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Klein, aber oho – Mitarbeiterbindung kennt keine Unternehmensgröße

Die gute Nachricht: Als kleines oder mittleres Unternehmen haben Sie nicht weniger Chancen, MitarbeiterInnen zufriedenzu-stellen. Sie müssen dieses Ziel nur anders angehen als die großen Konzerne, die nicht selten immense Budgets zur Verfügung haben.

Aber wann spricht man eigentlich von einem kleinen oder mittleren Unternehmen? Die Auswahl an Definitionsmöglichkeiten ist riesengroß. Wir wollen Sie nicht langweilen und machen es daher kurz: Um KMU, wie sich die kleinen und mittleren gerne abkürzen lassen, von anderen Unternehmensgrößen differenzieren zu können, kommen verschiedene qualitative Merkmale und Kennzahlen zum Tragen. Laut des IfM Bonn gelten alle Unternehmen bis 499 Mitarbeiter und einem Umsatz bis etwa 50 Millionen als Teil der KMU-Familie. Dabei setzen sich Kleinstunternehmen aus bis zu neun Mitarbeitern, Kleinunternehmen aus zehn bis 49 und mittlere Unternehmen aus 50 bis 499 MitarbeiterInnen zusammen. Ab 500 MitarbeiterInnen und einem Jahresumsatz von über 50 Millionen Euro spricht man laut dieser Definition von einem Großunternehmen.1

Mal ehrlich, uns ist es eigentlich egal, wie viel Umsatz Sie machen. Mit diesem Buch sprechen wir all diejenigen an, die mit möglichst geringem finanziellem Aufwand möglichst zielführende Mitarbeiterbindungsmaßnahmen implementieren wollen oder müssen. Das sind wohl meistens die Unternehmen, die eher wenige MitarbeiterInnen, vermutlich bis zu etwa 100, beschäftigen.

KMU sind immens wichtig für die deutsche Wirtschaft – so viel steht fest. So erwirtschaften sie 35 Prozent der gesamten Umsätze in Deutschland, steuern knapp 58 Prozent zur Netto-Wertschöpfung aller Unternehmen bei und – jetzt wird's besonders interessant: In kleinen und mittleren Unternehmen arbeiten etwa 58 Prozent aller sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten und 82 Prozent aller Auszubildenden!2

Kategorie Mitarbeiteranzahl
Kleinstunternehmen < 10
Kleine Unternehmen < 50
Mittlere Unternehmen < 500

Tab. 1: Unternehmensgrößen im Vergleich, eigene Darstellung nach IfM Bonn 2016

Besonders typisch für KMU ist es, dass EigentümerInnen eines kleineren Unternehmens oft bei Weitem mehr Entscheidungen in Eigenregie treffen und auch persönlich mehr Verantwortung tragen als in großen Unternehmen. Hier werden etwaige Verpflichtungen oftmals auf mehreren Schultern verteilt.3 Zudem gelten kleinere Unternehmen als tendenziell risikoscheuer, es wird weniger ausprobiert, mehr an Bewährtem festgehalten.4 GeschäftsführerInnen eines KMU sind oft stark am operativen Geschäft beteiligt und agieren weniger strategisch. Folglich hat er oder sie in persona nur wenig Kapazitäten oder Ressourcen, Fragen der externen oder internen Kommunikation und Mitarbeiterführung neu und/oder anders zu denken, geschweige denn zu hinterfragen. Aber, gute Nachrichten, Sie lesen dieses Buch: Bald wird sich das in Ihrem Unternehmen also ändern!

Wir fassen mal zusammen: Die Größe von kleinen Unternehmen ist Fluch und Segen zugleich. Die Möglichkeiten, aufgrund kürzerer Wege und schlankerer Prozesse schneller Veränderungen implementieren und in den direkten Austausch mit jeder/m einzelnen MitarbeiterIn gehen zu können, sind nur zwei der vielen Vorzüge eher kleiner Unternehmen.

Gleichzeitig sind Budgets oftmals stark limitiert, was die Umsetzung etwaiger (kostspieliger) Maßnahmen erschwert. Denn die meisten kleinen Unternehmen verfügen nicht nur faktisch über weniger Geld, sondern auch rein prozentual. Die Pro-Mitarbeiter-Investitionsgrenze liegt also deutlich tiefer als bei größeren Unternehmen. Selbst wenn also ein Bewusstsein über die eigenen Defizite hinsichtlich der Unternehmensattraktivität vorhanden ist, ist es nahezu unmöglich, die nach außen kommunizierte Arbeitgeberattraktivität großer Konzerne zu überbieten oder zumindest zu treffen.

Was ist eine Mitarbeiter-Investitionsgrenze?

In diesem Fall ist damit der maximale finanzielle Betrag gemeint, den ein/e ArbeitgeberIn in jeden/e einzelne/n MitarbeiterIn investieren kann oder möchte.

Aber warum eigentlich nicht? Na ja, ganz einfach: Große Konzerne sind nicht klüger oder waghalsiger – sie haben einfach die nötigen Moneten, um kräftig in den Spaßfaktor der Mitarbeiter zu investieren. Sie engagieren Dienstleister, die Hilfestellung in Sachen Mitarbeiterbindungsmaßnahmen leisten.

Die Erfahrung lehrt uns allerdings, dass Geld allein, wie so häufig im Leben, nicht glücklich macht. Zielgerichtet und passend muss die Maßnahme sein! In der Praxis lässt sich jedoch Folgendes beobachten: Viele große Unternehmen »füttern« ihre MitarbeiterInnen immer wieder mit teuren Benefits, ohne vorab zu wissen, inwiefern diese dann zur allgemeinen Zufriedenheit beitragen.

Wir möchten an dieser Stelle nicht behaupten, dass kostspielige Benefits, wie Firmenwagen, Altersvorsorgeangebote oder Sportsubventionen nicht zur Zufriedenheit beitragen (können) oder, dass sie gar unnötig seien. Das Gegenteil ist der Fall. Allerdings sollten gerade solche teuren Benefits nur dann eingesetzt werden, wenn der Rest stimmt. Meint: Gibt es in einem Unternehmen keine Feedbackkultur, mangelt es einem Unternehmen an gemeinsamen Werten oder Ritualen, lautet die Lösung nicht, jedem einen Firmenwagen anzubieten. Hier ist ein behutsamer Aufbau nachhaltiger Mitarbeiterbindung entscheidend. Wir geben zu: Großkonzerne haben hier einen Vorteil, denn größere Budgets ermöglichen einen breiteren Handlungsspielraum und erlauben auch mehr Fehler. Das ist aber kein Grund zum Trübsal blasen. Das bedeutet »nur«, dass für kleinere und mittlere Unternehmen die Passgenauigkeit der Maßnahmen umso wichtiger ist. Hier sollte eben jeder Euro richtig eingesetzt werden.

Um genau das zu erreichen, ist der Schlüssel zum Erfolg die Kommunikation. Man kann sagen, dass für die Beziehung zwischen ArbeitgeberIn und ArbeitnehmerIn, aber auch zwischen KollegInnen dieselben Regeln gelten, wie in einer Paar-Beziehung. Klar, diese Beziehungen sind im Normalfall weniger privat und auch weniger intim. Dennoch gilt wie in jeder privaten Beziehung auch: Das Einzige, das auf Dauer helfen kann, ist reden! Gegenseitiges Verständnis und ein intensiver, ehrlicher Austausch auf Augenhöhe sind essenziell, um eine Beziehung zu verbessern und nachhaltig zu stärken. Beruflich wie privat.

Und jetzt aufgepasst! Genau hier liegt der Vorteil für kleinere Unternehmen. Gerade kleine und mittlere Unternehmen haben häufig viel schneller die Möglichkeiten, die interne Dialogkultur zu verbessern, indem zielführendes Bedürfnismanagement forciert wird. Sie verfügen generell über schlankere und schnellere Prozesse, über kleinere Teams und Belegschaften und über TeamleiterInnen, die mehr Entscheidungsfreiheiten haben. Auch für die/den ArbeitgeberIn selbst ist es somit einfacher, MitarbeiterInnen tatsächlich kennenzulernen. Angestellte in kleineren Unternehmen sind häufig glücklicher. Kurze Kommunikations- und Entscheidungswege tragen dazu bei, dass MitarbeiterInnen sich vor allem in Familienunternehmen und kleineren Unternehmen wohlfühlen und dort häufiger gerne arbeiten.5 »Na, dann ist ja alles gut, ich geh das Buch umtauschen«, denken Sie jetzt? Halt, Stopp! Abgesehen davon, dass uns das persönlich enttäuschen würde, ist jetzt der falsche Zeitpunkt, die guten Vorsätze, die Mitarbeiterbindung in Ihrem Unternehmen zu verbessern, über Bord zu werfen.

Die Zahlen sprechen zwar für Sie, aber so einfach ist es nicht. Gerade junge MitarbeiterInnen neigen, wie bereits erwähnt, zu einer hohen Wechselbereitschaft. Es gilt, diese gut ausgebildeten jungen Menschen zu halten. Aber Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste, denn: Kommunikation ist kein Selbstläufer. Zwar sind die kurzen Kommunikationswege in kleinen Unternehmen auch der Grund für die Zufriedenheit der MitarbeiterInnen, sie müssen aber auch richtig und zielführend genutzt werden.

Im Folgenden möchten wir Ihnen anhand zweier Beispiele das Problemfeld praktisch erläutern. Ähnlichkeiten mit tatsächlichen Namen von Betrieben sind rein zufällig und haben keinen besonderen Grund.

Der mittelständische Handwerksbetrieb »Maier-Ludwig Dremel GmbH« (60 Mitarbeiter) schaut auf 150 Jahre Firmengeschichte zurück. Der Betrieb ist inhabergeführt, 70 Prozent der Belegschaft sind männliche Handwerker, über 45 Jahre alt und häufig schon seit vielen Jahren im Unternehmen. Fünf Prozent der MitarbeiterInnen arbeiten in der Verwaltung, kümmern sich also um Personal, Buchhaltung und Co. Die restlichen 25 Prozent sind junge HandwerkerInnen unter 30 Jahren, teils sogar viel jünger und in Ausbildung. Die Herausforderung? Die Kluft zwischen den 70 und den 25 Prozent zu schließen. Doch was ist damit gemeint? In vielen Betrieben herrscht eine hohe Fluktuation innerhalb der jüngeren Belegschaft. Das Problem mit der jungen Generation im Betrieb: Hier fehlt es, laut Aussage der Geschäftsführung, an Motivation und Pflichtbewusstsein. Gleichzeitig sind die älteren HandwerkerInnen auf Unterstützung durch junge KollegInnen angewiesen. Das Unternehmen selbst profitiert letztlich von einer guten Zusammenarbeit innerhalb der generationenübergreifenden Teams sowie von der dadurch stattfindenden Wissensweitergabe der älteren KollegInnen an die jüngeren. Jede/r kündigende MitarbeiterIn hingegen, zumeist eben die jüngeren, nimmt hingegen bisher erlerntes Wissen wieder mit. Die Wissensvermittlung startet also bei jeder/m neuen MitarbeiterIn bei null. Sie werden uns zustimmen, dass das pure Zeit- und Geldverschwendung ist, ständig neue Leute einzuarbeiten, die gehen, wenn sie eine gewisse Fachkompetenz erlangt haben. Die große Frage ist dann: Was kann ich als ArbeitgeberIn dagegen tun? Unsere Antwort: Den Dialog verbessern und dafür sorgen, dass alle, auch junge MitarbeiterInnen glücklich im Betrieb sind und ein positives Betriebsklima wahrnehmen! Setzen Sie sich für einen verbesserten Dialog zwischen den unterschiedlichen Generationen und Mitarbeitertypen ein.

Die wichtigste Größe zur Mitarbeiterbindung ist einfach das Betriebsklima. Das allgemeine Gefühl des Miteinanders, das Wohlfühlen der/des Einzelnen. Nur wer sich wohlfühlt, wer in einem für sie/ihn angenehmen Betriebsklima arbeitet, bleibt dem Unternehmen langfristig erhalten, andernfalls nimmt die Wechselbereitschaft zu.

Das zweite Unternehmen, welches wir Ihnen vorstellen möchten, ist das Unternehmen »Klein & Partner«. Es ist gemessen an seinem Umgang mit dem Thema Digitalisierung ein fortschrittliches Unternehmen. Die Umsätze stimmen, sind kontinuierlich steigend. 40 Prozent aller MitarbeiterInnen arbeiten 80 Prozent der Arbeitszeit aus dem Homeoffice. Dies wurde von den MitarbeiterInnen auch explizit so gewünscht. Die Geschäftsführerin stellte sich auf die Wünsche ihrer Belegschaft ein. Das Ergebnis: Im Schnitt sind alle MitarbeiterInnen produktiver. Daher möchte sie die Homeoffice-Regelung weiter beibehalten. Jedoch hapert es immer dann enorm an der Zusammenarbeit zwischen HomeofficlerInnen und jenen im Büro, wenn es um Teamarbeit geht. Außerdem ist die Fluktuationsrate sowohl bei den MitarbeiterInnen, die viel im Homeoffice arbeiten, als auch bei den MitarbeiterInnen, die ihren Arbeitstag klassisch im Büro verbringen trotz der Flexibilität erstaunlich hoch. Woran mag das liegen? In einer Mitarbeiterumfrage wird deutlich: Die MitarbeiterInnen fühlen sich in weiten Teilen nicht genügend informiert, zu wenig »abgeholt« und in Entscheidungsprozesse eingebunden. Es fehlt an dem Gefühl, eine Einheit zu sein – es fehlt das »Wir-Gefühl«. Gleichzeitig möchten die MitarbeiterInnen nicht auf ihre Freiheiten verzichten und schätzen sie. Die Herausforderung bei »Klein & Partner« liegt auf der Hand: Hier muss die interne Unternehmenskommunikation verbessert werden. Ziel sollte also sein, dass Kollegialität und Teamverbundenheit entstehen können, ohne dass physische Gegenwart nötig ist. Auch sollten Prozesse optimiert und festgehalten werden. Kurzum: Auf die Kommunikation kommt's an und damit geht's jetzt auch direkt weiter.

Anmerkungen

1 Vgl. Institut für Mittelstandsforschung (IfM) Bonn, 2016

2 Institut für Mittelstandsforschung (IfM) Bonn, 2020.

3 Vgl. Broich, 2015, S. 18.

4 Vgl. Hedtstück, 2014, S. 26.

5 Vgl. Hedtstück, 2014, S. 26ff.

Das zahlt sich aus

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