Читать книгу Lispel Mufflig: Einfach machen. Könnt ja gut werden. - Marcus Kaspar - Страница 6

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MOIN MOIN

Ich hüpfe auf den Steg vor mir. Auf dem großen Schild, das darüber angebracht ist, steht LANDUNGSBRÜCKEN. Ich krame in meinem Erdkundewissen.


Ah ja, Hamburg, denke ich. Na schön, könnte schlimmer sein.

Falls sich jetzt irgendjemand wundert, wieso ich eben noch am Südpol war und jetzt schon in Hamburg bin: Diese echt LAAAAAAAAAAAAAAAAAANGE und ÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖDE Zeit dazwischen interessiert wirklich keine Seekuh, da ist nämlich nix passiert. Also rein gar nix. Außer, dass mein Eisfloß immer kleiner geworden ist und ich am Ende nasse Flossen bekommen habe. Insofern passt es mir ganz gut, dass ich jetzt hier gelandet bin und mit einem kühnen Sprung an Land gehen kann.


Ich schaue auf mein mittlerweile klitzekleines Floß, das mit einem leisen GLUCK im Wasser versinkt und denke: Weg isses. Tschö.

Also Hamburg. Scheint mir auch nicht gerade kälter zu sein als Zuhause. Aber viel nasser. Anstatt Schnee fällt hier Regen vom Himmel. Sonne und 30 Grad weniger wären schon nett, denke ich und bekomme ruckzuck schlechte Laune. Mit verschränkten Flügeln watschel ich den Steg hoch auf den erstbesten Menschen zu. Es ist ein grummelig aussehender Mann mit Bart und alberner Kapitänsmütze auf dem Kopf, der neben einem Schild hockt auf dem GROßE HAFEN RUND FAHRT steht. Kritisch betrachte ich es.


»Moin Moin«, grunzt er mich an.

Ich schaue zu der großen Uhr, die an dem Hafengebäude hängt. Viertel nach fünf am Nachmittag.

»Gerade erft aufgeftanden?«, frage ich.

Er schaut mich irritiert an und knarzt: »Nä du, ich bin hier schon seit acht Uhr in der Früh am machen.«

»Aha«, wundere ich mich, »dachte nur.«

»Bist wohl nicht von hier?« Er mustert mich mit gerunzelter Stirn. »München?«

Ich tippe erst auf eine meiner schwarzen und dann auf eine meiner weißen Federn. »Fchwarz-weiff, nicht blau-weiff«, sage ich.

»Stimmt.« Er klatscht sich mit der Hand vor die Stirn. »Das verwechsel ich immer.«

»Fagen fie mal, ift ganz fchön trüb hier, kommt die Fonne heute noch rauf?«, will ich von ihm wissen.

Er schaut mich mit großen Augen an und fängt dann lauthals an zu lachen. Was ich nicht besonders nett finde. Ehrlich, das war eine ganz höfliche Frage. Aber die alberne Kapitänsmütze kriegt sich überhaupt nicht mehr ein. Mittlerweile japst er nach Luft und prustet dabei immer wieder: »Ha - Ha - Hamburch - Ham - burch …«


Ich verziehe den Schnabel, deute auf sein Schild und sage: »Hafenrundfahrt fchreibt man zufammen.« Dann drehe ich mich einfach um und lasse ihn stehen. Das wird ihm noch zu denken geben – falls er sich jemals wieder einkriegt.

Ich latsche einen Berg hinauf und komme an eine große Kreuzung. Auf dem Straßenschild links steht Reeperbahn, davor stehen zwei echt große Häuser, die aber total schief sind. Wenn die mal nicht umkippen, denke ich. Der Architekt übt bestimmt noch.


Ehe ich mich versehe, stürzt ein Rudel von sechs Frauen auf mich zu. Sie alle tragen rosafarbene T-Shirts, die mit „Rosa traut sich“ bedruckt sind. Außerdem jeweils mit einem Paar Hand-schellen, die wohl aussehen sollen, als hätten sich die Frauen sie locker um den Hals gehängt. In Wirklichkeit sieht es echt schräg aus, weil die Ringe der Handschellen genau den Busen der Frau einschließen.


»Du siehst voll schick aus in deinem Frack«, sagt die einzige Frau, die keine Brustschellen trägt. Stattdessen steckt sie in einem Einteiler, der nach explodiertem Huhn aussieht. Um den Hals hat sie einen Korb hängen, in dem viele kleine Flaschen klimpern. Aha, denke ich, das ist wohl Rosa. Die hat es bestimmt auch nicht leicht.


»Können wir nen Selfie machen?«, fragt eines der rosa T-Shirts. Bevor ich was sagen kann hat mich die Horde eingekreist und eine Armee Handys aus den Taschen gerissen.

»Partyyyyyyyyyyyyyyyyyyy!«, rufen sie und feuern drauf los. Ich halte mir mit meinen Flügeln die Augen zu, als die Blitze der Handys losgehen und schreie: »Ich bin blind, ich bin blind.«


»Ey, hab dich nich so«, sagt Rosa und knufft mich in die Seite. »Willste nen Kuss oder nen Kleinen Feigling? Kostet nur nen Euro.«

»Zufammen?«, will ich wissen.

»Neee. Jedes nen Euro.«

Ich will in meine Hosentasche gucken als mir einfällt, dass ich ein Pinguin bin und logischerweise keine Hose anhabe. »Bin grad knapp bei Kaffe«, sage ich also schulterzuckend.

»Kaffee?«, fragt Rosa verwirrt.

»Kaffe.« Ich nicke bedauernd. »Mal waf anderef: wo kann man denn hier wohnen? Komme nämlich gerade von einer Eiffcholle und hätte gerne einen Platz, an dem ich keine naffen Füffe kriege.«

»Du klingst voll lustig«, sagt Rosa und kichert. Ich fühle mich etwas verkackeiert und frage nochmal: »Waf nu?« Sie prustet laut los.


Na danke, denke ich. Sind schon alle etwas albern hier in der Stadt. Erst die komische Kapitänsmütze und jetzt das explodierte Huhn. Oder sie sind nur etwas schwer von Begriff, was bei der Hitze hier wirklich kein Wunder ist. Ich versuche es nochmal und diesmal rede ich ganz geduldig und langsam. »Iiiich fuuuche eiiineeen Oooort zuuum woooohnen. Kaaaann ruuuhiiig iiin eiiineer WeeeeGeeee feeein, weeheil iiiich auuuf eiiiner groooffeen Faaamilieee kooomme.«

Jetzt lacht die ganze Horde, keine Ahnung warum. Rosa hält sich ihren flauschigen Bauch vor gackern und winkt ab. »Wissen wir nicht. Wir sind aus München.«

Ach so. Touristen. Na dann.


Die sechs ziehen ab und ich stehe etwas ratlos rum. Und nu? Keine Ahnung. Vielleicht sollte ich gegen einen Eisklumpen treten, da passieren ja manchmal die seltsamsten Dinge. Aber FINDE hier mal einen! IN DIESER NASSEN AFFENHITZE!

»Familien gibt’s in Eimsbüttel ne Menge«, sagt eine Stimme hinter mir. Sie gehört einem Mann, der einen langen speckigen Mantel anhat und auf dem Boden sitzt. Vor ihm steht ein alter Pappbecher mit ein paar Münzen drin. Er kratzt sich am Bart und zeigt dann in eine Richtung. »An deiner Stelle würde ich da mal gucken.«


»Oh«, sage ich überrascht, »okay, danke fchön. Daf mache ich.«

»Viel Erfolg«, sagt er, was ich ziemlich nett finde und daran denken muss, dass mir Schwester 17 das Gleiche gewünscht hat. Vielleicht sind die Menschen in Hamburg doch ganz okay und nicht nur albern, denke ich und gehe in die gezeigte Richtung. Manchmal muss man Dinge einfach machen. Oder auf Leute hören, die sich in einer Stadt besser auskennen, als man selbst. Könnte ja gut werden.


Lispel Mufflig: Einfach machen. Könnt ja gut werden.

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