Читать книгу Stehaufmännchen - Die Kraft zu leben - Margarithe W. Mann - Страница 5

Es fällt mir schwer

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Meine bisherige reise durch das bisherige Leben, also Teil 1 und 2 enden mit dem Übergang vom Jahr 2007 zum Jahr 2008. Für mich ist es nach wie vor unfassbar was geschehen ist, ... an jenem 27. Dezember 2007. Es kommt mir so vor, als wäre der letzte Zug für immer abgefahren und ich bleibe am Bahnsteig hoffnungslos allein zurück. Meine Gedanken, jetzt ist alles zu spät, lassen mich nicht los, am Tage nehmen sie mir die Konzentration auf meine Arbeit und mein Leben überhaupt. In der Nacht sind da wieder die Spaziergänger, die in meinem Kopf trampelnde Wanderungen mit Stahlkappen an den Schuhen ausleben. Eigentlich kann man es nicht beschreiben, am meisten quälen mich tausendfach gesagte Gedanken: Warum hast du nicht früher alles in die Hand genommen?, warum warst du zu feige einfach zu ihm zu fahren, und das vor Jahren schon?. Du hattest doch nichts zu verlieren. Vor niemanden, ... aber auch vor gar niemanden warst du verpflichtet Rechenschaft abzulegen, ... jetzt ist alles vorbei und zu spät, ... für immer zu Ende. Ich bin an einem Punkt, an dem ich nicht weiß, wie ich weitermachen soll, ... es überhaupt noch möchte. Er ist tot, ... nicht mehr da, ... einfach weg. Am 27. Dezember 2007 ist er für immer gegangen, an einem Tag, an dem es mir sehr schlecht ging, ohne dass ich dabei gewusst habe, warum das so war. Am Jahresanfang 2008 bekomme ich einen Brief von Franks Bruder mit der Todesnachricht als ich mich auf den Weg zu meinen Patienten machen wollte, ... so starte ich denkbar schlecht in das Jahr 2008, von dem auch keine Tagebuchaufzeichnungen vorhanden sind, eigenartiger Weise ist vom betreffenden Jahr auch kein Terminbuch mehr auffindbar.

Während ich nachdenke und versuche, meine Erinnerungen speziell für 2008 hervor zu suchen, gelange ich zwangsläufig zu den Überlegungen, wann es eigentlich jeweils gute Starts in meinem Leben, von einem Jahr ins andere gegeben hat. Ich komme dabei auf eine nicht sehr hohe Anzahl, ... leider. Wie so oft appelliere ich an meine bisher gute Gesamtkonstitution und hoffe, dass mir diese noch eine Weile erhalten bleiben möge. Ich meine damit meine körperlichen, dennoch vorwiegend geistigen, bzw. psychischen Kräfte, die ich bisher, auch wenn mir oft das Wasser bis „Oberkante Unterlippe“ stand, behalten hatte. Ich habe es bisher immer wieder geschafft, von selber wieder aufzustehen, weiterzulaufen und weiterzumachen. Niemand, weder meine Patienten, Familie oder Freunde haben Dank dieser Eigenschaften mitbekommen, wie elend es mir so manches mal gegangen ist. Vielleicht ist es richtig, niemanden in die eigenen Probleme mit hineinzuziehen, bzw. diese nur ganz am Rande anzudeuten, ohne sich dabei tief in die Karten schauen zu lassen, vielleicht aber auch nicht. Manches mal denke ich schon, es wäre sicher besser gewesen, sich seinen psychischen Unzulänglichkeiten hinzugeben, sich einmal gehen zulassen, sich damit eine Weile aus dem Verkehr ziehen und ein paar Wochen behandeln zu lassen, irgendwo da, wo man wirklich einmal seine Ruhe hat. Psychoterror, ... man kann es getrost so bezeichnen, ... so wie ich ihn erlebt habe, ... jetzt nicht nur bedingt durch den Tod von Frank, ich meine auch damit einige, bereits in Teil 1 und 2 ausführlich beschriebene Begebenheiten, sind ein ganz großer Stressfaktor. Es macht die seelische Verfassung zunichte sich immer dagegen aufzulehnen und anzukämpfen, wenn man das Ankämpfen darauf ausrichtet, andere sollen es bloß nicht mitbekommen. Es zerstört mit der Zeit auch die körperlichen Kräfte und beseitigt nicht die psychischen Faktoren. Ich aber hatte das versucht, zum Teil ist es mir auch gelungen, jedenfalls für eine Weile. Ich habe mich immer bemüht,mit Arbeit meine nervlichen Überbelastungen niederzudrücken. Nach einer gewissen Zeit merkt man aber, dass solange der Faktor Arbeit überwiegt, zwar das psychische Problem beiseite gedrängt wird, aber dass es sofort wieder da ist, in dem Moment wo man zur Ruhe kommt, also wenn das Arbeitsprogramm absolviert ist. Es entsteht nach einer Weile ein Kreislauf, man möchte mit Arbeit seine psychischen Diskrepanzen überdecken und häuft sich derart viel Arbeit an, sei es beruflich oder im Haushalt, meist auch beides, oder noch mehr Dinge, bis man auch körperlich am Ende ist. Es gibt Menschen, ich gehörte ( ich gehörte!, ... wohlgemerkt ) auch dazu, die sich auf keinen Fall offenbaren möchten, können, wollen oder wie auch immer, selber aber nicht so recht wissen wieso und warum eigentlich nicht, … und schleppen damit lieber die ganze Schose mit sich herum, ... entweder ein ganzes Leben lang, oder aber bis sie doch irgendwann in sich zusammensinken. Es geht ihnen mies, trotzdem sagen sie, wenn man sie nach ihrem Befinden fragt, jedes mal: „Danke, ... es geht mir gut“ , … und verstecken sich hinter der eigenen Fassade. Sie erzählen nur das Positive, haben aber dabei oft ein großes Mitteilungsbedürfnis und lenken sich damit selbst von ihren Problemen und psychischen Zuständen ab. Lässt der tägliche Leistungsdruck, gekoppelt mit psychischen Faktoren, die sich im Laufe des Tages zwischendurch immer wieder blicken lassen nach, dann geht es ihnen nicht etwa besser, nein, das Gegenteil ist oft der Fall, man hat dann Zeit zum grübeln. Am Abend im Bett zum Beispiel, man kann nicht schlafen, steht morgens wie gerädert auf und das ganze „Spiel“ geht wieder von vorne los. Man nimmt es sich vor, wenn man sich schlaflos von einer Seite auf die andere wälzt: Also morgen gehe ich doch einmal zum Arzt, aber das hat man bereits am nächsten Morgen „vergessen“. Man sagt oder fragt sich: wenn ich krank geschrieben werde oder gar stationär eingewiesen werde, was mache ich mit den Kindern?, mit der Mutter?, mit dem Haustier?,.. etc. Wie soll ich mich den Angehörigen erklären?, ... man hegt die Befürchtung, nicht ernst genug genommen zu werden, wenn man seine Probleme aufzeigt, oder aber man hat Angst, die Arbeit einzubüßen, oder wenn man wie ich selbständig ist, die Patienten oder die Kundschaft zu verlieren, ... und damit seine wichtige Existenzgrundlage. Viele denken aber auch: Nein, so eine psychische Behandlung?, ... das geht gar nicht, ... ich komme in die Klapse, ... was werden die Leute sagen?. - Ringt man dann doch mit sich und sucht schließlich einen Arzt auf, überlegt man bereits im Wartezimmer : Was soll ich eigentlich sagen?, man weiß es nicht, kann sich nicht erklären und weiß so recht keine Antwort, wenn der Arzt oder die Ärztin fragt: „Was fehlt Ihnen?, warum sind Sie hier?“. Wenn man dann nur antworten kann,... warum auch immer: „Ich weiß nicht, es geht mir nicht gut“, weil man sich dann doch scheut sich zu offenbaren und keine körperlichen Schmerzen vorweisen kann, kann man zu allem Unglück möglicherweise noch in Richtung Simulant gedeutet werden, mit oder ohne drei Tage Krankschreibung, die einem aber auch nicht weiterhilft, weil man nun noch mehr Zeit zum grübeln hat. Wie soll ich denn auch meinem Hausarzt innerhalb von drei bis fünf Minuten erzählen und erklären können, was man seit Jahren mit sich herumschleppt, und dass eines zum anderen gekommen ist. Was also habe ich nun gekonnt?, ... nichts. - Aber es geht alles so lange, bis man nervlich und schließlich auch körperlich irgendwann und irgendwo auf der Strecke bleibt, weil man unweigerlich zusammenklappt und letzten Endes in eine Klinik eingewiesen wird, ob man das nun will oder nicht. Lasst es nicht so weit kommen, geht gleich und rechtzeitig an die richtige Stelle, ... zu einem Neurologen, ... lasst Euch behandeln. Nervlich am Ende zu sein ist keine Schande, man ist krank und benötigt entsprechend fachmännische Hilfe. - Soweit dieser kleine Abriss, den ich nur am Rande angedeutet habe, aber er erscheint mir dennoch wichtig zu sein.

So, ... also zurück zum Jahr 2008, als ich nun diese Hiobsbotschaft im Januar bekomme, ist Frank schon beerdigt. So schreibe ich seinen Bruder an, schicke Geld für einen großen Grabstrauß. Ich bekomme Antwort von ihm, er lässt mich etwas wissen über Franks Krankheit und über seinen Tod. Er schreibt, dass Frank in seinen lichten Augenblicken öfter gesagt habe, er möchte nicht, dass ich ihn so sehe und ich soll ihn in Erinnerung behalten wie er einmal war. Er bedankt sich für die Kondolenz und verspricht, mir ein Foto von seiner Grabstelle zu schicken. Ich kann das alles nicht realisieren, ich reiße mich zusammen, gehe zur Arbeit und versuche , mich auf meine Patienten zu konzentrieren. Ich habe einen Zulauf in meiner Praxis zu verzeichnen wie noch nie zuvor. Wenn ich sage: Die Leute rennen mir die Bude ein, so ist das nicht übertrieben. Es ist schön, aber ich bin am Abend, wenn ich aus der Praxis komme oft wie erschossen. Manchmal ist der Tag sehr lang, von kurz nach 7.00 Uhr morgens bis nach 20.00 Uhr, und sehr oft auch noch viel länger. Ich schicke niemanden weg, auch wenn noch jemand kommt, wenn ich weit nach 21.00 Uhr endlich die Praxistür hinter mir abschließen möchte und nach Hause gehen will, weil jemand irgendwo einen Schmerz verspürt oder ein Hühnerauge plagt. Nicht selten werde ich auch am Wochenende angerufen und um Hilfe bei einem „Hexenschuss“ gebeten, ich überlasse niemanden seinem Schicksal, keine Frage. - Ich rechne mal wieder aus, wie lange ich noch an dem Schuldenberg, der mir der Udo freundlicher Weise überlassen hat, noch zu knabbern habe. Es lichtet sich, im Frühjahr 2010, wenn nichts dazwischen kommt, werde ich endlich alles abgetragen haben und damit wird dann etwas für Tessa und für mich übrigbleiben. Ich verdiene ja jetzt nicht schlecht, das nicht, aber ich muss auch den ganzen Tag dafür arbeiten, weil eben mit der Selbständigkeit hohe „Abgaben“ verbunden sind, die ich bereits in Teil 2 erläutert habe. Wenn ich jetzt, ebenfalls schon einmal gesagt, einen Partner hätte, der gleichfalls verdient, dann hätte man keine größeren Probleme gehabt. Aber weil es nicht so ist,.. das mit dem gut verdienenden Partner, muss ich weiter alles im Leben nehmen wie gehabt, wie es war und ist, ... und sagen: Es wird schon.

Im Februar 2008 schickt mir Franks Bruder das versprochenen Foto von Franks Grabstelle, was soll ich anderes sagen, als dass ein großer Schmerz damit verbunden ist, ich weiß, ich werde loslassen müssen, wie es mir gelingen soll, das weiß ich allerdings nicht. Ich fahre nach Teversbrünn und lasse das Bild, welches mir Frank einmal von sich geschenkt hat, ... damals 1979, vergrößern und kaufe einen schönen passenden Rahmen dazu. - Kurz darauf ereilt mich ein neuer Arthroseschub, der durch eine starke Erkältung ausgelöst wurde, die ich lange und krächzender Weise mit mir herumgeschleppt habe, obwohl ich so etwas wie Erkältung bei mir selber so gut wie überhaupt nicht kenne. Zum ersten male spüre ich deutliche Schmerzen in meiner linken Hüfte. Ich behandele mich selber mit Baunscheidt – Verfahren ( Mit einer Art Nadelrolle werden die Hautporen an der betreffenden Stelle geöffnet und dann anschließend mit einer speziellen Tinktur eingerieben ). Meine Beschwerden bessern sich, dafür erscheinen andere Dinge auf der Bildfläche, mir ist schwindelig, mein Blutdruck ist zu hoch und ich muss dagegen etwas einnehmen. Das noch größere Übel aber ist meine Haut, es erscheinen nach und nach kleine rote Stellen, die anfangen ganz schrecklich zu jucken, ich kratze und sie breiten sich flächig aus, sind trocken, rot und reißen ein. Zuerst an den Oberschenkeln, dann an den Hüften und Rücken, dann an den Füßen und den Armen, schließlich überdecken sie den ganzen Körper, nur die Hände und das Gesicht bleiben verschont, es sieht abscheulich aus. Ich brauche nicht lange zu rätseln: Neurodermitis, ausgelöst durch die nervliche Belastung und wahrscheinlich hervorgeholt durch die Baunscheidtbehandlungen. Es ist durchaus möglich, dass, wenn man eine Besserung einer bestimmten Krankheit erreicht hat, eine andere an das Tageslicht befördert wird. Diese hat dann meist irgendwo im Körper an irgendeiner Stelle „geruht“. Manchmal hat man auch das Phänomen, dass sich die ganze Angelegenheit wieder umkehrt, dann ist die Ausgangserkrankung wieder da. Ich bin am Boden zerstört, meine Haut, mit der ich noch nie ein Problem gleich welcher Art hatte, sieht scheußlich aus. Ich muss etwas tun, zudem kann ich nicht schlafen, weil die regen Spaziergänger in meinem Kopf zu Dauerläufern geworden sind. Jetzt kommt noch dieser Juckreiz dazu, die Bettwärme tut ihr übriges, was soll das alles nur werden?. - Der Ferdinand klingelt eines abends an meiner Tür und verlangt Wassergeld, obwohl ich eine eigene Uhr im Keller habe und demzufolge auch eine eigene, ganz andere Verbrauchernummer mit entsprechenden Abschlägen, die ich jeden Monat entrichte, eben bis zur fälligen Endabrechnung. Ich hatte das schon einmal. „Ich sage es Dir noch einmal Ferdinand, … das ist nicht meine Mahnung, ... ich habe alles bezahlt!“. „Ich habe aber diese Mahnung bekommen, es geht alles über mich und wenn Du nicht zahlst, dann muss ich für Deine Rechnung aufkommen“, meint er. „Das ist doch Blödsinn, das ist nicht meine Rechnung, wie wäre es denn, wenn Du mal richtig hinschaust, erstens habe ich eine ganz andere Abschlagssumme als Du, zweitens eine andere Verbrauchernummer und drittens habe ich alles ordnungsgemäß überwiesen wie immer, ... das ist Deine Mahnung, ... nicht meine!“, verteidige ich mich ärgerlich. Er bestreitet noch immer alles und ich mache einfach die Tür vor seiner Nase zu. Am nächsten Tag rufe ich beim Zweckverband an und bitte darum, die Sache richtig zu stellen. Natürlich war es Ferdinands Rechnung bzw. Mahnung. Kurze Zeit später spielt sich das Gleiche mit der Abfallwirtschaft und der Gasrechnung ab. Ferdinand bringt mir Ende Februar einen Schmierzettel, ... im wahrsten Sinne des Wortes, und fordert eine riesige Summe zwecks Gasrechnung. „Nein, Ferdinand, ... das akzeptiere ich so nicht, das hatten wir wohl schon, ich möchte bitte sehr genau aufgeschlüsselt haben, was ich insgesamt bezahlt habe und was ich verbraucht habe, also eine vernünftige Abrechnung mit der aktuellen monatlichen Abschlagssumme!“, wehre ich mich. „Du hast verbraucht was hier steht“, meint er und zeigt mit dem Finger auf verschmierte Zahlen, von denen keiner weiß was es sein soll. „Dazu kommt aber noch eine alte Abrechnung“, fügt er hinzu. „Nein, nein, mein lieber Freund, die Betriebskostenabrechnung hat jeweils bis zum Ende des darauffolgenden Jahres zu erfolgen, ... und zwar eine vernünftige, ordentliche, Abrechnung wohlgemerkt, ... das bezahle ich nicht, ... und bevor Du nicht eine ordentliche Rechnung vom vergangenen Jahr erstellt hast, tut sich ebenfalls nichts, ... ich möchte keine geschätzte Abrechnung, ... ich verlange wie gesagt eine brauchbare Rechnung, und wenn Du nicht in der Lage bist, eine solche zu erstellen, dann musst Du eben jemanden hinzuziehen, der den Gesamtbetrag abliest und anschließend meinen verbrauchten Teil ausrechnet. Dann lasse doch an jeden Heizkörper, wie es aller Ortes üblich ist, diese Dinger anbringen und jemanden kommen, der abliest“. Er stutzt einen Augenblick. „Aber wenn Du das so haben willst, dann musst Du das auch selber bezahlen!“, meint er. „Oh, nein mein lieber Freund,.. das glaube ich weniger, Du bist doch der Hausbesitzer, Du sagst doch immer: das gehört alles mir, ... also bitte!, ... ich bezahle jedenfalls erst, wenn ich eine vernünftige Rechnung in der Hand habe , ... und außerdem möchte ich Dich daran erinnern, dass Du meiner Mutter noch immer nicht gerade sehr wenig Geld schuldest, ... wenn wir schon mal beim Thema Finanzen sind!“, sage ich im korrekten, aber bestimmten Ton zu ihm. Er nimmt ohne Worte seinen Schmierzettel, murmelt etwas in sich hinein und verschwindet.

Es nähert sich der März und damit ein neuer Frühling, wie in jedem Jahr wartet man auf die ersten Frühlingsblüher und ersehnte Sonnenstrahlen, und auf das Kommando: Der Garten ruft. Ich nehme die Winterdeko aus dem Praxisfenster und orientiere mich auf das Frühjahr, ich sehe mich nach Stiefmütterchen um. Meine Erkältung, die mich noch recht lange gequält hat ist weg, mein Blutdruck hat sich gebessert, aber meine Haut ist so arg kaputt, ich möchte mich nirgends ausziehen, ich fürchte mich fast vor der T– Shirt und kurze Hosenzeit. Ich bin dabei, alles mögliche auszuprobieren aber geholfen hat bisher nichts, ... und die Hautärzte kann man so ziemlich alle vergessen, da wird man nur zugekleistert, so als ob die Haut eine Tapete wäre. Klar kann oder muss man auch gegen den Juckreiz etwas tun, aber Neurodermitis kommt aus dem Körperinneren, also muss man auch da ansetzen. Ich bin dabei zu entgiften, der Körper will etwas loswerden, er tut es zuerst über die Leber, dann über die Nieren und wenn er das alles nicht schafft, dann nimmt er die Haut. Also wenn ich nur meine Haut zukleistere, wenn ich diesen Ausdruck noch einmal verwenden darf, dann kann der Körper nichts loswerden, weil ich damit alles was er loswerden will oder muss, nur wieder in den Körper hinein drücke. Nach der Entgiftung, die durchaus monatelang dauern kann, muss ich nach einem geeigneten Mittel suchen, das Immunsystem und damit die Zellen neu aufbauen.

Mein Geburtstag nähert sich, der halbrunde, wie man es bezeichnet, ... 55 Jahre, ... Hilfe!. Am liebsten würde ich wieder für ein paar Tage verschwinden, meine ich, als man mich nach meinen eventuellen Wünschen fragt. Also bekomme ich von meiner Mutter und den „Großen“, Henny und Carlo einen Zuschuss zum „Verschwinden“. Ich entscheide mich für Bad Tadelsand, in der Nähe meiner Heimatstadt Seelstein, dort gibt es eine neue Therme. Ich versuche in diesen vier Tagen ein wenig zur Ruhe zu kommen. Tessa ist groß genug, meine Mutter hält sich während dieser Zeit in unserer Wohnung auf, so braucht Nelly nicht in die Tierpension. Meine Mutter oder Tessa brauchen sie nur nach Bedarf in den Garten hinauszulassen, der ist ja nun wirklich groß genug. Ich gönne mir in diesen Tagen außer den geplanten Behandlungen völlige Ruhe. Ich gehe vor den Therapien ( Moorbäder und Packungen mit Nachtkerzenöl ) spazieren und lege mich dann hin, ich versuche, mich wenigstens ein bisschen einzukriegen, aber es gelingt mir nur teilweise. Ich könnte ohne weiteres auf der Rückfahrt einen Besuch auf dem Friedhof in Herzoghausen einplanen, aber ich kann es nicht. Ich möchte es sicher gern, aber irgendwie kann ich nicht. Ich habe Angst, ich komme dort nicht mehr weg, kann mich vielleicht nicht losreißen. Also stelle ich, als ich wieder daheim bin ein Blümchen neben Frank` s Foto und eines neben das Bild meines Papas, das tue ich ja bekanntlich schon jahrelang.

Carlo wollte mit seiner Freundin nach meinem Geburtstag kommen, er hatte es versprochen, hielt es aber nicht. Ich finde es traurig, dass er es oft nicht lassen kann, so unabgemeldet einfach wegzubleiben. Sicher meint er es nicht böse, aber mich regt es auf, man macht sich jedes mal Sorgen, obwohl er nun ja auch schon auf die dreißig zumarschiert, aber man denkt halt immer gleich, es ist etwas passiert. Tessa meint schließlich, ob wir wohl losfahren sollten und nachsehen, weil ich keine Ruhe mehr hatte. Das haben wir dann auch so gemacht und haben ihn auch angetroffen, es war nichts weiter,... nur gestritten hat er sich mit seiner Freundin. Na, ja in der Beziehung ist er wohl so wie ich: bloß nicht freiwillig jemanden etwas sagen, jedes Wort aus der Nase ziehen lassen eben, ... aber benachrichtigen, dass man wegbleibt, kann man sicher, das habe sogar ich immer geschafft, ... und da gab es noch kein Handy!. Wie ich wohl mehrmals schon gesagt habe, ... kein Telefon, ... na und Handy schon gar nicht, ... zudem kamen diese Dinge für Frank und mich ohnehin zu spät, wir konnten uns nicht verständigen, ... die Post bleib irgendwo auf der Strecke, na ja lassen wir das, ... es ist vorbei.

Ich freue mich über die vielen hübschen , bunten Stiefmütterchen und Primeln in den Pflanzschalen, es nähert sich der Mai, lange wird es nicht mehr dauern, dann ist die Sommerbepflanzung an der Reihe. Ich setze dann immer die Stiefmütterchen auf die Rabatte am Hauseingang, es tut mir leid, sie einfach weg zu werfen, nur weil die Sommerblumen ihren Platz in den Schalen und Kästen einnehmen sollen. Zur üblichen Zeit, am Muttertag, den wir wie so oft im Holzhaus begangen haben, ist die neue Bestückung mit Geranien, Knollenbegonien und vielem anderen mehr fertig. Auch ohne Aufzeichnungen ist mir das Jahr 2008 noch gut im Gedächtnis, wenn auch ohne genaue Datumsangaben der Ereignisse, die aber in dem Jahr nicht sehr mannigfaltig sind. Eigentlich ist soweit alles beim alten. Ich habe in der Praxis, wie schon angedeutet sehr viel zu tun, besonders was die Sprechstunden betrifft. Meine Mutter wohnt noch immer im altersgerechten Wohnen, 10 min. Fußweg von meiner und Tessas Behausung entfernt. Wenn das Wetter schön ist, kommt sie nach wie vor öfter mit ihrem Dackel und hält sich im Garten auf, an den Wochenenden trinken wir gemeinsam Kaffee, mal backe ich einen Kuchen, mal meine Mutter. Tessa ist viel mit dem Fahrrad unterwegs, am Strand oder bei ihren Freundinnen, nun ist sie schon in der 9. Klasse, nächstes Jahr hat sie schon die Abschlussprüfungen vor sich und die Berufswahl steht an. Carlo wohnt noch in Bad Dühsheim , arbeitet, wenn auch nur saisonbedingt in einem Fahrradgeschäft mit Ausleihstation der Fahrräder für die Urlauber, er muss die Fahrräder, die ausgeliehen werden in Schuss halten. Henny und Matthias kaufen ein großes Bauerngehöft in ihrem Nahe gelegenen Nachbardorf und ziehen im Juni 2008 dort ein. Also ich muss, wenn es mir gestattet ist, dazu sagen, dass mir das Ganze selbst in jungen Jahren eine Nummer zu groß gewesen wäre. Das Bauerngehöft beinhaltet ein Wohnhaus mit zwei riesigen, aber stark sanierungsbedürftigen, großen Wohnungen, drei Scheunen, einen geräumigen Hof und einem fast endlos großen Garten. Abgesehen vom Kredit, der abgezahlt werden muss, kommen ja auch noch die Nebenkosten dazu, die bei dieser Dimension des Anwesens nicht gerade gering anfallen werden. An Hennys und Matthias` Stelle hätte ich mich dann wenigstens mit einem befreundeten Ehepaar zusammen getan, oder aber eine Wohnung davon nach dem Sanieren vermietet. Na ja, wissen müssen sie letzten Endes selber was sie wollen. Wie gesagt, würde mir diese enorme Größe des Besitzes Angst machen. Überhaupt in der heutigen Zeit, wenn man sich fragt: was wäre wenn, ... . Henny geht davon aus, dass Vera bei ihrem jetzigen Berufswunsch Tierärztin bleibt und dann irgendwann und wo auf dem Gehöft ihre Praxis aufmachen wird. Ich wage es, daran zu zweifeln, in der heutigen Zeit?, und dann so weit weg von der Stadt?, ich weiß nicht. Hennys Lebensgefährte ist vielleicht nicht nicht unbedingt gerade das, was ich mir vorgestellt hatte, aber er ist sehr fleißig und handwerklich geschickt. Trotzdem kann ich mir nicht vorstellen, wie er das alles alleine schaffen will, zumal er noch immer weit über Land auf Montage fährt und nur an den Wochenenden zu Hause ist. Man muss ihm zu Gute rechnen, dass er auch noch sehr oft an den Sonntagen das Mittagessen zubereitet. Für mich hat nur ein einziger Mann hin und wieder gekocht, ... das war Luka damals. Matthias ist mir gegenüber sehr zurückhaltend, aber stets freundlich.Wir sehen uns ja nicht so häufig, vielleicht liegt es daran, aber es ist meines Erachtens nicht unbedingt ein Fehler zurückhaltend zu sein.

Im Sommer gestalte ich das Rundherum der Praxis wieder einmal neu, streiche die Fassade und pflanze verschiedenen Dinge um, kaufe eine neue Bank für die Patienten, falls sie im Außenbereich warten möchten. In den Sommerferien fahre ich mit Tessa ein paar Tage in das kleine, gemütliche und hübsche Waldhotel „Fichte“ , wo wir mittlerer Weile so etwas wie Stammgäste geworden sind. Wir treffen uns mit Henny und ihrer Familie an der Sommerrodelbahn, gehen gemeinsam essen. Ich besuche meine ehemalige Nachbarin Jasmin und natürlich auf dem Friedhof meinen Papa, meinen Bruder, Tante Lena und meine Freundin Hanni. Ich erzähle ihr, dass Frank nicht mehr da ist, frage sie, ob sie ihn da wo sie jetzt ist gesehen hat. Als wenn sie mir darauf eine Antwort gibt, bewegt sich eine Blume in meinem Strauss, so als nicke sie mit dem Kopf und verstünde. -

Die Geburtstage von den Kindern sind vorüber, der Ehrentag meiner Mutter, nunmehr der 85. nähert sich und damit gibt es letzte Überlegungen, was man, bzw. womit man ihr eine Freude machen könnte. Da fällt mir ein, sie hat irgendwann gesagt, sie würde sehr gern einmal nach Wien reisen wollen. Also buche ich für sie und mich eine Busfahrt für drei Tage in die Hauptstadt Österreichs für Mitte Oktober 2008. So locker sitzt bei mir das Geld bekanntlicher Weise auch nicht, aber es gelingt mir, die erforderliche Summe der Reisekosten aufzubringen. Vorab sind ja noch die Geburtstage der Kinder und wie so oft lege ich Tessas und Carlos Geburtstag auf einen gemeinsamen Tag, an einem passenden Wochenende. Meine Mutter lädt uns zum Mittagessen auf dem Wallgraben ein. Außer dem Reisegutschein bekommt sie noch einen schönen Blumenstrauß. Ich bin ein wenig enttäuscht, weil es bei mir den Eindruck erweckt, dass sich meine Mutter nicht besonders über die geplante und bereits gebuchte Reise zu freuen scheint, ... dieses Gefühl habe ich jedenfalls, ... und werde es auch nicht mehr los. - Wie dem auch sei, starten wir unsere drei Tagereise am 14. Oktober 2008. Tessa kommt diese kurze Zeit auch einmal allein zurecht, ich habe alles vorbereitet und vorgekocht, einen Kuchen für sie gebacken. Wie man weiß, hat man als Mutter trotz alledem keine richtige Ruhe. Die Fahrt nach Wien aber war sehr schön, die Busfahrer waren in Ordnung, das Wetter ist auch zufriedenstellend gewesen. Das Hotel war gut und das Essen, wie man es von Österreich her kennt und erwartet sehr lecker. Es gab eine Rundfahrt durch die Stadt, einen Besuch bei „Sissi“ und Wiener Schnitzel am Prater. Ebenso war ein Besuch im „Cafe Sacher“ mit leckerer entsprechender Torte eine Pflicht, sowie ein ausgiebiger Stadtbummel mit Besuch des bekannten Naschmarktes. Nach Art meiner Mutter ging es halt nicht anders, als dass sie wie erwartet über verschiedene Dinge meckern musste, z. B. weil das Hotel ihrer Meinung nach etwas zu abgelegen war und ich so ziemlich fast Schuld daran zu haben schien, weil es am Abend, als der Besuch am Prater auf dem Plan stand recht geregnet hatte. Sie war deshalb nicht zu bewegen, eine Runde mit diesem großen Riesenrad mitzukommen, obwohl sich dieses nur, man kann sagen schrittweise bewegt, die Gondeln sind sehr groß und geschlossen. Es befindet sich ein Tisch und Stühle darin, man kann ein Abend mit Essen und, ... oder Wein buchen. Ich dachte daran, als ich allein eine Runde mitfuhr, wie schön es sein mag, wenn man so einen Abend mit einem lieben Partner verbringen kann, ... bei einem Glas Wein, ... so hoch über Wien auf die fantastisch beleuchtete Stadt herab sehen zu dürfen. Ich fand sie toll, diese drei Tage, auch wenn meine Mutter nach unserer Rückkehr mehr oder weniger hervor hob, wie anstrengend das gewesen sei, glaube ich doch, dass es ihr recht gut gefallen hat. Die schnelllebige Zeit will es, dass wir bereits wieder Ende Oktober haben und der Garten darauf wartet winterfest gemacht zu werden, alles wie in jedem Jahr, alles wie gehabt. Es folgen das Aussuchen des gewünschten Weihnachtsbaumes und das Bestellen von Tannengrün für den Vorgarten, um alles, … auch wie immer, ein wenig winterlich und weihnachtlich aussehen zu lassen. Wie versprochen bekomme ich noch von Sören einen Elektroanschluss auf der Terrasse installiert. Wir suchen einen schönen großen Weihnachtsbaum aus, er befindet sich nun in unserer Sichtweite, eben auf der Terrasse, gleich links neben der Tür. Auch in der Praxis vergesse ich nicht, alles schön für meine Patienten zu dekorieren und eine Schale mit Süßigkeiten aufzustellen. Die übliche Weihnachtsbäckerei beendet die Vorbereitungen für das Fest. Nun verbleiben noch ein paar Tage bis Weihnachten, ich überrasche Tessa mit einem kurzen „Sonderurlaub“ , einer Busfahrt in die Tschechei. Es ist ziemlich kalt, aber wenig Schnee. Es war ein schöner Kurzurlaub, auch wenn man uns in ein anderes Hotel verfrachtet hatte als es versprochen war. Leider bekamen wir nur „drei Sterne“ anstatt die gebuchten „vier Sterne“. Das Hotel, in dem wir untergebracht waren, ist recht groß und ziemlich am Stadtrand gewesen, aber ansonsten nicht unbedingt schlecht. Tessa und ich haben uns amüsiert über das übereifrige Personal, weil immer einer von uns am Tisch verweilen musste, wenn man am Büfett etwas nachholen wollte, weil ansonsten gleich Kaffee und Besteck abgeräumt wurden. Wir besuchten den dortigen Weihnachtsmarkt und unternahmen in diesem Zusammenhang, außer der Stadtrundfahrt, eine tolle Tour mit der Pferdekutsche durch das weihnachtliche Prag. Tessa filmte zum ersten Male mit ihrer kleinen Videokamera, die sie zum Geburtstag geschenkt bekommen hatte.

Weihnachten an sich fand in Ruhe zu Hause statt, in dem Jahr hatte ich mir zwischen Weihnachten und Neujahr frei genommen. Carlo und seine Freundin waren an Heilig Abend da und es gab am ersten Feiertag, an dem Carlo mit seiner Freundin noch bei uns waren, Ente Rotkohl und Klöße. Am zweiten Tag gab es wohl, soweit ich mich erinnern kann, Schweinelende mit Sahnesoße.

Silvester waren wir drei, meine Mutter, Tessa und ich allein, aber wir haben es uns recht gemütlich gemacht, ... Nelly und Fips natürlich auch. Es war ein ruhiger, aber zufriedener Wechsel

vom Jahr 2008 in das Jahr 2009. Für dieses betreffende Jahr existieren außer den Erinnerungen auch wieder Aufzeichnungen und auch mein Terminbuch für die Patienten, welches übervoll ist. Ich starte am Montag, den 5. Januar mit Hausbesuchen auf dem Wallgraben und in Teversbrünn. In der Praxis tauchen die ersten Gutscheine zur Einlösung auf, die Weihnachten verschenkt wurden. Über das Wetter habe ich diesmal keine Aufzeichnungen gemacht, aber laut meinen Erinnerungen ist es nicht sehr kalt, sondern eher verregnet, denn meine Patientin, von der ich immer meine Weihnachtsente bekomme, hat wie ich es wohl schon erwähnte auch noch anderes Viehzeug, unter anderem Schweine. Sie schlachtet am 17. Januar und klagt über sehr schlechtes Wetter. Ich habe bei ihr Zutaten bestellt, die man zum Herstellen von Leberwurst benötigt, ich habe mich ans Werk gemacht und seit langem wieder einmal welche selber produziert. Am 21. Januar habe ich am Nachmittag meine Termine absagen müssen, es geht mir gar nicht gut. Wieder habe ich eine Erkältung, aber so stark, dass ich den Kontakt zu den Patienten abbrechen muss, ... ich würde sie anstecken. Ich habe Termine auf der Pflegestation und ich möchte die alten Leute nicht gefährden. Nach ein paar Tagen habe ich mich wieder aufgerafft, arbeite die Termine in der Praxis auf, aber lasse die Kosmetikbehandlungen weg, weil man sich ja dazu dicht über das Gesicht der Patientin beugen muss. Im Übrigen wagen auch indessen Männer den Weg in meine kleine Räumlichkeiten, um sich kosmetisch behandeln zu lassen, nicht nur ich finde das gut.

Genau am 9. Februar 2009, also an Ferdinands Geburtstag fängt dieser an, seinen Garten regelrecht zu verunstalten. Leider werde ich als angrenzender Nachbar davon in Mitleidenschaft gezogen. Er lässt ausnahmslos alles was nicht niet und nagelfest ist abschneiden, bzw. absägen,... und das auch noch stümperhaft. Angefangen von der roten herrlichen Kletterrose an seiner Garage über die schöne Weide und die Birke, bis hin zu den Haselnussbüschen an der unmittelbaren Gartengrenze. Er macht auch nicht Halt vor dem schönen Kletterer „Je Länger je Lieber“ der sich unmittelbar an der einen Salonseite befindet. Es sieht alles wie abgefressen und dazu deprimierend aus. Es ist sicher keine Frage, natürlich muss man Bäume und Sträucher auch einmal zurückschneiden,.. aber doch nicht so. Nicht nur ich bin fassungslos über so eine totale Verunglimpfung. Nicht zuletzt war die Hecke nicht nur ein willkommener Sichtschutz, sondern auch ein Windschutz bei dem fast ständigen Wind hier oben an der Küste. Ich hatte zwar auf meiner Seite aus Ablegern eine Forsythiahecke angelegt, aber das wird noch eine Zeit dauern bis sie diesen Zweck erfüllt.

Nach dem Missgriff, den ich durch die Frau Zugh damals gemacht hatte, entschloss ich mich dazu, wenigstens jemanden zum Saubermachen für die Praxis zu suchen, aber ich hatte auch damit kein Glück, weil ich mich nicht darauf verlassen konnte. Jetzt nehme ich den dritten und letzten Anlauf, mich nach wenigstens ein klein wenig Hilfe umzusehen. Ich habe mich ein wenig mit einer Patientin angefreundet, die nun schon indessen eine ganze Weile zu mir kommt und mir unter die Arme greift. Einmal in der Woche macht Rita ein wenig Furore wie man sagt, halt gerade das, was eben anliegt. Wir haben es so geregelt, dass Rita die Stunden aufschreibt, die sie gearbeitet hat und zum Monatsende arbeite ich es ab, in Form von Dienstleistungen, die ich in meiner Praxis zu bieten habe. Es klappt sehr gut, so brauche ich nur noch jeden Tag die Praxis wischen und die Toilette reinigen, den Arbeitsplatz selber muss ich wohl nicht erwähnen, das versteht sich von selber, aber es ist mir eine große Hilfe, wenn ich mich nicht auch noch um die anderen Dinge, wie Fenster putzen kümmern muss.

Vom 9. bis zum 20. Februar hat Tessa Winterferien, sie fährt hin und wieder mit zum Wallgraben und begleitet mich bei den Hausbesuchen. So fährt sie an einem Tag mit einer 94 jährigen Patientin per Bus zum Supermarkt nach Teversbrünn um total „geschafft“ zurück zu kehren. „Oh Mutti, die liebe Frau Mondtaler ist ganz schön anstrengend, ... aber sie rennt richtig mit ihrem Einkaufswagen, ... und dann schreit sie von einem Ende zum anderen in der Markthalle was sie haben möchte , bestimmt weil sie so schlecht sieht“. „Ja, ich weiß, sie ist ein wenig anstrengend, aber eine sehr liebenswerte alte Dame, ich habe auch von ihr jedes mal einen Auftrag, etwas für sie aus dem Supermarkt zu besorgen und beim nächsten Hausbesuch mit zu bringen“. „Du kaufst wohl immer noch für Deine Patienten auch ein oder bringst ihnen etwas mit?“. „Ja, ja, ... wenn es sich machen lässt, ... gerade jetzt im Winter, wenn die Straßen oft glatt sind, manchmal bin ich halt nicht nur die Fußpflege, ... oder die Frau Fußdoktor, wie der eine ältere Herr mich mal bezeichnet hat, ... so ist das eben“. Und ich erzähle ihr von der Frau Mondtaler, die im letzten Jahr einen Schenkelhalsbruch überstanden hatte. Sie war dann einige Zeit an den Rollstuhl gebunden und auf der Pflegestation. Sie war fast blind aber sie raste regelrecht mit ihrem „Fahrzeug“ durch die Gänge der Station, ... mit Kopfhören auf und hörte Musik. Als sie mich einmal fast umgefahren hatte schrie sie lauthals: „Oh, ... Verzeihung!, ... aber wenn Sie das nächste mal kommen, dann bin ich schon wieder in meiner Wohnung!“. So war es dann auch. Dort fragte sie mich dann während der Behandlung: „Sagen Sie mal bitte, … meine Haare, sind die auch gleichmäßig gefärbt?!“. „Ja, ... sicher, es sieht gut aus, gehen Sie auch zum Friseur hier im Haus?“. „Nein, ... ich doch nicht!“, meinte sie in ihrer mir gewohnten Lautstärke. „Ich mache das alles noch alleine!“. „Ja, aber, … aber wenn Sie so schlecht sehen können?, wie machen Sie das denn?“. „Ach, ... Happerlapapp, ich ziehe mich komplett aus, gehe ins Bad und mache mir die Farbe darauf, ich bleibe so in der Dusche sitzen bis die Zeit um ist, ich mache das Radio an und höre auf die Zeitansage, ... und dann spüle ich eben alles ab und ziehe mich wieder an!“, sagte sie, als sei es das Selbstverständlichste auf der Welt, nur wenn man so eine positive Lebenseinstellung hat, dann wird man auch so alt. Auf der Heimfahrt unterhalte ich mich noch ein wenig mit Tessa über ihre beruflichen Ambitionen. „Ich glaube Mutti, das mit der Kosmetik ist nichts für mich, und das mit den Füssen schon gar nicht, ... ich möchte das nicht machen“. „Na, ja, und wie ist es mit Massagen?“. „Jaaa, ... das kann ich mir schon eher vorstellen, ... aber so wie Du selbstständig sein, ich glaube das möchte ich nicht“. „Das brauchst Du ja auch nicht, überlege Dir was Du gerne willst, … aber irgendwo im Gesundheitswesen einen Beruf anfangen, das würde Dich schon ganz allgemein interessieren?“. Ja, das schon, aber ich weiß noch nicht genau was ich machen soll“. „Ein wenig Zeit ist es ja noch bis dahin, konzentriere Dich auf Deine Abschlussprüfungen und dann werden wir schon weitersehen, … wenn Du dich dafür entscheidest so wie ich, vielleicht eine Ausbildung zum Masseur und Medizinischen Bademeister zu wählen, dann hättest Du damit eine recht solide Grundlage, das heißt, Du hättest ein medizinisches Grundwissen, mit dem Du Dich jederzeit weiterbilden kannst, ... und ich könnte Dir mit fachlichem Wissen zur Seite stehen und Dir helfen wenn es Fragen gibt . „Ja, ... da hast Du recht Mutti, ... ich werde es mir überlegen“.

Während der Winterferien von Tessa hatte ich keine freien Tage, ich schaffte es aber, am 20.Februar zum Friseur zu gehen und meinen Kopf in Ordnung bringen zu lassen.

Zu Ostern werde ich mir dann mit Tessa eine kleine Auszeit gönnen.

Der März ist wie gehabt mit Terminen randvoll. Kurz nach 7.00 Uhr morgens starte ich wie gehabt zum Hausbesuch oder gehe in die Praxis,.. am Abend massiere ich oft mit letzter Kraft oft nach 20.00 Uhr den letzten Patienten. Wenn ich ehrlich bin, dann hoffe ich dabei, es möge bitte nicht auch noch ein sogenannter „Überraschungsgast“ mit plötzlichen Beschwerden irgend welcher Art auftauchen. Während ich noch aufräume und die Räume wische denke ich daran, dass auch bald die Gartenarbeit wieder los geht, und daran, wie lange ich wohl dieses straffe Pensum, insbesondere im Sommer, eben wegen des Gartens, noch schaffen werde, ... eine Ewigkeit wird es sicher nicht mehr sein, dann muss ich mir etwas einfallen lassen. Eigentlich wollte ich von Donnerstag, den 2. April bis über Ostern, den 14. April frei machen, aber ich bekomme einfach die ganzen Termine nicht unter den Hut, so muss ich meinen Kurzurlaub für zwei Tage unterbrechen, am Montag, den 6. April die Hausbesuche erledigen und am Dienstag, den 7. April in der Praxis präsent sein. Ich schaffe es dennoch, geradeso rechtzeitig vor Ostern die Frühjahrsbepflanzung fertig zu bekommen.

Tessa entscheidet sich zu Anfang April für den Beruf des Masseurs und Medizinischen Bademeisters und fährt mit mir am Freitag, den 24. April 2009 zu einem Vorstellungs - und Informationsgespräch nach Schwerin. Ich glaube, sie hat sich richtig entschieden, ich kann ihr viel helfen, und später, wenn sie mit der Ausbildung fertig ist, dann kann sie, bis sie Arbeit gefunden hat ihr Wissen in meiner Praxis festigen und mich gleichzeitig etwas entlasten. Aber nun heißt es erst mal wie bei jedem anderen auch: Auf zu den Abschlussprüfungen der 10. Klasse.

Am 5. Mai 2009 fahre ich mit Tessa am Nachmittag nach Großmühlen und wir holen die Unterlagen zum Stellen des notwendigen Bafögantrages, weil Tessa für die Ausbildung dieses Berufes kein Lehrgeld bekommt. Warum der Gesetzgeber so entscheidet und damit einen wichtigen Beruf, der für die Menschheit von enormen Nutzen ist, somit in den Schatten stellt, erscheint nicht nur für mich zumindest fragwürdig.

Den Feiertag am 21. Mai, Himmelfahrt nutze ich für die Fertigstellung der Bepflanzung an der Praxis, zu Hause und auf der Terrasse meiner Mutter.

Am letzten Maiwochenende und am Montag, den 1. Juni ist Pfingsten, ich arbeite bis Freitag Mittag, ansonsten sind wir zu Hause. Am Sonntag sind wir bei meiner Mutter eingeladen und ich bringe den Garten auf Vordermann, Tessa hilft mir etwas dabei, ansonsten ist für sie „Endspurt“. Auch in diesem Jahr wird es Sommer, aber Tessa und ich haben noch keinen Plan gemacht, weil ich nicht weiß, was mit ihrer Ausbildung noch auf uns zukommt. Sicher werde ich öfter deswegen unterwegs sein. Die Lehre ist in Schwerin und sie hat ja noch keinen Führerschein, ... also ergeben sich somit ähnliche „Erscheinungen“ wie bei Carlo seiner Zeit.

Am 10. Juli steht für Schwerin alles fest, die Abschlussprüfungen sind vergessen und wir gönnen uns alle ein Mittagessen in unserem beliebten Holzhaus und für Tessa sind erst mal Ferien bis zum 29. August.

Im Juli und im August 2009 läuft Herr Wolfbauer ständig mit seiner Kamera durch die Botanik und fotografiert von allen Seiten sein „Anwesen“, vor allem dann, wenn wir auf der Terrasse sitzen und er weiß, dass er von uns gesehen wird. So auch an einem sonnigen Wochenende. Carlo gab uns kurz zuvor eine knappe Stippvisite mit seiner Freundin, je älter die Kinder werden, umso weniger Zeit haben sie. Man wird sich daran gewöhnen müssen, ... leider, sie gehen ihren eigenen Weg und müssen es schließlich auch, dennoch ist und bleibt der Gedanke, als Mutter nun nicht mehr an erster Stelle zu rangieren gewöhnungsbedürftig. Man kann sagen, nur ein Kind ist jetzt noch da, man sollte es aber positiv sehen und sagen: Eure Kinder sind alle aus dem Haus, ... aber ich habe wenigstens noch eins, ... Tessa. Jedenfalls sitzen wir wie so oft draußen auf der Terrasse, trinken Kaffee, umringt von Fips und Nelly. Wie so oft habe ich Kuchen gebacken, es ist gemütlich. „Du hast jetzt aber wirklich alles so schön gemacht hier im Garten“, meint meine Mutter nachdem sie sich noch ein Stück von Tessa gekrönten Lieblingskuchen, ... Streuselkuchen, geangelt hat. „Die Forsythia, die Du gezogen hast ist schon schön gewachsen, noch vielleicht zwei Jahre, dann ist von dem Kahlschlag, den der Ferdinand veranstaltet hat für uns nicht mehr viel zu sehen, Deine Weiden und die Zypressen nach hinten und zum unteren Gartenteil nach Frau Wagenberg hin sind ja auch schon toll gewachsen, … schön“, fügt sie hinzu. „Ja, jetzt ist es fast so wie ich es mir vorgestellt habe, ... genug Geld und Arbeit steckt ja wohl auch darin, ... ganz abgesehen von den Geldern die Du in das Haus gesteckt hast und auf denen Du bisher noch immer sitzen geblieben bist“, stimme ich meiner Mutter zu. Oma, guck mal, ... der Ferdinand rennt schon wieder mit dem Fotoapparat herum, … was macht denn der eigentlich?“, wundert sich Tessa. „Ach, was weiß ich?, der soll mir lieber endlich mein Geld zurückzahlen, anstatt hier dauernd einen auf Herrn Wichtig zu machen, ... hat er denn jetzt eine vernünftige Abrechnung gemacht?, ... ich meine wegen dem Gas?“ , fragt meine Mutter. „Ach wo, er hat nur die Teile an die Heizung anbringen lassen, die zum Ablesen, ... was ich ihm schon hundertfach gesagt hatte, ... sonst nichts“ . Tessa wechselt das Thema und sagt: „Oma, morgen kriegen wir wieder Besuch, ... das heißt, nur unsere Nelly bekommt den Besuch“. „So?, wie das denn?“. „Der Boxer, der im Dorf in Deiner Nähe wohnt Oma, ... den Du schon öfter mal getroffen hast, wenn Du mit dem Fips unterwegs bist, der kommt mal wieder, ... ja, weil die Nelly Babys bekommen soll“, antwortet sie. Ich erzähle meiner Mutter von unserem Vorhaben. „Platz genug habt Ihr ja dafür“, meint sie dazu.

Ich habe wie gesagt in diesem Jahr keinen, bzw. kaum Sommerurlaub, ich will abwarten, was ich an freien Tagen brauchen werde, wenn Tessa ihre Lehre anfängt. Außerdem wollte ich abwarten, ob Nelly ihren von uns auserwählten „Gatten“ angenommen hat oder nicht. Denn wenn es so sein sollte, wird die Aufzucht des Nachwuchses sicher erheblich Zeit in Anspruch nehmen. Tessa fährt allein ein paar Tage zu ihrer Schwester Henny, ich bringe sie zum Zug nach Rostock, in Leipzig wird sie dann von Henny abgeholt.

Genau am 27. August 2009, also an Hennys Geburtstag fahre ich dann mit Tessa nach Schwerin, um ihre Unterkunftsangelegenheit während der Ausbildung zu regeln. Sie kann relativ günstig eine kleine Wohnung bekommen, die von der Ausbildungsstätte angeboten wird. Sie ähnelt Carlos erster kleiner Wohnung in Bad Dühsheim. Ein Zimmer, Bad, Miniküche und kleiner Flur. Auch ein kleiner Balkon gehört dazu. Im Gegensatz zu Carlos Wohnung damals, ist alles in Ordnung, es braucht nicht renoviert zu werden, aber sie ist genau wie es bei Carlo auch war im 3. Obergeschoss. Ich brauche für Tessas Wohnung keine Kaution zu bezahlen, weil es eine sogenannte Genossenschaftswohnung ist, der geforderte Genossenschaftsanteil ist nicht hoch auf Grund der geringen Wohnungsgröße.

Am letzten Wochenende im August ist wieder einmal die MS Deutschland im Hafen von Teversbrünn. Wir machen einen kleinen Ausflug dorthin, um das Schiff genau zu sehen, es liegt zwar öfter einmal hier im Hafen, aber wenn ich Patientenbesuche habe, ist die Zeit zu knapp um „Maulaffen Pfeil zu halten“, wie man sagt. Das allen bekannte Traumschiff ist übrigens 175 Meter lang. Ja, ja, es wäre schon toll, einmal so eine Reise mit diesem Schiff unternehmen zu dürfen. Ich würde ganz bestimmt keinen Widerstand leisten, wenn jemand zu mir sagen würde: Kommst du mit?, ... ich bezahle auch alles!.

Am Freitag, den 4. September 2009 ist Carlo am Wochenende endlich einmal wieder da, er kommt vor den eigentlichen Geburtstagen von ihm und Tessa, weil er arbeitstechnisch an den Geburtstagen selber nicht da sein kann. Es ist ein schönes Wochenende, meine Mutter kommt mit Fips und Tessa fungiert nicht zum ersten Male als Türsteher für die Hunde, die sich im Garten austoben können. Leider brachte der erwähnte Versuch, Nelly zu verkuppeln keinen Erfolg. Die beiden Hunde spielten sehr schön miteinander, ... das war es aber auch, alles „andere“ lehnte Nelly ab.Tja, mach` was dagegen, dafür ich habe fast belustigend beobachtet, wie Nelly und ihr ausgesuchter Partner nebeneinander gesessen sind und beobachtet haben, wie mein Nachbar Roland seinen Garten umgegraben hat. Wie zwei gleiche Statuen sah das aus, gleiche Größe, gleiche Farbe, und die gleiche Blickrichtung, ... ohne sich von der Stelle zu rühren.Am 11. September, an Tessas Geburtstag habe ich frei, wir fahren zum Wallgraben, trinken Kaffee und sehen die „Costa Mediterrania“ im Teversbrünner Hafen liegen, ein 293 Meter langes Passagierschiff, nachdem am 10. September die „MS Deutschland“ noch einmal angelegt hatte. Am 12. September haben Tessa und ich den Versuch unternommen, um zum Konzert von „Ich und Ich am Teversbrünner Strand zu gelangen. Aber es war so voll, dass es unmöglich war, bis dorthin vorzudringen, geschweige denn einen Parkplatz zu bekommen und wir mussten unverrichteter Dinge wieder umkehren, leider

Stehaufmännchen - Die Kraft zu leben

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