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Die Renaissance der Alchemie

Geleitwort von Susanne Fischer-Rizzi

»Die Alchemie ist die Kunst der Suchenden.«

Manfred Junius

Dieses Buch erschien 1979 erstmals im italienischen Verlag Edizioni Mediterranee, 1982, vor fast 35 Jahren, folgte die deutsche Ausgabe im Schweizer Ansata Verlag. Nun liegt das Werk in einer überarbeiteten Neuauflage vor.

Mir scheint, gerade zur richtigen Zeit. Die Alchemie erlebt heute eine Renaissance. Viele, die sich mit Heilpflanzen, Naturheilkunde, Spagyrik und Traditioneller Europäischer Heilkunde beschäftigen, suchen nach einem verständlichen und anwendbaren Weg zur Alchemie. Dieses Buch ist von einem bedeutenden Alchemisten unserer Zeit verfasst, der mit Hingabe und Leidenschaft sein kostbares Wissen teilt – ein Glücksfall. Es ist ein praktischer Führer für die hermetische Kunst und eignet sich sehr gut für das selbstständige Arbeiten. Die Leserinnen und Leser werden in diesem Standardwerk nicht nur in die wichtigsten Grundkenntnisse der Alchemie und in die praktische alchemistische Laborarbeit eingeweiht, sondern finden auch leicht nachvollziehbare Rezepte zur Herstellung von heilkräftigen Essenzen, Tinkturen und Elixieren. Mit den Zuordnungen zu den Gestirnen, durch die Verbindung von Laborarbeit mit den Rhythmen der Planeten, wird die praktische alchemistische Arbeit in einen würdevollen kosmischen Zusammenhang gestellt. Selbst für weiterreichende, komplexe alchemistische Arbeiten wie das »Circulatum Minus des Urbigerus«, den »Pflanzenstein« und das »Pflanzenmagisterium des Paracelsus« vermittelt der Autor ein tiefes Verständnis, erläutert die Hintergründe und gibt praktische Anleitungen.

Ich besitze ein Exemplar der Ausgabe von 1982 mit einer Widmung des Autors. Manfred wünschte mir darin ganz herzlich alles Gute auf meinem alchemistischen Weg. Er fügte ein Zitat aus dem Rigveda hinzu: »Lasst edle Gedanken von allen Seiten zu uns kommen.« Wenn ich heute diese Zeilen lese, steht er wieder vor meinem geistigen Auge: ein großer, stattlicher Mann mit einer starken, lebendigen Präsenz. Eine Aura von Liebenswürdigkeit umgab ihn, man fühlte sich angenommen und vertraute ihm als Lehrer und Freund. Viele empfanden seine Nähe als heilend.

Was mich an Manfred besonders beeindruckte, war seine gelebte und authentische Bescheidenheit – ungewöhnlich für einen Menschen mit einem so enormen Wissen. Er beherrschte vierzehn Sprachen, war Professor für indische Musik, Doktor der Ayurvedamedizin und Experte in vielen weiteren Bereichen. Er war ein Suchender, ganz im Sinne der alchemistischen Tradition, bewegt von den Fragen nach dem Sinn des Lebens, nach den Geheimnissen der Natur, dem Wunsch nach Erkenntnis.

Nachdem er in Deutschland Pharmakologie studiert hatte, ging er mit dreiundzwanzig Jahren nach Indien. Sein Interesse an indischer Musik und Tanz war in ihm als jungem Mann in Spanien geweckt worden. Als Achtzehnjähriger reiste er in dieses Land »auf der Suche nach dem verlorenen Orient innerhalb Europas«. Er tanzte drei Jahre lang als Mitglied des Spanischen Nationalballetts. Danach studierte er in London den nordindischen Tanz Kathak. Doch im Grunde suchte er nach den Wurzeln dieses Tanzes, nach dem Orient, den er in Spanien nicht gefunden hatte, und verließ deswegen Europa. Es zog ihn nach Indien. Dort sollte er die Hälfte seines Lebens verbringen.

Er studierte zunächst an der von Rabindranath Tagore gegründeten Vishva-Bharati-Universität und setzte seine Studien der indischen Musik achtzehn Jahre lang an verschiedenen Orten fort. Er saß als Schüler zu Füßen vieler großer Meister wie Ravi Shankar, Pandit Gopal Das und Ustad Asad Ali Khan. Es wurde ihm der Professorentitel für klassische indische Musik verliehen, und man feierte ihn in Indien als »fremdländischen Magier indischer Musik«. Gleichzeitig interessierte sich Manfred Junius auch für Alchemie und fand in Italien in seinem Freund und Lehrer Augusto Pancaldi, der in der italienischen Schweiz lebte, einen Meister, der ihn in die Geheimnisse der Alchemie einweihte. Die Alchemie und der Wunsch, heilen zu können, führte ihn weiter zur Ayurvedamedizin, die Alchemie und Heilkunst verbindet. Mit über fünfzig Jahren nahm er dazu ein Studium an der Universität in Poona auf und wurde in diesem Fach selbst Dozent an dieser Universität.

In allen Bereichen – Musik, Tanz, Alchemie, hinduistische Kultur, Heilkunst, Philosophie – fand er tiefes Wissen und Weisheit, erkannte die göttlichen, heiligen Gesetze und konnte wie kaum ein anderer Querverbindungen in diesen Bereichen ziehen. Er war ein »uomo universale«, wie in der italienischen Renaissance ein Universalgenie bezeichnet wurde, ein kosmopolitischer Mensch, der auch als spiritueller Lehrer viele Menschen inspirierte. In Indien wurde ihm der ehrenvolle Titel »Acharya« verliehen, die Bezeichnung eines hinduistischen religiösen Lehrers, der durch sein Verhalten anderen ein Beispiel ist.

Manfred Junius gab in Seminaren weltweit sein Wissen über Alchemie, Musik, Medizin, Astrologie weiter und inspirierte viele Menschen. Er erzählte uns, seinen Schülerinnen und Schülern, während der Laborarbeit oft spannende Geschichten aus der Alchemie. Er schöpfte dabei aus seinem reichhaltigen Wissen und seinen vielen Reisen auf der Suche nach Erkenntnis. Er nahm uns mit nach Spanien, zu den ersten Alchemisten in Europa, nach Indien zu den Alchemisten, die sich ganz dem Heilen verschrieben hatten, und brachte uns beeindruckende Persönlichkeiten der europäischen Alchemie wie Paracelsus näher. Von Junius hörte ich zum ersten Mal vom Leben und Wirken der Alchemistinnen in Alexandria, vom »Opus mulierum«, der alchemistischen Kunst der Frauen. Er inspirierte mich, dieser Spur zu folgen, meinen alchemistischen Weg mit ihrem zu verbinden. Ich folgte seinem Rat, woraus unter anderem eine Wanderausstellung über die Alchemistinnen der Geschichte, »Opus mulierum, die vergessene Kunst der Frauen«, entstanden ist.

Doch Manfred Junius wirkte nicht nur als Alchemist. Als begnadeter Musiker begeisterte er mit seiner Sitar und der Surbahar, der großen Schwester der Sitar, und gab zahlreiche Konzerte in Europa und Australien. Während unserer alchemistischen Arbeit spielte er oft oder gab davor oder danach Konzerte in einer nahegelegenen Stadt. Wer seiner Musik lauschte, konnte die »Alchemie der Musik«, die »Transformation durch Töne«, erleben.

Manfred Junius siedelte 1979 nach Australien über und gründete dort gemeinsam mit Dr. Krishna Kumar Australerba Laboratories, eine Firma, die spagyrische und ayurvedische Präparate herstellt. Als Logo der Firma diente ein Bild aus einem alchemistischen Buch, das Manfred Junius besonders am Herzen lag: ein Holzschnitt aus dem 1618 erschienenen Werk von Michael Maier »Atalanta Fugiens«, das einen Alchemisten zeigt, der auf der Suche nach Erkenntnis mit wachen Sinnen den Spuren der Göttin Natura folgt. Manfred Junius schreibt in seinem Buch dazu: »Die alten Meister empfehlen, stets der Natur zu folgen und diese die Arbeit von selbst tun zu lassen.« So inspirierte er seine Schülerinnen und Schüler zur genauen Beobachtung der Natur, zu einem tieferen Verständnis ihrer Weisheit, um Erkenntnis zu erlangen und als Schutz vor menschlicher Hybris.

2004 verstorben, hat Manfred Junius als Lehrer in den Bereichen Alchemie, Ayurveda und klassische indische Musik eine großes Lücke hinterlassen.

Sein Wirken in der Alchemie und in der Musik sah Junius immer auch als inneren Wachstumsprozess, ganz in der Tradition der Alchemie: wie außen so innen, wie oben so unten. Sie diente ihm zur Vervollkommnung der Persönlichkeit, zur inneren Reinigung, zu edlen Gedanken, wie er es in seiner Widmung in meinem Exemplar des Buches schrieb. Dies verlieh ihm seine besonders berührende Bescheidenheit und seine starke heilende Ausstrahlung.

Ich wünsche dem Buch, dass es in diesem Geist weiter wirkt und noch viele Leserinnen und Leser inspiriert.

Susanne Fischer-Rizzi

Pflanzenalchemie - Ein praktisches Handbuch - eBook

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