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Das Fotoshooting hatte genauso stattgefunden, wie von Kirstin gewünscht. Dass Blaubart ein begeisterter Hobbyfotograf war, kam ihr sehr entgegen. Vieles, was er aufgenommen hatte, war bei ihrer Kundschaft begehrt. Großformatige Fotos in Schwarz-Weiß und in Farbe konnte sie nach ihren Auftritten verkaufen. Außerdem hingen die Bilder in den Schaukästen der kleinen Rotlichtbars, die es wegen der strengen behördlichen Auflagen jedoch vermieden, allzu freizügige Fotos zu zeigen, trotzdem aber ihrem Publikum einen Hauch von Erotik und großstädtischem Nachtleben vermitteln wollten.

Blaubart hatte in einem diskret arbeitenden Fotolabor die Abzüge in Auftrag gegeben, die er jetzt vorsichtig in Klarsichtfolien schob. Dabei befiel ihn jedes Mal dieser eifersüchtige Gedanke gegenüber jenen fremden Männern, die auf diese Weise zu einem Besuch eines Nachtlokals animiert werden sollten. Eine Vorstellung, die er zu verdrängen versuchte, denn er wollte Kirstin mit niemandem teilen müssen – wohl wissend natürlich, dass es deren Job war, das männliche Publikum anzustacheln. Allerdings, davon war Blaubart überzeugt, blieb es in den Bars bei der Zurschaustellung der weiblichen Reize. Darüber hinaus, so hatte Kirstin ihm schon mehrfach versichert, sei mit ihr nichts anzufangen. Ob sie jedoch außerhalb des Etablissements lukrativen Angeboten widerstehen würde, daran hatte er gewisse Zweifel. Mehrfach schon hatte sie ihm von Versuchen berichtet, von professionellen Zuhältern angeworben zu werden. Blaubart hatte sie davor gewarnt, auf derartige Geschäfte einzugehen. Inzwischen fühlte er sich sogar ein bisschen als ihr Beschützer.

Gerade als er das letzte von zwei Dutzend Fotos verpackt hatte, wurde die Stille des Frühlingsabends von einem Motorengeräusch gestört. Er richtete sich auf seinem Bürostuhl auf, um aus der Fensterfront in den noch hellen Hof hinausschauen zu können. Ein schwarzer BMW der gehobenen Klasse war direkt an das Gebäude herangefahren. Stuttgarter Kennzeichen. Lukas, durchzuckte es Blaubart, schnappte die verpackten Fotos und ließ sie in einer Schublade verschwinden.

Der Mann, den man mit seiner großen, kräftigen Statur gemeinhin als Kleiderschrank bezeichnen konnte, stieg aus dem Wagen und eilte zur Eingangstür, die unverschlossen war, sodass er Augenblicke später in Blaubarts Büro stand und sich vor dem Schreibtisch aufbaute. »Jetzt hör mal, my friend«, begann er mit sonorer Stimme, während Blaubart tiefer in seinen Schreibtischstuhl zu versinken schien. »Wir sollten klare Verhältnisse schaffen«, fuhr Lukas mit hörbar US-amerikanischem Akzent fort und machte mit seinem Dreitagebart und den kurz geschorenen schwarzen Haaren keinen sympathischen Eindruck auf Blaubart. »Ich hab mir da etwas überlegt. Und vielleicht bist auch du zur Besinnung gekommen.«

Blaubart erhob sich langsam. »Was willst du von mir? Mich einschüchtern?«

Lukas kam einen Schritt näher. »Ist mir egal, wie du das siehst. Ich mach dir einen Vorschlag: We forget die Sache mit dem Auto. Dafür machen wir einen anderen Deal.«

Blaubart starrte dem Amerikaner in die Augen. »Und zwar?«

»Gebrauchtwagen für den Osten«, knurrte Lukas und steckte die Hände tief in die Taschen seiner olivfarbenen Jacke. »Du besorgst sie, ich bring sie hin. Sehr gutes Geschäft. Aber nur Nobelmarken.«

»Wie soll das funktionieren?«, war alles, was Blaubart über die Lippen brachte.

»Das überlass mal mir. Und noch etwas«, er zog sich einen Stuhl heran und setzte sich, »auch mit der Kirstin könnte was laufen. Die ist viel zu schade, um in einem Provinz-Striptease-Schuppen zu verkommen, wenn du verstehst, was ich meine.«

Blaubart spürte einen Kloß in der Kehle. »Das kann nicht dein Ernst sein.«

»Kirstin ist ein Goldschätzchen«, grinste Lukas überheblich. »Wir müssen sie nur ein bisschen auf Spur bringen. So sagt man doch, oder?« Weil Blaubart nichts erwiderte, lehnte sich der Amerikaner genüsslich zurück und ergänzte wissend: »Schöne Fotos hast du wieder gemacht. Du solltest sie nur nicht in verbeulte Autos setzen. So eine Beule lenkt vom Wesentlichen ab.«

Die Gentlemen-Gangster

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