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Nullwertschöpfung
ОглавлениеNullwertschöpfung, eine kreative Wortschöpfung ohne Sinn und Verstand. Aber genauso ideenreich wie die Wortschöpfung der Bundesregierung, die z. B. von einem Nullwachstum spricht, wenn die Wirtschaft stagniert. Ein hässliches Wort. Da klingt Wachstum, auch wenn es dies nicht gegeben hat, viel harmonischer. Legt doch jede Bundesregierung Wert auf Wachstum. Mehr Arbeitsplätze, mehr Einnahmen, mehr Geld für die Bürger, all das, so die irrige Annahme der Volksvertreter, lässt sich mit Wachstum erzielen.
Mit dem Papiergeld verhält es sich ähnlich. Es gaukelt uns einen Wert vor, den es an sich gar nicht haben kann. Das ist beim Gold anders. Das ist Geld mit Gewicht – in jeder Hinsicht. Ersetzen Sie das „e“ im Begriff Geld durch „o“, und Sie haben es: Gold. Wer es einmal in seinen Händen hielt, weiß um das damit verbundene Gefühl: Es ist extrem schwer, etwas Handfestes. Deshalb ist auch nur Gold echtes Geld, weil die Schwere vom eigenen inneren Wert kommt, der nie auf null fallen kann. Alle anderen Währungen sind Kredit, eine Art „Auszahlungsversprechen“ bei Vorlage eines Geldscheins. Leichtfertig von den Banken ausgesprochen und, wie sollte es auch anders sein, besiegelt auf leichtem Papier. Das hat Vorteile. Zum einen können Versprechungen unbegrenzt gegeben und schlichtweg durch billiges bedrucktes Papier bestätigt werden. Zum anderen können Versprechen leicht einkassiert werden, und genau da liegt das Problem. „Versprochen, gebrochen“, dieses geflügelte Sprichwort ist inzwischen gelebte Realität. Ob Politik oder Banken, auf ihr Wort ist immer weniger Verlass. Was auch nicht wirklich überrascht. Schon zu Zeiten des französischen Philosophen Voltaire (1694–1778) verhielt es sich damit so. Von ihm stammt eine Erkenntnis, die bis heute nichts an ihrer Wahrheit eingebüßt hat:
„Die Geschichte hat schon häufig gezeigt, dass Edelmetalle zwar im Preis fallen können, nie aber im Wert. Papiergeld dagegen ist bereits hunderte Male zu Tode gekommen. Papiergeld sinkt irgendwann immer auf seinen inneren Wert – auf NULL!“
Stellen wir uns der Realität. Sie besitzen z. B. einen hochwertigen Antiquitätenschrank, dessen Wert von Experten auf 1.000 Euro geschätzt wurde. Weil Sie in Ihrem Haus keinen Platz für diese Rarität finden, soll er verkauft werden. Schnell findet sich ein Käufer, der die gewünschten 1.000 Euro zahlt. Für sich genommen ein völlig normaler Vorgang, der bei genauerer Betrachtung aber die Absurdität unseres Geldsystems unterstreicht. Menschen scheinen bereit zu sein, etwas Wertvolles, Handfestes und Robustes einzutauschen gegen bedrucktes Papier, das seinen Wert nur durch die dort aufgedruckte Eurosumme erhält. Für sich genommen haben wir es hier mit NICHTS zu tun. Deshalb kann ein Geldgeber, gemeinhin die Bank, Geld verleihen, das er gar nicht besitzt.
Wenn ich Ihnen 100 Euro leihen möchte, dann muss ich im Besitz dieser Summe sein, sonst können wir diesen Deal nicht abschließen. Nicht so die Bank, sie kann, mit Verlaub, ohne jede Form von Gegenleistung dealen. Sie besitzt nämlich die Lizenz zum Gelddrucken. Ein Knopfdruck genügt und der Gelddrucker setzt sich in Bewegung. Gedruckt wird, was gebraucht wird. Wobei immer weniger gedruckt werden muss. Banken sparen, wo sie können. Wozu also noch teures Papier und Druckerschwärze verwenden? Im Zeitalter von Kredit- und EC-Karten reichen binäre Zahlen. Hierzu bucht die Bank Ihr virtuelles Einkommen auf Ihr Bankkonto. Ein Unterschied zu den 1970er-Jahren, als „echtes“ Geld noch in Lohntüten direkt den Arbeitnehmern übergeben wurde. Von Ihrem virtuellen Geld sehen Sie gar nichts mehr, wenn Sie Ihre Ausgaben mit der EC-Karte oder mit der Kreditkarte bezahlen. Beim Einkauf erhält der Verkäufer sein Geld ebenfalls nur durch eine Umbuchung von Ihrem Konto auf seines, ohne es je in seinen Händen gehalten zu haben. Von diesem Geld zahlt der Verkäufer seine Lieferanten, diese wiederum den Großhändler usw. Sie sehen, das ist alles möglich, obwohl keiner der an diesem Geldkreislauf Beteiligten auch nur ein Cent-Stück in die Hand genommen hat.
Deshalb haben wir es hier mit einer Geldschöpfung aus dem Nichts zu tun. Dabei wurde Geld in erster Linie erfunden, um den Tauschhandel zu vereinfachen. Das ging so lange gut, bis die Protagonisten erkannten, dass man viel reicher wird, wenn Geld gegen Geld getauscht wird, Geld also selbst zu einer Art Handelsware wird. Der Durchbruch zum modernen Geld-Tauschhandel datiert zurück auf das Jahr 1971, als die Amerikaner die Goldpreisbindung aufhoben. Seitdem wird Geld in die Finanzmärkte gepumpt wie Wasser in die Seeschleusen.
Das System funktioniert nicht zuletzt auch deshalb, weil wir Bürger Geld benötigen, um damit unseren Lebensunterhalt zu bestreiten. Doch nur weil wir Geld besitzen, müssen wir vom Wesen des Geldes nichts verstehen. Es gibt wohl nur wenige, die wirklich wissen, wie unser Geldsystem funktioniert. Mit diesem eklatanten Unwissen steht die heutige Generation allerdings nicht allein da. Das hat es schon zu römischen Zeiten gegeben, eindrucksvoll beschrieben von dem römischen Historiker Tacitus (55–120). In seinem Buch „Germania“ heißt es hierzu (2):
„Silber und Gold haben ihnen die Götter – ich weiß nicht, ob aus Huld oder Zorn – versagt. Doch will ich nicht behaupten, dass keine Ader Germaniens Silber oder Gold enthalte; denn wer hat nachgeforscht? Besitz und Verwendung dieser Metalle reizt sie nicht sonderlich. Man kann beobachten, dass bei ihnen Gefäße aus Silber, Geschenke, die ihre Gesandten und Fürsten erhalten haben, ebenso gering geachtet werden wie Tonkrüge. Allerdings wissen unsere nächsten Nachbarn wegen des Handelsverkehrs mit uns Gold und Silber zu schätzen, und sie kennen bestimmte Sorten unseres Geldes und nehmen sie gern; doch im Innern herrscht noch einfacher und altertümlicher Tauschhandel. Von unseren Münzen gelten bei ihnen die alten und seit langem bekannten, die gezahnten und die mit dem Bilde eines Zweigespanns. Silber schätzen sie mehr als Gold, nicht aus besonderer Vorliebe, sondern weil sich der Wert des Silbergeldes besser zum Einkauf alltäglicher, billiger Dinge eignet.“
Mit anderen Worten: Gold und Silber waren aus Sicht der damaligen Bevölkerung weniger interessant. Und nicht nur damals. Ein Blick auf den Verlauf des Goldpreises verdeutlicht, dass es immer wieder Zeiten gab, in denen Gold eine Art Schattendasein führte.
Noch in den 1980er-Jahren bis weit ins 21. Jahrhundert notierte der Goldpreis je Unze auf niedrigem Niveau, wie Sie dem unteren Kursverlauf entnehmen können. 25 Jahre war mit dem besonderen Edelmetall so gut wie kein Geld zu verdienen. Doch mit „Ausbruch“ verschiedener Krisen seit 2000 ist es mit der Tristesse in Sachen Gold vorbei.
So entwickelte sich der Preis je Feinunze Gold seit 1980:
(Anmerkung: Der Reinheitswert von Gold wird in Karat angegeben. 24 Karat sind das reinste Gold. Feingold wird mit 999 deklariert. Gold wiegt 19,3 g/cm3.)
Jetzt glänzt das Gold in voller Kraft. Ich bin mir sicher, dass dieser Glanz nie wieder verblassen wird, denn die Geschichte zeigt uns, dass wir aus ihr lernen könnten, wenn wir denn wollten. Vieles, doch längst nicht alles, hat es schon einmal gegeben. Lesen Sie, was z. B. der irische Dichter George Bernard Shaw (1856–1950) schrieb:
„Sie haben die Wahl zwischen der natürlichen Stabilität des Goldes und der Ehrlichkeit und Intelligenz der Politiker. Und mit dem Respekt für diese Herren rate ich Ihnen, solange das kapitalistische System besteht, das Gold zu wählen.“
Heute, über sechzig Jahre später, greift diese seine Feststellung noch immer. Daher gilt: Greifen Sie zum Gold, solange es noch angeboten wird.
Damit könnte es nämlich schon bald vorbei sein. Ausgewiesene Experten sind sich sicher, dass ein Crash und eine damit einhergehende Währungsreform unabwendbar sind, so auch der renommierte Wirtschaftsingenieur Roland Leuschel. Als „Crash-Prophet“ hat sich der Banker inzwischen einen Namen gemacht, weil seine Vorhersagen fast immer eintrafen. So hatte der Banker bereits 1987 den weltweit großen Börsencrash vorhergesehen. Genauso den so genannten Salami-Crash in Japan, der 1990 begann und die damals größte Börsenkapitalisierung der Welt um rund 40 Prozent (3) fallen ließ.
Auch vor dem Lehman-Crash im Jahr 2008 und einem Kursrutsch warnte der Anlageprofi, und er sollte Recht behalten. Am 20. August 2013 sprach die Zeitschrift „Der Aktionär“ mit ihm über die Situation an den Finanzmärkten (4).
Auf die Frage, ob die Finanzkrise und das Schlimmste an den Börsen schon ausgestanden seien, sagte er:
„Die Finanzkrise ist keinesfalls bereits ausgestanden. Die hohe Verschuldung ist nach wie vor das Damoklesschwert, das über den Märkten schwebt ... Rein mathematisch gesehen ist die Verschuldung mittlerweile so hoch geworden, dass auch ein kleines Wirtschaftswachstum über mehrere Jahre nicht in der Lage sein wird, den Schuldenstand zu reduzieren.“
Auf die Frage: „Was könnte dann ein Ende der Finanzkrise einläuten?“, antwortete Roland Leuschel:
„Ich bin der festen Meinung, dass eine Währungsreform kommen wird. Man kann das ganze System erst dann wieder auf Vordermann bringen, wenn die Schulden bereinigt werden ...“
„Was raten Sie Anlegern in der aktuellen Situation?“, wollte die Zeitschrift wissen. Darauf antwortete der Crash-Prophet:
„Eine absolute Sicherheit und gleichzeitig noch Rendite, das gibt es nicht. Ich kann nur sagen, was ich tue. Eine schuldenfreie Immobilie ist eine Säule ... Zudem sollten mindestens 25 Prozent in physischem Gold und Silber gehalten werden – zumal ich glaube, dass das neue Währungssystem wie das alte Bretton-Woods-System wieder an Gold gebunden wird ...“
Sie werden im weiteren Verlauf dieses Buches Näheres über eine Währungsreform sowie das Bretton-Woods-Abkommen lesen. Darüber hinaus lesen Sie, warum der Euro nicht der Auslöser dieser Krise ist. Er wird für das monetäre Elend verantwortlich gemacht. Überall lesen wir von der Euro-Krise, nicht aber von der Dollar- oder Yen-Krise. Gemessen an der Wirtschaftsleistung ist die Staatsverschuldung in den USA höher als im Euro-Raum. Die von Japan ist sogar doppelt so hoch wie in der Euro-Zone. Doch finden Sie hierzu in der Presse kaum Hinweise.
Es ist doch nicht der Euro, der für das Desaster in Griechenland verantwortlich ist, sondern der völlig marode Staatshaushalt der Hellenen, eine nicht funktionierende Wirtschaft und ein unbezahlbares Beamtensystem. Auch Irland, das mit Milliarden Euro vor dem Untergang gerettet werden musste, ist kein Opfer des Euro, sondern der Banken, die nicht hinreichend überwacht wurden. Jeder, der eine Mischmaschine besaß, mit Steinen und Beton umgehen konnte, fand in Spanien vor einigen Jahren paradiesische Zeiten vor. Es wurde nur noch darauf losgebaut ohne zu fragen, ob sich für diese vielen Immobilien überhaupt Käufer finden würden. Mit knapper werdendem Bauland an den Küsten arbeiteten sich die Immobilienmakler und Bauträger ins Landesinnere vor. In versteppten Gegenden, wo sich sprichwörtlich Fuchs und Hase gute Nacht sagen, wurden Häuser aus dem Boden gestampft, die heute niemand geschenkt haben möchte. Wenn überhaupt, dann ist der Euro so etwas wie ein Brandbeschleuniger, weil er es den Ländern einfacher machte, Kredite aufzunehmen. Doch entscheiden die Menschen, ob sie dieses Kreditangebot
annehmen, und nicht der Euro selbst.
Solange die Staaten für ihre Entscheidungen selbst geradestehen, so lange sollte sich niemand in deren Geschäfte einmischen. Ganz anders verhält es sich,
wenn sich Staaten plötzlich als Opfer sehen und andere Staaten um Hilfe bitten, ihre eigenen, mit Verlaub, dummen Fehler zu beseitigen. Nicht dass ich dagegen bin, jemandem in Not zu helfen. Ganz im Gegenteil. Wer Hilfe braucht, sollte Hilfe bekommen. Doch habe ich ein großes Problem damit, wenn man nur mit dem Scheckbuch durch die Länder reist, um deren offene Rechnungen zu begleichen, ohne sich dabei des Kernproblems anzunehmen.
Nur exemplarisch will ich an dieser Stelle das Beispiel Griechenland wählen und mich nicht gegen eine Rettung aussprechen. Ich bin hier viel zu wenig in der Materie, um das Für und Wider allgemeinverbindlich abwägen zu können. Doch höre und schaue ich genau hin, was ausgewiesene Experten, die sich k
raft ihres Amtes mit Finanzen beschäftigen, sagen bzw. schreiben. Als im Februar 2012 im deutschen Bundestag das zweite Hilfspaket für Griechenland verabschiedet wurde, war vor der Abstimmung in der Presse u. a. Folgendes zu le
sen (5):
Prof. Dr. Gert G. Wagner: „Milliarden-Pakete lösen die Misere nicht.“
Prof. Dr. Wolfgang Gerke: „Ohne Rückkehr zur Drachme geht es nicht.“
Prof. Dr. Bernd Lucke: „Jeder neue Kredit verlängert das Leiden.“
Prof. Dr. Hans-Werner Sinn: „Der Untergang der Euro-Zone droht.“
Prof. Dr. Wolfgang Franz: „Das Rettungspaket birgt Risiken.“
Prof. Dr. Stefan Homburg: „Das Ende der Fahnenstange ist noch lange nicht erreicht.“
Die Experten sollten Recht behalten. Das zweite Paket verschaffte den Griechen nur etwas Luft. Anderthalb Jahre später, im August 2013, kündigte der deutsche Finanzminister an, was vorhersehbar war, nämlich dass die Hellenen weitere Milliarden an liquiden Mitteln brauchen, um zu überleben.
Ich frage mich allerdings, wer eigentlich den Retter rettet, wenn dieser gerettet werden muss? Kein anderes Land innerhalb der Euro- Zone bürgt bzw. haftet mit höheren Summen als Deutschland, insbesondere durch den Euro-Stabilitätsmechanismus (ESM). Aus diesem „Fonds“ können kriselnden Ländern maximal 500 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt werden. Deutschland musste dafür eine sofortige Bareinzahlung von 22 Milliarden Euro leisten, während z.B. das „reiche“ Luxemburg nur 0,2 Milliarden Euro zahlte.
Auch wenn es in diesem Buch öfter den Anschein haben sollte, so geht es mir weder um eine Generalabrechnung mit der Politik noch um die Politiker selbst, die oft durch Parteienzwänge gar nicht anders handeln können. Zudem unterstelle ich jedem unserer Volksvertreter lautere Absichten, auch wenn wir Wähler häufig einen anderen Eindruck haben. Die sich rasant verändernde Welt lässt sich heute nicht mehr in Schwarz oder Weiß einteilen, weshalb es immer schwieriger wird, richtige Entscheidungen zu treffen. Darüber hinaus ist nicht immer Politik drin, wo Politik draufsteht. Auch wenn sich uns die Politiker als Macher präsentieren, so sind sie doch eher getrieben von Lobbyisten, die um ihre Pfründe fürchten. Deshalb kassieren unsere Volksvertreter häufig ihre Wahlversprechen und persönlichen Einschätzungen ein, die sie zuvor so selbstsicher vertraten.
Im März 2010 sagte die Bundeskanzlerin (6):
„Hilfe (Anmerkung des Autors: für Griechenland) steht nicht auf der Tagesordnung.“
Einen Monat später wurden erste Hilfsmaßnahmen für Griechenland beschlossen. Im Juli 2010 versicherte der deutsche Finanzminister:
„Die Rettungsschirme laufen aus. Das haben wir klar vereinbart.“
Im Juni 2012 folgte der dauerhafte Euro-Rettungsschirm. Im August 2012 stellte der Fraktionsvorsitzende der CDU klar:
„Weder beim Volumen des Sparprogramms noch beim vereinbarten Terminplan kann es Nachbesserungen geben.“
Nur drei Monate später wurden die Auflagen für Griechenland gelockert. Rund ein weiteres Jahr später ist klar, dass Griechenland, allen Dementis zum Trotz, weiteres Geld braucht. Es wird nicht das letzte Geld sein, das an Griechenland überwiesen werden muss. Kurz vor der Bundestagswahl 2013 ließ der amtierende Finanzminister durchblicken, dass die Griechen 2014 weiteres Geld benötigen. Kaum ausgesprochen, schossen die Spekulationen ins Kraut. Von zehn Milliarden Euro war die Rede, was nicht wirklich überrascht. In diesem Jahr werden 15,8 Milliarden Euro griechischer Staatsanleihen fällig. Für das Land eine gewaltige Summe, doch nichts im Vergleich zu 2017. Da wird eine fast vierfache Summe fällig. Ich bin mir sicher, dass die Griechen ohne weitere Rettungsmaßnahmen nie und nimmer in der Lage sind, diesen Betrag aufzubringen.
Fälligkeit griechischer Staatsanleihen: (in Mrd. Euro)
Dass die EU-Bürger so langsam aber sicher die Nase voll haben von den vielen Rettungspaketen, liegt nicht nur daran, dass immer wieder Geld in die Hand genommen wird, sondern an der fehlenden Ehrlichkeit der Politik. Sie verkauft uns das sprichwörtliche „Fass ohne Boden“ als „man ist auf dem richtigen Weg“. Zur selben Zeit, als der deutsche Finanzminister davon sprach, dass weitere elf Milliarden Euro für Griechenland „nicht völlig unrealistisch“ seien (7), zitierten die Medien ein Interview mit dem SPD-Finanzexperten Carsten Schneider, der vorhersagte, dass Griechenland bis 2020 einen hohen zweistelligen Milliardenbetrag Zusatzhilfen benötige. Als Quelle nannte er ausgerechnet ein Papier aus dem Finanzministerium, das vom Finanzstaatssekretär Steffen Kampeter unterschrieben wurde (8). Es weist aus, dass Griechenland von 2015 bis 2020 insgesamt 77,7 Milliarden Euro fehlen. Es fehlt allen am Mut zur Offenheit, und genau deshalb geht es an den Finanzmärkten zu wie in einem Tollhaus, und unser aller Geld wird vernichtet.
Dabei ist Griechenland ja nicht das einzige Sorgenkind. Ähnlich desaströs sieht die Situation in vielen anderen EU-Staaten aus. Ein Blick auf die nachfolgende Grafik offenbart, mit welchen gigantischen Summen nicht nur Deutschland für die Versäumnisse anderer Euro-Staaten im Falle eines Falles eintreten muss. Es grenzt für mich an ein Wunder, wenn dieser Fall nicht eintritt. Aber bekanntlich stirbt die Hoffnung zuletzt. Dabei wurde für mich bis heute eine Frage nicht seriös beantwortet: „Woher kommen die finanziellen Mittel, die im Falle eines Falles ausgezahlt werden müssen?“ Da lob ich mir einen ehemaligen deutschen Sozialminister, der 2006 den Rentenbericht für Deutschland vorstellte. Franz Müntefering sagte auf dieser Bundespressekonferenz:
„Von der gesetzlichen Rente allein kann der Lebensstandard im Alter nicht mehr gehalten werden. Die Menschen müssen mehr vorsorgen – und da kann man Verschiedenes versuchen: Balalaika-Spielen oder Lotto-Spielen.Riester-Rente oder betriebliche Versichernung machen."
Balalaika- oder Lotto-Spielen. Wie zynisch. Aber wer weiß, vielleicht sollten die Regierungschefs der arg in Bedrängnis geratenen Länder diesen Rat annehmen.
Beiträge der Euro-Länder zum Euro-Stabilitätsmechanismus (ESM): (in Mrd. Euro)
Mitnichten haften die Deutschen mit „nur“ 168 Milliarden Euro. Das ist, um es einmal salopp auszudrücken, nur die Spitze des Eisberges. Tatsächlich sind die Summen deutlich höher und gewaltiger, wie die nachfolgende Aufstellung zeigt.
Deutschlands Haftungssummen:
Dabei dürfte inzwischen jedem klar sein, dass wir mit unseren Steuergeldern doch nicht ernsthaft Griechenland retten, sondern die Banken, die den Griechen zuvor extrem viel Geld geliehen hatten. Bei einem Staatsbankrott wäre dieses Geld verloren. Also werden Milliarden Euro an den Mittelmeerstaat überwiesen, so lange, bis die Banken indirekt saniert sind. Danach wird man weiterschauen. Ich schaue über den Tellerrand und gehe davon aus, dass Griechenland die Euro-Zone verlassen werden muss. Das wiederum hat Signalwirkung für andere Länder. Niemand kann heute verbindlich vorhersagen, welche Auswirkungen diese Entwicklung in der Euro-Zone haben wird.
Nicht nur aus diesem Grund, sondern auch wegen der wankelmütigen Haltung führender Euro-Politiker, ist in Sachen Geld Vorsicht geboten. Insbesondere dann, wenn uns EU-Bürgern gesagt wird (9):
„Wenn es ernst wird, muss man lügen.“
So die Meinung des damals amtierenden Vorsitzenden der Euro-Gruppe Jean-Claude Juncker (der zur selben Zeit auch das Amt des luxemburgischen Premierministers bekleidete). Von ihm wissen wir auch, wie die Bürokraten in der EU handeln (10):
„Wir beschließen etwas, stellen das dann in den Raum und warten einige Zeit ab, ob was passiert. Wenn es dann kein großes Geschrei gibt und keine Aufstände, weil die meisten gar nicht begreifen, was da beschlossen wurde, dann machen wir weiter.“