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Winter austreiben

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An Frühlingsanfang versammelte sich die Dorfjugend, um wie in Urzeiten den Winter auszutreiben: Vermummte Gestalten klopften mit alten Kochlöffeln auf löchrige Töpfe oder schepperten verbogene Topfdeckel aneinander.

Der Sohn des Schmieds trug einen Holzbogen über den Schultern, an dem Hanfseile befestigt waren. Daran baumelten durchlöcherten Tontöpfe, aus denen glühende Kohlen rauchten. Die Feuerläufer stolzierten in alten Soldatenstiefeln und mit hölzernen Masken über den Feldrain und trugen abgewetzte Reisigbesen über der Schulter.

Am Ende des Zuges führten Bauernsöhne aus den Dörfern Ochsenkarren mit riesigen Jauchefässern, an deren Ende blecherne Gieskannen baumelten.

Zum Auftakt wurde vor jedem Feld ein Ochse an einen Baum gebunden. Dann türmten die Burschen am Ackerrand runde Steinwälle auf, füllten sie mit dürrem Reisig und entfachten mit den glühenden Kohlen des Schmieds kleine Feuer.

Der Jägerssohn blies ins Horn und die Feuerläufer entzündeten ihre Besen über den Feuerstellen. Dann liefen sie in Schlangenlinien über die Äcker und zogen die brennenden Besen hinter sich her. Dabei wurde das dürre Holz angefacht, dass es nur so knisterte und loderte. Die hölzernen Masken schützten ihre Gesichter vor Funkenflug. Am Feldrain trommelten ihnen die Kameraden den Marsch und feuerten sie mit lautem Gejohle an.

Für die Laufburschen war das eine brenzlige Sache, denn das Feuer verfolgte sie und sobald der Mist brannte, kam stinkender Rauch dazu. Wer trödelte, dem wurde der Hintern heiß. Rettung versprach im Notfall der Schlamm in den Gräben am Rande der Felder — doch wer wollte schon als „Ritter von und zu Dreck“ verlacht werden? Also keuchten sie weiter, sobald sie Feuer unterm Hintern spürten.

Dem Schnellsten winkte ein Hut mit Feder und für alle gab es am Ende frisch gegrillten Fisch mit Freibier. Das Feldfeuer vernichtete Ungeziefer und wärmte die frostigen Äcker auf. Während es verglimmte, wurde unter den restlichen Burschen mit alten Strohhalmen eine Löschkolonne ausgelost: Wer den Kürzeren zog, musste mit einer Gieskanne voller Jauche übers Feld laufen und die letzte Glut löschen. Das stank abscheulich, diente aber zusätzlich der Düngung und zum Lohn gab es nach getaner Tat Schinken im Brotteig.

Im Morgengrauen zogen die Feuerläufer und Jaucheregner dann mit Trara zu einer geheizten Scheune, wo Zuber voll heißen Wassers, Seife, Trockentücher und frische Kleider ihrer harrten. Die Mägde hatten das Bad vorbereitet und eilten nach Ankunft der Burschen kichernd nach Hause, um den Helden der Nacht fette Küchlein zu backen und Kaffee zu kochen. So manche putzte sich zuvor heraus, um sich einen feschen Kerl zu angeln...

Pfiffikus war vom Bürgermeister damit betraut worden, auf den Äckern die restlichen Schwelfeuer auszutreten. Dafür zog er die Galoschen von Großvater Guglhupf über seine Schuhe, um sie vor dem Jauchematsch zu schützen. Griselda zwackte ihrem Knecht noch eine Wäscheklammer aufs Riechorgan, damit er den Gestank nicht roch und reichte ihm den Kleppermantel des alten Schäfers. Von Ferne konnte man nun glatt glauben, der Tote sei auferstanden...

Genau das dachte Räuber Rappl, als er die Gestalt über die Felder stapfen sah. Der unheimliche Gespensterbesuch vom Advent war ihm noch gut in Erinnerung ‒ da verzog er sich lieber in sein Versteck. Wie er sich heimlich still und leise vom Acker machte, fand er einen Besen an eine Erle gelehnt und nahm ihn kurzerhand mit, denn auch eine Räuberhöhle muss im Frühjahr mal ausgekehrt werden, wenn der Räuber nicht im Unrat verschimmeln will...

So konnte Pfiffikus unbehelligt auf den verbliebenen Schwelbränden umher hüpfen, bis kein Rauch mehr aufstieg.

Frühlingsfeuer

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