Читать книгу Das nackte Gehirn - Mario Markus - Страница 6

|8|Einführung und Überblick

Оглавление

Erst in diesem Jahrtausend erleben wir, dass Vorgänge, die in der Parapsychologie beziehungsweise der Esoterik „Gedankenlesen“, „Telekinese“ und „Telepathie“ genannt werden, zu wissenschaftlich anerkannten, reproduzierbaren und teilweise sehr nützlichen Techniken geworden sind.

Obwohl in der Presse immer häufiger Artikel wie „Telepathie in Sicht: Neue Schnittstelle erlaubt Hirn-zu-Hirn-Kommunikation“1 erscheinen, möchte ich klarstellen, dass es sich in den meisten Fällen nicht um esoterische Phänomene handelt, sondern um knallharte technische Errungenschaften. Sie „riechen“ nach Parapsychologie und das macht sie für viele Menschen attraktiv. Ich möchte in diesem Buch unter anderem klarmachen, welche wissenschaftlichen Aspekte dahinterstecken.

Im Buchteil „Beobachtungen und Gehirnkarten“ werden Abbildungen der Gehirnoberfläche sowie von Gehirnschnitten, die später im Text vorkommen, gezeigt – mit den Lagen der Hirnregionen. Der Leser kann die Gehirnkarten so betrachten wie Landkarten und jedes Mal, wenn im Text eine Hirnregion vorkommt, auf der Karte schauen, wo die beschriebenen Dinge geschehen. Zusätzlich kann der Leser die Region in Anhang C, Funktionen der Hirnregionen, nachschlagen. Wen das aber nicht interessiert, kann die Hirnregionbezeichnungen im Text einfach überspringen.

In Teil 1 des Buches wird Parapsychologie definiert und es wird erklärt, warum sie sich nicht als Naturwissenschaft durchsetzen konnte. Trotz aller Bemühungen blieb sie auf das Aufzeichnen von |9|Einzelfällen beschränkt. Sie blieb, auch da wo man keine Zaubertricks entdeckte, trotz des allgemeinen Staunens unglaubwürdig beziehungsweise nutzlos aus einem wichtigen Grund: Man konnte die Beobachtungen nicht wiederholen.

Teil 1 befasst sich auch mit früheren Versuchen, einige Ziele der Parapsychologie auf wiederholbare, also naturwissenschaftliche Weise zu erreichen – etwa das Gedankenlesen durch Körpersprache und die klassischen Lügendetektoren, die sogenannten Polygraphen. Aus den neueren Fortschritten in diesem Bereich ergibt sich die Absicht des vorliegenden Buches: Bei drei Zielen der Parapsychologie – Gedankenlesen, Telekinese und Telepathie – kann man heutzutage mit neurophysiologischen Methoden zu überraschenden Erfolgen gelangen. Der Prozess ist vergleichbar mit dem Übergang von der Alchemie zur Chemie und von der Naturphilosophie zur Physik: Die Ziele von älteren, nicht wiederholbaren Methoden werden durch naturwissenschaftliche Vorgehensweisen ersetzt und die Phänomene somit wiederholbar gemacht.

Teil 2 beschreibt Ergebnisse der durch verschiedene Methoden möglichen „Hirnschau“. Man kann gedachte Wörter, Zahlen oder Bilder, ja sogar Träume, „lesen“. Darüber hinaus lassen sich angesammeltes Wissen, Fertigkeiten beim Schachspiel oder Rechnen sowie auch Musikalität und sonstige künstlerische Fähigkeiten feststellen. Ferner kann man per Hirnschau Emotionen wie Angst, Freude, Wut, Mitgefühl, Eifersucht, Verliebtheit, Neid oder Hass beobachten, aber auch Persönlichkeitsmerkmale und Verhaltensweisen wie Pädophilie, Rassismus, Neigung zu Depressionen, Zwangsstörungen, Religiosität, Tendenzen der politischen Orientierung oder Konsumverhalten enthüllen.

Teil 3 handelt von jenen Dingen, die in der Parapsychologie unter dem Begriff „Telekinese“ zusammengefasst werden: Steuerung von Prothesen und Rollstühlen, Malen und Musizieren, ja sogar Fahrrad- und Autofahren nur mit den Gedanken.

In Teil 4, Gehirnmanipulation, geht es um das Auslösen von Verhaltensweisen und die Behandlung von Krankheiten durch technische Vorrichtungen, die von außen auf das Gehirn einwirken. |10|Hierzu gehört die Behandlung von Bewegungsstörungen nach einem Schlaganfall, von Depressionen und Suchtverhalten, der Parkinson-Krankheit, der Epilepsie und des Tinnitus. Einige Vorrichtungen haben sich in diesem Sinne bewährt – solche, die Magnetfelder, elektrische Ströme sowie Licht- oder Tonpulse benutzen. Andere Methoden – mit Ultraschall oder Mikrowellen – sowie der sogenannte Gotteshelm, der mit niedrigen Magnetfeldern funktioniert, muss man kritisch betrachten. Zum Teil sind sie gefährlich oder ihre Wirkung ist stark begrenzt beziehungsweise umstritten. Am Ende dieses Buchteils wird die Fernsteuerung von lebenden Tieren zur Erkundung von Geländen – durch neuronale Manipulation ihres Gehirns per Funk – beschrieben.

Teil 5 stellt erste Erfolge beim Sehen und Hören, ohne die entsprechenden äußeren Organe zu benutzen, dar. Eingesetzt werden Funkempfänger, die mit dem Sehzentrum des Gehirns oder mit der Hörschnecke elektrisch verbunden sind. Auch das Tasten mit einer künstlichen Haut, eine in der Entwicklung befindlichen Technik, wird beschrieben.

Teil 6 beschreibt Kombinationen von Techniken aus Teil 3 (Übertragung von Informationen aus dem Gehirn nach außen) mit denen aus Teil 4 und Teil 5 (Übertragung von Informationen von außen in das Gehirn). Mit solchen Kombinationen kann man eine Übertragung von Gehirn zu Gehirn zustande bringen – also das, was in der Parapsychologie als Telepathie bezeichnet wird. In diesem Teil des Buches wird auch darüber berichtet, wie man Gehirndaten auf einen Chip speichern und umgekehrt auch Daten eines Chips dem Gehirn verfügbar machen kann. Das Speichern von großen Datenmengen, beispielsweise von Lexika, in Gehirnen ist dabei in zukünftigen Entwicklungen nicht auszuschließen.

Teil 7 ist eine Zusammenfassung der enormen ethischen Last, die auf uns zukommt, wenn Gehirne gelesen, manipuliert und sogar über den Tod hinaus irgendwo gespeichert bleiben. Nicht der Körper würde dann mumifiziert werden, sondern das Wissen, Erinnerungen, Meinungen und Geheimnisse. Könnte dies eine Art ewiges Leben bedeuten?

|11|In den Anhängen werden technische Methoden erläutert, die aufgrund ihrer Komplexität den Lesefluss der vorherigen Texte erschweren könnten, jedoch für technisch interessierte Leser die dargestellten Fakten vervollständigen sollen. In Anhang A, Methoden der Hirnschau, werden Techniken (EEG, MEG, fMRT, PET, SPECT und NIRS) erklärt, die Einblicke in verschiedene Teile unseres Gehirns und deren Funktionen erlauben. In Anhang B findet man technische Erläuterungen zu den Methoden zum Äußern von Wünschen durch Gedanken. Dieser Anhang befasst sich mit der Steuerung von Gehirnwellen durch Training sowie mit verschiedenen Arten von elektrischen Signalen des Gehirns, die außen erfasst werden können. In Anhang C werden die Gehirnteile alphabetisch aufgelistet und ihre Funktion kurz erläutert. Anhang D erklärt die verschiedenen Wellen, die im Gehirn auftreten und im EEG sichtbar sind.

Das nackte Gehirn

Подняться наверх