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Der Entschluss Kapitel I

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Die Sonne stand weit oben am Himmel und warf ihren erbarmungslos heißen Schein auf die sandigen Steine des alten Landes. Das Land, über welches wir sprechen ist die Heimat vieler Kreaturen. Von riesigen Sandwürmern, welche Gift spuckten und sich ohne Probleme in Sekundenschnelle durch Stein fressen konnten, bis zu großen Dickhäutern die träge von Wasserloch zu Wasserloch zogen. Doch von allen Kreaturen die dieses Land als Heimat bezeichneten, gab es ein Paar, welche besonders waren. Dieses Land beherbergte nicht nur Wüstenwölfe und Steinschreiter, sondern auch Orcs und Trolle. Man erzählte sich von den gefährlichsten Gestalten, doch wer jemals einen Orc bei der Jagd gesehen hatte, wusste wer das Land beherrschte. Die Orcs waren mächtige und intelligente Kreaturen. Meist waren sie sehr groß; Aus der Sicht eines Menschen betrachtet jedenfalls. Ein bis zwei Köpfe höher als jeder Mensch und mindestens doppelt so breit, mit Muskeln bepackt und braun gebrannter Haut, sowie ein starkes Gebiss und kleine, gerümpfte Nasen. Aufrecht gehend auf zwei Beinen, (natürlich gab es da auch Ausnahmen), waren sie, wie sie es sahen, die perfekten Jäger. Mit der Möglichkeit Waffen herzustellen, selbst Metalle zu gießen, gab es kaum etwas was sie hätte aufhalten können. Trolle hingegen waren etwas kleiner, wie ein großer Mann, hatten ebenso braune Haut wie die Orcs, jedenfalls diese Trolle, die hier lebten und ihnen wuchsen Hauer aus dem Unterkiefer, direkt unter dem Mund heraus. Manchmal kurz, manchmal lang, manchmal entschieden sich die Trolle sogar dafür sie komplett ab zu schleifen. Genauso wie die Hauer unterschieden sich bei den Trollen auch die Körperformen. Wenn ein Orc nicht sehr muskulös war, war er immer noch doppelt so breit wie jeder Mensch, doch ein Troll kann sehr muskulös sein, aber auch dünn und schlaksig, wie jemand der nicht genug zu essen bekam.

Das von kleinen Hügeln aus Sand übersäte Land war trocken, so gut wie tot, doch es gab noch genug Wasser für Lebewesen zum Überdauern. Wobei wirkliche Lebenszeichen, in diesem Teil der Welt, nur ein paar große Knochen waren, die in den Boden gehauen wurden um daran Leder und Felle zu trocknen. Doch dort, wo solche Dinge zu finden waren, war auch Zivilisation zu erwarten.

»Es ist Zwecklos«, sagte eine tiefe Stimme. »Dieses Land stirbt, wir können nicht bleiben«. Hakhouta, der Orc-Häuptling des Dämmerungs-Clans, blickte jeden in der Runde erwartungsvoll an, doch niemand sagte etwas. Die schon lang erloschene Feuerstelle in der Mitte des großen Zeltes, worum der gesamte Rat, bestehend aus verschiedenen Orcs und Trollen saß, knisterte leise und füllte die Stille. Ein leises stoßartiges Schnaufen kam von dem Orc, gegenüber dem Häuptling.

»Die Geister unterstützen uns nicht viel länger, Hakhouta.«, sagte er, während er seinen massiven Oberkörper mit den Ellenbogen auf seinen Schenkeln stützte. »Ich habe es schon lang kommen spüren, selbst dein Vater...«. Hakhouta blickte ihm ratlos ins Gesicht.

»Wenn wir nicht mehr auf die Hilfe der Geister setzen können, worauf können wir dann noch hoffen, Satug?«, fragte der Häuptling, seinen enttäuschten und ratlosen Blick nicht von ihm abwendend.

Ein Schnaufen von Satug, und sein Blick wandte sich auf das knisternde Holz in der Mitte des Zeltes. Satug war älter und kräftiger als der Häuptling, und ihm treu ergeben, wie jeder andere in dem Zelt. Seine Arme waren dick wie kleine Baumstämme, sein Oberkörper im gleichen Maße kräftig gebaut. Seine zwei schwarzen Zöpfe und der lange Kinnbart hingen vor seinem Oberkörper und wackelten mit jedem weiteren Schnaufer den er von sich ließ hin und her. Hakhouta war auch kräftig, doch nicht so sehr wie sein Freund. Denn Häuptling wurde man nicht, wenn man der Stärkste war, wie in einem primitiven Steinschreiter-Rudel, sondern wenn einem von dem letzten Häuptling das Recht gegeben wurde. Nur dieser vermag den nächsten auszuwählen. Falls der Häuptling sterben sollte ohne einen Nachfolger gewählt zu haben, gingen die Orcs tatsächlich nach der Regel, dass der größte und stärkste Orc den Clan anführen sollte. Und ohne einen Zweifel, wäre dies der Fall gewesen, dann würde nicht Hakhouta an der Spitze des Dämmerungs-Clans stehen, sondern Satug. Nichts desto trotz war Satug einer der treuesten Orcs die man sich als Freund hätte wünschen können. Er war alt genug, um des Häuptlings verstorbenen Vater gekannt zu haben. Wobei ‚gekannt‘ ein zu oberflächlicher Begriff war, um ihre Beziehung zu beschreiben. Es war eine tiefe Freundschaft die ihn und Hakhoutas Vater verband und Satug würde niemals auch nur in Erwägung ziehen dem jungen Hakhouta die Ehre des Häuptlings zu nehmen. Hakhouta ließ ihn immer an großen Entscheidungen teilhaben, denn Vertrauen, und Treue waren den Orcs am wichtigsten.

Der Blick des jungen Häuptlings wanderte an Satug weiter nach rechts.

»Ich weiß auch nicht... es is' fast so, als würden uns eure Geister verjagen wollen... oder nicht?«, erklang die raue Stimme von Narush, als der Blick des Häuptlings ihn erfasst hatte. Narush hatte lange, muskulöse Arme und saß nicht wie jeder andere auf den Baumstämmen, die als Bänke dienten, sondern er saß zwischen den Orcs im Schneidersitz. Er war ein Troll, der von seinem eigentlichen Clan verbannt wurde und schon vor Jahren in den Dämmerungs-Clan aufgenommen wurde. Auch er war ein wichtiges Mitglied und seine Stimme hatte genau so viel Gewicht, wie jede andere, auch wenn er einer der wenigen »nicht Orcs« war.

Hakhoutas braune, lange Zöpfe schwangen hin und her, bei jedem schweren Atemzug. Die warme Luft füllte die Lungen, doch das Gefühl von frischer, sauerstoffreicher Luft, blieb den Orcs über Jahre hinweg vorenthalten. Eine junge Orcfrau trat aus dem angebauten, hinteren Zelt in den Raum.

»Reila«, sagte Hakhouta und winkte sie zu sich hinüber, »Was meinst du? Wie sollen wir uns verteidigen, wie sollen wir überleben, wenn wir nicht einmal mehr Kontakt zu den Geistern aufnehmen können?«, fragte er sie. Reila war das Häuptlingsweib. Eine junge, für orcische Standards sehr hübsche Orcin mit rotbraunem, langem und gewelltem Haar. Die Beziehung zwischen ihr und Hakhouta war keineswegs nur romantisch. Sie wusste oft guten Rat, welchen Hakhouta sehr zu schätzen wusste.

»Noch haben wir Wasser, noch gibt es Hoffnung auf Überleben.«, sagte sie, zu dem gesamten Rat sprechend. »Aber nicht mehr lange«, ergänzte sie seufzend. »Wie Hakhouta euch schon sagte, das Land wird sterben, die Zeichen sind mehr als eindeutig. Früher oder später, müssen wir weiterziehen.«.

»Weiterziehen...«, zischte ein weiterer Orc, der sich im Sitzen mit seinem Ellbogen auf seine große Axt stützte, während er seine Pfeife paffte. »Und wohin? Wie weit müssen wir ziehen?«, sein Blick wandte sich keine Sekunde von den kleinen Augen des Häuptlings ab. »Wir können uns nicht erlauben weiter zu ziehen, die Streitigkeit- nein. Die Feindseligkeit mit dem Proudheart-Clan ist noch nicht verjährt und bei den alten Göttern, diesen Kampf, können wir so nicht gewinnen, Häuptling!«.

»Genug, Draghol!«, schimpfte Satug und sprang auf seine zwei Beine, beide Hände zu Fäusten geballt. Er war riesig, noch viel größer als man es gedacht hätte, als er noch dort saß. »Der Häuptling kann nichts dafür, dass die Geister uns verstoßen. Ohne seine Führung, wäre dies alles, was wir haben nicht möglich gewesen. Erweise deinem Häuptling Respekt, Bruder!«.

Eine Wolke von dichtem Rauch quoll aus dem Mund des Jägers, als er zuerst Satug anblickte, dann zu Hakhouta sah und schließlich nickte. Hakhouta erwiderte das Nicken. Er wusste, dass Draghol aufbrausend sein konnte und zu eitel war, um um Vergebung zu bitten. Auch Draghol war ein sehr enger Freund des Häuptlings, seit ihrer Kindheit. Draghol war vom selben Alter und Statur wie Hakhouta, hatte aber keinerlei Haare auf dem Kopf und einen, sehr unangenehm aussehenden, stoppeligen Bart. Er und Hakhouta spielten oft als Kinder zusammen. Als Hakhoutas Vater noch lebte, war Androghal, der Vater von Draghol, Leiter der Jagdgruppe des Clans. Als dann der Tag kam, an welchem Androghal im Sterben lag, gab er das Recht weiter an Draghols großen Bruder, Dromax, welcher wenige Wochen später auch einer Jagdverletzung unterlag. Ein Schock für den ganzen Clan und eine riesige Bürde für den damals noch jungen Draghol. Doch er hatte Hakhouta und dessen Vater, die sich beide um ihn kümmerten, als ob er Teil der Familie war. Denn auch Draghols Mutter starb bei seiner Geburt. Hakhoutas Vater pflegte oft zu sagen, dass es keine Familien gab, sondern nur eine einzige; Den Clan.

»Ich weiß nicht, Leute...«, sagte Narush und sah angestrengt aus, als er nachdachte. »Ich weiß nicht, ob sich das wirklich lohnen würde weiter zu ziehen. Immerhin haben wir wirklich ein paar Probleme mit dem Proudheart-Clan... das könnte zu ziemlich dollen Komplikationen führen.«, sagte er, und hielt sich dabei mit beiden Händen seine kurzen Hauer, als hätte er Angst sie zu verlieren. »Aber alles is' besser als hier zu verhungern. Da habt ihr schon Recht, irgendwie.«, ergänzte er und nahm die Hände von den Hauern. Anschließend fing er an etwas unverständliches zu murmeln, doch es klang ein wenig wie: »Ne, also verhungern muss echt nicht sein...«

Der Proudheart-Clan war der einzige andere Clan der in diesem Land siedelte, im Norden. Noch nie hatten die Orcs dieses Land verlassen, oder gar über die riesigen Berge geschaut, welche sich um das ganze Land auftürmten. Wie auch? Sie waren viel zu Steil um an ihnen hinauf zu klettern. Früher, vor einigen Jahren, gab es lediglich einen Clan; den Proudheart-Clan. Gegründet von einem Orc: Kren. Doch Kren hatte wenig zu tun mit dem, was dazu führte, dass sich der Clan spaltete, nein. Kren war ein ehrenhafter Orc, der mit sehr, sehr langem Leben gesegnet war. Doch als der Tod auch ihn ereilte, gab er das Recht zu herrschen an seinen ältesten Sohn weiter. Und dort begannen nach und nach die Schwierigkeiten. Er müsste etwas älter sein als Hakhoutas Vater jetzt wäre. Vielen Orcs und Trollen gefiel die Art nicht, in der Thazgor den Clan veränderte über die Jahre. Thazgor und sein Bruder Mornek hatten, wenn man es so nennen möchte, sehr spezielle Vorlieben was für Orcs sie gerne in dem Clan hätten und welche nicht. Die Spirituellen, die so genannten Schamanen oder Geistersprecher, waren verbannt worden, nachdem Thazgor wie es schien aus heiterem Himmel den Hass gegen sie gefunden hatte. Dies kam natürlich zum Schock von allen. Nicht nur Freunde und Bekannte wurden auseinandergerissen, sondern auch Familien. Doch einige weigerten sich dies zu akzeptieren. Einer davon war Angorath, Hakhoutas Vater. Er sah zu wie Satug eines Morgens aus dem Lager transportiert wurde, und folgte ihm. Ohne es zu wissen löste er damit eine Kette von Folgenden aus, darunter auch Androghal, der später zum Leiter der Jagd ernannt werden sollte.

»Seit ich denken kann, siedeln wir hier.«, sagte Hakhouta nun laut und zu allen in der Runde sprechend. »Es ist Zeit. Wir müssen weiterziehen.«

Draghol schnaufte laut hörbar. Hakhouta überlegte kurz, ob er darauf eingehen sollte, doch presste dann kurz die Lippen auf einander und sagte: »Verkündet es im Lager. Morgen, ziehen wir gen Westen.«

Einverstandenes Nicken kam von jedem aus dem Rat. Außer von Draghol.

»Warum Westen?«, fragte er skeptisch, mit einem Hauch von Spott im Ton. Das war wohl eine Frage, die sich die anderen so noch nicht gestellt hatten, aber jetzt wo er es ansprach, sehr berechtigt schien. Doch wirklich schwer fand Hakhouta diese Frage nicht zu beantworten, denn als er gerade aufgestanden war und zum Ausgang ging, blieb er mit dem Rücken zu Draghol gewendet stehen und erläuterte: »Wir haben uns in den Jahren nie wirklich weit aus unserem Lager bewegt, nur gerade so weit, dass wir gut jagen konnten. Höchstens ein paar Tage Fußmarsch haben wir uns entfernt. Wir wissen nicht, was der Westen uns bringen wird, aber wir wissen was die anderen Möglichkeiten sind. Der Osten ist ausgeschlossen, wir können die Felsen von hier gut erkennen. Im Norden siedelt der Proudheart-Clan und zum Süden ist die See. Holz für Boote haben wir zu wenig. Westen wird unser Ziel sein, fürs Erste.«. Hakhouta hatte keine Probleme damit sich zu erklären. Missverständnisse mussten sofort beseitigt werden bei solch großen Vorhaben. Draghol akzeptierte die Entscheidung des Häuptlings ohne weitere Fragen und packte seine Axt, stand auf und ging Richtung Ausgang, hinter seinem Häuptling her.

Als der Rat aus dem großen Zelt verschwunden war schob auch der Häuptling das Fell, welches vor dem Eingang des Zeltes hing beiseite und setzte einen Fuß ins Freie. Die Sonne schien Hell, ganz oben am Himmel. Er vernahm die Stimmen seiner Leute im ganzen Lager. Weit entfernt sah er ein paar Kinder hin und her rennen, während die erwachsenen Orcs und Trolle sich unterhielten, oder ihr Fleisch aufhingen. Ein paar Meter von seinem Zelt entfernt wohnte ein alter Troll, welcher sich mit, wie es schien letzter Kraft auf einen Holzklotz vor seinem Zelt fallen ließ, kurz stöhnte und dann zum Häuptling aufsah. Doch er sah schwach aus, bemerkte Hakhouta. Er wendete seinen Blick von dem Troll ab und schaute auf das Holzgitter links von sich. Dort hingen verschiedene Fleischsorten, manches bereits gebraten, manches roh. Er griff sich ein fertiges Stück davon und ging auf den alten Troll zu. Der Troll begann seinen Kopf zu senken, als Hakhouta näherkam, doch:

»Heb' deinen Kopf, Sanji«, sagte er, als er näher und näher an ihn herantrat. Und wie auf Kommando hob der alte Troll seinen Kopf und blickte den Orc an. Hakhouta wollte sich gerade auf den zweiten Holzblock neben ihn setzen als Sanji die Hand hob.

»Bitte nicht.«, stöhnte er. Hakhouta stoppte abrupt und richtete sich wieder auf. »Dieser Sitz gehört meiner Frau.«, sagte Sanji mit einem Lächeln. Er hatte dünnes, weißes Haar und schwere Falten im Gesicht. Die Tränensäcke waren groß, und die Augen klein. Seine Hauer am Unterkiefer schienen schon vor Jahren abgebrochen zu sein. Hakhouta nickte verständnisvoll und setzte sich auf den Boden neben ihn. Er überreichte ihm das Stück Fleisch.

»Das kann ich nicht annehmen...«

»Doch, kannst du.«, erwiderte er schlicht. »Ein bisschen Dankbarkeit für all die Jahre treue.«. Sanji guckte etwas perplex. Als ob er nicht ganz verstanden hätte, warum man für so etwas Dank erwarten sollte. Doch er nahm das Stück Fleisch an sich und biss hinein. Während er Sanji so anguckte; dieses kaputte, zerbrechliche Wesen, fühlte er ein gewisses Mitleid und grauenvolle Gedanken füllten sein Bewusstsein mit Fragen, auf welche er noch keine Antwort hatte. Was geschehe nicht nur mit Sanji, sondern mit allen anderen Alten des Clans? Eine monatelange Reise ist ausgeschlossen für sie.

»Etwas besorgt dich. Das seh' ich.«, sagte Sanji leise. Wie aus einem Traum erweckt, schrak Hakhouta auf und blickte ihm ins Gesicht.

»Alles ist gut.«, log er.

»Hakhouta...«, sagte Sanji und legte seine Hand auf die Schulter von dem Häuptling. »Ich kenne dich seit deiner Geburt. Was ist los?«

In diesem Moment fühlte Hakhouta ein gewisses Maß an Scham, aber auch im gleichen Moment die Pflicht es ihm zu sagen. Immerhin war Sanji wie ein Onkel für ihn, sein ganzes Leben lang.

»Ich weiß nicht weiter, Sanji.«, erklärte Hakhouta.

»Keine Sünde, in solchen Zeiten-«, bemerkte Sanji nebenbei.

»Wir siedeln hier seit wir verbannt wurden. Jahre sind vergangen und...«, er atmete tief ein, »Ich habe das Gefühl, dass unsere Bestimmung etwas anderes ist als hier zu verhungern, oder warten bis wir uns selber umbringen, wenn es um das letzte Stück Nahrung geht.«

»Das klingt ganz so, als ob diese Entscheidung schon getroffen ist.«, sagte Sanji mit einem Lächeln. »Was sagen die Geister dazu?«

»Die Geister sprechen nicht mehr. Nicht zu mir, nicht zu Satug. Selbst mit den Tränken die Narush zusammen braut haben wir den Kontakt einfach verloren. Es ist als ob sie uns verjagen wollen-«, doch er hielt inne, als er ganz deutlich sah, wie Sanji ihm zu nickte, mit jedem Wort welches aus seinem Mund kam.

»Oftmals ist die Antwort die wir suchen direkt vor unseren Füßen. Auch wenn wir oft einfach hinübersteigen.«, er zuckte mit den Schultern, »Nach dem Tod deines Vaters habe ich nicht eine Sekunde an dir gezweifelt mein Junge. Nicht eine Sekunde. Und ich werde jede deiner Entscheidung respektieren, denn ich sehe wie wichtig dir das Wohl dieses Clans ist. Du bist die Verkörperung des Geistes von Angorath, Hakhouta.«. Ein größeres Kompliment hätte Sanji in diesem Moment nicht geben können. »Wir Alten werden schon einen Weg finden, Freund.«, sagte er und nahm die Hand von Hakhoutas Schulter. Dafür drehte er sich etwas zur Seite und griff einen, wie es aussah sehr trockenen Stock. Doch als Hakhouta genauer hinsah, erkannte er drei Blüten an dem Zweig. Drei weiße Blüten, die bei dieser Hitze wohl nie blühen würden.

»Tu mir den Gefallen und bring das auf ihr Grab.«, sagte Sanji und reichte Hakhouta den Zweig. Er nickte verständnisvoll und verabschiedete sich von dem Troll. Er ging an seinem großen Zelt vorbei, über eine große Sanddüne, und wieder hinunter zu einer Stelle, wo zwei kleine Haufen Sand lagen. Er ging auf sie zu und kniete sich neben den rechten Sandhaufen. Es war nichts Besonderes. Eher ein paar einfache Gräber für besondere Leute. Er legte den Stock mit den Blüten sanft auf den rechten Haufen und stand wieder auf. Im Normalfall gab es so etwas wie Gräber bei den Orcs nicht. Sie stellten ein zu großes Risiko dar. Die Wildtiere, die das Aas fressen wollten. Doch bei diesen zwei Leuten, machte man eine Ausnahme. Nicht viele wussten davon, was auch gut so war. Als Freund der Häuptlingsfamilie hatte Sanji nun mal den einen oder anderen Vorteil gegenüber Anderen. Einer davon war, dass seine Frau hinter dem Häuptlingszelt begraben werden durfte. Er ging zu dem zweiten und letzten Grab. Er ballte eine Faust und führte sie zu seiner Stirn, dann zu der Brust. Ein Jagd Gruß, welcher seit dem Tod seines Vaters nicht mehr verwendet wurde. Hier lagen die Überreste von Draghols Bruder, Dromax. Im Normalfall wollen Orcs nicht begraben werden, weil sie wissen, dass sie eine Gefahr für den Clan wären. Hierbei war es Draghol der darauf bestand die Überreste zu behalten. Schließlich war er es, der sie über Tage hinweg zurück zu dem Clan getragen hatte.

Die Orcs und Trolle waren die Hitze gewohnt, also beschwerte sich schon lange niemand darüber, wie unerträglich heiß es doch war. Selbst in der Nacht musste man damit rechnen staubige, trockene, und warme Luft zu atmen. Selbst der helle Schein des Mondes brachte keine Kühle. Jedenfalls nicht diese Nacht. In ihrem Zelt lagen Hakhouta und Reila zusammen auf dem Fell, doch beide hatten viel zu viel im Kopf, als dass sie auch nur ein Auge zu bekamen.

»Tun wir das Richtige?«, fragte Reila schließlich besorgt. »Haben wir auch nur die geringste Chance auf Überleben, hier oder in anderen Gegenden?«

»Was ist das denn für eine Frage, Reila?«, der Häuptling setzte sich auf und drehte sich entsetzt zu ihr. »Natürlich haben wir Hoffnung auf Überleben. Ob in diesem Land oder im Nächsten. Ich versuche nur zu tun, was ich für richtig halte.«, sagte er etwas aufgewühlt, zum Ende hin jedoch ruhiger.

»Wir wissen nicht einmal ob es ein anderes Land gibt-«, versuchte Reila zu erwidern, doch Hakhouta fiel ihr ins Wort.

»Wir wissen, dass die Trolle nicht von hier sind. Wir wissen wo Narush und Ginja damals herkamen.«

»Warum gehen wir dann nicht dort hin?«, fragte Reila. Hakhouta dachte einen Moment nach, und fing an den Kopf zu schütteln.

»Zu gefährlich. Die See ist tückisch und wir haben keine richtigen Boote. Was wir hier haben...«, er deutete um sich herum, »ist kein Leben mehr. Schon lange nicht mehr. Wir haben wenig Wasser, wenig Fleisch, wenig Waffen. Offensichtlich ist dieses Land nicht groß genug für zwei Clans. Und wir wissen aus Erfahrung, dass Thazgor nicht zögert uns abzuschlachten wie Vieh, wenn wir auch nur in die Nähe von ihnen kommen...«

Reila biss sich auf die Lippe und dachte nach.

»Was ist, wenn wir kämpfen müssen?«, fragte Reila. »Wir haben vielleicht ein paar gute Jäger. Die Jagdgruppen von Thazgor und Mornek allein haben schon mehr Orcs als es unser gesamter Clan tut.«

»Erspare mir das.«, sagte Hakhouta enttäuscht, obgleich wissend, dass sie jedes Recht hatte besorgt zu sein. Sie waren nicht gerade der größte Clan. Sie hatten zwar den einen oder anderen Vorteil gegenüber dem Feind, doch im Endeffekt würde die Zahl entscheiden wer die Überhand gewinnen würde.

»Geh' schlafen, Reila. Ich brauche deine Hilfe morgen früh. Was ich jetzt brauche... ist Ruhe.«.

Reila sah Hakhouta an, drehte sich dann um und versuchte einzuschlafen. Hakhouta schnaufte laut und tat ihr gleich. Bevor er in einen tiefen, traumlosen Schlaf glitt, fiel sein Blick auf die drei Holztotems in seinem Zelt. Er erinnerte sich wie er früher immer meditierte um mit den Geistern zu sprechen. Sein Vater hatte die Totems hergestellt aus einem der gesunden Bäume im Land, noch bevor Thazgor alle Geistersprecher verbannte. Für ein ungeschultes Auge, würden sie wohl nur wie kleine, handbreite, braune Holzpflöcke wirken. Aber wenn man genau hinguckte, waren grobe Details in das Holz geschnitzt. Selbst Hakhouta wusste als junger Orc nicht, was die Gravierungen bedeuteten. Doch jedes Mal, wenn er sie heute anguckte, war es kaum zu übersehen, dass jedes Totem eine Gravur von einer Kreatur schmückte. Ein Bär, eine Echse und ein Vogel. Mit Hilfe dieser Totems, vollbrachte Angorath schon damals mächtige Elementarmagie. Doch dies war Vergangenheit. Seine Augen fielen zu und er schlief sofort ein.

Am nächsten Morgen wachte der Häuptling notgedrungen auf, denn die Stimmen die wie wild durcheinander sprachen vor seinem Zelt, waren unüberhörbar. Reilas Stimme, die versuchte die anderen, definitiv lauteren Stimmen zu beruhigen, ebenso wenig. Hakhoutas Augen öffneten sich, er richtete sich auf und griff neben das Fell worauf sie geschlafen hatten nach einem Gefäß mit Wasser. Durch die heiße, trockene Luft fühlte sich sein Hals an, als hätte er Sand geschluckt. Er führte die Holzschüssel zu seinem Mund und nahm einen kleinen Schluck. Es war sehr warm, doch es erfüllte seinen Zweck. Sich räuspernd versuchte er den Tumult, der draußen stattfand auszublenden. Doch als er die Augen schloss, konnte er die Stimmen immer lauter und lauter werden hören. Er stand auf und ging auf den Ausgang des Zeltes zu. Als er hinaustrat, traf ihn eine Welle von Hitze und fast schon beißenden Sonnenlichts, welches ihn für wenige Sekunden blendete. Danach wurde das Bild jedoch klarer. Kopfstark die Hälfte des Clans war versammelt vor dem Zelt. Lauthals protestierend.

Tomorrows Dawn: Der Dämmerungs-Clan

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