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1»Hedvigis« – eine polnische Königstochter

ELTERN UND GESCHWISTER

Hedwigs Vater folgte seinem Bruder Władysław III. (dt. Ladislaus; reg. ab 1424), der 1444 in der Schlacht bei Warna fiel, erst drei Jahre später auf dem polnischen Thron als Kasimir IV. nach. Er war der jüngste Sohn von Władysław II. Jogaila bzw. Jagiello (reg. 1386–1434) und dessen vierter Gemahlin Sophie (1405–1461), einer Prinzessin aus Litauen ruthenischer Herkunft. Ruthenien heißt eine historische Landschaft, die im heutigen Weißrussland bzw. der Ukraine liegt und wo damals Altrussisch gesprochen wurde. Mit König Jogaila (Jagiello) begann die Reihe der Jagiellonenkönige auf dem polnischen Thron.

Als Hedwigs Vater Kasimir polnischer König wurde, vereinigte er Polen und Litauen (hier war er seit 1449 bereits zum Großfürsten ernannt worden) in Personalunion zu einem gewaltigen Länderkomplex im Osten des Deutschen Reiches. Von Sophie, der Mutter des Königs und Großmutter Hedwigs, wird überliefert, dass sie großen Einfluss auf die Politik im Königreich nahm: »Ich verneme das des Königes mutter stets mete in den rat gebet und alle die brieffe die deme Konige werde geschrieben, die muß man ir legen.« (Ich höre, dass des Königs Mutter sich stets mit in den Rat begibt und alle Briefe, die der König erhält, müssen ihr vorgelegt werden.) Sophie unterstützte durch die Übersetzung der Bibel ins Polnische auch die Verbreitung des christlichen Glaubens in Polen. Sie starb am 21. September 1461, als ihre Enkeltochter Hedwig vier Jahre alt war, und wurde in der Kirche des Paulaner-Klosters zu Krakau beigesetzt.

Nach dem Tod ihrer Schwiegermutter Sophie nahm deren einflussreiche Stellung König Kasimirs Gattin, Hedwigs Mutter, ein. Sie galt als ebenso politisch kundig und aktiv. Elisabeth war eine geborene Habsburgerin aus Wien. Sie war die Tochter von Herzog Albrecht V. von Österreich, der als Albrecht II. (reg. 1438–1439) römisch-deutscher König war. Ihre Mutter, also Hedwigs Großmutter, ebenfalls mit dem Namen Elisabeth (1409–1442), war die Tochter des römischdeutschen Kaisers Sigismund (reg. 1433–1437). Sie war die Erbin der Königreiche Böhmen und Ungarn. Ihr Sohn Ladislaus Postumus, Hedwigs Onkel, folgte als König in Böhmen und Ungarn (reg. 1440–1457) nach.

Christentum in Polen und Litauen

Die im 10. Jahrhundert begonnene Christianisierung Polens wurde beständig fortgeführt; im 13. Jahrhundert war der römisch-katholische Glaube überall in Polen verbreitet und der Anschluss an das lateinischchristliche Abendland vollzogen.

Hedwig von Anjou (1373–1399; Tochter von Ludwig I., König von Polen, Ungarn und Kroatien, aus dem Haus Anjou) wurde nach längeren Kämpfen 1384 zum »König« von Polen gekrönt. Sie heiratete 1386 Jogaila (Jagiello), den Großfürsten von Litauen, der damit als Władysław II. die polnische Königskrone erhielt. Somit waren beide Ehegatten aus eigenem Recht heraus »Könige« von Polen. Die Ehe blieb kinderlos. Hedwig von Anjou, Jadwiga genannt, wurde 1997 heiliggesprochen, da sie sich für die Christianisierung Litauens, eines der letzten Horte europäischen Heidentums, eingesetzt hatte: Durch ihre Hochzeit 1386 mit dem Litauer Großfürsten war auch der Übertritt seines Volkes zum römisch-katholischen Christentum verbunden gewesen.

Hedwigs Mutter wuchs überwiegend in Wien am Hof von König Friedrich III. (1452–1493 Kaiser) auf, der mit ihr verwandt war. Sie erhielt, wie ihre Geschwister Anna und Ladislaus, eine dem Frühhumanismus verpflichtete solide Ausbildung. Anna ehelichte den sächsischen Herzog Wilhelm, und Elisabeth verheiratete sich am 10. Februar 1454 nach Polen. Als Mitgift waren ihr 100 000 ungarische Kronen zugesagt, sie musste dafür aber – wie für Frauen üblich – auf ihre österreichischen Erbansprüche verzichten. Als ihr Bruder, König Ladislaus von Böhmen und Ungarn, 1457 starb, meldeten die polnischen Gesandten in Prag und Ofen ihre Bewerbung um die Krone an, was aber wohl eher als Hinweis auf die bis dahin noch nicht bezahlte Mitgift Elisabeths gedacht war.


Hedwigs Eltern: König Kasimir IV. von Polen und Elisabeth von Habsburg, Königin von Polen

Hedwigs Mutter galt als wenig attraktiv; sie soll einen unförmigen Kopf mit der sogenannten Habsburger Unterlippe gehabt haben und angeblich einen Buckel. Dennoch gestaltete sich die 38 Jahre währende Ehe mit Kasimir aus dem Haus der Jagiellonen harmonisch und erfolgreich. Aus ihr gingen dreizehn Kinder, sechs Söhne und sieben Töchter, hervor:

Römisch-deutscher König bzw. Kaiser

Als römisch-deutscher König werden die Herrscher für die Zeitspanne von ihrer Wahl zum König bis zu ihrer Krönung zum Kaiser bezeichnet. Die meisten Königswahlen wurden von den Kurfürsten ab dem 12. Jahrhundert in Frankfurt am Main durchgeführt, während die Krönungen in Aachen stattfanden. Zum Kaiser wurden die erwählten Könige im Mittelalter zumeist vom Papst in Rom gekrönt. In späteren Jahrhunderten unterblieb die päpstliche Krönung, auch konnte der Königstitel manchmal sogar schon zu Lebzeiten des Kaisers auf seinen Nachfolger übergehen.

Der letzte Kaiser des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation, wie die römisch-deutschen Kaiser auch bezeichnet werden, war Franz II. (reg. 1792–1806), der das Reich de jure auflöste, die Kaiserkrone niederlegte und von da ab nur mehr Kaiser im habsburgischen Österreich war.

Der älteste Sohn Władysław (Wladislaus oder Ladislaus, 1456–1516) wurde König von Böhmen (1471) sowie Ungarn (1490). Das zweite Kind und zugleich die älteste Tochter wurde am 21. September 1457 abends in Krakau geboren und erhielt den Namen »Hedvigis« (Hedwig). Sie heiratete Herzog Georg den Reichen von Bayern-Landshut. Kasimir (1458–1483) wurde von Papst Leo X. 1521 heiliggesprochen und avancierte damit zum Schutzpatron von Polen und Litauen. Jan Olbracht (Johann Albrecht, 1460–1501) erbte von seinem Vater 1492 als Johann I. die polnische Königskrone, und Alexander (1461–1506) folgte wiederum seinem Bruder 1501 auf den polnischen Thron nach. Die zweitälteste Tochter Sophia (1464–1512) ehelichte Markgraf Friedrich V. von Brandenburg-Ansbach, und Elisabeth, geboren 1465, starb bereits als Kleinkind 1466. Sigmund wurde nach dem Tod seines Bruders 1506 als Sigismund I. König von Polen, und Friedrich (1468–1504) schaffte es, als Bischof von Krakau und Erzbischof von Gnesen bis zum Kardinal aufzusteigen. Eine zweite Tochter namens Elisabeth wurde 1470 geboren und starb noch im selben Jahr (andere geben jedoch als Lebenszeit 1472–1480/81 an), und eine dritte Elisabeth kam 1472 oder 1482/83 zur Welt, heiratete 1515 Herzog Friedrich II. von Schlesien-Liegnitz-Brieg und lebte bis 1517. Anna (1476–1503) vermählte sich 1490 mit Herzog Bogislaw (Boguslaw) X. von Pommern, und Barbara (1478–1534) schloss 1496 mit Herzog Georg von Sachsen, genannt der Bärtige, die Ehe.


Hedwigs Stammbaum mit Eltern und Geschwistern (1506)

Hedwig oder Jadwiga?

Der Name Hedwig wird im Polnischen zu Jadwiga. Allerdings wurde die in dieser Biografie porträtierte Hedwig nicht auf den polnischen Namen getauft. In der lateinisch-kirchlichen Überlieferung heißt es, dass die königliche Tochter in der Krakauer Kirche den Namen »Hedvigis« (Hedwig) erhalten habe. Diese lateinische Form steht auch in den späteren Heiratsdokumenten. Hedwig selbst hat sich in einer von ihr ausgestellten Urkunde vom 12. April 1490 als »Hatwig« benennen lassen. Das ist die mittelalterliche Form des Namens Hedwig. Es ist daher angebracht, weiterhin die deutsche Namensform zu verwenden.

Alle Vermählungen ihrer Töchter mit deutschen Reichsfürsten und die Karrieren ihrer Söhne, die Kronen erlangten oder Kirchenfürsten wurden, hatte Königin Elisabeth umsichtig betrieben, und so galt sie wegen ihrer zahlreichen Nachkommen nicht nur als die »Mutter der Jagiellonen«, sondern auch als »Mutter von Königen«. Als Habsburgerin betrieb sie politisch eine Ausrichtung Polens nach Westen.

Daneben nahm sie die sorgfältige Erziehung ihrer Kinderschar in die Hände. Kallimachus, Humanist und Diplomat aus Italien, sowie der Krakauer Domherr und Geschichtsschreiber Jan Długosz unterrichteten die Söhne und wohl auch die Töchter. Wir können daher davon ausgehen, dass nicht nur Polnisch und etwas Latein, die Sprache der Kirche und Diplomatie, sondern auch Deutsch – die Sprache ihrer Mutter – von den königlichen Kindern bis zu einem gewissen Grad erlernt wurden.

In der bisher über Hedwig veröffentlichten Literatur wird immer wieder konstatiert, dass die polnische Königstochter der deutschen Sprache nicht mächtig gewesen sei. Da aber – wie berichtet wird – ihre Mutter die Ausbildung ihrer Töchter persönlich überwachte und leitete, ist es sehr unwahrscheinlich, dass Hedwig von ihrer habsburgischen Mutter bzw. in deren Auftrag nicht Deutsch gelernt hat. Bei ihrer Ankunft in Landshut soll Hedwig allerdings einen Dolmetscher in Anspruch genommen haben, der ihr die Reden und ihre eigene Ansprache ins Polnische bzw. Deutsche übersetzte. Aber das war eher den diplomatischen Gepflogenheiten geschuldet als dem sprachlichen Unvermögen Hedwigs.

Der Humanist Jakob Locher schrieb später in seinem Nachruf über die Kindheit Hedwigs: »Herauszuheben ist ihre Erziehung, die nicht in einer mit Gold besetzten Wiege begann und nicht vergiftet war mit weibischen Spielereien, die nicht verweichlicht war von wärmenden Flaumbettchen und nicht entnervt war von herrlichen Gastmählern und nicht von schäumenden Bechern und nicht von allzu aufreizenden Reigentänzen; vielmehr war diese Erziehung bestimmt durch Wollarbeiten, geübt durch Fertigen von Geweben, belehrt durch Religion, gestaltet durch Wissenschaften, gefestigt durch reine Sitten und beschützt durch geheiligte Ehrbarkeit.« Tatsächlich galt das königliche Familienleben in Polen als vorbildlich und mustergültig.

HEIMATSTADT KRAKAU

Für Kunst und Kultur hegte Königin Elisabeth großes Interesse. Damals blühte die Spätgotik in Krakau auf: Veit Stoß (1447–1533), der berühmte Bildhauer aus Nürnberg, stellte 1489 den Hochaltar in der Krakauer Marienkirche fertig, und Elisabeth beauftragte ihn, das Marmor-Grabmal für ihren Gatten König Kasimir IV. anzufertigen, der 1491 das Zeitliche gesegnet hatte. Elisabeth starb am 30. August 1505 und wurde neben ihrem Gemahl in der Wawel-Kathedrale zu Krakau beigesetzt.

Seit 1038 war Krakau die Hauptstadt des Königreichs Polen. Auf dem Wawel-Hügel erhob sich mächtig die Residenz mit der Kathedrale. Die Stadt an der Weichsel war Ende des 14. Jahrhunderts der Hanse beigetreten (bis 1478), und so kamen neben zahlreichen Handeltreibenden auch Künstler und Gelehrte nach Krakau. Ungefähr 30 000 Einwohner soll die Stadt zu Hedwigs Zeit gehabt haben; davon war etwa ein Drittel um 1480 deutschsprachig. Deshalb wurden auch in der prächtig ausgestalteten Marienkirche und später in der Barbarakirche deutsche Predigten gehalten. Conrad Celtis (1459–1508), der fränkische Humanist, weilte neben den Buchdruckern Kaspar Straube und Johann Haller (1463–1525) in der polnischen Hauptstadt und gründete dort 1488 eine Gelehrtengesellschaft. An der Universität (gegründet 1364) studierte gegen Ende des 15. Jahrhunderts u. a. Nikolaus Kopernikus (1473–1543), der nachmals berühmte Astronom.


Hedwigs Heimatstadt: Krakau (Stadtansicht um 1536/37)

Im Königreich Polen-Litauen gab es im 15. Jahrhundert keine einheitliche Bevölkerungsstruktur: Neben den Polen lebten, wirtschafteten, lehrten und studierten vor allem in den großen Städten – zumeist konfliktlos – Deutsche, Armenier, Juden, muslimische Sarazenen und orthodoxe Ruthenen.

Hedwigs Eltern, König Kasimir IV. und Königin Elisabeth, saßen 45 Jahre auf dem polnischen Thron. Diese Epoche wurde als das »Goldene Zeitalter« Polens bezeichnet, da Wirtschaft wie Kultur aufblühten und das Land sich zu einer Großmacht in Ostmitteleuropa entwickelte. Damals reichte der polnische Herrschaftsbereich von der Ostsee und dem Staat des Deutschen Ordens bis zum Schwarzen Meer bzw. dem Osmanischen Reich, von den Gebieten im Osten, wie dem Großfürstentum Moskau, bis zum Böhmerwald im Westen.

Hedwig

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