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Ich liebe Tommy, obwohl er reich ist und trotzdem nie Bargeld in seiner Tasche hat. Was macht der damit, ist er so waghalsig und legt alles auf die Bank, damit sein kokssüchtiger vorbestrafter Aktienmakler aus der Investmentabteilung der Kreissparkasse ein paar Milliarden Euro zum Spielen hat? Es ist nämlich, sodass dass Ansehen, die Reputation eines Bankhauses steigt, je mehr Geld von Kleinsparern von aufgedrehten Bankjünglingen aus dem Fenster geworfen wurde. Eine Bank, die nicht wenigstens ein paar Milliarden in Luftblasen gesteckt hat, wird heute schief angesehen. Ich frage mich wie bezahlt Tommy seine Sachen, die man nicht mit Kreditkarte bekommt? In was er investiert weiß ich. Nicht in Aktien oder in Gold wie jeder Idiot, er steckt sein Geld in japanische und koreanische Unterhaltungselektronik mit der Halbwertzeit von drei Monaten. Er steht nun verkleidet in der Küche und kocht Orkeingeweide (Spaghetti), ich hänge neben ihm und bediene mich am Bier. Der Blick aus dem Fenster geht auf den Garten, weiter zu der ruhigen Kopfstein gepflasterten Strasse. Eine Frau im Pelzmantel führt einen Mops an den parkenden Volvos und Kombis Gassi. Ihre Gold beringte Hand blitzt in der Dezembersonne. Im Aschenbecher auf dem Bistroküchentisch liegt ein halber Joint. Ich widme mich wieder seinem Kühlschrank, der größer als mein Appartment ist und der Eiswürfel auf Knopfdruck macht. Es offenbart mir eine andere Welt jedes mal, wenn ich ihn aufmache und in den Lebensmitteln schnüffle. Er hat Fetakäse, der abgepackt wurde am heutigen Mittag, ich eine Tütensuppe von Maggi, die sich drei Jahre lang hält. Ich frage mich was die hinein machen, Botox? Oder hat Maggi das Geheimnis der ewigen Jugend entdeckt und nutzt es jetzt ganz egoistisch um Tomatensuppen haltbar machen? Ich denke auch reiche Menschen kaufen nicht in Supermärkte. Irgendwo gibt es ein Depot mit den ganzen Kaviardosen dem Jack Daniels Whisky der 90 Jahre gelagert ist und dem Brie Käse, der nicht aus Sachsen Anhalt kommt. Oder es gibt einen geheimen Raum in jedem Supermarkt zu dem nicht Hinz und Kunz Zutritt hat. Tommys Wohnzimmer ist ein Glasbaustein, Glaswände, die sich je nach UV Einstrahlung tönen. Der Mann lebt in einer Sonnenbrille, schießt es mir durch den Kopf.

»Ich habe uns Karten besorgt!«, sagt Tommy und seine dicke Brille ist beschlagen.

Ich glaube Hobbits mit dicken Hornbrillen sind nicht der Hit und Hobbits mit Stirnglatze, die so aussehen wie ein Stasimajor um 1970, haben kein Erfolg bei den weiblichen Hobbits.

»Was für Karten?«

Ich schätze entweder ein Konzert von einer Mittelalterband oder es geht in die Comicmesse.

»Kinokarten Ende 2013 kommt der kleine Hobbit raus!«, sagt er.

»Haben die schon zu drehen begonnen?«

Tommy schüttelt den Kopf: »Nein!«

Damit ich das richtig verstehe, das man Kinokarten kaufen, kann für einen nichtexistenten Film, der noch nicht einmal begonnen wurde.

»Und du hast schon Karten?«

Tommy nickt und kippt gekonnt Ketchup in die blubbernde Spaghettisoße danach folgt in einem Kochaufwasch der Inhalt verschiedenster Dosen und wenn ich mich nicht irre etwas schwarzer Afghane.

»Selbstverständlich!«, sagt er, ohne aufzusehen.

Ich bin versucht ihm in die Wangen zu kneifen und zu rufen, ach wie niedlich, denn das ist er.

»Wie lief dein Vorsprechen?«

»Du hast mich angerufen schon vergessen? Ich habe sie überzeugt sie umgehauen die waren Wau und Weg aber du weißt ja der Mainstream in der deutschen Hundefutterwerbung bevorzugt momentan für den mittelalten Hundebesitzer die Clooney und Pitt und de Caprio typen.«

Tommy nickt und steckt zum abschmecken den Daumen in die Soße. Er springt unter Wehklagen zum Wasserhahn und kühlt ihn.

»Verflucht ... verflucht ... ausgerechnet mein Lieblingsdaumen.«

In extremen Situationen lernt man die Menschen erst richtig kennen, Tommy hat also einen Lieblingsdaumen. Ich hole uns irdene Schüsseln und Holzlöffel heraus, wir essen beim Filmgucken angemessen. Nur das Singha Bier trinken wir aus Flaschen, weil Tommy selbst bei Amazon keine Weinschläuche auftreiben konnte. Die epische Musik von Herrn der Ringe wummert aus 2000 Watt Boxen.

»Schon mal über die biblischen Zusammenhänge nachgedacht?«, schreie ich.

»Du meinst Frodo als Apostel und Gandalf als Erlöser?«

Ich nicke und komm mir schlau vor.

»Nein noch nicht ich denke nicht so oft an Gott.«

Ich bin überrascht von seiner Antwort denn ich lästere den Namen Gottes alle Nase lang, liege ihm ständig mit, wenn es dich wirklich gibt ... bitte ... bitte nur dieses eine mal ... Warum warum hasst du mich ... in den Ohren. Frodo bekommt den Ring und seine Augen glitzern gierig und ängstlich. Ich glaube die Rolle des Frodo wird Elija Woods noch verfluchen bestimmt muss er alle naselang bei Autogramm Stunden seine Schuhe ausziehen und die Leute sind dann ganz enttäuscht, dass er keine felligen Quadratlatschen hat. Und dann stelle ich mir vor, wie es kam, dass die Hobbits ausgerottet wurden, es lag am Fell ihrer Füße, aus denen sich feine Damen in Zehlendorf teure Pelzmäntel schneidern ließen. Tommy hat eine tolle Bude, denke ich.

»Du sage mal Alter?«

Er sieht mich verstört an.

»Pssst! Re Randir Eru Tidomerel.«

»Könnte ich nicht eine Weile in deinen Keller einziehen?«

Er nickt mit glückseligem Gesicht, eine Träne schimmert in seinem Auge, Auental das Tal der Hobbits so sieht das verheißte Land in seinen Augen aus, das ist das Reich Gottes. Haben so die Mormonen ausgesehen als sie das erste mal diesen leeren öden Salz See gesehen haben? Oder hat einer einfach angehalten, ist vom Kutschbock gesprungen und hat seine Ehefrauen und die Kinder angeschnauzt. Ich habe die Schnauze voll! Mein Hintern ist schon ganz wund, das hier ist das auserwählte Land!

»Wenn du mich in Ruhe den Film sehen lässt!«

Ich setze das Bier ab.

»Du hättest echt nichts dagegen?«

»Itoreme Elogg Kaf Schah!«

Das war orkisch Tommys Drittsprache. Es kann ja sein das die Orks irgendwann einfallen, und wenn dann Tommy seine Orkischkenntnisse geschickt ausspielt, stehen ihm alle Türen offen. Ich muss mich bremsen, damit ich nicht eine übertriebene Reaktion zeige, nicht zu seinen Füssen falle und seine Beine umklammere und du bist der Beste von der Welt rufe. Meine Bude über Erwins Butterblume hat einige Nachteile außer der nicht vorhandenen Größe.

1 Die Gegend.

2 Neben einem Dealer über einer Kneipe.

3 Neben den S-Bahnbögen mit einer quietschenden Kurve.

4 Die wollen Miete.

Einmal schlugen sich zwei arabische Familien Clans in der Straße halb tot, ich rief die Polizei. Nachdem ich meinen Namen und die Wohnadresse genannt habe, wurde es still und dann fragte ein Polizist mich vorsichtig, wie viele Araber sich den gerade umbringen. Ich sah aus dem Balkon hinunter und zählte das durcheinander und schätzte vierzig. Oh je, sagte der Polizist und bedankte sich und nach zwanzig Minuten fuhr ein einzelner Polizeiwagen vorbei und überprüfte meine Zählung. Die Idioten kämpften nicht mehr, sondern lagen nur noch regungslos da. Nach einer Stunde erschien die Polizei, da war der Kampf zwischen den El noch was und den Abu sonst wie abgeklungen. Meine größte Rolle fällt mir auf einmal ein, als ich das Auge von Sauron angrinse. Ich spielte den mürrischen Kunden eines Staubsaugervertreters im Schulungsvideo einer direkt Marketing Firma. Staubsaugerluden die ihren Mitarbeitern mit solchen Videos vormachen wollen direkt Marketing sei nicht nur was für Firmen ohne Kapital, sondern ein Weg zum Traumhaus usw. Was gibt es da alles für ein Sammelsurium unseriöser Praktiken und unseriöser Typen, Wasserfilter, die niemand braucht, Staubsauger, Antibettwanzentücher. Direkt Marketing ist eine Kaffeefahrt ohne Bus und Senioren und die Rheumadecken muss man selber kaufen. Ich spielte den ablehnenden Kunden in dem Video so überzeugend das die Firma ihren Leuten die nicht genug Umsatz machen dieses Schulungsvideo als Strafe zeigen. Ich mampfe meine Orkeingeweide und bin im Paradies. Ich nehme das Essen ernst, es ist nicht nur eine ausfüllende Tätigkeit, sondern eine Leidenschaft, die ich mit sportlichem Ehrgeiz angehe und erst beende, wenn ich zu platzen drohe. Ich beneide Wiederkäuer um ihre zwei Mägen, mit einem Schlag könnte ich die Zeit, die ich mir zur Nahrungsaufnahme nehme, verdoppeln.

»Serem Gulp Randir?«

Tommy fragt, ob es mir schmeckt. Ich rülpse und sage damit auf Orkisch ja sehr. Ich schaue meinen Kumpel an, der auf seinem Sofa im Schneidersitz sitzt. Er ist Ende vierzig und hat ein freundliches rundes Gesicht. Seiner Mitgliedschaft in einem Golfklub verdankt er seine cremige Bräune. Er trägt einen braunen Kapuzenmantel aus dem Kostümverleih und Hobbitfüße, die ein findiger asiatischer Geschäftsmann als Hauspuschen vertreibt. Er strahlt, seine Augen strahlen und er flüstert die Dialoge mit.

»Wie steht es mit deinem Golfspiel?«, frage ich.

Wir sitzen schon zwanzig Minuten und ich habe die ganze Zeit das dumme Gefühl irgendetwas, vergessen zu haben. Gasherd ist abgedreht, nicht von mir von den Berliner Gaswerken, Bügeleisen habe ich nicht, und wenn ich eines hätte, würde ich damit nicht bügeln. Trotzdem ich habe ein merkwürdiges Gefühl ich weiß ganz einfach das irgendetwas nicht stimmt, aber das kann nicht sein. Selbst wenn, beruhige ich mich, die meisten Leute aus meinem Haus interessieren mich ohnehin einen Dreck bis auf Erwin.

»Ich war heute Morgen ein paar Bälle einlochen.«

Tommy zeigt auf die Golftasche aus, denen verbogene Schläger rausgucken.

»Lief nicht so gut, nehme ich an?«

Tommy nickt, »die verdammten Löcher sind einfach zu klein. Ich denke Golf spielen ist irgendwie Scheiße aber andererseits ist golfen gut wegen der Kontakte.«

»Managertypen und so?«

Tommy sieht mich ganz mitleidig an.

»Nein doch da rennen echt scharfe Weiber rum, sind frustriert und gelangweilt ist ein gutes Revier. Wir gehen das nächste mal zusammen, aber mach bloß dein Maul nicht auf! Ich erzähle du bist mein finnischer Holzfäller Facebook Kumpel.«

Ich nehme eine neue Flasche Singha, mein Lieblingsbier.

»Finnland?«

Tommy nickt.

»Ja wird schwer in Mode, ist der Hinterwäldler Faktor, so was wie Alaska vor der Haustür.«

Ich bin ganz hellhörig.

»An was bist du dran?«

Er grinst, nicht zu mir, sondern zu Arwen im 200-Zoll-Flachbildschirm.

»Wir und die ARD produzieren eine Vorabendserie über einen finnischen Holzfäller namens Ingmar ein harter Naturbursche, den es in die Großstadt verschlägt und der dort seine große Liebe findet, die aber natürlich aus einer ganz anderen gesellschaftlichen Schicht kommt.«

Das Sujet kommt mir bekannt vor.

»Crocodile Dundee, das gab es doch schon«, wende ich ein.

»Nein das ist absolut neu, der Kerl kommt aus Finnland, Finnland nicht Australien«, protestiert Tommy entsetzt.

»Ralph Bauer spielt die Hauptrolle hat wohl ein finanzielles Problem und macht alles bis auf Big Brother. Und ich sagte ihm noch Ralphy mein Junge investiere in Gold nicht in den Immobilienmarkt! Der Kerl hält mich jetzt für den Willy Gates.«

Tommy meint Billy Gates von Microsoft.

»Woher weißt du solche Sachen?«, frage ich.

»Vom Golfplatz, der Mensch der die Schlägertasche trägt und dir das Bier aus dem Kiosk holt ...«

»Der Caddy?«

»Keine Ahnung wie der heißt aber Caddy schnappt hier und da was auf. Wenn du ein paar Millionen übrig hast, kauf Anteile von Nestle.«

Ich sehe ihn an.

»Millionen was? Bleib doch ernst. Und warum Nestle?«

Tommy erklärt es mir.

»Weil der Senat, vor drei Jahren die Berliner Wasserbetriebe verkaufte. Nestle hat nun alles in der kurzen Zeit geschrottet und nun muss der Senat die Wasserwerke wieder kaufen. Damit seine Bewohner nicht verseuchtes Leitungswasser bekommen, so weit ich Caddy verstanden habe. Das ist das Wasser Geschäftsmodell von Nestle und Coca Cola und Co ein echt zukunftsorientiertes Modell.«

Moralisch verwerflich, denke ich.

»Wasserwerke für 500 Millionen kaufen. B die Leute entlassen und das Wasser vergiften und dann C zurück verkaufen?«, fasse ich zusammen.

»Atalar Randir mit hohem Profit verkaufen! Außer in Mexiko mach das niemals in Mexiko«, ermahnt mich Tommy.

»Warum?«

»Weil die Bevölkerung von Mexiko City das nicht mit sich machen lässt, gab einen riesigen Boykott von Nestle Produkten. So und nun sei still jetzt kommt die beste Szene.«

Tommy meinte die restlichen elf Stunden vom Film.

Weihnachten muss sterben

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