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Kein Anlass zu westlichem Hochmut

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In Deutschland hat es bei Meinungsvielfalt und Wettbewerb zuletzt Einbußen durch Abbau und Zusammenlegung von Redaktionen gegeben. Im Frühjahr 2021 stufte Reporter ohne Grenzen dann auch die Bewertung der Lage der Pressefreiheit in Deutschland von ›gut‹ auf nur noch ›zufriedenstellend‹ zurück und sprach von einem ›Alarmsignal‹. Begründet wurde dies mit den vielen Übergriffen auf Medienvertreter bei den Demonstrationen gegen die Corona-Maßnahmen (REPORTER OHNE GRENZEN 2021). Schon 2020 hatte die Organisation in der Nahaufnahme Deutschland beklagt, »Gewalt, verbale Angriffe und Einschüchterungsversuche gegen Journalistinnen und Journalisten bleiben erschreckend häufig.« Weiter hieß es damals:

»Immer wieder gibt es Gesetzesinitiativen, die den Informanten- und Quellenschutz bedrohen. Journalistinnen und Journalisten sollen vermehrt durch Unterlassungserklärungen eingeschüchtert und von Veröffentlichungen abgehalten werden« (REPORTER OHNE GRENZEN 2020).

Auch in Deutschland prägen Unternehmen wie Bertelsmann oder Axel Springer einen wesentlichen Teil des Medienmarkts. Die Geschichte des öffentlich-rechtlichen Teils wiederum ist auch hier nicht frei von Einflussversuchen. Es gibt eine lebendige gesellschaftliche Diskussion darüber, ob die Aufsichtsgremien die gesellschaftlichen Gruppen widerspiegeln oder doch eher den Einfluss politischer Parteien sichern. Das Bundesverfassungsgericht hat 2014 verlangt, die Macht »staatlicher und staatsnaher Mitglieder« in den Gremien müsse stärker begrenzt werden (BVERFG 2014). Den Anstoß zu dem Verfahren hatte die Nichtverlängerung des Vertrages von ZDF-Chefredakteur Nikolaus Brender im Jahr 2009 gegeben.

Festhalten möchte ich, dass auch im Westen in Sachen Pressefreiheit nicht alles gut ist, was woanders schlecht ist. Es gibt keinen Grund, aus der Warte unseres noch einigermaßen intakten medialen Ökosystems hochmütig zu sein. Es gibt aber jeden Grund, unsere freie Nachrichtenkultur zu verteidigen und zu verbessern. Es gibt jeden Anlass, sich gegen die Unterdrückung der Pressefreiheit einzusetzen, genauso wie gegen die Verfolgung von Journalistinnen und Journalisten – wo auch immer dies geschieht.

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