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Vorwort

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»Du bist die Blume aus dem Gemeindebau«. Der bekannte österreichische Liedermacher Wolfgang Ambros setzte mit diesem wunderschönen Liebeslied dem Wiener Gemeindebau ein musikalisches Denkmal.

Aufgewachsen im Gemeindebau? Ja, einige der zwölf österreichischen Kriminalschriftstellerinnen und Kriminalschriftsteller, die ich einlud, Geschichten für diese Anthologie zu schreiben, sind in einer Gemeindewohnung aufgewachsen, manche leben noch heute dort. Vielleicht ist ihnen auch deshalb die Schilderung dieses ganz spezifischen Milieus so gut gelungen.

Das Rote Wien der Zwischenkriegszeit und der international vorbildliche kommunale soziale Wohnbau in Wien sind untrennbar miteinander verbunden. Begonnen hatte alles in den 1920er-Jahren. Der in Wien regierenden Sozialdemokratischen Arbeiterpartei gelang es, die verheerenden Lebensbedingungen der Arbeiterinnen und Arbeiter maßgeblich zu verbessern, indem sie 65.000 billige und hygienisch einwandfreie Gemeindewohnungen errichten ließ. Größter Wert wurde schon damals auf eine gute Infrastruktur gelegt. Lebensmittelgeschäfte, Büchereien, Kindergärten, gemeinsame Waschküchen und Grünflächen mit Kinderspielplätzen wirkten der Isolierung entgegen, stärkten den Gemeinschaftssinn.

Während des Februaraufstandes 1934 gegen die Ständestaatdiktatur wurden einige der festungsartig anmutenden Gemeindebauten vom Republikanischen Schutzbund dazu genützt, sich gegen die Angriffe der Polizei und des Bundesheeres zu verteidigen. Nach der Machtergreifung der Austrofaschisten und in der darauf folgenden NS-Diktatur erlosch die Bautätigkeit des Roten Wien. Kurz nach Kriegsende nahm die Stadt den kommunalen Wohnbau wieder auf und führt ihn bis heute fort.

Architektonisch passten sich die Gemeindebauten immer den jeweiligen gesellschaftlichen Verhältnissen an. Die klassischen Gemeindebauten der Zwischenkriegszeit wurden übrigens wegen ihrer oft pompösen Eingänge scherzhaft »Arbeiterbarock« genannt. Die typischen Hochhäuser und Hochhaussiedlungen in Fertigteilbauweise der späten Fünfziger- und Sechzigerjahre wurden als »Emmentaler-Architektur« verspottet und in den reicheren Siebziger- und Achtzigerjahren von Wohnhausanlagen mit schönen Terrassen abgelöst. »Ohne dich wär dieser Bau so grau«, sang Wolfgang Ambros damals und meinte damit seine Blume aus dem Gemeindebau.

Freuen Sie sich auf spannende und witzige Geschichten. Und wer weiß, vielleicht melden Sie sich nach der Lektüre sogar für eine Gemeindewohnung an?

Herzlichst,

die Herausgeberin Edith Kneifl

Wien, im September 2016

Tatort Gemeindebau

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