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1 Von Ausbildung und Berufung

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Kennen Sie Weissagungen?

Ja? Dann wissen Sie, dass Weissagungen nicht immer fröhlicher Natur sind. Farblich gesprochen, sind Weissagungen nicht immer weiß. Sie können finster sein. Farblich gesprochen, sind Weissagungen auch schon einmal schwarz. In diesem Sinne wollen wir das folgende Geschehen vielmehr als Schwarzsagung anstelle einer Weissagung auffassen.

Kennen Sie Hellseher?

Ja? Dann wissen Sie, dass Hellseher alles sehen können. Selbst im Dunkeln. Bildlich gesprochen, sind Hellseher anders als Andere anders sind, weil sie eben nicht nur im Hellen sehen. Daher nennen sich diese Menschen auf Tunuss mit eben jener angeborenen - nicht notwendigerweise eingebildeten - Gabe auch gerne Dunkelseher. (Übrigens war die Bezeichnung als hochprozentiger Spirituose ebenso gängig als auch häufig zutreffend.)

Einer dieser Dunkelseher saß gerade auf dem Dach seiner bescheidenen kleinen Holzhütte. (Bescheidenheit ist ebenfalls eine Gabe eines Dunkelseher. Doch Vorsicht: Bescheidenseher verstehen sie eher als Beleidigung ihrer unantastbaren Würde.) Es war eine selbsterrichtete Hütte irgendwo auf dem Rand des Planeten Tunuss.

Der Name des Dunkelsehers war Animus. Animus Vostramus.

Animus war gelernter Überlebenskünstler. Er hatte sein Leben lang Gemälde mit dem Thema Überleben angefertigt und diese auf dem großen Markt von Drako verkauft. Eine recht schwierige Art und Weise sich seine eigenen Brötchen zu verdienen, doch es hatte geklappt. Irgendwie zumindest. Es hatte so lange geklappt, bis es nicht mehr geklappt hatte. Doch da entdeckte er zu seinem eigenen Glück seine besondere Begabung.

Animus war gerade dabei eines seiner letzten großen Werke zu vollenden. Es trug den Titel Vom Regen in die Traufe zum Hasen vor dem Wolf. Ein recht komplexes Werk. Mit vielen Blautönen und senkrecht gezeichneten Strichen, die den Rest des dargestellten Schauspiels - er nannte es die Flucht des Hasen - kaum erkennen ließen.

Animus Vostramus setzte gerade zu einem weiteren senkrechten Strich an, als in dieser Nacht ein lauer Wind den Weg in sein Zimmer gefunden hatte. Augenblicklich erloschen die Kerzen und er stand dar. Ganz alleine. In einem dunklen Raum. Mit einem Pinsel in der Rechten und der Farbpalette in seiner Linken. Die Leinwand war direkt vor ihm.

Sicher wären Einige in solch einer Situation vor Panik schreiend losgerannt. Hätten das Weite gesucht und vermutlich auch gefunden.

Nicht aber Animus.

Er war so vertieft in seine Arbeit, dass er gar nicht aufhören konnte zu zeichnen. Und das verblüffende daran war: Er wusste genau, was es zu tun galt. Noch viel mehr: Animus Vostramus konnte im Dunkeln sehen. Er konnte die Leinwand sehen. Seinen Pinsel. Ja sogar die Farben konnte er mühelos auseinanderhalten.

Animus vollendete sein Werk und betrachtete es anschließend eine Weile. Dann zündete er die Kerzen wieder an und warf erneut einen Blick darauf. Er konnte seinen Augen nicht trauen. Das Gemälde sah genau so aus, wie er es im Dunkeln gesehen hatte.

Von diesem Tag an wusste Animus, dass er etwas Besonderes war. Er war ein Dunkelseher.

Animus war zwar in jungen Jahren auf den Kopf gefallen, doch er war nicht dumm. Zumindest nicht im herkömmlichen Sinne. Nein, Animus Vostramus wusste, was es zu tun galt.

Er verkaufte all seine Gemälde und all sein Hab-und-Gut und kaufte sich von dem Erlös einen Haufen Bücher. Es waren Bücher über die Astrologie, die Macht des Sehens im Dunkeln und eines trug den Titel Warum Gummientchen so lustig quieken.

Aus den gebundenen Werken baute er sich schließlich ein Floß, auf dem er der Strömung des Flusses gefolgt war, bis er eine menschenleere grüne Landschaft erreichte, von wo er mühelos und ungehindert in die Sterne sehen konnte. Dort errichtete Animus schließlich seine kleine bescheidene Hütte und ernährte sich von dem, was die Natur ihm darbot. - Wovon genau, möchte man gar nicht wissen. -

Von da an verbrachte er jede Nacht damit, die Sterne über seinem Kopf zu beobachten.

Viele Dinge hatte er auf diese Weise aus den Sternen gelesen.

Sie zeigten ihm, wann und wo er die saftigsten Honigkuchenpferdbienenlarven finden konnte. Wann die Lachfalterraupen schlüpften oder sich in ihre Kokons einwickelten. Wann die Elefantenstechmücken besonders ausgehungert waren. Oder in welchen Pfützen sich Kaulquappen des Schenkelfrosches befanden.

Doch sie zeigten ihm auch andere Dinge. Dinge, die er nicht verstand. Wie die Krönung eines Mannes. Mönche ohne Haare. Eine Frau mit grünen Haaren. Nur Haare. Oder die Tageskarte eines Barbiers aus einem Dorf in seiner Nähe.

Animus strich sich durch einen Teil seines langen grauen Bartes. Er reichte bis weit über den Boden und glänzte im Schein des Mondes.

Es gab wohl Dinge, die er nie verstehen würde. Auch als Dunkelseher nicht.

Animus lehnte sich zurück und ließ seinen geschulten Blick durch die Reihe der Sterne wandern.

Zwischen den beiden Sternen Polar und Starleit glimmte der Stern Express schwach vor sich her. Das war ein gutes Zeichen, fand Animus. »Dann gibt es morgen wohl wieder leckere Honigkuchenpferdbienenlarven. Das wurde aber auch Zeit. Immer diese Elefantenstechmückenlarven… Sind nicht gerade das Gelbe vom Ei«, brabbelte er vor sich her.

Sein Blick schweifte zur Formation der fetten Henne. »Ahh«, freute er sich. »Dazu gibts einen leckeren Cocktail Wasserflöhe. Welch ein Glück…«

Zufrieden reckte er sich und stützte den Kopf auf seine Arme. Es war die perfekte Sternstunde. Ja er konnte sogar sagen, die Sterne standen gut für ihn.

Er war fast eingedöst, als die rote Zora direkt neben dem Mond aufleuchtete. Animus richtete sich auf. »Oh. Da kommt wohl noch eine Nachricht rein.«

Das war nichts Außergewöhnliches. Die rote Zora blinkte immer dann auf, wenn neben den alltäglichen Mitteilungen eine neue Vision für den Dunkelseher bereitstand und darauf wartete abgerufen zu werden.

Animus starrte in den Himmel.

Nichts geschah.

Irgendwann erlosch die rote Zora wieder, ohne dass er etwas gesehen hatte.

»Eigenartig… Das passiert doch sonst nie…«

Eine Wolke schob sich vor den Mond. Es wurde schlagartig dunkel. Die Augen des Dunkelsehers suchten im schwarzen Schleier der Nacht nach Luna. Doch der Mond war kaum noch zu erkennen. Ein pechschwarzer Schleier schob sich vor ihn. Ein Schleier, wie ein Schatten. Ein Schatten, der wie eine Fratze aussah. Eine Fratze, die aussah wie…

Animus schrak zusammen. »Ist das etwa…?«

Was auch immer das etwa gewesen sein mag, es bereitete dem selbsternannten Seher sichtliche Sorgen. Hastiger und immer schneller werdend strich er sich durch den Bart.

Die Fratze riss ihr Maul auf und verschlang den Mond. »Nein…! Das darf nicht!«

Animus geriet in Panik. Seine Gedanken überschlugen sich. Er musste etwas unternehmen. Etwas. Irgendetwas. Ehe noch alles zu spät war.

Aber was?

Es war ihm kaum möglich einen kühlen Kopf zu bewahren. Das Gesehene zu verarbeiten. Seine Handlungen zu planen. Seine Reaktion zu kontrollieren. Er hyperventilierte. Schien jeden Augenblick sein Bewusstsein zu verlieren. Ja, er dachte sogar für einen kurzen Augenblick daran, seinen Bart schneiden zu lassen. Doch nur für einen Moment.

Ein kleines Glühwürmchen erregte seine Aufmerksamkeit. Riss ihn aus der Trance, wie ein Fingerschnippen.

Gierig streckte er seine Hand nach ihm aus. Fing es und stopfte es in den Mund.

Als er wieder aufsah, war die Fratze verschwunden.

In dem fast endlosem Dickicht, tief im Wald von Rockwutt, befand sich das Dorf der Banoki.

Schon aus der Ferne erkannte man einen der hochgewachsenen Banoki an seiner wäldlichen braun-grünen Kleidung und den spitzen Ohren. Sie entstammten aus dem Volk der Elfen und verbrachten nun bereits einige hundert Jahre in dem von der Natur reichlich gesegnetem Wald. Andere Waldbewohner wie Nymphen, die Satyrn des Waldes oder Feen akzeptierten sie als ein neutrales Volk des Waldes. Als Dieses lebten sie in ausgehöhlten Baumstämmen und ernährten sich von all dem, was der Wald ihnen darbot.

Vor längst vergangener Zeit hatten sie jeder Form von Technik, Wirtschaft und Politik abgeschworen. Selbst Magie gegenüber waren sie abgeneigt, sofern diese nicht von ihrem Oberhaupt, einem uralten Pflaumenbaum, stammte. Sie nannten ihn den heiligen Flitzebom.

Sie hüteten den Baum wie ihren Augapfel. Beteten ihn täglich bei Sonnenuntergang an und befolgten seine Worte. Da der Pflaumenbaum jedoch nicht sonderlich viel sprach, lebten sie letztlich einfach ihr ruhiges Leben vor sich hin. Dazu gehörte zum einen das Beten und zum anderen das Sammeln und Verarbeiten aller Produkte, die ihnen der Wald hergab.

Zum Ausgleich schenkte der große weise Flitzebom jedem Banoki, der seine Worte stets befolgte, ein Mittel gegen Verstopfung und die Gabe seine innere Ruhe zu bewahren. Ferner segnete auch der Wald die Elfen, indem sich eine der Feen des Waldes einem jeden der schlichten und naturnahen Banoki anschloss. Diese Feen fanden scheinbar zufällig einen Weg zu dem betroffenem Banoki und geleitete ihn sicher durch sein Leben. Man sagt, die Fee eines Banoki würde das tiefe Innere seines Besitzers widerspiegeln. Andere glaubten, dass eine solche Fee sich lediglich einem der Elfen anschloss, um so leichter an Nahrung zu gelangen. Für einen Banoki war seine Fee jedoch ein Teil seiner Seele.

Seltsamerweise besaßen drei der Banoki weder spitze Ohren, noch eine Fee. Und zufällig waren sie alle drei Waisenkinder.

Einer von ihnen war Tak.

Tak war ein schmächtiger junger Mann, der bereits mit seiner Volljährigkeit eine Halbglatze erhalten hatte. Die noch verbliebenen braunen Haare formten einen Lorbeerkranz ähnlichen Hut. Es wirkte mehr wie ein umzäuntes Ei, als eine Frisur.

Er kniete gerade im kühlen Gras und betete zu Flitzebom. In einem Nebensatz schloss er alle Götter, die ihren Platz im See des Otymps - Heimstätte aller Götter - hatten, mit ein.

Die Banoki erzähltem ihm, dass er keine eigene Fee erhalten habe, weil er überzeugt davon war, dass es mindestens einen Gott gab, der neben dem allmächtigen Flitzebom oder sogar über diesem stand. Sie nannten es Hirngespinst. Unfug, den er aus seinen Büchern aufgeschnappt hatte. Bücher, die über einen See im Himmel berichteten. Ein See, in dem die Götter wohnen. Von dort oben lenken sie das Schicksal der Sterblichen. Und das während sie bloß würfeln und Monopoly spielen. Viele Götter, Sagen und Mythen beinhalteten diese Bücher. Bücher, die er eigentlich gar nicht besitzen durfte.

»Und wenn es möglich wäre mir die restlichen Haare zu erhalten, großer Flitzebom, der neben eventuell weiteren Göttern steht, dann wäre ich dir, ich meine eventuell euch, wirklich dankbar.«

Wie immer ließ ihn der große Flitzebom mit all seinem Schweigen kaum zu Worte kommen.

Er zog eines seiner Bücher aus seinem Ärmel. Der Titel lautete Sacre - Die Stadt der Göttin. Es war eines der wenigen Bücher, die er retten konnte. Eines, das noch von keinem anderen Banoki entdeckt wurde. Sie würden es ihm auf der Stelle entreißen. Noch schlimmer. Sie würden es verbrennen. Und warum? Weil es von einer Göttin berichtet. Weya nennen sie die Bürger von Sacre. Sie schenkten ihr ihre Stadt und ihr ganzes Königreich. Weya segnete sie dafür mit ihrem Weizen.

Tak schlug die Seite auf mit dem Bild einer jungen Frau gekleidet in einer langen Tunika. Sie schwebte über einem Feld voller Getreide. Getreide. Ja das Buch berichtete nicht nur von der Göttin selbst, sondern auch von ihrem Getreide.

Tak war von dem Gemälde hin und weg. Geradezu Feuer und Flamme.

Er streichelte behutsam mit der Hand über das Papier. Gerade so als wäre er es nicht Wert es zu berühren.

Er sah wieder zu dem Pflaumenbaum und fuhr fort:

»Du weißt, dass diese Bücher große Geheimnisse bergen. Warum also sollte es verboten sein es zu besitzen? Und was soll so schlimm an Getreide sein?«

Eine leichte Brise ließ die Äste aneinanderknarren.

Er blickte hinauf.

Die ersten Knospen zeigten sich. Die kalte Jahreszeit neigte sich endgültig ihrem Ende zu. Und das bedeutete Arbeit. Im Frühjahrsputz wurden die Baumstämme ausgefegt, weil man es das ganze Jahr über nicht tat. Wenn dann die letzten Reserven der Vorratskammer aufgebraucht waren, mussten sie alle mit anpacken und neue Güter des Waldes besorgen. Er bekam bereits Bauchschmerzen, wenn er nur daran dachte. Den ganzen Tag ist er dann auf den Beinen. Läuft von Baum zu Baum. Dreht jeden Stein um. Viel lieber würde er in seiner Holzschale liegen und seine Bücher lesen.

Der laue Luftzug brachte die Äste des weisen Flitzeboms immer heftiger in Bewegung. Schließlich brach ein Ast ab und fiel ihm auf den Kopf.

»Autsch! Ich dachte an ein Zeichen im übertragenen Sinne, eines das etwas weniger schmerzt.«

Die Brise verschwand so abrupt wie sie aufgetaucht war und das Rascheln verstummte. Der allmächtige Flitzebom schien die rechten Worte zu suchen.

»Nun gut. Ich verstehe«, sagte Tak und klappte sein Buch wieder zu.

Er wollte es gerade wieder einpacken, als er eine zornige Stimme hörte: »Das würde ich an deiner Stelle nicht tun.«

»Senegra?« Das Buch verschwand hastig wieder im Ärmel. »Ich habe dich gar nicht kommen hören.«

Eine attraktive Elfe kam hinter dem Stamm hervor. Anziehend war sie. Anziehend, wie eine Zwanzigjährige. Aber in diesem Alter war sie schon lange nicht mehr. Wie alt sie tatsächlich war, das wusste niemand. Vermutlich nicht einmal sie selbst. Einzig ihre kratzige Stimme und ihr silbernes Haar deuteten auf ein erheblich höheres Alter hin als es die äußere Erscheinung zuließ. Hinzu kam ihre kleine Fee, welche sie stets auf ihrer Schulter trug. Sie leuchtete in einem matten Grau. Kaum noch ein Leuchten, vielmehr ein schwaches Glimmen. Allein ihre kleine Fee musste hunderte von Jahren alt sein. Obschon niemand der Banoki Senegras Fee je hat fliegen sehen und ein jeder von ihrer so gar nicht zu ihrer Figur passenden Stimme irritiert war, traute sich niemand sie weder auf das Eine noch auf das Andere anzusprechen. Schließlich war sie das Oberhaupt und ihr Wort war Gesetz. Selbst wenn sie also sagte, sie wäre erst zwanzig Jahre jung, dann war sie es auch. Ihr Wort war das Wort des Baumes. Und das Wort des Baumes war weise und unumstritten.

Ihr silbriges Haar wehte im Wind. Es ließ den Blick auf ihre spitzen Ohren zu.

Sie schien verärgert. Die runzlige Stirn und die gesenkten Augenbrauen verrieten ihm, dass sie ihn gehört haben musste.

»Dafür habe ich dich gehört«, bestätigte sie seine Befürchtung. »Wie oft muss ich dir noch sagen, dass es keine Götter gibt? Und was war das gerade eben in deinen Händen?«

Er gab ihr das Buch. Er musste. Sie hatte es bereits gesehen.

Senegra las den Titel.

»Sacre?« Sie wirkte abwesend. »Von all den Büchern auf Tunuss, muss es ausgerechnet Dieses sein…«, sagte sie vor sich hin.

»Tak. Ich habe dir das Lesen beigebracht, damit du in dieser Welt zurecht kommst, wenn es darauf ankommt. Und nicht damit du dir solch einen Unsinn reinziehst. Woher hast du das überhaupt?«

»Das habe ich gefunden«, log er. »Es hatte jemand im Wald verloren.«

»Das tust du immer. Es ist schon bemerkenswert, wie häufig doch die Leute in den Wald marschieren, nur um hier ihre Bücher zu verlieren. Nicht wahr?«

»Ja, das ist wahrlich bemerkenswert…«

»Hast du vielleicht noch weitere Bücher, die du mir verheimlichst?«

»Nein. Das war das Letzte.«

»Genau das hast du auch beim letzten Mal zu mir gesagt.«

»Es war wirklich das Letzte, Senegra.«

»Gut.« Sie holte tief Luft ehe sie weitersprach. »Du weißt was damit geschieht?«

Natürlich wusste er das. Aber warum? Warum sein Lieblingsbuch?

»Warum müssen sie alle verbrannt werden? Was ist so schlimm daran sie zu lesen?«

»Tak. Du stellst zu viele Fragen.«

»Einige von ihnen sollten bloß Wissen vermitteln.«

»Glaub mir. Zu viel Wissen ist nicht gut. Weder für dich, noch für uns alle.«

»Und glauben? Was spricht gegen den Glauben?«

»Du hast bereits zu viel gelesen. Und du hast genug Fragen gestellt«, wich sie aus. »Es gibt keine Götter. Nur diesen Pflaumenbaum. Akzeptiere das.«

»Der allmächtige Flitzebom? Unser Schutzpatron? Hüter des Waldes und Heiligtum der Nymphen? Seine Wurzel reicht von hier bis in die Tiefen des Otymp. Dort wo die Götter hausen.«

»Tak!«, fuhr sie ihn an. »Es gibt nur ihn. Und er steht hier. Und jetzt geh zu deinem Bruder und hilf ihm bei den Vorbereitungen.«

»Und mein Buch?«

»Ist nicht länger Deins!« Sie blickte auf den Kodex. »Dieses Buch wird niemandem mehr gehören. Und jetzt geh mir aus den Augen, Tak! Wie du weißt, habe ich nun etwas zu erledigen.«

Wenige Baumhäuser entfernt waren bereits die ersten Vorkehrungen für das einbrechende Frühjahr im vollen Gange.

Eine junge Frau mit blattgrünem Haar fegte gerade ihre Wohnung aus. Der Rutenbesen - feinste Handarbeit - kratzte über den hölzernen Boden.

Schrabb. Schrabb.

Sie seufzte. »Ich bin den Hüpf jetzt schon leid.«

Hüpf, das war die Zeit des Jahres in der die Knospen sprossen, die Bienen zum ersten Mal wieder umhersummten und der Wald seine grüne Farbe sowie seine lebensfrohen Bewohner zurückerlangte. Ob Reh, Hirsch, Bär oder Wolf. Ob Rotkehlchen, Lerche, Falke oder Uhu. Ob Maikäfer, Marienkäfer, Gottesanbeterin oder Schwarze Witwe. Jeder genoss die ersten warmen Sonnenstrahlen des Hüpf.

Schrabb. Schrabb.

Naja, fast Jeder. Denn für die Banoki begann mit dem Ende des Schnees die Zeit der Arbeit.

Schnee, so nannte man auf Tunuss die kalte Jahreszeit. Die Zeit in der Väterchen Frost die karge Landschaft mit Eis und Schnee bedeckte. Eine Zeit, die auch Spaß machen konnte, wenn man nicht immer darum bangen musste, ob die Vorräte noch ausreichen werden.

Schrabb. Schrabb.

Wie gerne wäre sie mit den Kindern Schlitten gefahren. Oder wäre gerne in Sacre, wenn sie dort bereits mitten im Schnee die Jahreswende feierten. Mit Feuerwerk und viel Spektakel. Unsummen an Geld gab jeder Einwohner zu dieser Feier aus. Aber sie hatten sichtlich Spaß daran zuzusehen wie es in Form einer Rakete im Nachthimmel verpuffte.

So etwas kannten die Banoki nicht. Oder besser gesagt sie durften es nicht kennen.

Schrabb. Schrabb.

Es stand alles in dem Buch von dem Tak ihr immer wieder erzählte. Darin war auch dieses Bild einer angeblichen Göttin namens Weya.

Weya, dachte sie, es wäre immerhin besser als zu einem Baum zu beten. Sie verstand zwar nicht was so schlimm daran sein sollte, aber von den Göttern in dem Buch war sie nicht annähern so ergriffen wie Tak. Er konnte kaum von etwas anderem reden, wenn sie Drei alleine waren.

Schrabb. Schrabb.

»Hier ist dein Wasser, Mia«, unterbrach ein junger Mann ihr Schrabben. Ein blonder eher schmächtiger Banoki. Deutlich waren seine nichtspitzen Ohren zusehen, als er in die Behausung trat.

Mia ließ den Besen zu Boden fallen und nahm ihm den Köcher mit Wasser ab.

»Das wurde aber auch Zeit, Mark«, sagte sie.

»Was heißt hier Zeit? Ich bin nicht dein Packesel.«

»Ach? Ihr Beiden macht doch den ganzen Dreck hier.«

»Wieso wir? Du wohnst auch hier.«

»Aber ich bin eine Frau. Die machen keinen Dreck.«

»Verstehe«, antwortete Mark. Etwas anderes war auch nicht möglich.

»Nur dass du es weißt«, begann Mia. »Ich bin es auch langsam satt.«

»Das Putzen?«

»Nein. Das Alles hier«, sagte sie. »Ich frage mich manchmal wirklich, ob es in diesem Sacre besser ist.«

»Sacre? Du meinst das Königreich von dem mein Bruder immer schwärmt? Mit dem Tempel und dem gewaltigen Schloss in der Stadt?«

»Ja genau da«, entgegnete sie. »Sie dürfen dort sicher nur das tun, was ihnen gefällt. Und glauben dürfen sie auch an wen sie wollen. Nicht bloß an einen Baum. Und Pflaumen! Pflaumen kann ich auch keine mehr sehen.«

»Hast du heute schon zu dem Baum gebetet?«

»Natürlich. Aber du weißt, ich halte davon ebenso wenig wie du. Nur Tak scheint davon angetan. Wie er immer vom Otymp spricht. Der Heimat der Götter. Seine Augen funkeln regelrecht, wenn er davon anfängt.«

»Wo ist er überhaupt? Sollte er nicht mit anpacken?«

»Er wird sich sicher wieder davor drücken. Er hat seinen ganz eigenen Kopf.«

Die Tür schwang auf.

Jemand trat herein. Sein Gesicht schlürfte über den Boden. Die Gestalt wirkte traurig, geradezu am Boden zerstört. Dennoch sah Mia etwas Positives darin: Dort wo die Mundwinkel über den Boden streiften, musste nun nicht mehr gekehrt werden.

»Bruder«, begrüßte ihn Mark. »Da bist du ja. Wo hast du dich getrieben? Wir brauchen hier jede Hand.«

»Nirgends«, schluchzte Tak.

»Hey. Was ist los mit dir?«

»Sie hat es verbrannt…«

»Was hat wer verbrannt?«

»Senegra. Sie hat das Buch verbrannt.«

»Du meinst das über Sacre?«, fragte Mia.

Er nickte schwach. Zu mehr war er nicht im Stande.

»Das war doch nur ein Buch«, sagte Mark. »Sieh es doch positiv. Du hast jetzt keine Bücher mehr, die sie noch verbrennen könnte.«

»Mark. Du weißt wie sensibel er ist. Es war sein Lieblingsbuch.« Mia zog einen Stuhl heran. »Tak. Komm. Setz dich.«

»Er stellt sich nur an. Ich meine, wie viele Bücher hast du nun schon verloren?«

»Genau zweiundneunzig«, schluchzte er.

»Siehst du«, lachte sein Bruder. »Langsam sollte es für dich zur Gewohnheit werden.«

»Sehr witzig…«

»Nun zieh keine Miene und hör auf zu flennen.«

»Tue ich aber.«

»Mark. Du weißt wirklich wie man jemanden aufheitert«, sagte Mia. Sie strich Tak über den Kopf. »Ich weiß, wie viel dir dieses Buch bedeutet hat. Mach dir keine Sorgen. Du hast es immerhin lesen können. Und dieses Wissen kann dir keiner mehr nehmen.«

»Sie würde es, wenn sie es könnte…«

»Ja, vielleicht. Aber sie kann es nicht. Und du wirst sehen, heute Abend auf der großen Waldfeier wirst du es vergessen haben.«

»Die Waldfeier?«, fragte er. »Da dürfen wir doch nicht hin.«

»Hat uns das je davon abgehalten?«, entgegnete Mark.

»Ihr wollt da wirklich wieder hin?«

»Du warst doch bisher auch immer gerne dort«, sagte Mia. »Und vielleicht findest du dort ein neues Buch?«

»Ja…« Er schien wenig überzeugt. »Aber ihr wurdet auch nicht letztes Jahr von einem Rehkitz und seiner Mutter gejagt.«

Mark lachte. »Dann solltest du diesmal niemandem von deinem Otymp vorschwärmen.«

»Das Kleine hat mir doch anfangs aufmerksam zugehört«, wunderte er sich.

»Jaha. Bis seine Mutter dachte, du würdest ihm etwas antun wollen.«

»Und es sah so süß aus«, schwelgte Mia in Gedanken.

»Also gut«, sagte Tak. »Aber ich kann nicht versprechen niemandem vom Otymp zu erzählen.«

Wie jedes Jahr fand auch in diesem Jahr die große Waldfeier inmitten von Rockwutt statt.

Es war die Feier zur Jahreswende für die Bewohner des Waldes. Für sie endete das Jahr, im Gegensatz zum Rest der Bewohner von Tunuss, erst mit dem Beginn des Hüpf.

Das Jahr der tollwütigen Spinne ging zur Neige und das neue Jahr im Zeichen des schielenden Drachen sollte an diesem Abend ordentlich gefeiert werden. Ordentlich gefeiert heißt in Rockwutt, die Sau rauszulassen. Sie nannten sie Miss Piggels. Eine alte Wildschweindame, die sie zum Ende der Nacht aus ihrem Käfig ließen. Es war mehr eine Angewohnheit als eine Tradition und nur mäßig spaßig. Vor allem dann, wenn die freigelassene alte Sau wie ein tollwütiger Berserker mit ihren Hauern in die über Tage aufgebaute Showbühne donnerte und binnen Sekunden Dekoration und Instrumente zertrümmerte.

Abgesehen von der Waldband und ihren Groupies, sowie kleineren Wurf-, Schieß- und Essbuden, gab es kaum weitere Attraktionen dort. Doch das war auch nicht nötig.

Das Treffen mit den anderen Waldbewohnern und vor allem das Gespräch mit Handelsreisenden, die sich keine Gelegenheit entgehen ließen sich eine goldene Nase zu verdienen, war für die drei Banoki mehr als eine Genugtuung. Vor allem der kleine Buchladen hatte es Tak angetan.

Er durchstöberte gerade die Kartons voller Bücher in der Hoffnung eine weitere Abschrift seines Lieblingswerks zu finden, während Mark und Mia gemeinsam den Bühnenauftritt der Waldband genossen.

Die Waldband war eine berühmte Rockband - genannt die Pluschrocker. Sie bestand aus einem Dachs am Bass, einem Fuchs an der E-Gitarre, einem Eichhörnchen am Schlagzeug und einem Kaninchen als Sänger. Er war der Favorit unter den Pluschrockern und wies die meisten Groupies unter ihnen auf. Er bezeichnete sich daher selbst häufig als das berühmteste und glücklichste Kaninchen in ganz Rockwutt. Und das heißt schon etwas. Schließlich sind Kaninchen dafür bekannt häufig glücklich zu sein.

Sie spielten gerade ihren neuen Song Klopf, klopf, klopf auf Ahornholz. Es fuhr einem durch Mark und Bein, bis in die Knochen.

Natürlich fand sich kein Banoki auf der Feier, bis auf Mark, Mia und Tak, denn für sie und vor allem für Senegra war diese Zusammenkunft der Untergang ihres bescheidenen und geborgenen Daseins. Und mehr als nur ein Dorn im Auge. Niemand aus dem Dorf durfte diese Feier besuchen.

Bisher hatten die Drei es aber in jeder Nacht geschafft sich heimlich zur großen Waldfeier zu schleichen. Dort empfing man sie mit offenen Armen. Oder besser gesagt: unter all den Feen, Nymphen, Zentauren und allen Tierarten, die der Wald beherbergte, fielen sie kaum auf. Die Handelsreisenden fassten sie daher auch gern mit unter den Sammelbegriff potentielle Kundschaft.

Die Band beendete ihren Song und legte eine kurze Verschnaufpause ein. Auch Kaninchen brauchten so etwas.

Das Kreischen der Groupies schraubte sich ein wenig herunter. Dafür flogen Kleidungsstücke und Igel auf die Bühne, die die Fans ihren Stars entgegenwarfen.

»Ob Tak sein Buch gefunden hat?«, fragte Mia. »Vielleicht sollten wir kurz zu ihm gehen und nach dem Rechten sehen.«

»Nicht nötig. Er wird sich schon von Rehen fernhalten«, sagte Mark. »Da kommt er ja schon.«

»Hast du es gefunden?«

»Nein«, ließ er seiner Enttäuschung freien Lauf. »Er meinte, vielleicht habe er nächstes Jahr wieder Eines in seinem Sortiment.«

»Das tut mir leid für dich«, tröstete ihn Mia. »Aber weißt du, was mir immer hilft, wenn ich nicht gut drauf bin?«

»Putzen?«, fragte Mark.

»Nein! Olgars Schießbude. Da gibt es immer so niedliche Hauptgewinne«, strahlte sie.

In einer solchen Situation akzeptierte Mia kein Wenn und kein Aber. Das wussten die Beiden. Daher ging es ohne Widerrede und weiteren Zwischenstopp zu besagtem Stand. Im Gegensatz zum letzten Mal fanden sie dort andere Gewinne vor.

»Oh, sieh nur Mark, was für ein niedliches Plüschtier«, entfuhr es Mia.

Sie deutete auf einen Hamster.

»Tut mir leid, die Dame«, sagte Olgar. Ein dürrer Mann, der plötzlich wie aus dem Nichts auftauchte und nun vor ihr stand. »Das ist Jeck. Er hilft mir hier aus. Er ist sicherlich nicht halb so flauschig wie er aussieht. Nichts als Dummheiten hat er im Kopf.«

Jeck rümpfte die Nase.

»Oh, entschuldige, aber du siehst echt knuddelig aus.«

Der Hamster grinste, wie auch immer er das anstellte.

»Wenn ich der Dame den heutigen Hauptgewinn präsentieren darf…«

»Oh, ein Plüsch-Rehkitz! Mark sieh nur, wie niedlich.«

Mark beschloss lieber nicht darauf zu reagieren.

»Also, wenn ich ein solches Stofftier hätte, dann würde ich es Sir Bambili nennen und ganz doll liebhaben.«

Wie gerufen, zog ein junges Rehkitz an der kleinen Gruppe vorbei und sagte: »Das ist nicht witzig.«

Tak schrak zusammen. »Da ist es wieder! Das Monster!«

»Bruder«, beruhigte ihn Mark. »Das ist nur ein harmloses Reh.«

»Nur ein harmloses Reh? Du weißt, was es letztes Jahr getan hat?«

»Habt ihr meine Mutter gesehen?«, fragte das Kleine.

»Nein! Zum Glück nicht«, erwiderte Tak. »Aber du solltest sie suchen gehen.«

»Also gut, ich versuche es.«, brach Mark die anschließende Stille und bezahlte drei Schüsse.

Jeck sprang von seinem Platz und legte drei Pfeile in den Köcher neben ihm. Dabei grinste er noch immer Mia an. Es war nicht zu verkennen, wie sich der kleine Nager bei dem jungen Mädchen sein großes Los in der Liebe erhoffte.

Mark nahm einen Pfeil, spannte den Bogen und visierte die Zielscheibe an.

Sie besaß eine merkwürdige Punkteverteilung. Auf dem dicken äußeren Rand stand halber-Pungt. Die inneren Kreise waren sehr schmal und gaben ein bis drei Pungte. In der Mitte befand sich ein knopfgroßer schwarzer Punkt.

»Die Mitte gibt hundert Pungte, junger Mann. Für den Hauptgewinn sind dreihundert Pungte zu erzielen.«

»Du weißt, dass es eigentlich Punkte heißt und nicht Pungte?«, wies ihn Tak zurecht.

»Das sagtest du letztes Jahr auch. Aber ich bin mir sicher, dass es Pungte heißt«, winkte Olgar ab. Der junge Mann vor ihm hatte bezahlt und nun das Recht seine erstandenen Pfeile abzuschießen. Es war also nicht die Zeit über Derartiges zu streiten.

Der erste Pfeil sauste los und bohrte sich dicht neben der Scheibe in die Wand.

»Nunja, der erste Schuss ist immer der Schwierigste, junger Mann.«

Der zweite Pfeil bohrte sich auf der anderen Seite der Scheibe in die Wand.

»Ähm, vielleicht solltest du auf den äußeren Rand zielen«, schlug sein Bruder ihm vor.

»Und wenn du noch lange mein Bruder sein möchtest, solltest du jetzt vielleicht lieber ruhig sein «, knurrte er.

Mark spannte den Bogen. Er wollte gerade schießen, als…

»Ich dachte nur, weil …«

Der Pfeil sauste Richtung Decke, prallte ab, traf auf einen Topf und flog mit einem Klong begleitet aus der Bude heraus, dicht an Tak vorbei. Er landete schließlich in einem der Schilder des gegenüberstehenden Standes. Es trug die Aufschrift

Wyr machen einen Hälden aus dyr!

»Schade, das schöne Rehkitz«, kommentierte Mia den Fehlversuch.

Tak sah seinen Bruder an und meinte ein schwaches Brummen von ihm zu hören.

»Eh …das ist, eh …«, versuchte Olgar die Lage zu retten. »Könntet ihr vielleicht den Pfeil wiederholen? Es gibt auch diesen Lemminganhänger als Trostpreis.«

»Der Stand scheint neu zu sein«, wunderte sich Tak, während sie die Inschrift lasen. »Oder war der letztes Jahr auch schon hier?«

»Oh, welch bezauberndes grünes Haar«, begrüßte sie der Inhaber des Standes mit den vielen Schildern. Jedes von ihnen trug mindestens zwei Rechtschreibfehler und das selbst dann, wenn sich nur ein einzelnes Wort darauf befand. Wie etwa Häldengylde oder hyrhär. Ohne Zweifel schien der Inhaber über mehrere Jahre eine Phobie gegen Rechtschreibung entwickelt zu haben.

Ein ganz in Schwarz gekleideter Mann im mittleren Alter kroch hinter einem der Schilder hervor.

Mia empfand ihn sogleich als sehr attraktiv. Seine Worte ließen sie erröten.

»Vielen Dank, der Herr«, sagte sie.

»Mein Name ist Von Ausbildung«, stellte sich der edle Mann mit der weniger edlen Rechtschreibschwäche vor.

Er hauchte Mia einen Kuss auf die Hand. Sie hatte das Gefühl als würde ihr jeden Augenblick der Kopf platzen.

Erst danach schien er die beiden Brüder zu bemerken.

Flüchtig reichte er einem nach den anderen die Hand. Taks lascher Händedruck erntete dabei einen besonders herablassenden Blick.

Mia stellte sie vor. Zuerst nannte sie ihren Namen. Dann Mark. Und schließlich Tak.

»Sie bilden Helden aus?«, fragte ihn Mark sogleich.

»Ah, ich sehe der Herr hat Interesse? Und ja, in der Tat. Ich leite in Sacre die Heldengilde.«

Tak konnte sich nicht länger zurückhalten:»Eine Heldengilde? Davon habe ich noch nie etwas gehört.«

»Nun irgendwo müssen doch Helden lernen heldisch zu sein, nicht wahr?« Er sah Tak bei diesen Worten nicht einmal an.

»Außerdem muss eine solche Ausbildungsstätte doch geheim sein«, erklärte der Mann. »Stellt euch nur vor die Bösewichter wüssten davon. Sie würden doch all die Helden noch während ihrer Ausbildung beseitigen.«

»Oder sie gründen eine Bösewichtgilde«, spottete Tak, der von all dem nicht viel zu halten schien.

Mia, ihren Verstand umnebelt von all dem Charme des Mannes, zeigte ihre Zustimmung durch ein schwaches Nicken. Sie glaubte ihm alles. Solch ein Mann würde doch niemals lügen. Sicherlich konnte er das Wort Lüge nicht einmal schreiben. Zufällig dachte Tak gerade genau Dasselbe. Genau wie ’Helden’, dachte er.

»Eine der ersten Lektionen ist übrigens der Umgang mit Pfeil und Bogen«, fügte der Inhaber der Gilde nach einer kurzen Pause hinzu und sah dabei Mark an.

»Öhm, ich denke, das kann ich bereits. Ich war …«, suchte er nach einer Erklärung für seinen leicht entglittenen Schuss, »nur etwas abgelenkt.«

»Oh, gewiss«, pflichtete Von Ausbildung ihm bei.

»Dennoch schadet eine Heldenausbildung sicherlich nicht, nicht wahr? Und vielleicht findet die Prinzessin ja ihren Traumprinzen in Sacre. Vielleicht sogar in der Gilde?«

Mia begann zu zerfließen. Er hatte sie gerade Prinzessin genannt?

In Sacre? Tak konnte seinen Ohren nicht trauen. Wenn es da neben dem fragwürdigen Mann, mit der noch fragwürdigeren Gilde und der fragwürdigsten Rechtschreibung, die er je gesehen hatte, nicht noch ein weiteres Problem gegeben hätte.

»Verzeihung, der Herr«, wandte Tak ein, ehe Mark antworten konnte. »Aber wir haben nicht so viel Geld, um uns eine solche Ausbildung leisten zu können.«

»Oh nein. Die Schulung zum Helden ist natürlich kostenlos. Schließlich sind doch die meisten armen Bauernsöhne geborene Helden, nicht wahr? Und wie sollten sie dann ausgebildet werden, so ganz ohne Bares?«

»Also ich wäre dafür«, warf Mia in die Runde.

»Und ich komme nur mit, wenn Tak auch mitkommt«, sagte Mark.

Tak hatte ein ungutes Gefühl bei der ganzen Sache. Und es waren nicht nur die Schreibfehler die ihm Kopfschmerzen bereiteten. »Mark, ich weiß nicht, irgendetwas ist …«

»Selbstverständlich kann dein Bruder uns begleiten«, versuchte der Mann Herr der Lage zu werden. »Hinten im Wagen zwischen all dem Stroh sollte noch etwas Platz sein.«

Tak bemerkte eine gewisse Anspielung nicht. Hinten im Wagen, bedeutete einen Ehrenplatz zwischen Werkzeug, all den Schildern und weiteren Dingen, an die er nicht einmal im Traum denken würde. Noch dazu kratzig ummantelt von einem Haufen Stroh.

Stroh? Das bedeutet doch Getreide, dachte er.

»Ähm, gibt es in Sacre viel Stroh und vielleicht Getreide?«

»Junger Mann«, lachte Von Ausbildung. »Sacre ist weltberühmt für seinen Weizenanbau. Habt ihr etwa noch nie von dem Tempel der Weya, Göttin des Weizen gehört? Dort opfern sie ihr Unmengen an Weizen.«

Weizen?! Und ein Tempel? Noch dazu eine Göttin des Weizen?, schoss es ihm durch den Kopf. Ist es also wahr was in dem Buch stand? Sacre - die Stadt der Göttin? Und er konnte dorthin.

Alle warteten auf Taks Antwort.

»Eh natürlich…. Vielleicht könnten wir ja für ein paar Tage mitkommen.«

»Fein! Morgen früh bei Sonnenaufgang fahren wir los«, strahlte der Mann. »Seid pünktlich.«

»Keine Sorge«, sagte Mark. »Wir werden hier gleich noch die Sau rauslassen und danach werden wir uns auf die Abreise vorbereiten.«

»Und wenn Senegra es merkt?«, wandte Tak ein.

»Das wird sie nicht«, antwortete Mia. »Wir werden uns davonschleichen.«

»So wie heute Nacht.«

»Genau. Oder hält dich noch etwas hier?«

Eigentlich war Stroh recht bequem. Das dachte Tak zumindest immer. Aber, wenn man es in einem zu engen Wagen mit einer Kuh teilen musste, war es doch eher unangenehm. Und das lag nicht an dem ungewohnten Kratzen. Eher an dem ungewohnten Duft, der von ihr ausging.

Klink-Klonk

Dazu kam die laute Glocke, die sie um den Hals trug.

War es anfangs eine nette Abwechslung zum Traben der Pferde, wurde es nun zur Plage.

Er hob den Stoff ein wenig an und wandte sich an Herrn Von Ausbildung:»Was ist das eigentlich für eine Kuh, Herr Ausbildung?«

»Es heißt Von Ausbildung«, wies er ihn zurecht. »So viel Zeit muss sein.«

»Verzeihung, Herr Von Ausbildung.«

»Und diese Kuh heißt Chantalle, die legendäre Kuh.«

Klink-Klonk

»Nunja, also sie wird einmal legendär. Sie träumt nämlich davon eines Tages über den Mond zu springen.«

»Achso.« Tak schien wenig beeindruckt. Er wollte gar nicht erst wissen, woher er wusste, was die Kuh träumte. Stattdessen wandte er sich dem Wiederkäuer zu.

»Du heißt also Chantalle?«

»Muhh«, machte die Kuh.

Klink-Klonk

»Und …Chantalle. Seit wann hast du diesen Traum?«

»Muh.«

»Ah, verstehe…Hast du denn schon einmal geübt? Ich meine das Springen?«

Die Kuh sah ihn verblüfft an. Er schien entweder alles zu glauben oder nahm sie nicht ernst.

Sie beschloss daher ihm lieber nicht zu antworten.

Klink-Klonk

Er konnte es selbst nicht glauben. Er redete gerade mit einer Kuh. So tief war er bereits gesunken?

Wenn nur nicht immer diese Glocke bimmeln würde.

»Eh«, versuchte er es erneut. »Könntest du vielleicht diese Glocke ausziehen? Ich meine nur solange bis wir in Sacre angekommen sind?«

Chantalle wackelte eifrig mit dem Kopf. Das ließ die Glocke schneller und lauter bimmeln.

Klink-Klonk, Klink-Klonk

»Oh, okay«, sagte er. »War nur so eine Idee…«

Er lehnte sich zurück. Versuchte bei all dem Gerüttel und all dem Lärm die Augen zu schließen. Jedes Wort konnte er hören, was sein Bruder und Mia mit diesem Von Ausbildung wechselten. Und er glaubte kein Einziges davon.

»Und wie sieht diese Gilde aus?«, wollte Mia wissen.

»Umwerfend«, entgegnete Von Ausbildung. »Sie ist eine unglaubliche Villa. Riesig. Und das wohl beeindruckendste Gebäude in der ganzen Stadt. Neben dem Schloss natürlich. Sie ist…«, suchte er nach den richtigen Worten, »mein ganzer Stolz.«

»Dann muss sie wirklich bezaubernd sein«, schwärmte Mia.

»Sind wir eigentlich die ersten Helden, die sie ausbilden?«, fragte Mark.

»Nicht ganz«, entgegnete Von Ausbildung. »Die Gilde gibt es erst offiziell seit diesem Jahr. Aber es sind bereits ein paar junge Auszubildende eingetroffen. Ich werde sie euch vorstellen. «

»Sind sie nett?«, fragte Mia.

»Ihr werdet sie mögen. Seid aber nicht enttäuscht, wenn dort niemand derart ergreifend ist wie ihr es seid.«

Tak kam einfach nicht zur Ruhe.

Das Alles hörte sich für ihn so unglaubwürdig an. Aufgesetzt und irgendwie gespielt. Er würde sicher nicht allzu lange in der Gilde bleiben.

Ein dumpfes »Halt!« drang zu ihm in den Wagen vor. Abrupt hielten die Pferde mit lautem Wiehern an.

Er flog nach vorne.

»Was beim heiligen Flitzebom war denn das?«, stemmte er sich auf. Er hob erneut den Stoff und spähte nach draußen.

Ein junger Mann in grünen Strumpfhosen stand vor der Kutsche.

»Halt, sage ich!«, rief der Strumpfhosenträger. »Ich bin Robin Loot, Rächer der Vererbten. Retter der Witwen und nicht allzu junger Jungfrauen!«

»Was wollt ihr?«, fragte Von Ausbildung. »Falls ihr Geld wollt, wir haben nichts bei uns, was einen Überfall wert wäre.«

»Ich überfalle euch nicht«, sagte Robin. »Aber ich habe euch gesucht.«

»Uns gesucht?«, entfuhr es Mia.

»Ja, holde Maid. Euch und den Führer dieser Kutsche.«

»Und weshalb suchtet ihr uns?«, wollte Von Ausbildung wissen.

»Diese holde Maid, deren Glanz ich nun erst gewahr werde, habe ich überall gesucht. Sie ist die wohl schönste aller Frauen. Wie könnte ich, Robin Loot, Retter der Jungfrauen, eine derartige Augenweide nicht gesucht haben?«

»Nun kommt zu eurem eigentlichen Anliegen«, sagte Von Ausbildung. Diese Art des Daherredens kannte er nur zu gut.

»Also gut. Ihr seid der, den sie Von Ausbildung nennen, nicht wahr?«

»Das ist wohl wahr.«

»Wisst ihr, mir kam von eurer Gilde in Sacre zu hören.«

»Wir sind gerade auf dem Weg dorthin, wenn ihr uns ziehen lasst.«

»Gut«, entgegnete Robin. »Dann nehmt mich mit.«

»Euch?«, wunderte sich Von Ausbildung. »Weshalb?«

»Ich würde mich gern der Reihe der Helden anschließen. Und lernen wie man sich gegen all die erbosten Ehemänner verteidigt. Wenn ihr versteht?«

»Eh…Ich denke ja«, antwortete Von Ausbildung. »Dann steigt ein. Hinten ist noch etwas Platz frei.«

»Wollt ihr ihn wirklich einfach so mitnehmen?«, flüsterte Mark Von Ausbildung zu. »Kennt ihr diesen Mann etwa?« Er schien den Neuankömmling nicht besonders leiden zu können. Und das lag nicht an den engen Strumpfhosen. Da war sich Tak sicher.

»Nein«, erwiderte sein Lehrmeister. »Wer kennt schon einen Helden, bevor er seine Heldentaten vollzogen hat? Das ist ja das Schwierige an dieser Sache. Jeder könnte ein potenzieller Held sein.«

»Auch Chantalle?« Sein Bruder schien nicht überzeugt.

»Natürlich«, versicherte Von Ausbildung. »Nichts und Niemand verbietet einer Kuh ein Held zu werden. Außerdem soll es sogar Kühe geben die sich für einen Hirsch oder ein Pferd halten.«

Mark wirkte noch immer wenig begeistert, aber Mia nickte eifrig.

Mit noch weniger Platz und noch weniger Ruhe, ging die Fahrt weiter. Tak wunderte sich, wie viel man trotz einer Strumpfhose erzählen konnte.

Robin erzählte von Baronen und deren Töchtern. Wie er sie beraubt hatte. Von reichen Scheichen, deren Frauen sich mit Schleiern umhüllten. Und dennoch begnadete Bauchtänzerinnen waren. Viele Liebschaften hatte er bereits in seinem kurzen Leben erlebt. Sein Traum war es, eines Tages mit einer Prinzessin oder besser einer Königin durchzubrennen.

Tak fragte sich, ob er gar nicht bemerkte, dass er ihm nicht wirklich zu hörte und einfach nur nickte? Einfach immer nur ja sagen und nicken, dachte er. Irgendwann muss er ja aufhören.

Weder funktionierte es, noch hörte er auf zu reden. Ganz im Gegenteil, nachdem er nach Mias Namen gefragt hatte, begann er nur noch mehr zu Reden.

Neben dem Gebrabbel und dem Knattern der Räder, gab es zu allem Überfluss noch immer Chantalle mit ihrer Glocke.

Am liebsten wäre er aus der Kutsche gesprungen und zurück ins Dorf gerannt. Doch die dicke Kuh versperrte den Weg nach draußen.

Klink-Klonk

Sacre.

Das Königreich Sacre, war im Vergleich zu anderen Königreichen eher klein und wirkte nicht minder bescheiden. Zum größten Teil bestand es aus Feldern und kleinen Ansammlungen von Bauernhöfen. Nicht einmal wert sie als Dörfer zu bezeichnen. Im wesentlichen bestand es aus Weizen. Nicht ohne Grund. War es doch einst der Göttin Weya, Göttin des Weizens, gewidmet worden.

Sacre, die Hauptstadt des Königreichs Sacre, war der wohl einzige Fleck des gleichnamigen Königreiches, der deutliche Abwechslung versprach. Nicht zuletzt, weil es die einzige Stadt des gesamten Reiches war. So konnte man durchaus das Königreich mit der Stadt identifizieren und auch umgekehrt die Stadt auf das Königreich reduzieren.

Der ehemalige zentrale Platz der Göttin hatte eine Wandlung hinter sich. Jene Bürger aus alter Zeit würden ihn kaum wiedererkennen. Der Tempel der Weya wurde abgerissen und an einer anderen Stelle der Stadt wieder aufgebaut. Sein Platz im Zentrum hinter der Stadtmauer wurde nun anderweitig benötigt. Außerdem war er schon längst nicht mehr der einzige Tempel in der Stadt.

Sacre war zur Hauptstadt der Tempel geworden. Tempel in allen Formen und Größen. Tempel, die von einem zusammengestürzten Steinbruch bis hin zu einer gewaltigen, begehbaren Quietscheente reichten. Alles war buntgemischt. Jeder Gott und jede Gottheit hatte einen Tempel. Umgekehrt blieb die Frage allerdings offen.

Und so sah die Stadt auch aus.

Wie ein großer bunter Flickenteppich, umgeben von goldenen Feldern. Im Zentrum befand sich das Schloss Sacre.

Jahre der Einwanderung, Entwicklung und das Erbauen riesiger Glaubenseinrichtungen, hatten die Mauern der Stadt schnell zu klein werden lassen.

Einer der frühen Könige erkannte das Problem frühzeitig und reagierte rasch. Er ließ Schloss und Hof ausbauen, bis sich einzig und allein sein Schloss innerhalb der Mauern befand. Während die eigentliche Stadt wie eine zweite Schutzmauer Dieses einschloss.

Beherrscht wurde dieses Spektakel bereits seit einigen Jahren von König Athus. Ein schlichter Mann. Mit schlichten Worten. Und schlichtem Selbstwertgefühl.

Einst war er der Sohn eines Bauern gewesen. Nie wollte er König oder Herrscher werden. Doch wie es so oft im Leben geschieht, kommt es meistens anders als man es erwarten würde.

Alles fing damit an, als er eines Tages einem Troll begegnet war.

Trolle sind etwa zwei Meter hohe wandelnde Schränke aus Stein. Eisernen Muskeln. Und einem IQ knapp unter null. Sollten sie dies nicht glauben können, fragen sie doch einfach mal einem Troll, ob er etwas Kleingeld in den Hosentaschen hat. Sie werden sich wundern, was er alles antworten wird. Und nur dass sie es wissen, Trolle tragen gar keine Hosen. Das muss ihnen allerdings erst einmal jemand sagen.

Wichtig zu erwähnen sei hier noch, dass der IQ, der sogenannte Intelligenzquotient, auf Tunuss etwas anders berechnet wird als es bei uns der Fall ist. Die Messung findet dort folgendermaßen statt: Man stellt sich hinter eine aufgezeichnete Linie, kneift sein rechtes Auge zu, hebt das linke Bein in die Luft, summt dabei die jeweilige Nationalhymne und wirft dabei einen Stein, der so groß ist wie die eigene Faust. Dann misst man die Entfernung die der Stein zurück gelegt hat und dividiert dies durch das Produkt aus Masse und Körpergröße des Werfers. Die Entfernung wird dabei in Metern und die Körpermaße in Gramm bzw Zentimetern gemessen. Wenn man nun bedenkt, dass Trolle nicht gerade Multitasking fähig sind, kann man sich gut vorstellen wie sie den Stein versehentlich hinter sich werfen, statt nach vorn. Das Erklärt den negativen IQ. Erstaunlich an dieser Messung ist, dass der so ermittelte Intelligenzquotient mit dem Unseren in den allermeisten Fällen übereinstimmt.

Aber gut. Kommen wir zurück zu König Athus. Er begegnete also eines Tages einem Troll.

Dieser Troll war nicht ganz so dumm wie seine Artgenossen. Er hatte ein Schwert als Zahnstocher verwenden wollen, bis es schließlich zwischen den steinigen Hauern stecken blieb. Wieso er nicht ganz so dumm war? Weil er immerhin wusste, wozu man einen Zahnstocher verwenden konnte.

Jedenfalls steckte von da an das Schwert in seinem Mund. Es einfach herauszuziehen war nicht möglich. Viele Bürger Sacres hoben sich einen Bruch bei dem Versuch den jammernden Troll von seiner Pein zu erlösen.

Von Haus zu Haus lief er. Flehte jeden an es wenigstens einmal zu versuchen. Doch nichts und niemand schien ihm helfen zu können. Tagsüber lief er stöhnend durch die Straßen und nachts lungerte er vor Schmerz sich krümmend in den Gassen. Die Bürger, welche er um den Schlaf und beinahe auch um den Verstand gebracht hatte, waren bereit alles zu geben, nur damit er endlich aufhörte zu Jammern.

Viele Tage und Nächte dauerte das Schauspiel an. Mit unzähligen Fehlversuchen und Hexenschüssen. Bis an einem warmen Tag, in der heißen Jahreszeit, die man auf Tunuss Hitze nennt, der junge Athus in die Stadt kam.

Wollte er doch bloß die Gurken seines Vaters auf dem Markt loswerden, sprach der Troll den Neuankömmling abrupt an. Er gab nicht eher Frieden bis der schmächtige junge Mann es schließlich versuchte. Und siehe da, er zog die Klinge ohne große Mühe heraus.

Als er als Einziger das Schwert aus dem Troll gezogen hatte, wurde er von der dankbaren und gequälten Bevölkerung als Auserwählter aller Götter angesehen und musste schließlich zum König gekrönt werden. Da gab es keine Widerworte und nichts was dagegen sprach. Es war DAS Zeichen gewesen.

Für ihn war es jedoch eher ein Versehen als eine Vorhersehung. Wenn er doch bloß an dem Troll vorbeigegangen wäre…

Nunja. Nun war er der König.

Und mit der Zeit gewöhnte man sich an so Vieles. Was heißt, dass er seine neue Stellung, auch wenn er sie nicht beherrschte, dennoch zu akzeptieren lernte.

Wäre das Volk nicht von Vorhersehung geblendet gewesen, so hätte es eingesehen, dass es schon fähigere Herrscher als Athus in Sacre gegeben hatte.

Konnte er sich doch nicht einmal am Morgen für eine seiner Hosen entscheiden. Ganz abgesehen von dem Umschlag den er zuerst öffnen sollte.

Doch wozu gab es schließlich Berater.

Die Meisten verließen Sacre jedoch bereits völlig entnervt nach nur wenigen Tagen in ihrem Amt. Es konnte eben ziemlich entmutigend sein seinem König jeden Tag aufs Neue sagen zu müssen, was er zu tun und was zu lassen hatte. Und Hosen waren da das geringste Problem.

Sein neuester Berater war Karl. Er hatte bereits eine Woche mit ihm ausgehalten und gewann dafür sein vollstes Vertrauen. Er durfte ihm selbst im Dunkeln die schrillste Hose aus dem Schrank reichen.

Seine Untertanen waren allerdings anderer Meinung. Also zumindest was seinen Berater betraf. Dazu trug sicherlich das sehr kantige Gesicht, die pechschwarzen Haare, der spitze Ziegenbart und die fiesen Koteletten seines Beraters bei. Es waren wahrhaft fiese Koteletten. In sich gedreht und verfettete Bartstummel.

»Nun, mein guter Karl«, begann Athus die stündliche Beratungsstunde.

Karl schluckte schwer bei diesen Worten.

»Was gedenkt ihr? Sollte ich den Bau eines Tempels zu Ehren des Gottes Bruch gestatten?«

Bruch, war der Gott des zerbrochenen Glases. Wann immer einem jungen Gläubigen ein Stück Porzellan aus der Hand fiel, musste er beide Hände gen Himmel richten und rufen: »Oh, nein! Schon wieder ist mir etwas zu Bruch gegangen!«, um Bruch lauthals zu preisen. Bruch, war auch der Gott, dem die Bürger Sacres den eingestürzten Steinbruch geweiht hatten. Ob es nun Zufall oder Absicht war, dass die Stätte müder Bergbauer einstürzte, blieb offen.

»Mein Gebieter«, entgegnete sein Berater. »Ich denke, ihr sssolltet diessser Bitte nachgehen. Denkt nur an die neuen SSSteuern, die sssich darausss ergeben.«

Karl sprach wie eine Schlange. Immer wieder zischten und schnappten seine Worte vor wie eine Natter. Auf Dauer konnte es abstoßender wirken als seine Koteletten.

»Ja, ihr habt wohl recht. Ich werde darüber nachdenken.«

Athus erhob sich von seinem Thron und näherte sich Karl.

»Karl, mein Bester…«

Sein Berater schüttelte sich. Er mochte es überhaupt nicht so genannt zu werden.

»…habt ihr gehört? Es gab zwei weitere Todesfälle in meiner Stadt.«

»Nein, Herr.« Karls Augen funkelten. »Ich habe heute noch keinem der Herolde zzzu gehört, mein Herr. Wen hat esss diesssmal erlegt?«

»Diesmal war es ein Diener der Göttin Weya. Einer der Mönche aus dem Tempel. Und einen jungen Mann aus dieser neuen Gilde«, gab Athus die Information seines eigenen Herolds wieder. »Wie hieß sie noch gleich? Heldengilde oder so. Jedenfalls fanden sich bei beiden Opfern merkwürdige Stichwunden. Was sagt ihr dazu, Karlchen?«

Der Berater rollte die Augen ehe er antwortete: »Eine sssehr interessssssante Gilde, mein Herr.«

»Ohja, zweifelsohne«, winkte Athus ab. »Aber ich meine, wer würde so etwas Grausames tun?«

»Herr, lasssssst dasss die SSSorge eurer Wachen sssein«, beruhigte ihn sein Berater. »Ihr müsssssst euch wichtigeren Dingen zzzuwenden.«

Athus setzte sich wieder auf seinen Thron.

»Fürwahr«, sprach er nach einiger Zeit. »Ihr habt recht. Und sicherlich wollt ihr mir beruhigend sagen, dass man hinter diesen Mauern sicher ist, nicht wahr?«

Karl, der eigentlich der böse Karl hieß und heimtückischer sein konnte als ein Teller voller Linsensuppe, faltete die Hände zusammen und zischte: »Dasss könnte man ssso denken, Herr.«

Doch Athus gab sich damit nicht zur Ruhe. »Und was wenn ihr im Unrecht seid?«, fragte er. »Es geht mir auch um die Sicherheit meines Volkes. Und als ihr König bin ich doch genötigt bei solchen Vorfällen zu Handeln, nicht wahr?«

»Und woran denkt ihr, Herr?«

Athus dachte kurz nach.

»Kennt ihr eigentlich das ehemalige wache Auge unserer Stadt?«

»Meint ihr einen gewissssssen Kolomb?«

»In der Tat, Karl.«

»Ich habe bereitsss von ihm gehört. Er sssoll sssehr trinkfessst sssein und rauchen wie kein ZZZweiter.«

»Ja«, entgegnete der König. »Jetzt wo ich darüber nachdenke, scheint er wie geschaffen für diesen Job, nicht wahr?«

»Herr?«

»Es gibt da nur ein kleines Problem.«

»Ihr meint ssseinen ssselbsssternannten Ruhessstand?«

»Genau. Er ist nicht mehr ganz der Alte, Wisst ihr? Ich fürchte, wir werden ihn nur schwerlichst überzeugen können. Sofern es uns überhaupt gelingen mag.«

»Vielleicht«, zischte der böse Karl. »Aber vielleicht auch nicht, Herr.«

Karl schien nachzudenken. Er zog dabei an seinem Bart. Es sah aus als würde er ihn melken. Was wenn er wirklich nicht sicher war. Wenn der Mörder auch im Schloss sein Unwesen treiben wird?

»Wasss genau wissst ihr über ihn, Herr?«, fragte er schließlich.

Seit Menschengedenken gab es schon immer von allem Zwei. Der Eine mit dem Anderen oder häufiger der Eine gegen den Anderen. Wie links und rechts. Glück und Pech. Kalt und warm. Liebe und Hass. Obsthändler und Apfeldieb. Oder Kantinenessen und gesunde geschmacksbetonte Ernährung.

Auch Ordnung und Chaos waren zwei erbitterte Rivalen.

So sollte man meinen.

Mal herrschte Ordnung. Mal Chaos. Ständig wechselten sie einander ab. Wie lang die Herrschaft des jeweils Einzelnen war, stand nicht fest. Aber der Wechsel - wenn denn auch in unbestimmter Zeit - war mehr als sicher. Denn ohne Chaos gab es keine Ordnung und ohne Ordnung kein Chaos. Das Eine konnte also nie vollends über das Andere existieren, wenn es weiterhin selbst existieren wollte.

Manche behaupten es gäbe auch ein Miteinander, die Ordnung im Chaos. Sie nennen es das strukturierte, durchdachte Chaos. Man könne dann in den Unmengen zufälliger Anordnungen gewisser Dinge eine Art Gesetzmäßigkeit erkennen. So gäbe es ungeordnete Ballungen oder Anhäufungen die untereinander in einer Ordnung stehen, selbst aber vom Chaos beherrscht werden.

Nun, ob es Dies nun gab oder nicht und in welchen konkreten Bereichen des Lebens und Irdischen es auch zutreffen mag, sei einmal dahingestellt. Der Schreibtisch von Feldwebel Kolomb offenbarte da ohnehin eine ganz andere Sicht der Dinge.

Mit viel Wohlwollen hätte man es vielleicht noch als chaotische Ordnung bezeichnen können, was dort zwischen all den Papieren herrschte.

Man stelle sich einen Tisch mit sehr hohen, aber fein säuberlich strukturierten Papierstapeln vor, die ordentlich aneinandergereiht und gleichmäßig bis knapp unter die Decke gestapelt wurden. Nun stelle man sich vor, wie der Schreibtisch aussehen würde, wenn man zwei Elefanten und eine Maus für etwa eine Woche in den schon für einen Elefanten zu kleinen Raum gesperrt hätte. Und nun stelle man sich noch vor, dass das gesamte Zimmer zu eben diesem Schreibtisch geworden sei. Genau das schien hier der Fall zu sein.

Die Unordnung hatte ein eigenes Bewusstsein entwickelt und kurzerhand beschlossen den Tisch auf das gesamte Zimmer auszudehnen. Nur die Tür und das geschlossene Fenster rettete den Rest von Tunuss vor einer chaotisch strukturierten Überflutung.

Dazu kam ein leicht beißender Geruch, als habe man eines der Tiere vor einem guten Jahr in dem geschlossen Raum zurückgelassen. Und es war sicherlich nicht die Maus.

Auch Licht schien den trüben Raum zu meiden. Ein schmaler Sonnenstrahl glitt durch das Fenster herein. Warf ein wenig seines Glanzes auf ein Geweih, welches an der Wand hing und unter all den Papieren hervorragte.

Unter all den weißen und nichtweißen - vielleicht ehemals weißen - Papieren befand sich der Schöpfer dieses einzigartigen Phänomens. Feldwebel Kolomb. Besser gesagt, das was noch von ihm übrig war.

Er schlief auf einem Stuhl, der mit dem Schreibtisch irgendwann einmal in das Zimmer gestellt worden war. Wahrscheinlich mit bester Absicht und schön ordentlich in einem rechten Winkel zum Schreibtisch. Ordnung war einst das große A und O in der Wache.

Aber wie konnte es nur zu so etwas kommen? Wie konnte ein Mensch derart tief sinken? Nunja, es gab mehrere Gründe. Zumindest für Kolomb.

Natürlich hätte er all die Briefe, Beschwerden, Anfragen und Aufträge lesen können. Anschließend sortieren oder entsorgen. Ausführen oder ablehnen können. Doch hatte Kolomb Eines gelernt. Die wirklich wichtigen Schriften, also jene die er bearbeiten musste, fielen nach einiger Zeit ganz von allein in seine Hände. Und wenn sie in einem Umschlag gehüllt waren, so öffnete sich dieser auch noch von allein.

In der Tat fiel ihm eines Morgens ein rosa Schreiben in den Schoß. Die auffällige Farbe und der Geruch, der vom Papier ausging - der zu der Zeit bereits im völligen Kontrast zu dem Geruch stand, der von ihm ausging - machten ihn doch so neugierig, dass er ihn versehentlich las. Er war von seiner Nachbarin, der etwas älteren Hannelore, wie er unschwer an der Anrede Mein geliebter Charles erkannte. Sie bat darin um Beihilfe ihren mühselig gebackenen Käsekuchen aufzuessen. Sie erwartete daher einen hilfsbereiten attraktiven Mann mittlerer Reife am selbigen Abend vor seiner Haustür. Ja sie hatte wirklich geschrieben vor seiner Türe. Nicht bloß vor Ihrer. Nein. Nicht einmal zu Hause war er vor ihr sicher. Sie war mehr als aufdringlich. Und das von Natur aus.

Die alte Hannelore war nicht hässlich. Also nicht viel hässlicher als die Ganoven mit denen er es in seiner Vergangenheit zu tun hatte. Aber attraktiv war sie bei Weitem nicht. Wäre sie ein Tier, so sagte er immer, dann wäre so etwas wie eine Breitarschantilope. Erscheinung und Bartwuchs kamen dem recht nahe. Der signifikante Unterschied war jedoch, dass man selbst die Flucht ergreifen musste, wenn man ihr begegnete und nicht wie gewohnt, die Antilope schreckhaft davonsprang. Springen konnte sie vermutlich noch nie. Es sei denn, man nannte es bereits einen Sprung, wenn man aufgrund des Eigengewichts nicht mehr als ein oder zwei Millimeter den Boden verlassen konnte.

Und so bewahrte ihn das Schicksal - er nannte es die Macht der Briefe - vor einer weiteren Tragödie, indem er kurzer Hand beschloss, seinen Job auf vierundzwanzig Stunden auszudehnen. Schließlich musste man für das nächste wichtige Schreiben stets bereit sein.

Was die Hygiene anbelangte. Das war eine Tätigkeit, der man nur schwerlich während der Arbeitszeit nachgehen konnte.

Wann hatte dieses Dahinvegetieren begonnen? Es begann alles nach einer Nacht. Er nannte sie jene Nacht. Viel mehr wussten Andere auch nicht. Er sprach nie darüber.

Seine Kollegen und Vorgesetzten ließen ihn entweder seit jener Nacht in Ruhe oder sie kannten ihn erst gar nicht. Und damit auch er sie nicht. Letzteres traf vor allem auf die neuen Gefreiten zu. Ständig gab es Neue, da sich die alten neuen Gefreiten meist als zu unnütz und zu freisinnig herausstellten, sodass sie letztlich von ihrem Beruf befreit wurden.

Kolomb selbst wurde allerdings bisher noch nicht entlassen. Ein Umstand der auf mindestens einem der folgenden Gründe beruhte: a) Seiner glorreichen Vergangenheit. b) Jener Nacht. c) Seiner doch recht hohen Stellung. d) Man ihn einfach vergessen hatte oder für tot hielt. Was auch den Geruch erklärt hätte.

Doch nun sollte sich alles schlagartig ändern. Mit nur einem Jüngling.

Ganz vorsichtig und zaghaft öffnete sich die Tür. Das Klopfen war so leise gewesen, dass es gar nicht gehört werden konnte.

Einige der Briefe nutzten sofort die Gunst der Stunde, um die Kammer des Schreckens zu verlassen und die neue Form der Ordnung ein Stück weiter hinaus in die freie Welt zu tragen.

Eine leise unsichere Stimme erklang.

»Hahallo? Ist hier ein gewisser Charles Kolomb?«

Es dauerte eine Weile bis Kolombs Gehör bemerkte, dass es wieder beansprucht wurde. Auch die Leitungen im und zum Zentrum des Denkapparates mussten neu justiert werden.

»Hahallo?«, versuchte es der Knabe erneut.

Papier raschelte. Schwerfällig und mit einem grausigen Grummeln erhob sich aus einem der Papierhügel eine stinkende haarige Gestalt. Offenbar benötigte auch das Sprachzentrum einen zweiten Anlauf.

»Fer?«, brummte die scheinbar gerade auferstandene Gestalt.

Der Junge wirkte sichtlich verlegen. Selbst ein Laie hätte augenblicklich begriffen, dass er neu im Dienst war.

Zwanghaft und ein wenig verunsichert nahm er Haltung an.

»Sir«, redete ihn der Junge an. »Sind sie Feldwebel Kolomb, Sir?«

»Fer fill das fissen?«, entgegnete der Feldwebel. Seine Stimme wirkte nicht mehr ganz so kratzig wie bei seinem ersten Anlauf. Der kleine Sprachfehler war allerdings fest verankert. Ein W oder V hörte sich bei ihm an wie ein F.

Der Jüngling rümpfte sichtlich die Nase. An den Geruch musste er sich erst einmal gewöhnen. »Mein Name ist Watt«, stellte er sich vor. Die Hand fest an den Kopf gepresst. »Wilfried Watt, Sir.«

»Fatt? Du?« Er musterte den Knaben genauer.

»Ja«, wiederholte der Junge. »Wilfried Watt, Sir.«

»Hmm«, machte Kolomb. »Filly Fatt? Nie gehört.«

»Ich bin neu hier, Sir.«

»Soso«, er machte keinen Hehl aus seiner Abneigung. »Und fieso störst du einen Feldfebel bei seiner Arbeit?«

Willy wirkte noch verunsicherter als zu Beginn des Gespräches. Das was dort vor ihm stand, war ein echter Feldwebel. Und ungeachtet der näheren Umstände verdiente dieser Respekt.

»Sir. Ich habe hier ein Schreiben, Sir.« Das häufige Sir sollte seine Unsicherheit geschickt überspielen. Nur funktionierte es nicht. Denn der Feldwebel kannte zitternde Kniescheiben nur zu gut.

»Für mich?«, fragte er.

»Ja, Sir«, antwortete Willy. »Er ist für Feldwebel Kolomb, Sir.«

»Den gibt es hier nicht mehr«, wandte Kolomb sich von dem Jungen ab.

Willy wirkte irritiert. Das hier war doch das Büro des Feldwebels, oder? Noch einmal warf er einen Blick auf das Namensschild im Flur.

»Aber, Sir«, sagte er schließlich. »Hier steht aber, dass…«

»Fas drauf steht ist nicht immer das fas auch drin ist, Junge«, unterbrach ihn der Feldwebel. »Und Fie du siehst, habe ich mehr als genug von diesen Dingern hier.« Er deutete bei seinen letzten Worten auf den Brief, den der Junge noch immer krampfhaft zwischen den Fingern hielt.

»Es ist aber von höchster Priorität, Sir«, beharrte Willy darauf ihn abzuliefern.

»Dann leg ihn zu den Anderen«, gab Kolomb letzten Endes nach. Er wusste, wenn nötig stand dieser Junge den ganzen Tag in seiner Tür. Mit dem Brief in der Hand. Fest entschlossen ihn abzugeben, wie es ihm aufgetragen wurde. Aber nicht mit dem notwendigen Mumm dies umzusetzen, wie es ihm angeboren worden war.

»Sir. Es ist ein Schreiben vom König, Sir.«

»Ach firklich? Fom König?« Kolomb musterte den Knaben von Kopf bis Fuß. Seine Haltung war gerade wie eine Kerze. Die Rüstung zwar einfach, aber peinlichst fein säuberlich gepflegt.

»Nun. Du siehst nicht aus als fürdest du einen Forgesetzten auf den Arm nehmen follen. Geschfeige denn es je können.«

»Sir?«

»Nun, dann gib das Ding mal her.«

Willy trat vorsichtig näher. Er zog es vor dabei den Atem anzuhalten.

»Gut«, lobte ihn der Feldwebel. »Du darfst dich nun entfernen, Filly.«

Der junge Gefreite salutierte, wie es sich gehörte und schloss geschwind die Tür hinter sich. Er hatte genug dieser beinahe betäubenden Luft eingeatmet.

Kolomb betrachtete den Umschlag genauer.

»Follen fir mal sehen fie fichtig du firklich bist«, sagte er schließlich zu dem beschriebenem Papier.

Er legte das königliche Schreiben auf den höchsten Haufen im Zimmer. Dann setzte er sich wieder auf seinen Stuhl und ging seiner gewohnten Arbeit nach. Dem Nichtstun und Vor-sich-hin-vegetieren.

Der Umschlag würde schon zu ihm kommen, wenn es sehr wichtig war. Er glaubte fest an die Macht der Briefe.

Die Häldengilde

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