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Einleitung

Der Untergang der Zivilisation unter dem Vorwand ihrer Rettung

Am Abend des 1. August 1914, einem Samstag, bereiten sich französische wie deutsche Familien auf eine schmerzliche Trennung vor. Soeben wurde die allgemeine Mobilmachung durch Aushänge angeordnet. Lange läuten die Glocken in den Städten und Dörfern. Sie verkünden die gefürchtete Nachricht des Kriegsausbruchs und werfen bereits die Schatten künftiger Ängste und Leiden voraus. Der erste Tag der Mobilmachung wird Sonntag, der 2. August, sein. Schon am frühen Morgen wird der Gare de l’Est in Paris voller Soldaten in Begleitung ihrer Familien sein. Das gleiche Bild bietet sich am Anhalter Bahnhof in Berlin. Unter dem Vorwand der Rettung der Zivilisation werden die Soldaten zu Vollstreckern und Opfern ihres Untergangs.

Am Freitag, dem 1. August 2014, also hundert Jahre später, bereiten sich viele französische und deutsche Familien auf ihren Urlaub vor. Am nächsten Tag werden der Gare de Lyon in Paris und der Berliner Hauptbahnhof mit TGVs und ICEs vollkommen überlaufen sein. In Frankreich wird die Autobahn nach Süden wie gewöhnlich verstopft sein. Diesmal zieht es die Menschenmengen gen Süden zu den Stränden, und nicht mehr an die Ostfront die einen und an die Westfront die anderen, wie vor einem Jahrhundert. An die Stelle des Albtraums vom langen Weltkrieg tritt der Traum von Sonne und Meer. Es geht nicht mehr um das Wohl der Zivilisation, sondern eher prosaisch um eine wohltuende Auszeit, während die finanzielle und ökonomische Lage weiterhin instabil bleibt. In der Sommersaison dominiert in Europa nunmehr das Tourismusbusiness; das lenkt die Aufmerksamkeit der Bevölkerung von den wirtschaftlichen Ungleichgewichten ab, welche das Finanzkasino schafft, und es baut vorübergehend die Spannungen ab, die damit einhergehen. Die Massengräber des Ersten Weltkriegs verschwinden aus dem kollektiven Gedächtnis, die Erosion ist am Werk.

Das monumentale Gemälde im Pariser Gare de l’Est erinnert uns an die Tragödien des Ersten Weltkriegs. Ist es vergleichbar mit den Wandmalereien in der Höhle von Lascaux – Spuren einer fernen Vergangenheit, deren Einfluss sich bereits in grauer Vorzeit verliert?

Die Höhle von Lascaux, die sich im französischen Departement Dordogne befindet, ist eine der bedeutendsten Fundstätten prähistorischer Höhlenmalerei.

Die permanente Krise

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