Читать книгу Das zahlt sich aus - Marcia Gerwers - Страница 12
ОглавлениеDie Basis: K wie kluge Kommunikation
Um langfristige Mitarbeiterbindung erzielen zu können, müssen wir das Problem bei der Wurzel packen. Die Basis einer guten Beziehung ist immer die Kommunikation. Diesen Vergleich werden Sie im Laufe der folgenden Seiten häufiger lesen. Er ist aber auch einfach treffend. Wenn Sie einen Menschen langfristig an sich binden möchten, müssen Sie mit ihm reden, ihm zuhören, Empathie zeigen, seine Bedürfnisse kennen und so gut wie möglich befriedigen. Aber von vorn: Was ist denn eigentlich »gute Kommunikation« oder eben »kluge Kommunikation«?
Streng genommen sind die Begriffe »Mitarbeiterkommunikation« oder »Führungskommunikation« obsolet. Denn am Ende geht es doch immer einfach um zwischenmenschliche Kommunikation und die daraus resultierende Motivation oder Zufriedenheit. Auch im Unternehmen interagieren Menschen miteinander. Vergessen Sie also die Annahme, alle Ihre MitarbeiterInnen seien eben nur Ihre MitarbeiterInnen. Sie sind viel mehr als das: Sie sind zudem private Personen, die Bedürfnisse und Persönlichkeiten, Interessen und Vorlieben haben. Ihre Aufgabe als Vorgesetzte/r oder Personalbeauftragte/r ist es, die wichtigsten Persönlichkeitsmerkmale, die auch im Kontext von Arbeit relevant sind, zu identifizieren, zu respektieren und ihnen nachzukommen.
Denn in der Tat ist erfolgreiche Kommunikation in Unternehmen der Haupttreiber für die Zufriedenheit der MitarbeiterInnen mit ihren Vorgesetzten und dem Unternehmen generell. Und nur, wenn Sie wirklich verinnerlichen, was Kommunikation eigentlich ist, was dazu gehört und wie Kommunikation funktioniert, können die Tools, die wir Ihnen später vorstellen, zielführend Anwendung finden.
Was ist Kommunikation?
Kommunikation ist alles. Denn tatsächlich ist alles, was wir tun, auf irgendeine Art auch Kommunikation. Auch wenn wir gerade einmal glauben, nicht zu kommunizieren, ist das ebenfalls eine Art der Kommunikation. So sagt ein bewusstes Schweigen manchmal mehr als 1000 Worte.
Eines der berühmtesten Zitate in diesem Kontext stammt von dem Kommunikationswissenschaftler und Philosophen Paul Watzlawick: »Man kann nicht nicht kommunizieren.« Seine Mitteilung an uns ist ebenso einfach wie erkenntnisreich: Nonverbale Kommunikation ist Kommunikation. Hierzu ein typisches Beispiel aus der Arbeitswelt:
Eine Mitarbeiterin sitzt in einem wichtigen Meeting am Tisch, ihr Blick ist auf ihr Smartphone gesenkt. Ihre unbewusste, nicht verbal gesprochene, aber kommunizierte Mitteilung an Sie lautet vermutlich: »Ich höre dir gerade nicht zu.«
Ob Sie daraus nun ablesen: »Mich interessiert nicht, was der Chef erzählt«, oder »mich interessiert generell mal gar nicht, was hier passiert«, optional auch »eigentlich interessiert es mich schon, was hier passiert, aber gerade habe ich etwas Wichtiges zu klären«, bleibt Ihnen überlassen. Unser Tipp an dieser Stelle lautet: Versteifen Sie sich nicht zu sehr auf eine Interpretation, sondern fragen Sie im Anschluss lieber nach, weshalb man Ihnen nicht zugehört hat. Oftmals ist das Feedback hilfreich oder zumindest aufschlussreich.
Sie sehen, in dieser Situation, in der die Mitarbeiterin augenscheinlich (oder sagen wir eher ohrenscheinlich?) nicht kommuniziert hat, hat sie eine Mitteilung gesendet und Sie haben diese wiederum registriert und interpretiert.
Wie funktioniert Kommunikation?
Es gibt viele spannende Theorien in der Welt der Kommunikationswissenschaften und der Soziologie. Aber hey, wir wollen Sie nicht langweilen und haben uns deshalb entschieden, einen einzigen »alten Freund« zur Erklärung von »Kommunikation« heranzuziehen: Friedemann Schulz von Thun.
Schulz von Thun ist Psychologe und Kommunikationswissenschaftler, hat das gleichnamige Institut in Hamburg gegründet und beschäftigt sich, kurz gesagt, damit, was Kommunikation bewirken, aber auch anrichten kann. Seine vierteilige Serie Miteinander Reden hilft uns, ein paar spannende Erkenntnisse aus der Kommunikationswissenschaft mit Ihnen zu teilen. Ganz sicher werden Sie die Kommunikation mit und zwischen Ihren MitarbeiterInnen bald ganz anders angehen, wahrnehmen und bewerten.
Die vier Seiten einer Nachricht
Eine der bekanntesten Schulz-von-Thun-Theorien ist das Vier-Ohren-Modell oder die vier Seiten einer Nachricht. Diese Theorie beschreibt, dass Kommuniziertes immer auf unterschiedliche Art und Weise verstanden werden kann. Eine »gesendete Nachricht«, also ein Ausspruch einer Person, hat dabei immer verschiedene Seiten oder vier verschiedene Bedeutungsebenen.
Meist decken sich die unterschiedlichen Seiten einer einzigen Nachricht nicht vollständig miteinander. Und genau hier liegt die Schwierigkeit: Versteht der/die EmpfängerIn einer Nachricht das Gesagte so, wie es gemeint war? Wurde etwas »zwischen den Zeilen« gesendet und wurde das auch so von der/dem EmpfängerIn der Nachricht verstanden? Was wir vorwegnehmen können: Umso besser Sie Ihr Gegenüber kennen, desto leichter fällt es Ihnen, die gesagten Dinge so zu verstehen, wie sie wirklich gemeint waren. Denn umso mehr wir über unsere/n GesprächspartnerIn wissen, desto einfacher fällt uns das Entschlüsseln des Gesagten. Sowohl in der privaten als auch in der beruflichen Kommunikation vereinfacht das den zwischenmenschlichen Austausch.
Für den Umgang mit Ihren MitarbeiterInnen heißt das: Umso besser Sie Ihre/n GesprächspartnerIn und deren/dessen Aussagen einordnen können, desto eher können Sie als Führungsperson auch darauf reagieren, Bedürfnisse interpretieren und auf diese entsprechend reagieren. Sie verstehen besser, wie Sie in Gesprächen reagieren sollten, um die Gesprächsatmosphäre so angenehm und Kommunikation so effektiv wie möglich zu gestalten.
Zurück zu Schulz von Thun: Zu den vier Seiten einer Nachricht gehört der Sachinhalt der Nachricht, die Selbstoffenbarung, der Appell und der Beziehungsaspekt, der sich hinter der Nachricht versteckt.
Abb. 1: Die vier Seiten einer Nachricht, eigene Darstellung nach Schulz von Thun, 2019, S. 107
Die Selbstoffenbarung in der Kommunikation
Sobald wir in einem Gespräch etwas sagen, nicken oder uns einfach nur räuspern, offenbaren wir unserem Gegenüber etwas über uns selbst. »Selbstoffenbarung! Das klingt ja schrecklich!«, keine Sorge, damit ist schlichtweg gemeint, dass wir mit jeder Botschaft auch ein Stück von uns und unserer Persönlichkeit preisgeben. Wir suggerieren unserem Gegenüber, wie wir denken. Es ist auch überhaupt nicht möglich, so zu kommunizieren, dass andere nichts über uns denken, sprich interpretieren. Also sollten wir uns einfach daran gewöhnen, dass Menschen eben immer irgendwas über uns denken.
Im Kontext von Führung und Mitarbeiterbindung sollte dieses auf Interpretation des Empfängers basierende Denken der anderen bestmöglich durch den Sender beeinflusst werden. Nur so kommt es zu möglichst wenigen Missverständnissen und unnötigen Missinterpretationen und folglich zur erfolgreichen Kommunikation. Aber wie lässt sich das Denken anderer beeinflussen, wie offenbare ich mich »richtig« selbst?
Gerade in Feedbackgesprächen oder bei der Äußerung von Kritik kommt es darauf an, zur gesendeten Selbstoffenbarung, der Ich-Botschaft, zu stehen. Viele Führungskräfte nutzen jedoch vermehrt sogenannte Du-Botschaften, hinter denen sie ihr eigenes Denken verstecken. Sind Sie unzufrieden mit dem Arbeitstempo einer/s Mitarbeiterin/Mitarbeiters, sollten Sie also niemals sagen: »Du bist langsam.« Sagen Sie lieber etwas wie: »Ich habe das Gefühl, dass deine Projekte nur langsam vorangehen.« Du-Botschaften sollten generell vermieden werden. Nutzen Sie diese doch, werden Ihre MitarbeiterInnen (un-)bewusst bemerken, dass Sie gerade eine »Selbstverbergung« anstreben. Sie vermitteln, dass Sie von sich und Ihrem Eindruck der Situation ablenken und die Verantwortlichkeit ausschließlich bei Ihrem Gegenüber sehen (wollen).
Formulieren Sie also mutige Ich-Botschaften: »Ich habe mir das Ergebnis der Aufgabe, die ich Ihnen gegeben habe, anders vorgestellt.« Das klingt doch auch gleich viel besser als: »Sie haben die Aufgabe nicht zu meiner Zufriedenheit gelöst!«
Die Sachlichkeit in der Kommunikation
Jede Nachricht, die Sie senden, hat auch einen Sachinhalt – einen sachlichen Inhalt, den Sie eigentlich vermitteln wollen. Wie gut dieser rüberkommt, liegt an Ihnen und an Ihrer Formulierung. Die Herausforderung liegt darin, die Sachverhalte, die Sie vermitteln wollen, verständlich auszudrücken. Meint also: Seien Sie stets ehrlich und deutlich, wenn Sie Äußerungen tätigen. Natürlich sollten Sie dabei auch höflich bleiben. Sorgen Sie dafür, dass die Aussage, die Sie treffen, niemals zu sehr von der sachlichen Intention abdriftet. Verlieren Sie sich nicht in Umschreibungen oder verklausulierten Floskeln. Hier kann zu viel reininterpretiert werden. Versuchen Sie immer auch die sachliche Ebene Ihrer Aussage möglichst auf den Punkt zu vermitteln. Ihr/e MitarbeiterIn kommt zu spät zur Arbeit und es ist nicht das erste Mal. Die Aussage »Sie sind unpünktlich« ist in diesem Moment wesentlich rationaler und treffender als die Aussage »Sie sind ja schon wieder zu spät« – denn hier spielen Emotionen mit rein. Auch wenn der/die MitarbeiterIn bereits häufiger zu spät gekommen ist, sollte in diesem Moment die rationale Treffsicherheit der Aussage überwiegen.
Die Beziehung in der Kommunikation
Die Beziehungsebene einer Nachricht lässt erkennen, wie Sie (im Augenblick des Gesprächs) zu Ihrem Gegenüber stehen. Nicht nur die Formulierung, auch Mimik, Gestik und der Tonfall spielen hier mit hinein. Ihr Gegenüber kann sich auf Basis des Gesagten gemocht, respektiert, wertgeschätzt oder gedemütigt fühlen. Ein freundliches Lächeln auf den Lippen suggeriert selbst bei Kritik, dass Sie Ihre MitarbeiterInnen natürlich auch weiterhin schätzen. Das Verteilen von Aufgaben in einem harschen Tonfall vermittelt MitarbeiterInnen »ihr steht unter mir« – ein ruhiger, freundlicher Tonfall, ein Lächeln, eine offene Mimik und Gestik wiederum können sogar bei derselben Formulierung auf eine Bitte, statt auf einen Befehl schließen lassen.
Der Appell in der Kommunikation
Der Appell ist die konkrete Handlungsaufforderung, die bei der/dem GesprächspartnerIn ankommt. Umso klarer die Sachebene formuliert wird, desto besser wird auch der »echte« Appell verstanden. In der von Ihnen formulierten Nachricht verstecken sich schließlich immer Wünsche, Ratschläge oder Handlungsanweisungen. Ihr Gegenüber sollte bestmöglich verstehen können, was Ihre Handlungsaufforderung ist, damit ein konkreter Verhaltenswunsch Ihrerseits vom Empfänger abgeleitet werden kann. Aussagen können als Aufforderungen verstanden werden – je nach Situation ist dies sinnvoll oder nicht. Eine ehrliche Aufforderung kann jedoch weniger missverständlich sein als eine Verklausulierung. Setzen Sie daher lieber auf die direkte Kommunikation. In einer Besprechung ist es also hilfreicher, MitarbeiterInnen, die mitschreiben sollen, direkt zu sagen »Schreiben Sie die wichtigsten Punkte dieses Treffens bitte mit«, statt die Frage zu stellen »Können Sie sich das alles merken?«, hinter der eigentlich der Appell steckt: »Schreiben Sie mit!«
Zusammengefasst: Alle vier Bedeutungsebenen entstehen auf Basis eines gesagten Satzes oder Ausspruchs, etwa innerhalb einer Unterhaltung. Wenn Sie vorab bedenken, wie das Gesagte auf den genannten Ebenen verstanden werden kann, vermeiden Sie Missverständnisse. Versuchen Sie daher stets, Ihre Formulierung, Mimik, Gestik und Tonalität kongruent zu halten. Gleichzeitig sollten Sie auch immer Ihre eigenen Interpretationen und daraus resultierenden Empfindungen gegenüber Ihrem Gegenüber hinterfragen:
Könnte es beispielsweise sein, dass Sie Appell oder Beziehungsebene falsch interpretieren? Was könnte hinter den Aussagen Ihrer MitarbeiterInnen stecken?
Störungsarme Kommunikation lebt vom empathischen zwischenmenschlichen Umgang. Personen mit Führungsverantwortung sollten sich möglichst gut in ihr Gegenüber hineinversetzen können. So ergibt sich eine höhere Trefferquote, dass das Ausgedrückte so ankommt, wie es gemeint war. Wir sprechen hier also von nichts anderem als Empathie!
Wie finde ich heraus, ob ich eine Nachricht richtig verstanden habe?
Das ist nicht so leicht. Es gilt die Faustregel: Umso besser Sie Ihr Gegenüber kennen, desto leichter fällt es Ihnen, die Nachricht zu »entschlüsseln«. So wird die Wahrscheinlichkeit für Fehlinterpretationen Ihrerseits minimiert.