch nicht umgebracht?“ Aber ich war nahe dran gewesen. „Menschenblut wird mir als Reinblüter nicht gerecht. Ich hab es einmal versucht und hätte mich beinahe übergeben. Und damit es überhaupt etwas brachte, hatte ich mir alles nehmen müssen. Von einem Tropfen, konnte ich den Durst einfach nicht stillen, es war wirklich widerlich.“ Sie schien skeptisch aber dies hier war die Wahrheit. „Ich hatte keine Zeit, mir eine Blood-Lady zu suchen. In der näheren Umgebung war keine aufzufinden und wie sollte ich reisen, am Ende sogar das Land verlassen müssen, während ich dich hier zurücklassen müsste, wo Blinow jeden Tag jemand schicken konnte, um dich erneut mit sich zu nehmen. Es gab keinen Ausweg.“

„Du hättest mich auf dieser Suche mitnehmen können“, schlug sie vor, wirkte aber ebenfalls nicht sehr überzeugt von diesem Einwand. „Du weißt genauso gut wie ich, dass du dieses Land hier niemals verlassen würdest, nicht jetzt, zu diesen Zeiten. Erst recht nicht, nachdem ich dich hier einsperrte. Du wärst bei der erstbesten Gelegenheit abgehauen.“ Sie schwieg und in ihrem Gesicht lag Trauer. Wo war dieses Lächeln, was ich im Augenblick mehr sehen wollte, als dieses so deprimierte Gesicht?

„Wir müssen uns beide ändern und dazu gehört auch, dass du anfängst nicht mehr für mich und mein Leben zu entscheiden.“ Stille trat ein. Wie konnte sie von mir verlangen, sie ihrem Schicksal zu überlassen, wenn ich sie doch davor bewahren konnte? „Ich kann es versuchen“, sagte ich und ließ erneut meine Zunge ihren Mund erkunden. „Das reicht mir für den Anfang“, erwiderte sie halbherzig lächelnd und ich legte mich wieder neben sie, wo ich mich mit meinem Ellbogen abstütze und mit der anderen Hand über ihren Körper glitt. Nichts hatte sich verändert. Alles war genauso wie früher. Sie drehte sich zur Seite, wo sie sich an meine Brust kuschelte. „Es war wohl auch meine Art, mich selbst dafür zu bestrafen, was ich dir antat. Ich hätte nie gedacht, dass ich so machtlos werden würde.“ Amy seufzte tief. „Wieso wolltest du dich selbst bestrafen? Das ist doch dämlich“, erwiderte sie unverständlich und hatte damit mehr als recht. Seit wann benahm ich mich so Kopflos? Veränderte ich mich nicht schon genug? Wie sehr sollte ich mich denn ihrer Meinung nach noch ändern? „Ich habe es dir angesehen, wie es dich gequält hat. Diese Ungewissheit, deine fehlende Freiheit … ich wollte so fühlen wie du.“

„Du bist echt bescheuert“, murmelte sie an meiner Brust. „Hey, sowas sagt man nicht zu dem Menschen den man liebt.“ Sie lächelte amüsiert, und schloss erneut ihre Augen. Es dauerte nicht lang, bis mir ihre gleichmäßige Atmung verriet, dass sie wieder eingeschlafen war.

Gut so, denn ich brauchte dringend mehr Blut.

„Also ich versteh nun wirklich nicht, was ihr Menschen daran toll findet? Wer tut sich denn sowas freiwillig an?“

„Menschen wie wir, die zu viel Freizeit haben“, antwortete Amy und nahm sich eine Salzstange, auf deren sie herum kaute. „Allein der Kommentar dazu: Maria A. (53) isst zur Not auch Klopapier, soll das witzig sein? Das ist doch zu 100 Prozent alles ausgedacht und erlogen.“

„Du verstehst den Sinn dabei nicht. Natürlich ist das alles ausgedacht. Das sind alles Schauspieler, Damian. Die haben ein Drehbuch, nachdem sie sich richten. Das ist nun mal das Fernsehprogramm der neuen Zeit. Man schaut es sich an und lacht über die Dummheit der Macher.“ Ich schüttelte verständnislos den Kopf und beobachtete die Szene, der nicht gerade attraktiven Frau mit Abscheu. „Also ich finde das ist unter meinem Niveau, tut mir leid.“ Ich nahm meinen Arm, den ich um sie gelegt hatte zurück und stieg aus dem Bett. Von diesem Rumgebrülle der Leute in dieser Serie - oder was auch immer es war, bekam ich noch Kopfschmerzen. „Du nimmst das alles viel zu ernst.“

„Es ist ernst, da braucht sich die Menschheit doch nicht zu wundern, dass sie immer dümmer werden, wenn nur noch Dummheit verbreitet wird. Da frag ich mich wirklich, wo manche Menschen waren, als Gott ihnen das Gehirn schenkte. Anstatt es sinnvoll zu nutzen, bringen sie nur so etwas zustande? Sehr erbärmlich oder nicht.“ Amy lachte und ich starrte sie missmutig an. „Hast du nicht gerade selbst gesagt, dass alles eh nur erfunden ist. Du musst das echt lockerer sehen. Eigentlich sind diese Menschen sogar ziemlich schlau, immerhin werden sie eine Menge Geld damit verdienen.“ Ich verdrehte die Augen und verschwand im Bad. In den letzten zwei Tagen hatte ich mir so viel Schrott anschauen müssen, dass ich mich fragte, für was Fernsehen wirklich gut war. Das hatte Nipkow bestimmt nicht damit bezweckt, als er ihn erfand. Aber immerhin brachte es Amy dazu, nicht mehr über ihren Vater nachzudenken. Sie dachte tatsächlich, dass es ihre Schuld war. Ob ihre Schwester wirklich auch eine Blood-Lady gewesen war? Scheinbar kannten wir vielleicht doch nicht alle Ladys, aber ich hatte mich dafür auch nicht wirklich interessiert. Ich hatte Annabell schon seit über einem Jahrzehnt, warum hätte ich dann nach anderen Ausschau halten sollen? Deshalb war Amy wohl auch eine Überraschung für mich gewesen.

Als ich aus dem Bad zu ihr zurückkehrte, hatte Amy den Sender gewechselt. „Gott sei Dank. Etwas, was einen mal nicht verblöden lässt.“ Warum hatte ich eigentlich zugestimmt, ihr den Fernseher aus meinem Wohnzimmer, in ihr Zimmer zu stellen? Wie gebannt fixierte sie das Bild und nahm meine Stichelei wohl gar nicht mehr war. Fragend sank ich wieder zu ihr aufs Bett und blickte ebenfalls in den Bildschirm. „Wir schalten nun live zu unserer Reporterin in Berlin. Was genau, hat sich denn dort abgespielt?“, sagte eine Frau und blickte in mein Gesicht. Fernsehen war schon etwas Merkwürdiges aber Faszinierendes. „Wer braucht schon diese Nachrichten, die erzählen doch sowieso nur Mist.“

„Sei mal bitte still“, sagte sie hastig und drückte mir ihre Hand auf meine Brust. Ein warmer Schauer breitete sich in mir aus und am liebsten hätte ich sie wieder zu mir gezogen, aber so anspannt wie sie wirkte, musste etwas nicht stimmen und so verfolgte ich diese Reportage ebenfalls. „Laut Augenzeugenberichten, hat sich hier erneut ein wahres Massaker abgespielt. Die Polizei vermutet, dass es sich dabei wieder um einen Kampf der beiden Gangs handelte, die auch für die Schlägereien zuvor verantwortlich waren. Die eine Gruppierung hatte wohl wieder einmal Waffen - sogar professionelle Schusswaffen, während sich die anderen wohl zum Teil nur mit Händen und Füßen verteidigt hatten. Laut eines Augenzeugen waren letztere wohl wieder einmal unglaublich stark und auch hier erschien es, als würden die Treffer ihnen zunächst nicht wirklich etwas ausmachen. Ob es sich dabei tatsächlich um die Einnahme von Drogen handelt, wurde noch immer nicht bestätigt.“

„Wie viele Leute waren es den dieses Mal und wie viele wurden dabei verletzt?“

„Man spricht von mehreren Toten, mindestens 20. Die genaue Zahl wurde allerdings noch nicht bekannt gegeben. Die Polizei will noch immer keine Auskünfte geben und hält sich damit noch immer ziemlich bedeckt, was genauere Informationen zu diesem Thema angeht. Man wisse ja nicht einmal um welche Gangs es sich handelt. Fakt ist jedoch, dass dies bereits der sechste Fall von solch einer Massenschlägerei in Deutschland war und das innerhalb eines Monats. Da ist es kein Wunder, dass die Menschen hier sich immer mehr Sorgen um ihre Sicherheit macht. Hinzu kommt ja auch noch das Attentat am Kölner Dom vergangene Woche. Ich denke man kann also gut nachvollziehen, wie sich die Bevölkerung fühlt.“

„Soweit aus Berlin. Vielen Dank an Frau Hipp. Und während dieser nun neuen Schlägerei, weiß man jetzt auch, wer die Toten des letzten Vorfalles in Stuttgart waren. Frau Herz und Herr Weimar berichten für sie.“

„Du denkst es waren Fighter gegen die Rebellion?“

„Sei leise“, fuhr sie mich an. Ich rollte mit denn Augen. „Befehlige mich nicht, dass kann ich nicht leiden.“ Ihre Finger legten sich unsanft auf meinen Mund. Wie sprach sie eigentlich mit mir! „Nun haben wir Gewissheit, sagte Marie N, die Frau eines Mannes, der am vergangenen Freitag sein Leben lassen musste. Er war nur einer von vielen, die in dieser Nacht nicht nur Marie und ihre zwei jährige Tochter zurückließen.“

„Ich weiß nicht einmal was genau er gemacht hatte! Er war ein guter Mensch. Ein guter Vater. Er hat nichts Falsches getan.“

„Und auch Leonie R, die nicht erkannt werden möchte, versteht nicht, weshalb ihr Verlobter, sterben musste.“

„Wir waren mitten in denn Hochzeitsvorbereitungen und dann das! Das ist einfach nur ungerecht“ Die Frau schniefte und schnappte nach Luft. „Ich hoffe wirklich, dass man diese Täter endlich findet und sie zur Rechenschaft dafür zieht, dass sie so viele Menschen ermorden.“

„Amy, du weißt doch, dass diese Frau lügt“, sagte ich und nahm ihre Hand in die meine. „Sie weiß eindeutig, dass ihr Mann ein Vampir ist und sich der Rebellion angeschlossen hatte. Ihr war doch klar, dass das passieren würde. Also warum dann dieses Rumgeheule vor der nichts wissenden Bevölkerung?“

„Soll sie etwa ausplaudern, dass es sich dabei um einen Vampirkrieg, als um einen Bandenkrieg handelt? Wir können froh sein, dass sie es nicht einfach tun! Das ist etwas, was ich einfach nicht verstehe. Jetzt wo ihnen niemand mehr Vorschriften macht, warum gehen sie nicht einfach zur Presse und machen es publik? Ich denke, dass hier ist eher ein Statement an das Ministerium. Vielleicht denkt sie, dass sie so jemanden erreichen kann? Wahrscheinlich hat das Ministerium diese Banden und Drogen Geschichten erfunden, um wahllos töten zu können“, sagte sie genervt, während ich in mein Kissen zurück sank. „Allmählich wächst in Deutschland immer mehr die Angst vor diesem landesweiten Bandenkrieg. Doch die Fragen wer diese Banden sind, die sich mittlerweile in ganz Deutschland bekriegen oder überhaupt warum sie dies tun, bleibt weiterhin ein Rätsel.“

„Siehst du, und das verstehe ich auch nicht! Warum nur landesweit? Der Vize hat auf der ganzen Welt den Befehl zur Massentötung gegeben, also warum fällt es dann nur hier in Deutschland so ins Gewicht, dass man den Medien eine Geschichte auftischen musste?“, rätselte sie und blickte mich dabei hoffnungsvoll an. Ich wusste zwar eine Menge, aber alles wusste auch ich nicht mehr. Immerhin hatte ich in den letzten Monaten andere Probleme gehabt. „Ich denke mal, und dass ist jetzt nur eine Vermutung, dass John diese Rebellion auf Deutschland konzentriert, da hier das Zentrum des Ministeriums ist. In den anderen Ländern können deine Fighter morden und morden, ohne, beziehungsweise nur mit wenig Widerstand. Im Dunklen und im Geheimen. Vielleicht verstecken sich die Mischlinge auch und warten auf ihre Anweisungen. Ich habe dir doch erzählt, dass er die Manipulationsabteilung behalten hat, um diese Morde zu vertuschen.“ Sie überlegte kurz, ehe sie sich ohne ein weiteres Wort dem Fernseher zuwandte. Scheinbar hatte sie festgestellt, dass der Bericht jetzt vorüber war, während wir diskutiert hatten. „Wir halten sie natürlich auf dem Laufenden, falls es etwas Neues zu dieser Thematik gibt. Und nun zu einem ebenfalls aktuellen Thema.“ Die Stimme versagte und Amy, die nun im Schneidersitz neben mir saß, drehte sich zu mir um. Ich blinzelte in Richtung des Fernsehers, der nun im Dunklen lag. „Hast du davon gewusst?“

„Mehr oder weniger ja.“ Ich gähnte lang und schaute auf die Uhr. „Zeit fürs Abendbrot, findest du nicht?“

„Wie können sie so etwas zulassen! Es ist doch nur noch eine Frage der Zeit, bis jemand Fotos oder Videos ins Netz stellt die zeigen, wie sie kämpfen, wie sie ihre Zähne zeigen, wie sie regenerieren und dann ... und dann …“

„Jetzt mach mal halblang. So weit wird es der Minister schon nicht kommen lassen. Du hast da etwas außer acht gelassen. Diese Lüge mit dem Bandenkrieg und den Drogen ist doch eine gute Deckung für ihn. Schon seit ungefähr einem Monat gibt es diese Nachrichten. Nur leider seid ihr dabei die bösen und die anderen die gutmütigen Drogenjunkies, die Familie haben und bei denen die Frauen oder Männer des Öfteren in Interviews auf die Unschuld ihres geliebten plädieren. Aber ich denke, der Minister wird nicht jedes Interview mit einem Hinterbliebenen zulassen. Ich weiß nicht, wie viele Mischlinge sich nun vor ihren Lebenspartnern und ihrer Familie geoutet haben, aber ich denke mal, es werden nicht alle gewesen sein und deshalb sind so viele so ratlos über den Tod ihres Mannes oder ihrer Frau. Aber diese Frau vorhin wusste eindeutig mehr. Das hat man ihr angesehen.“ Ich glitt vom Bett hinunter und reichte Amy die Hand. Sie schien komplett unter Strom zu stehen und angespannt nachzudenken. Wahrscheinlich überlegte sie gerade, wie sie sich am einfachsten wieder in Gefahr begeben konnte und das schlimme daran war, dass ich nichts dagegen tun konnte, ohne sie wieder zu verlieren. Ob ich sie gehen ließ oder sie einsperrte. Es schien, als hätte ich keine Wahl mehr, denn ganz egal was ich auch tun würde, es gab bei jeder Entscheidung die Möglichkeit, dass sie mich verließ. Diese Machtlosigkeit, dieser Verlust meiner Kontrolle machte mich wahnsinnig und ich wollte aufhören, darüber nachzudenken, dass sie gehen würde. „Willst du nun mit essen kommen oder nicht?“

„Ich muss dringend mit Marvin und Nicki sprechen. Ich muss wissen was hier vor sich geht“, sagte sie abwesend, nahm jedoch meine Hand entgegen. Etwas zu energisch zog ich sie zu mir. „Entschuldige“, entgegnete ich daraufhin und legte meine Hände an ihre Hüfte. „Schon okay, gibst du mir dann mein Handy wieder“, antwortete sie gleichgültig. Mittlerweile kannte ich sie nur zu gut. Es ging ihr nun besser und so war sie von diesem Thema so gefesselt, dass sie sich wie ein hungriger Adler auf alles stürzte. Kopflos, ohne darüber nachzudenken was sie tat. Ihr Tatendrang in dieser Sache würde mir wohl auch noch weiterhin nur Probleme bereiten, egal, wie sehr ich mich auch von alledem fernhalten wollte. Ich schaute sie an, als ich bemerkte, dass sie zu mir aufsah. „Nach dem Essen“, bestimmte ich und ließ sie mit meiner Stimme spüren, dass ich mich nicht umstimmen lassen würde. „Ja, meinetwegen“, erwiderte sie hektisch und entriss sich meiner Umarmung. Als sie schon aus dem Raum war, blieb sie stehen und schaute zu mir zurück. „Was ist nun?“ verständnislos schüttelte ich den Kopf. „Ich will in Ruhe mit dir essen, also mach jetzt bitte nicht so eine Hektik. Die Welt wird sich auch mit diesem Telefonat nicht ändern“, meinte ich, als ich zu ihr aufschloss. „Ich habe mehr als zwei Monate wegen dir verpasst! Ich will endlich wissen was im Ministerium vor sich geht.“ Sie war wirklich anstrengend. In den letzten zwei Tagen, hatten wir einander mehr gegeben als jemals zuvor. Was vielleicht auch daran lag, dass wir endlich Zeit für uns gehabt hatten. Amy war zu schwach gewesen um das Bett zu verlassen und somit hatte ich ihr Bettruhe verschrieben, bis es ihr wieder besser ging. Nun erschien mir diese Zeit, wie als hätte es sie nie gegeben. Jetzt, da sie wieder Feuer und Flamme für unser kleines Problem war, würde sie keine Ruhe mehr geben. Ich verfluchte unsere Situation, in der wir uns noch immer befanden. Das schlimmste an allem war wirklich, dass ich sie gehen lassen musste. Wahrscheinlich hatte sie recht, ich konnte nicht alles kontrollieren.

„Wir sollten uns langsam etwas einfallen lassen. Du musst mit John reden! Aber gut, dafür müssen wir ihn erst einmal ausfindig machen. Mal sehen, vielleicht weiß ja das Ministerium schon etwas. Man kann sich ja schließlich nicht in Luft auflösen!“, rätselte sie nachdenklich und massakrierte dabei ihr Essen. Kannte sie denn wirklich kein anderes Thema mehr? Ich wusste es, ich hätte ihr den Fernseher nicht geben dürfen… Ich ärgerte mich selbst darüber, denn vielleicht hätte ich so noch ein paar Tage mehr mit ihr in Frieden leben können. In einer Welt, in der es nur uns beide gab. Wo sie alles vergessen hatte, was sie war und welche Probleme sich da draußen ansammelten. „Schon vergessen, dass ich mich da heraushalte? Euer komischer Krieg interessiert mich nicht mehr. Gerade jetzt, wo ich scheinbar als Tot gälte, hoffe ich bloß, dass es auch dabei bleibt. Nicht das hier irgendwann ein paar Fighter zum ausräumen der Villa vorbei kommen!“ Das klirren der Gabel ließ mich Aufsehen. „Das kann doch nun wirklich nicht dein ernst sein! Wir brauchen dich. Ohne dich wird es nicht funktionieren!“

„Mir reicht es, wenn du mich brauchst, was interessiert mich der Rest der Menschheit? Ich mische mich nicht in andere Angelegenheiten ein.“ Was dachte sie? Das sich jetzt durch diesen Vorfall alles geändert hatte? Ich meinte es ernst, als ich zu ihr sagte, dass ich niemanden mehr töten wollte. Ihr zu liebe, würde ich das Leben anderer schätzen, aber das hieß nicht, dass ich wieder bei ihrem Krieg Spielchen mitmachen wollte und mich dabei auch noch selbst in Gefahr begeben würde. Ich war und würde niemals ein Engel werden, der Teufel war mir schon immer lieber gewesen. „Ich habe meine Entscheidung getroffen, habe sie gründlich durchdacht und meinen Weg gewählt. Hätte ich noch ein paar mehr Jahre zur Verfügung, sehe dieser vielleicht anders aus, aber warum sollte ich meine letzten Jahren damit verschwenden, einen Kampf zu kämpfen, der für mich nicht von Nutzen ist? Ich werde keinen Menschen mehr grundlos töten, dass habe ich dir versprochen. Aber zum Retter der Menschheit werde ich in diesem Leben nicht mehr mutieren.“

„Wie bitte? Nicht von nutzen? Natürlich hätte es einen Nutzen für dich. Denkst du im Ernst, ich werde mich jemals mit dir zur Ruhe setzen, solange diese Welt nicht sicher ist? Ist das denn wirklich das einzige, für was du dich noch interessierst? Seit wann bist du so fixiert auf uns beide? Es tut mir ja leid, aber das ist mein Job, Damian. Ich wurde damit erzogen, die Menschen beschützen zu wollen. Vor allem die Menschen, die mir wichtig sind. Wenn du es schon nicht für dich tust, dann tue es wenigstens für mich oder für uns. Willst du mich wirklich im Stich lassen? Ich habe den Fightern, die dich fast umgebracht hätten, versprochen, dass ich etwas tun werde. Das wir beide etwas unternehmen werden. Damit haben sie dich im Übrigen am Leben gelassen! Ich brauche dich in diesem Kampf. Du bist der einzige, auf den John hören könnte oder der zumindest etwas gegen ihn ausrichten kann. Das weißt du.“Jetzt legt sie los. Ihre belehrenden Worte fingen langsam an, mir auf die Nerven zu gehen. Sie war nicht in der Position, mich zu belehren. „Du kannst doch nicht im Ernst in so einer Welt leben wollen. Ich meine, dir kommen diese 60 Jahre die du noch hast vielleicht wenig vor, aber für uns Menschen ist es mehr als ein halbes Leben! Du hast doch vorhin gesehen, was bereits los ist. Diese Welt verändert sich in die falsche Richtung! Und daran sind nicht zuletzt wir Fighter schuld. Ich werde meine Kollegen garantiert nicht im Stichlassen.“ Ich zuckte mit der Schulter und schluckte mein Essen herunter, bevor ich ihr antwortete oder besser gesagt, bevor es mir im Halse stecken blieb… „Du meinst die, die dich gefoltert haben? Und soll ich ihnen jetzt auf ewig dankbar sein, weil sie mich verschont haben? Zum letzten Mal! Was interessieren mich diese Probleme? Werden bis jetzt denn irgendwelche Menschen verletzt oder getötet? Nein oder? Also Herrgott nochmal, was interessiert es mich ob sich die Fighter und die Mischlinge gegenseitig abschlachten? Wenn die Mischlinge gewinnen, dann gut, ich bin mal gespannt was John dann vorhat. Wenn die Fighter gewinnen sollten, dann ist doch alles super. Interessiert mich im Übrigen auch nicht, solange sie mich in Ruhe lassen. Wenn ich eingreifen sollte, dann für dich. Ich habe nämlich keine Lust mehr, mich weiterhin mit dir wegen diesem Thema streiten zu müssen. Warum denkst du eigentlich, dass ausgerechnet du die Macht hast, etwas verändern zu können? Weil deine Mutter ein hohes Tier bei euch war? Du bist nicht wie Harry Potter, Amy. Kopflos verrennst du dich da in etwas. Denk doch einmal nach. John wird garantiert nicht mit mir reden, er hasst mich. Und willst du mich wirklich diesen Kampf gegen ihn aussetzen? In diesen sinnlosen Kampf gegen ihn, wo ich tatsächlich sterben könnte? Ich dachte du willst mich nicht verlieren? Nicht noch einmal.“ Ich pausierte für einen Moment, um mich zu beruhigen, da ich immer lauter geworden war, sodass Jim sich bereits verzogen hatte. Hörbar blies ich die Luft durch meinen Mund „Also halte ich mich daraus. Punkt. Können wir jetzt in Ruhe essen?“ Mich nervte dieses Thema. Ich hatte es satt, mich ständig mit ihr über irgendwelche Vampir Probleme zu streiten. Erneut nahm ich das Messer wieder in die Hand und widmete mich weiter meinem Steak. Das Geräusch des Stuhles, der auf dem Boden scharrte, ließ mich jedoch wieder Aufsehen. „Wo willst du nun wieder hin“, rief ich genervt. „Ich gehe in mein Zimmer. Mach doch was du willst, mir ist der Appetit vergangen.“ Mit diesen Worten verschwand Amy aus dem Raum. Es wird sich wohl nie ändern. Unsere Beziehung lebte ja schon förmlich von unseren Auseinandersetzungen und Meinungsverschiedenheiten.

Fast schon hatte ich diese vermisst.

***

Ich wusste, dass ich ihm in einem Punkt wohl recht geben musste. John hasste ihn. Warum auch immer. Das Damian ihn daher in irgendeiner Weise besänftigen und beeinflussen konnte, war wohl wirklich nur ein Wunschdenken von mir gewesen. Aber wenn man zusammen aufgewachsen war, verband einem dann nicht etwas Besonderes? Marvin war für mich doch auch wie ein Bruder, mehr als das. Er war für mich einer der wichtigsten Menschen, daher war ich mir sicher, dass uns nie etwas trennen konnte. Selbst diese Gefühle die er für mich hatte, würden uns nicht auseinander bringen können. Das musste doch auch bei John der Fall sein, oder nicht? Wie waren Freundschaften unter Vampiren eigentlich? Wenn Damian‘ Vater und der Vater von John Freunde waren, kannten sie sich wohl bereits eine Ewigkeit, bis die Sache mit Frau Báthory und den Männern passierte. Wie konnte man dann seinen besten Freund umbringen? Egal was auch geschehen sein mag, ich könnte Marvin niemals etwas antun! Dabei kannte ich ihn keine 400 Jahre.

Etwas musste ich doch tun können. Es musste einfach etwas geben! Ich musste mit Marvin telefonieren. Vielleicht hatte er ja bereits eine Idee. Und noch mehr, wollte ich im Augenblick mit Nicki reden. Ich hatte mir bereits den Kopf darüber zerbrochen, wie sie damit klar kam, dass sie schwanger war. Ich vermisste die beiden schrecklich. Ich wollte sehen, wie sie aussah, hören ob sie glücklich war. Umso sehr freute es mich, dass Damian wohl eines begriffen hatte. Er konnte mich nicht behandeln wie sein Eigentum, wie einen Gegenstand. In dieser Hinsicht, benahm er sich wirklich sonderbar. Doch genau aus diesem Grund, hatte ich mich wohl in ihn verliebt. Die Tatsache, dass er mich niemals hintergehen würde, dass er mich niemals im Stich lassen würde. Das seine gesamte Aufmerksamkeit nur mir allein galt. Wieso rechtfertigte ich mich noch immer vor mir selbst, dass ich einen Vampir liebte? Diese Zeiten mussten doch vorüber sein, oder würde ich jetzt mein gesamtes Leben damit verbringen, mich für meine Liebe zu rechtfertigen. Vor allem und jedem? Hätte man mir vor einem Jahr gesagt, dass mich ein Vampir bei sich einsperren und ich diesen dennoch lieben würde, hätte ich ihn wohl für geisteskrank erklärt.

Wie lange ich auch in diesen Spiegel blickte, sah ich zwar mein Gesicht, welches sich kaum verändert zuhaben schien, aber diese Person die ich nun war, war nicht mehr dieselbe. Ich mochte sie. Ich mochte mein jetziges Ich mehr, als die rachsüchtige und verbissene Amy, die dachte, dass sie Liebe, Zuneigung und auch sonst niemanden brauchte, solange sie dafür sorgen konnte, dass die Vampire dafür bezahlen würden. Solange ich meine Freunde hatte, die mir zumindest ein kleines bisschen Trost schenkten und mein Leben ein wenig lebenswerter machten.

Nun aber war alles anders.

Mein Herz war voller neuer Gefühle. Ich glaubte, ich hatte mich noch nie in meinem Leben so lebendig gefühlt, seitdem ich ihm begegnet war. Meine Seele war wie befreit von einer schweren Last. Zumindest, wenn man von unserem kleinen Problem absah, welches mir noch immer nicht meine komplette Freiheit gab, was meine Gefühle anging. Noch konnte ich es nicht genießen.

„Ich will dich doch auch nicht verlieren, dass weißt du selbst. Ich will dich auch nicht dieser Gefahr aussetzen. Aber es ist nun mal die einzige Idee, die ich derzeit habe. Du bist nun mal der Einzige, der dieselben Fähigkeiten besitzt, wie er“, erklärte ich und wand mich von dem Spiegel in meinem Zimmer ab. Ich hatte bereits auf ihn gewartet, nachdem ich mir den Kopf über seine Worte zerbrochen hatte. „Und ich bin nicht kopflos! Ich bin einfach nicht so ein gleichgültiger Mensch wie du.“ Langsam ging ich zu ihm und ließ meinen Kopf gegen seine Brust sinken. Wie beruhigend der Herzschlag eines Menschen sein konnte. Obwohl er ja eigentlich keiner wahr. Nicht mal ein Teil von ihm...

„Ich will mich doch auch nicht mit dir streiten“, fuhr ich ruhig fort. „Ganz im Gegenteil. Ich will, dass endlich Frieden einkehrt. Ich will eine Zukunft mit dir.“ Mit einem deprimierten Seufzer, schloss ich die Augen und sein Parfüm hüllte mich in eine Wolke aus Wärme ein. Ich war wirklich froh, dass er noch am Leben war und ich hatte eines begriffen. Die Zeit war zu kurz, um sie zu verschenken. Wie schnell konnte alles, was man hatte einem in der Hand zerrinnen. Ich hatte mein halbes Leben verschenkt, hatte zu viel ertragen müssen, dass ich nun einfach nur noch glücklich sein wollte, egal wer oder was mich auch immer glücklich machen würde. Ich hatte ein Recht darauf, oder nicht?

Er legte seine Arme um mich und ließ seine Nase durch meine Haare gleiten. „Wir beide haben doch bereits eine Zukunft. Solange wir beide am Leben sind, wird uns die keiner mehr nehmen können. Ganz gleich wie diese auch aussehen mag.“ Ich erhob meinen Kopf und blickte in seine Augen, die noch immer viel zu dunkel waren. Meine Hände schoben sich unter sein Hemd und ein Knopf öffnete sich. Mit meinen Fingern fuhr ich über seine warme, nackte Haut. „Worauf auch immer du hinauswillst, ich glaube es könnte mir gefallen“, erwiderte er und grinste eingebildeter denn je. Ich umfasste den Kragen des Hemdes und zog sein Gesicht näher zu mir, um seine Lippen mit den meinen zu bedecken. Nichts wollte ich mehr, als ihn zu schmecken. Alles schien noch viel intensiver geworden zu sein, als vorher oder bildete ich mir das ein? Seit über 2 Monaten hatten wir es nicht mehr getan und selbst in den letzten Tagen, hatte er keine Anstalten gemacht, mich auf diese Weise zu wollen.

Während ich mit meiner Zunge seinen Mund erforschte, öffnete ich die restlichen Knöpfe seines Hemdes. Damian hingegen beließ seine Hände auf meinen Rücken, erwiderte meine Küsse, aber wirkte noch immer distanziert. Damian, der schon von Anfang an mehr als aufdringlich gewesen war. Verwundert brach ich ab und starrte ihn an. „Ich dachte es gefällt dir, was ist dann dein Problem?“, fragte ich verunsichert. Nachdem er mir nicht antwortete, zuckte ich mit den Schultern und löste mich aus seiner Umarmung, wand ihm den Rücken zu und blieb vor dem Bett stehen. „Wie auch immer, ich muss immer noch mit Marvin telefonieren, vergiss das nicht. Außerdem gehört es sowieso mir, also habe ich auch ein Recht darauf es zurück zu verlangen“, bestimmte ich und zog mein Shirt aus, um es gegen mein Nachthemd zu tauschen. „Ich will ihn heute noch anrufen und wahrscheinlich, werde ich morgen mal bei ihm vorbeischauen oder bei Nicki oder beides. Mal sehen. Also stell dich schon mal darauf ein, dass ich nachdem Frühstück erst mal weg bin.“ Nachdem ich auch meine Hose ausgezogen hatte, kramte ich mein Nachthemd unter der Decke hervor und Streifte es mir über. Noch irritierter als vorher, schaute ich ihn abermals an, da er noch immer ohne ein weiteres Wort an Ort und Stelle verweilte. „Sag mal, geht es dir gut? Oder bereust du es schon, mir einen Korb verpasst zu haben?“, stichelte ich amüsiert und setzte mich, ihn weiter musternd, auf die Bettkante. „Amy, wir müssen etwas klären.“ Seine Worte waren so ernst, dass mein Körper in Alarmbereitschaft ging und ich mich unweigerlich verkrampfte. „Etwas muss dir klar sein. Ich bin noch immer ein Vampir und du eine Blood-Lady.“ Damian schien wohl doch nicht an der Stelle festgewachsen zu sein und kam zu mir hinüber. Als wäre ich ein Kind, hockte er sich vor mir hin, wodurch er mit mir auf Augenhöhe war. Ich wusste sofort, dass mir das, was er zusagen hatte, nicht gefallen würde und so, wand ich meinen Blick von ihm ab. Wann war unsere Umgebung so kühl geworden. Oder kam es nur mir so vor? „Du weißt, dass ich dich liebe, und dass ich dir nie etwas antun würde.“ Eine Pause entstand und schließlich realisierte ich, dass er darauf wartete, dass ich ihm eine Antwort gab. „Das weiß ich, glaub mir.“ Seit wann hatten Rosen eigentlich solch eine intensive Farbe? Dachte ich, als ich ein Objekt gefunden hatte, dem ich mich zuwenden konnte. Warum war ich nun so unsicher? So unsicher, dass ich ihm nicht mal mehr in die Augen blicken konnte. Wahrscheinlich weil ich genau wusste, über was er reden wollte. „Ich brauche dein Blut, Amy“, mir lief es kalt den Rücken herunter. „Ich lebe davon, dass ist eine Tatsache, die sich nun mal nicht ändern lässt.“ Fröstelnd, schaute ich zum Fenster hinüber, da ich das Gefühl hatte, dass es unsagbar kalt geworden war.

Ich konnte mich an das letzte Mal kaum mehr erinnern. Vielleicht weil ich es auch verdrängen wollte. Der Schmerz war unerträglich gewesen, wie kleine Messer, die sich in meine Haut bohrten, nicht wie die Nadeln einer Spritze. Ich war wie in Trance gewesen, hatte mich nur dafür interessiert, ihn zu retten, dass mir alles andere, jeglicher Schmerz, egal gewesen war. Mein Verstand, mein Gehirn, hatte sich den Gefühlen meines Herzens unterworfen. Doch nun, ging es ihm doch gut. Alles war wieder wie früher, oder nicht? „Aber wieso“, begann ich und da ich es nicht länger in seiner Nähe aushielt, stand ich wieder auf und ging ein paar Schritte. „Du hast doch jetzt wieder neue Kraft, also kannst du dir doch auch eine andere Lady suchen. Die Welt ist groß. In Deutschland leben über 81 Millionen Menschen, da muss doch noch eine sein. Du musst hier auch nicht mehr rund um die Uhr auf mich aufpassen, da ich am Ende ebenfalls als tot gälte. Ich kann zu Marvin oder zu Nicki gehen und für ein paar Tage bei einem von beiden übernachten.“ Ehe ich mich zu weit von ihm entfernte, ergriff er meinen Arm. „Aber ich will niemand anderes. Ich will dich!“ Seine Stimme hallte in meinem Kopf wieder. Ich will dich. Dein Blut trinken. Leckeres, rotes Blut. Ich schluckte. Diese Vorstellung war einfach zu bizarr. Sanft zog er mich an sich und ich landete mit dem Rücken an seinem Oberkörper. Damit ich mich wohl nicht erneut von ihm abwenden konnte, schlang er seine Arme um mich und drückte mich fester an sich, als zuvor. „Verstehe doch. Du bist meine Lady, dass warst du schon, als du mein Haus betreten hast. Ich habe dich erwählt und glaub mir, ich will dir ja alle Zeit geben, die du brauchst. Aber ich will keine andere Frau mehr. Für mich gibt es nur noch dich. Seitdem ich dich kenne, habe ich das Gefühl, nur für dich gelebt zu haben. Du hast alles in mir verändert. Du hast sogar dem Vampir in mir neue Gefühle gezeigt. Noch nie habe ich das Blut von jemandem so begehrt, wie deines. Es ist … es ist einfach unbeschreiblich. Wie ein Rausch, einfach unglaublich.“

„Ich habe es verstanden. Bitte lass das. Das ist mein Blut, von dem du da schwärmst.“ Ich wollte mich aus seinen Armen befreien, aber er ließ mich nicht gehen. „Warum hast du so eine Angst davor? Ich weiß, die ersten Male sind nicht sehr berauschend, aber du gewöhnst dich an den kurzen Schmerz.“

„Ich bin noch nicht soweit, bitte lass mich gehen.“

„Aber wann wirst du soweit sein? Wenn ich wieder halb tot durch dieses Haus schleiche?“ Mein Herz explodierte vor Anspannung und Aufregung in meiner Brust. „Ich dachte du gibst mir Zeit. Du verstrickst dich gerade in Widersprüche“, sagte ich zornig. Ich wollte, dass er mich los ließ. Ich wollte Abstand, denn im Augenblick, war er zu sehr der Vampir. Der Vampir, vordem ich mich tatsächlich fürchtete. Nicht, weil er sich so benahm wie damals, bei Annabell‘ kleinem Mordversuch. Sondern einfach, weil er mit mir über den Vampir sprach, der er war. Und das in so einer ernsten Art und Weise, dass ich einfach nicht anders konnte, außer weglaufen zu wollen. Wenn ich mit ihm darüber sprach, breitete sich in mir eine gewisse Panik aus. Eine Panik die mein Herz und meine Lunge versagen ließ. „Das tue ich, weil ich dir wirklich die Zeit geben will, aber wenn ich dir so nah bin, lässt mir der Vampir in mir einfach keine Wahl mehr. Er will dich.“ Seine Hand glitt unter mein Hemd und er fuhr mit dieser über meinen Bauch hinauf, zu meinem Busen. Meine Brüste kribbelten vor Verlangen nach mehr. Sein Mund liebkoste meinen Hals, was mich wiederum unsicher machte, als das es mich erregte. Ich war hin und hergerissen zwischen zwei so unterschiedlichen Gefühlen. „Damian bitte“, wisperte ich. Was sollte ich nur tun? Ich konnte das einfach nicht zulassen. Meine Schwester, mein Vater und sogar meine Mutter waren dadurch ums Leben gekommen. Kaltblütig ermordet. Und jetzt sollte ich dies freiwillig zulassen? Erwartete er etwa, dass es mir irgendwann auch noch gefallen würde? Ohne Vorwarnung wirbelte er mich herum und ließ mich aufs Bett fallen. „Ich dachte du willst nicht mit mir schlafen?“, sagte ich skeptisch, in der Hoffnung, dass er dadurch vergaß, was er mit mir bereden wollte. Begierig zog er mir das Hemd wieder über den Kopf und während ich in die Mitte des Bettes krabbelte, befreite auch er sich von seinen Klamotten. Ich beobachtete ihn nur zu gern dabei. Dieser Mann verkörperte Stärke, Macht und Erotik auf eine Art, wie ich es noch nie bei einem Mann wahrgenommen hatte. Seine Muskeln spannten sich an und zeichneten sich deutlich auf seinem Körper ab. Ein wenig Sonnenbräune hätte ihm tatsächlich nicht schaden können. Ich fragte mich wirklich, woher er diese Narbe hatte und warum er nicht darüber sprechen wollte. Sie war ein einziges Mysterium an dieser sonst so perfekten Gestalt. Damian glitt zu mir und grob, drückte er mich in sein Bett, nahm meinen Bauch in seine Hände, hob mich an und ließ seine Zunge über meinen Bauchnabel gleiten, streifte mit seinen Haaren hinauf zu meinen Brüsten. Erregt biss ich mir auf die Lippen. Herrgott, ich hätte niemals gedacht, dass Sex etwas so großartiges war. Ich hatte tatsächlich falsch gelegen, als ich behauptet hatte, ich bräuchte das alles nicht. Ich habe damals nur noch nicht gewusst, wie sich all das anfühlte, was ich nicht hatte.

Seine Zunge erforschte weiter meinen Körper, als wäre dieser ihm komplett neu. Er liebkoste meinen Oberschenkel, fuhr tiefer und nahm meine Beine, um Platz zu schaffen. Platz um etwas Neues zu tun. Meine Hände verkrampften sich in der Decke, als er mich mit seiner Zunge befriedigte. „Damian, ich will dich, aber nicht so“, stöhnte ich lustvoll, denn binnen weniger Sekunden stand ich auf der Schwelle zum Höhepunkt. Warum konnte er alles so verdammt gut? Gab es auch etwas, was er nicht konnte? Mit einem gönnerhaften Lächeln, kehrte sein Mund zu dem meinen zurück - natürlich nicht, ohne vorher auch andere Stellen zu berühren. „Wir haben viel nachzuholen.“ Hart spürte ich seine Erektion an meinem Oberschenkel. „Ich will nicht warten“, stöhnte ich verlangend. Damian liebkoste mein Schlüsselbein, leckte mit seiner Zunge über meine Brustwarzen. Ich wollte wirklich nicht länger betteln. Ich wollte mir nehmen, was ich brauchte, also hob ich mich ihm entgegen.

Am Ende kam zusammen, was zusammen gehörte. Er pulsierte in mir und als Damian sich nach oben drückte und mich ansah, erregte mich das fast noch mehr, als seine harten Bewegungen in mir. In seinem Blick war so viel Begierde, so viel Macht. Er krallte sich an der Lehne des Bettes fest und drang schneller und härter in mich ein. Da ich ohnehin schon einem Orgasmus nahe war, kam ich bereits nach wenigen Sekunden. Damian hingegen ritt weiter auf mir. Heftiger, als jemals zu vor. Sein Verlangen machte ihn rasend vor Lust, dass er nicht reagierte, als ich versuchte ihn dazu zu bringen, langsamer zu werden. „Wir sind noch lange nicht fertig“, stöhnte er und das Holz des Gestells, an dem er sich klammerte, knarrte verdächtig. „Ich kann nicht noch einmal, bitte“, sagte ich und stöhnte dennoch unweigerlich bei jedem Mal, mit dem er tiefer in mich eindrang. Plötzlichen hielt er inne und küsste mich, schmeckte mich. Fuhr mit seiner Zunge über meine Lippen. Dieser plötzliche Wechsel irritierte mich kurzweilig.

„Ich dachte schon du willst mich gar nicht mehr küssen“, hauchte ich ihm entgegen. „Nichts will ich mehr als das.“ Seine Rauheit in den Küssen hatte bei weitem nichts mehr mit liebevoll zu tun, aber es störte mich nicht. Ich hatte ihn unglaublich vermisst und das in jeder Hinsicht. Er glitt von mir, schmiss die Kissen beiseite, setzte sich und lehnte seinen Rücken gegen die Lehne. „Komm her“, befahl er, fast schon zu herrisch. Etwas war tatsächlich anders. Damian‘ dominante Seite, zeigte sich nun mehr denn je. Sein Verlangen schimmerte in seinen Augen. Trotzdem ich bereits meinen Orgasmus bekommen hatte, wurde ich dennoch immer erregter, was ich niemals für möglich gehalten hatte. Mir gefiel diese Seite an ihm. Diese Macht, diese Art an ihm, dass er immer ganz genau wusste, was er wollte, was er tat. Ohne Zweifel, ohne Scham oder Angst. Furchtlos eben.

Ich drehte mich zu ihm und setzte mich mit gespreizten Beinen auf ihn, so wie er es von mir verlangte. „Ich dachte du willst nicht, dass ich die Kontrolle habe?“ Seine Lippen kräuselten sich und fast hätte es ein Lächeln sein können. „Ich werde dir auch niemals die Herrschaft überlassen. Niemals.“ Seine Hände umfassten meinen Po und ich schlang meine Arme um seinen Hals. Mit diesen Worten bewegte er meinen Körper. Ich lächelte als ich mich an ihn presste und meinen Kopf in seinen Nacken legte. Meine Hand vergrub sich in seinen Haaren. Unsere Körper verschmolzen miteinander auf eine neue Weise. Es kam mir vor, als wären wir uns bei keinem unserer Liebesspiele so nahe gewesen, wie in diesem Moment. Ich spürte wie feucht wir waren und sein Stöhnen trieb mich immer weiter einem erneuten Orgasmus entgegen. Er wölbte sich unter mir, begann sich mir entgegen zu bewegen. Seine Hand glitt an meinem Körper hinauf, umklammerte mich, um nicht aus dem Takt zu kommen. Er beherrschte alles. Mich, meinen Körper, den Rhythmus einfach alles. Ich hatte keine Chance, dem etwas entgegen zu wirken – nicht, dass ich es gewollt hatte. Seine Hand nahm meine Haare, die an meinem Rücken hinunter fielen. Er sammelte sie in seinen Fingern, umklammerte diese und riss meinen Kopf nach hinten, sodass ich zur Decke blickte. Seine Finger vergruben sich in meinen Haaren, an meinem Kopf, so wie ich es sonst immer bei ihm tat. „Was machst du nur mit mir“, fragte er von Lust erfüllt und so laut, dass ich wusste, dass er bereit war zu kommen. Endlich nachdem auch ich bereits dem Ende so nahe stand, war auch er endlich so weit. Seine Finger drückten gegen meinen Kopf, hielten ihn fest umklammert, während die andere sich immer fester um meinen Hintern schmiegte. Als mich der Orgasmus übermannte, rief ich seinen Namen. Presste ihn atemlos aus mir heraus.

Und dann tat er es.

Einfach so.

Ohne Vorwarnung.

Blood-Lady

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