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Linda

Ich greife mir ein Handtuch und verlasse unseren Wasserbungalow, laufe über den Steg und den Strand. Ich kann mich kaum an meiner Umgebung sattsehen! Wirklich viel haben wir von der Insel gestern nicht mehr gesehen, da es beinahe dunkel war, als wir angekommen sind. Heute bin ich schon früh wach und möchte den Tag gleich mit purer Entspannung beginnen. Gut gelaunt gehe ich daher durch die Lobby und verschwinde erst einmal in Richtung Pool. Dort suche ich mir eine Liege aus und mache es mir gemütlich. Die Sonne scheint bereits kräftig vom Himmel, sodass sich eine angenehme Wärme über meine Haut legt. Eingecremt habe ich mich bereits im Hotelzimmer, daher kann ich mich nun einfach hinlegen und entspannen.

Nichts als Ruhe umgibt mich. Ich schiebe mir die Sonnenbrille vom Kopf auf die Nase und mache es mir bequem. Um mich herum zwitschern leise ein paar Vögel, etwas weiter entfernt höre ich das Meer rauschen und wenn man zwischen den Büschen hindurchschauen würde, könnte man es sogar sehen. Auch das Wasser im Schwimmbecken vor mir plätschert am Rand leise vor sich hin und kleine Wellen kräuseln sich vom seichten Wind auf der Wasseroberfläche. Das alles sind jedoch Geräusche, die mich überhaupt nicht stören, weil ich sie mit purem Urlaubsgenuss verbinde.

Zurzeit bin ich noch alleine im Poolbereich, jedoch fürchte ich, dass sich das bald ändern wird. Dann nämlich, wenn die anderen Hotelgäste vom Frühstück kommen werden. Also genieße ich die Stille um mich herum, so lange es geht und freue mich auf den langersehnten Urlaub.

Inzwischen bin ich auch gar nicht mehr so traurig, dass ich nun mit Antonio zusammen geflogen bin. Marco hat selbst Schuld und müsste doch wissen, was ihm entgeht. Aber darüber will ich derzeit gar nicht näher nachdenken. Vielmehr möchte ich nun einfach nur genießen, die Seele baumeln lassen und das süße Nichtstun auskosten.

Ein Bediensteter läuft um den Pool herum, schaut, ob alles in Ordnung ist und kommt dann auf mich zu. Er spricht mich freundlich an, erkundigt sich auf Englisch, ob er mir etwas zu trinken bringen darf. Da ich jedoch soeben erst gefrühstückt habe, verneine ich und bedanke mich artig. Höflich nickend trollt er sich daher wieder und ich sehe ihm neugierig nach. Sicher ist er zwanzig Jahre älter als ich, dazu recht klein und schlank. Seine Haut ist braungebrannt und er hat ein freundliches Lächeln, das er nun einer anderen Frau schenkt, die gerade den Poolbereich betritt. Auch sie hat ein Handtuch und zusätzlich ein Buch dabei. Insgeheim ärgere ich mich, dass ich nicht an etwas zu lesen gedacht habe und mache mir eine geistige Notiz, dass ich mir noch etwas besorgen muss. Die Frau wählt eine Liege mir gegenüber, sodass sich das Schwimmbecken zwischen uns befindet, was ich sehr begrüße, denn so habe ich weiterhin meine Ruhe. Auch sie rollt das Handtuch auf der Liege aus, wobei sie noch eine Sonnencreme zutage fördert. Sie setzt sich, cremt sich ein und legt sich dann ebenfalls in die Sonne. Das Buch lässt sie wohl fürs Erste unangetastet und entspannt zunächst, genauso wie ich.

Gerade als ich die Augen ein wenig schließen will, um nochmal eine Runde vor mich hin zu dösen, kommt ein Kerl auf uns zu. Er hat lediglich Badeshorts an und trägt dazu Turnschuhe. Irgendwie wirkt das Bild seltsam, weshalb mein Blick auch an ihm haften bleibt. Seinen Aufzug finde ich fast ein wenig lustig, was mir jedoch augenblicklich egal wird, als ich seinen durchtrainierten Oberkörper erblicke. OH MEIN GOTT! Wer zur Hölle ist das?

Braune Haare und ein kantiges Gesicht katapultieren meinen Blutdruck in ungeahnte Höhen. Ich kann meine Augen nicht mehr von ihm nehmen, so gerne ich es auch möchte, denn ich muss feststellen, dass er voll mein Typ ist!

Sofort fühle ich, wie Hitze in mir aufsteigt und ich schlucke einmal kräftig. Seine Haare stehen ihm in alle Richtungen vom Kopf. Haselnussbraune Augen, sinnliche Lippen sowie ein Drei-Tage-Bart, der ihm so gut steht, runden das Gesamtbild ab. Mir wird abwechselnd heiß und kalt, weil mich dieser Kerl außerordentlich anspricht. Wirklich alles an ihm fesselt mich so sehr, dass ich kaum noch einen klaren Gedanken fassen kann. Wahnsinn! Dieser Mann ist Sex auf zwei Beinen und so heiß, dass mir beinahe der Mund offen stehen bleibt. Auch er läuft einmal um den Pool herum und sein Seitenblick zu mir, als er meine Liege passiert, entgeht mir nicht! Zwar hat er, ebenso wie ich, eine Sonnenbrille auf der Nase, aber das leichte Schmunzeln auf seinen Lippen verrät ihn.

Auf einmal streift er sich seine Turnschuhe ab, legt die Sonnenbrille daneben und springt ins Wasser. Sein gebräunter Körper sticht deutlich aus dem türkisfarbenen Wasser hervor. Im Gegensatz zu meinem, der noch recht blass ist, ist seiner eine echte Augenweide!

Nun schwimmt er ein paar Bahnen und ich beobachte ihn durch meine dunklen Gläser hindurch, starre ihn an und verfolge das Schauspiel seiner Muskeln, die sich bei jeder Bewegung anspannen und deutlich hervortreten. Etwa zwanzig Minuten kann ich meinen Blick nicht von ihm abwenden, dann steigt er wieder aus dem Pool und schaut auf mich herunter. Heilige Sch…!

Das Wasser rinnt ihm in langen Bahnen über seinen Körper und tropft dann zu Boden. Durch seine lockere Badehose zeichnet sich eine deutliche Wölbung ab und als er jetzt an mir vorbeiläuft, zwinkert er mir zu, was mein Herz dazu veranlasst, wild in meiner Brust zu rasen.

Er greift nach seinem Handtuch und ich frage mich, wann er das dort abgelegt hatte. Habe ich gar nicht wahrgenommen. Ein wenig notdürftig reibt er damit über seine Haut, greift nach der Sonnenbrille und den Schuhen und ist dann leider viel zu schnell wieder weg. Doch sein kurzes Auftreten hallt in mir nach und hinterlässt ein fortwährendes Kribbeln in meinem Bauch, das offensichtlich gar nicht mehr aufhören will. Daher starre ich noch sekundenlang auf diesen Punkt, an dem er soeben wieder im Hotel verschwunden ist. Von einer inneren Unruhe erfasst, versuche ich daraufhin vergeblich, meine Atmung auf ein normales Maß zu senken.

Was mir besonders ins Auge gestochen ist, war sein Tattoo. Dieser schmale Streifen an seiner Lende, der dann in seinem Hosenbund verschwunden ist. Ich frage mich, wie weit es wohl hinunterreicht. Ok! Ganz falsche Richtung! Ich muss schnell an etwas anderes denken!

Dabei schließe ich die Augen und konzentriere mich auf die Geräuschkulisse um mich herum. Das Rauschen des Windes, das Singen der Vögel … Diese Urlaubsklänge, die ich eben noch so entspannend fand, wollen jetzt nicht mehr wirken. Wer hätte auch ahnen können, dass mir hier so ein leckerer Kerl über den Weg läuft!?

Eigentlich wäre es die perfekte Möglichkeit, meine eingerosteten Flirtkünste aufzufrischen, überlege ich. Was spricht schon dagegen? Schließlich bin ich jetzt Single.

SINGLE! Ein Wort, das einen schmerzhaften Stich in meiner Brust verursacht. Das Leben ist hart und ich hasse es, mich mit solchen Gefühlen auseinandersetzen zu müssen. Daher lenke ich meine Gedanken schnell wieder zu dem Kerl von eben zurück. Auch wenn ich mir so kurz nach der Trennung schon etwas schäbig vorkomme, weil es sich immer noch wie Betrug anfühlt, was ich hier tue. Doch darüber will ich erst gar nicht nachdenken. Stattdessen fasse ich einen Entschluss!

Wenn es so sein soll und ich etwa noch vor Abreise mit einem Kerl in der Kiste lande, werde ich mich sicher nicht dagegen wehren! Das ist mein voller Ernst, denn leider muss ich gestehen, dass ich vor Marco erst einen Freund hatte. Mit meiner Erfahrung im Bett ist es daher nicht so gut bestellt. Tatsächlich habe ich relativ wenig davon und ich finde, es wird Zeit, das endlich einmal zu ändern, damit ich ein paar mehr Partner vorweisen kann.

Dabei gibt es nur ein Problem, ein recht gravierendes sogar: Ich war noch nie mit einem Kerl in der Kiste, für den ich keine Gefühle hatte. Sex ist für mich untrennbar mit Liebe verbunden, mit der einen, großen Liebe. Diejenige, die man nur für den Partner empfindet, den man an seiner Seite wissen möchte. Die Person, mit der man im besten Fall den Rest seines Lebens verbringen will.

Blöderweise bin ich damit bereits zwei Mal gescheitert. Ein Umstand, der noch mehr danach schreit, sich mal kräftig die Hörner abzustoßen. Vielleicht klappt es ja danach, wenn ich etwas mehr Erfahrungen mit anderen Männern gesammelt habe?

Lag es eventuell sogar an mir? Daran, dass ich die Männer nicht reize? Bin ich zu schlecht im Bett?

Je länger ich darüber nachdenke, desto mehr steigt die Übelkeit in mir auf. Es ist nie schön, sich eingestehen zu müssen, welche Fehler man hat. Naja, ich bin doch selbst daran schuld! Wer außer mir könnte schon etwas an mir und meinem Zustand ändern? Aber wie bitte soll ich denn einen Kerl zum Bleiben bewegen, wenn ich bisher nahezu keine Experimente mit dem anderen Geschlecht gemacht habe?!

Meinen Sex würde ich eher als 0815 bezeichnen, etwas anderes habe ich noch nicht wirklich getan. Nun gut, ein wenig übertreibe ich jetzt schon. Trotzdem wird es höchste Zeit, etwas in meinem Leben zu ändern. Und heute fange ich damit an! Ich will sexy sein, will begehrenswert wirken. Und ich will verdammt nochmal das Mädchen sein, nachdem sich die Kerle umdrehen. Tschüss, altes Leben! Willkommen Neuanfang und neue Ausstrahlung. Ab jetzt wird alles anders! Das ist mein voller Ernst!


***


Nachdem ich etwa zwei Stunden am Pool verbracht habe, wurde es mir dann doch zu langweilig und vor allem zu voll. Immer mehr Gäste kamen, um sich ein wenig abzukühlen und sich mit Handtüchern bewaffnet einige Liegestühle zu sichern. Man könnte meinen, alle Nationalitäten hätten sich, was das angeht, inzwischen die deutschen Verhaltensweisen angeeignet. Daher habe ich die Chance genutzt, als Antonio endlich aus den Federn gefallen ist. Nachdem auch er sich am Frühstücksbüffet gestärkt hat, haben wir zusammen die Anlage erkundet und dabei nicht schlecht gestaunt, wie luxuriös hier alles ist.

Neben dem Hauptpool, an dem ich mich niedergelassen hatte, gibt es auch mehrere kleine Pools. Dicht bewachsen sind ihre Umrandungen mit niedrigen Hecken und wunderschönen bunten Blumen. Somit wird man beim Sonnenbad von neugierigen Blicken abgeschirmt.

Falls ich jedoch dachte, dass unsere Suite, die ja aus einem Wasserbungalow besteht und sich auf dem Meer befindet, schon teuer war, so habe ich mich definitiv geirrt. Ich sah nämlich bei unserer Erkundungstour noch weitaus prunkvollere Zimmer, teilweise sogar mit eigenem Schwimmbecken, welche nur von besagten Unterkünften aus zugänglich sind. Jedes Mal mit direktem Blick aufs Meer, versteht sich. Einige davon verfügen sogar über einen Infinity-Pool. Dabei denkt man, dass man in einem besonderen Schwimmbecken verweilen würde, der ohne einen sichtbaren Rand auskommt. Bestimmt ein Wahnsinnsgefühl, wenn man so ein Becken, während der Dauer seines Aufenthalts, sein Eigen nennen darf und der Kopf beim Baden denkt, dass man jederzeit mitsamt dem Wasser in die Tiefe stürzen könnte. Oder der Beckenrand eins mit dem dahinterliegenden Meer wird und ineinander übergeht.

Auch die kleinen, niedlichen Holzbrücken und -Stege, die die Wasserwege kreuzen und die Inselausläufer sowie die Luxushäuschen miteinander verbinden, sind absolut sehenswert. Ich liebe es, darüber zu schreiten und dabei einen Blick ins glasklare Meer hinunter zu werfen.

Bunte Fische tummeln sich im durchsichtigen Wasser zu den Füßen. Und die vielen Palmen machen das Urlaubsgefühl dann perfekt. Wir sind hier wirklich im Paradies gelandet und wenn ich wählen dürfte, würde ich dieses Stückchen Land tatsächlich sofort gegen mein altes Leben in Deutschland eintauschen. Zumindest für eine Weile alles hinter sich zu lassen, klingt verlockend. Ein Urlaub reicht dafür bei Weitem nicht aus!

Absolut gespannt darauf, was ich noch alles entdecken werde, nehme ich mir vor, in den nächsten Tagen die Insel zu erkunden. Jeden einzelnen Tag werde ich auskosten, um so viele Erinnerungen wie nur möglich mit nach Hause nehmen zu können.

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