Читать книгу Tödliche Täuschungen - Marcelo Strumpf - Страница 3
PROLOG
ОглавлениеSt. Ives, im Sommer 1973
Mist, Mist, Mist und nochmals Mist! Er wusste doch, dass ihm die blöde Kuh früher oder später Ärger machen würde. Und jetzt hatte er Ärger, mächtigen sogar. Becky hatte ihn dazu gebracht, sie zu töten!
Da lag sie: ausgestreckt auf dem Fußboden des alten Strandhäuschens, den Kopf zur Seite gedreht, und atmete nicht mehr. Wahnsinn: Es war fast dieselbe Stelle, an der sie sich beide im letzten Sommer herumgewälzt hatten.
Er konnte sich noch gut daran erinnern, wie überrascht er gewesen war, dass Becky noch Jungfrau war. Immerhin hing ihr schon mit fünfzehn der Ruf nach, zu den frühreifen Mädchen an der High School zu gehören. Das war nichts anderes als eine höfliche Umschreibung für „Schlampe“. Jeder an der Schule, ob Lehrer, Schüler und Eltern, wusste doch, dass Rebecca Hynes, die von allen einfach nur Becky genannt wurde, praktischen Aufklärungsunterricht betrieb und sich Mitschüler über vierzehn vorknöpfte, zumindest die sportlichen unter ihnen. Man hatte sogar gemunkelt, sie habe es mit Mr. Edwards getrieben, dem Sportlehrer. Aber das alles war wohl nur ein Gerücht, wie er dann herausfand. Becky konnte bis letzten Sommer mit niemandem Sex gehabt haben.
Es geschah nach einer Sommerparty am Strand, nach zu viel Bier und zu viel Wein. Ob er tanzen wolle, fragte sie ihn, als aus dem scheppernden Kassettenrecorder „Nights in White Satin“ von Moody Blues erklang. „Wegen mir“, antwortete er ihr lustlos. Und dann tanzten sie eng umschlungen, während er Beckys heißen, leicht säuerlich nach Bier riechenden Atem an seinem Ohr spüren konnte und ihren Unterleib, der sich gegen seinen presste. Und irgendwie hatte ihn das sogar ganz schön heiß gemacht, doch dann riefen seine Kumpels nach ihm.
Er konnte sich noch sehr gut an jenen Spätnachmittag im letzten Jahr erinnern. Die Sonne war schon fast untergegangen und hatte den tagsüber blauen Himmel in ein glühendes Rot getaucht, als Jimmy, Mike und die anderen aus seiner Klasse losrannten. Sie wollten die tolle Brandung ausnutzen und surfen. Da war für ihn kein Halten mehr. Surfen war nun mal seine Leidenschaft. Und so ließ er Becky am Ende des Songs einfach stehen und war seinen grölenden Freunden hinterhergerannt.
Er war als letzter in das Strandhäuschen angekommen, dessen weiße Außenfarbe vergilbt war und seit Jahren mehr und mehr abblätterte. Seine Freunde hatten ihre Bretter schon von den Ständern heruntergenommen und rasten an ihm vorbei aufs Meer zu, wo sie auf die perfekte Welle warteten. „Wartet auf mich“, rief er ihnen noch hinterher, aber sie hatten ihn nicht mehr gehört. Dafür hörte er, wie die Tür hinter ihm geschlossen worden war und jemand den Riegel zuschob. Erst hatte er geglaubt, einer seiner Kumpel wäre zurückgekommen, um ihm einen Streich zu spielen und ihn einsperren zu wollen. Doch dem war nicht so. Denn als er sich umdrehte, konnte er Becky sehen, die in das Strandhäuschen hereingekommen war und ihn mit vor Lust fiebrigen Augen anschaute.
„Was ist?“, hatte er sie naiv gefragt, obwohl er ja genau sehen konnte, was sie wollte. Er war gerade dabei gewesen, seine Bermudashorts anzuziehen, und stand splitternackt da. Also musterte sie seinen nackten Körper von oben bis unten und fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. Statt zu antworten, hatte sie dann begonnen, sich wie eine Stripperin zu bewegen und ihre Bluse aufzuknöpfen. Und dann war auch schon ihr Minirock gefallen, und sie hatte nur noch in ihrem Slip vor ihm gestanden. Keine Frage, das hatte ihn ganz schön geil gemacht.
Es war stickig in dem Strandhäuschen gewesen. Es hatte nach Teer und Schweiß und nach Beckys schwerem Patschuli-Parfüm gerochen, als sie sich auf den Holzdielen am Boden gewälzt hatten und er ungeschickt in sie einzudringen versuchte. Die Nummer hatte nicht lange gedauert, denn er wollte ja surfen gehen. Kaum war er gekommen, hatte er seine Shorts angezogen, sich das Surfbrett geschnappt und war hinausgelaufen. Wahrscheinlich hatte sie ihm wütend nachgeschaut, weil er sie einfach so da liegen ließ, ohne irgendetwas zu sagen.
Trotzdem hatte sie ihn danach nicht mehr in Ruhe gelassen. War lästig wie eine Schmeißfliege gewesen. War ihm überall hingefolgt. Hatte ihm schwülstige Liebesbriefe geschrieben, die er nicht beantwortete, bis sie ihm dann vor ein paar Monaten erzählte, sie würde mit ihren Eltern aus St. Ives wegziehen. Ihr Vater wäre beruflich nach Devonshire versetzt worden. Leider nicht weit genug von Cornwall, hatte er da gedacht. Und doch: Gott, was war er erleichtert gewesen, als er von ihren Umzugsplänen wusste. Denn das bedeutete, dass sie ihn endlich in Ruhe lassen würde.
Max schaute wieder hinunter auf den Fußboden, auf dem Becky regungslos lag. Jetzt würde er tatsächlich vor ihr Ruhe haben, denn sie war tot. Mausetot. Das hatte er doch nicht gewollt! Verdammt! Er hätte heute auf sein inneres Gefühl hören und sich nicht nochmal mit ihr treffen sollen. Aber, nein, er hatte sich von ihr weichreden lassen.
„Sei kein Frosch, Max“, hatte sie zuckersüß ins Telefon geflötet, als sie mittags bei ihm zu Hause anrief. „Du weißt doch, dass ich morgen wegziehe, und wer weiß, ob wir uns jemals wiedersehen. Da wird es doch wohl nicht zu viel verlangt sein, wenn wir uns nochmal treffen und uns voneinander verabschieden. So, wie es sich gehört“, sagte sie vielsagend und ein wenig geheimnisvoll. „Außerdem dachte ich, es liegt dir ein bisschen was an mir“, hatte sie dann weinerlich wie ein kleines Mädchen gesagt, obwohl sie sonst immer auf selbstbewusste Braut machte.
Herrje, wie kam die dumme Pute nur darauf, sie würde ihm etwas bedeuten? Er hatte ihr doch klipp und klar gesagt, dass er sie zwar ganz nett fand, aber mehr auch nicht. Nie hatte er ihr etwas vorgemacht oder so getan, als würde er für sie etwas empfinden.
Noch immer zitterten ihm alle Glieder. Er blickte wieder zu ihr herunter und hoffte inbrünstig, dass sie endlich wieder zu sich kommen und die Augen öffnen würde. Und dann ging er erneut in die Hocke und rüttelte an ihr, aber er konnte rütteln, so viel er wollte: Becky reagierte nicht. Scheiße!
An allem war nur seine blöde Mutter schuld. Sie war doch ans Telefon gegangen, als Becky angerufen hatte. Er wischte sich den Schweiß von der Stirn und konnte seinen Blick nicht von Beckys leblosem und ziemlich blassem Gesicht abwenden. Nur eine Minute später, und sie hätte ihn nicht mehr zu Hause erwischt. Doch das Telefon läutete genau in dem Augenblick, als er gerade zum Strand loswollte, um sein neues Surfbrett einzuweihen.
„Max, es ist für dich. Becky“, hatte seine Mutter gesagt und ihm den Hörer hingehalten. Er hatte Null Bock gehabt, mit ihr zu sprechen, und dies seiner Mutter sehr deutlich zu verstehen gegeben, indem er ihr eindeutige Handzeichen machte und Grimassen zog. Aber sie hatte nicht daran gedacht, für ihn zu lügen. Sie hatte die Augen verdreht, damit er endlich den Hörer nahm, den sie ihm gnadenlos hingehalten hatte. Insofern war es auch zwecklos gewesen, ihr zuzuflüstern, sie solle Becky sagen, er sei nicht da. Seine Mutter hatte ihn in diese Sache reingeritten, als sie sich wieder den Hörer ans Ohr gehalten und zu Becky gesagt hatte: „Warte, Liebes. Einen kleinen Moment. Max kommt gleich ans Telefon“.
Was hätte er tun sollen? Ihm war nichts anderes übrig geblieben, als mit Becky zu sprechen. Erst hatte er ja noch versucht, Becky abzuwimmeln, indem er ihr vorgelogen hatte, er müsse noch für eine Prüfung lernen.
„Ein halbes Stündchen wirst du doch wohl abzweigen können, oder?“, hatte sie erwidert. „Lass uns im alten Strandhäuschen treffen. Du weißt schon wo, nicht wahr?“. Dann hatte sie so albern gekichert.
Natürlich wusste er nur zu genau, wo. Das Strandhäuschen, in dem sie es nach der Strandfete im letzten Sommer miteinander getrieben hatten. Es lag etwas versteckt hinter den Dünen. Und dort hatte sie ihn heute Nachmittag erneut verführen wollen, obwohl er ihr vor einem Jahr ganz klar zu verstehen gegeben hatte, dass es keine Wiederholung geben würde.
Nicht, dass Becky unansehnlich war. Ganz im Gegenteil. Sie sah scharf aus in ihren sexy Klamotten. Auch heute war es so gewesen, mit ihrem engen schwarzen Pulli und ihrem Minirock, der ihre schönen Beine in voller Länge zeigte.
Der Himmel war zugezogen, als er losgelaufen war, das Surfbrett unterm Arm. Ein starker Nordwind hatte geweht und ließ die Wellen des Atlantiks aufschäumen. Genau das richtige Wetter, um zu surfen, hatte er sich gesagt. Er wollte nicht lange bleiben, sondern nur kurz Hallo sagen, Becky alles Gute wünschen, und dann ab ins Meer.
Doch sie hatte ihm einen Strich durch die Rechnung gemacht. Sie war schon da, als er hereinkam, und hatte auf einer alten Holzkiste gesessen und einen Joint geraucht. Zumindest hatte es im Strandhaus ziemlich stark nach Gras gerochen.
„Schön, dass du gekommen bist. Kannst du dich an diesen Ort erinnern, mein süßer, strammer Max?“ Die letzten Worte hatte sie herausgehaucht, um ihm zu zeigen, wie geil sie auf ihn war, aber für ihn hatte es nur dämlich geklungen. Ihre Micky-Maus-Stimme hörte sich nicht unbedingt sexy an, fand er. Dann, als sie von der Holzkiste aufgestanden und auf ihn zugegangen war, hatte sie ihn süffisant angelächelt. Sie war vor ihm stehen geblieben, hatte den Joint auf den Boden fallen lassen und ihn mit ihrer Stiefelspitze ausgedrückt. Und dann war sie über ihn hergefallen.
Zur Salzsäule erstarrt, hatte er ihre feuchten, heißen Küsse über sich ergehen lassen und ihre Zunge an seinem Hals gespürt, während in seinem Kopf der Gedanke herumschwirrte, dass es sich für ein sechzehnjähriges Mädchen nicht gehörte, sich wie eine Nutte aufzuführen. Er fand das einerseits eklig, denn sie roch nach dem Joint und auch etwas nach Schweiß, aber irgendwie war er auch geil geworden. Doch als sie begonnen hatte, am Reißverschluss seiner Jeans herumzufummeln, war er wieder zur Besinnung gekommen.
„Lass das, Becky!“, hatte er sie angeschnauzt und dabei versucht, sich von ihrer Umklammerung zu lösen. Sie war wie ein Krake gewesen.
„Komm schon, du willst es doch auch, Max“, hatte sie ihm ins Ohr gehaucht. „Ein kleiner Abschiedsfick, damit ich dich in Erinnerung behalte und du mich.“
Aber er wollte nicht. Nein, er wollte keinen Sex mit ihr haben. Weder jetzt noch irgendwann. Vielleicht war es ja nicht normal für einen siebzehnjährigen Jungen wie ihn, dass er mit einem Mädchen nur schlafen wollte, wenn er es liebte, zumindest aber romantische Gefühle für es hegte. Und für Becky hatte er nun mal nichts übrig. Nach der schnellen Nummer im letzten Sommer wusste er, dass er nie wieder nur einfach so Sex haben wollte. Irgendwie fand er sie sogar abstoßend. Nicht ihr Aussehen, nein, dagegen war ja, wie gesagt, nichts einzuwenden. Aber ihre ganze Art und ihre billige Ausstrahlung und auch ihre nasale Stimme. Wahrscheinlich hatte sie Polypen. Und dann ihre ordinäre Art zu sprechen. Die war doch völlig daneben! „Abschiedsfick.“ Wie konnte sie nur so etwas sagen? Widerlich, ihre Anspielung auf seine Penisgröße, wenn sie ihn „mein strammer Max“ nannte. Das hatte sie sogar in der Schule getan. Wofür hielt sie ihn eigentlich? Immerhin hatte er sie doch auch nicht auf ihre großen Titten reduziert und Miss Big Tits genannt, so wie es viele seiner Mitschüler taten, die Stielaugen bekamen, wenn Becky in einem ihrer hautengen T-Shirts in die Klasse kam. „Wie kommst du nur darauf, dass ich dich in Erinnerung behalten will“, hatte er ihr dann geantwortet, in der Hoffnung, sie würde beleidigt gehen.
Aber Becky hatte sich auch davon nicht beirren lassen, sondern ihm dann einfach zwischen die Beine gefasst. Als aber ihre Finger spürten, dass er wirklich keinen Bock auf sie hatte, da schaute sie ihn für einen kurzen Moment fast ungläubig an. Und danach hatte sie fies gelächelt.
Erst nahm er an, sie würde gleich irgendeine dämliche Bemerkung machen. Doch dem war nicht so gewesen. Statt überhaupt etwas zu sagen, war sie vor ihm in die Hocke gegangen, um wieder am Reißverschluss seiner Jeans zu fummeln. Und genau in dem Moment hatte er sie in ihrem Vorhaben, ihm einen blasen zu wollen, gebremst und sie angeschrien: „Stopp! Lass das, habe ich gesagt. Ich will nicht! Kapier das doch endlich! Ich muss jetzt weg. Mach’s gut." Kaum hatte er sich umgedreht, um aus der Tür zu gehen, hörte er ihre schrille Stimme.
„Max! Wag es ja nicht, mich hier stehen zu lassen! Du willst nicht? Ich glaube wohl eher, du kannst nicht. Kriegst keinen mehr hoch, oder was? Du elender Schlappschwanz! Bist wohl in Wirklichkeit schwul, oder was?“ Dann hatte sie ihn ausgelacht. Es war ein schrilles Lachen gewesen, das sich in ein endloses Gackern verwandelte. Sie hatte einfach nicht aufgehört zu lachen, bis sie einen Schluckauf bekam, in den sich ihr keifendes „Schwuli! Schlappschwanz! Schwuli! Schlappschwanz!“ mischte.
Sie hatte ihn so wütend gemacht, dass er nicht anders konnte, als wieder auf sie zuzugehen und ihr eine zu brettern. Es war keine kräftige Ohrfeige. Eher wie ein Klapps auf den Po. Becky war aber vor Schreck einen Schritt zurückgetreten und hatte ihn mit ihren katzengrünen Augen erschrocken angeschaut.
Natürlich hatte er es sofort bereut, ihr eine runtergehauen zu haben, und wollte sich bei ihr entschuldigen, doch dazu war er gar nicht gekommen. Becky fand rasch die Sprache wieder.
„Ach so… Du liebst also die harte Tour, mein jetzt nicht ganz so strammer Max. Nun, das kannst du gerne haben!“ Und dann hatte sie sich erneut auf ihn gestürzt.
„Aua! Du blöde Kuh!“, hatte er schmerzerfüllt gerufen, als er ihre rotlackierten Fingernägel brennend im Gesicht spürte.
Becky war nicht mehr zu bremsen gewesen. Sie schien, Blut geleckt zu haben, und war dann erst so richtig zum Angriff übergegangen. „Entweder du machst es mir jetzt, oder ich erzähle überall herum, dass du mich vergewaltigen wolltest.“ In ihrem Gesicht war unverkennbar der Ausdruck von Entschlossenheit gewesen. Sie bluffte nicht. Nein, sie meinte es ernst. Sehr ernst. Und genau das war ihr großer Fehler. Sie hätte ihm nicht drohen dürfen.
„Du spinnst ja“, hatte er geantwortet und sie verärgert von sich weggestoßen, diesmal ziemlich heftig sogar. Er hatte noch mitbekommen, dass sie wohl noch irgendetwas sagen wollte, aber dazu war sie nicht mehr gekommen. Becky war nämlich trotz ihrer Stiefel mit den hohen Plateausohlen ein Kopf kleiner als er und weitaus leichter, so dass sie gestolpert war, als er sie geschubst hatte. Und dann war sie rücklings hingefallen und mit dem Kopf auf die Holzplanken geschlagen. Oder noch schlimmer: auf eine der verrosteten Stangen, die irgendjemand hier hingelegt hatte.
Erst hatte er sich ja nichts weiter dabei gedacht, als er sah, dass sie sich nicht rührte. Er war sicher gewesen, sie würde sich gleich wieder aufrappeln und ihn noch giftiger als vorher anschreien. Aber Beckys Augen blieben geschlossen. Sie machte keinen Mucks. Da ergriff ihn natürlich Panik. Sofort war er in die Hocke gegangen und hatte ihren Kopf auf äußere Verletzungen untersucht, aber nichts entdecken können. Kein Blut, rein gar nichts. Nicht mal ein Kratzer war zu sehen. Dann schüttelte er sie und rief „Becky, Becky, wach auf!“. Doch die blöde Kuh reagierte einfach nicht. Als seine Panik sich in Entsetzen verwandelt hatte, erwog er, loszustürzen und Hilfe zu holen. Aber das erschien ihm dann doch keine so gute Idee. Bestimmt würde sie dann erst recht behaupten, er habe sie vergewaltigen wollen. Und wer würde ihr nicht glauben? Mädchen glaubte man doch immer. Sie waren doch das schwache Geschlecht. Da war es doch besser für ihn, wenn sie tot war. So konnte sie wenigstens keine Lügengeschichten über ihn erzählen.
Aber, was sollte er tun, wenn man sie fand? Und das würde man ja, früher oder später. Seine Mutter wusste doch, dass er sich mit ihr verabredet hatte. Dennoch: Sollte er jetzt etwa zu seiner Mutter gehen und sagen: „Becky wollte mich verführen, ich habe sie nur geschubst, und dabei ist sie gestolpert, unglücklich gefallen, und nun ist sie tot“? Wer würde ihm diese Geschichte abkaufen? Niemand. Nicht mal seine Mutter. Sie, mit ihrem Gerechtigkeitssinn, würde ihm womöglich in den Ohren liegen, sofort zur Polizei zu gehen und sich zu stellen. Und was dann passieren würde, das konnte er sich ausmalen. Noch dazu mit diesen brennenden Kratzern in seinem Gesicht, die Becky ihm vorhin verpasst hatte. Man würde die Kratzer unweigerlich als Indiz für einen Kampf sehen. Becky habe sich gewehrt, als er sie vergewaltigen wollte, würde man behaupten. Mist! Er steckte ziemlich tief in der Klemme.
Trotz der Ausweglosigkeit, die für ihn immer bedrohlichere Ausmaße annahm und die mit einem Gefühl der Beklemmung einherging, hatte er plötzlich eine Idee. Der Stress ließ ihn auf einmal ganz klar denken und verwandelte sich in eiskaltes Kalkül. Sein noch immer von der Aufregung gerötetes und verschwitztes Gesicht bekam jetzt einen gelösten, ja, fast entspannten Ausdruck. Er wusste, was er jetzt tun musste.
Mit einem siegesbewussten Lächeln, das zugleich Zufriedenheit und die Überzeugung ausdrückte, das Richtige zu tun, und einem genialen Plan im Kopf verließ Max das Strandhaus, in dem Rebecca leblos auf dem Boden lag. Vorher aber sollte noch sein neues Surfbrett zum Einsatz kommen.