Читать книгу Die Grünen - Marius Ivaskevicius - Страница 9

Aus Afanassi Duschanskis Verhörprotokoll

Оглавление

Ich sah, wie aus verschiedener Entfernung auf Wassili geschossen wurde, aus Waffen verschiedenen Kalibers, verschiedener Art, mit unterschiedlichem Produktionsort und -zeit, doch das Ziel war immer dasselbe – Wassili Sinizyn. Ich habe auch gesehen, wie eine der Waffen traf.

»Schuld ist das ungarische Wetter. Schwül hier«, sagte er damals zu mir, als er neben mir zu Boden sackte.

Für einen Menschen, dem gerade in den Bauch geschossen worden war, sagte er ziemlich viel. Kurz darauf verlor er das Bewusstsein.

Ich habe nur nie eine Frau auf Wassili schießen sehen. Stimmt, die krummbeinigen Schönheiten aus der Medizinabteilung, denen vom Leichen- und Verletztenschleppen die Beine kaputtgegangen waren, schossen aus ihren Augen auf ihn. Wie allseits bekannt, ist diese Art von Schießen aber kaum gefährlich, obwohl für die dabei verwendeten Waffen dieselbe Vielfalt gilt: Kaliber, Produktionsort und -datum sind meist verschieden.

Als Marja Petrowna von der Tür anmarschierte, schien sie aus einer in Russland hergestellten Waffe schießen zu wollen, deren Schöpfer Vater und Mutter Golubkow waren.

Doch sie überzeugte sich schon bald davon, dass diese Waffe nur schlecht traf. Und wählte eine andere.

Als ich die Leichen vom Wagen lud, sagte Wassili:

»Lass Rapolas liegen. Den laden wir später aus. Erst muss er umgelegt werden.«

Doch er hatte dies bereits zuvor mit einem Blick gesagt. Als er seine Hand ausstreckte, um Marja die Waffe wegzunehmen. Ich weiß nicht, was zwischen ihm und Rapolas vorgefallen war, denn letzterer schlief friedlich, doch ich konnte mitverfolgen, was kurz darauf zwischen dem Kommandeur und Marja Petrowna vorfiel. Eine Stimme flüsterte mir, dass zwischen Rapolas und Wassili etwas Ähnliches vorfallen würde, deshalb musste man den einen ausladen. Doch Wassili gestattete mir das nicht:

»Erst muss er umgebracht werden.«

Damals dachte ich, dass die »halbe« Leiche auch irgendwie mitbeteiligt war. »Es ist besser, wenn ich ihn auslade«, sagte ich. Ich hatte ihn schon an den Waden gepackt. Doch auch er schaute mit schläfrigen Augen, was ich da auslade. Er ließ mir keine Gelegenheit, einen Fehler zu begehen.

Als ich aus dem Hof hinausritt, stand auf der Straße Fjodor. Mit Blumen. Wenigstens an Fedja werde ich vorbeireiten, ich hatte die Wahnvorstellung, dass alle, sogar die ausgeladenen Leichen, zu den Geschehnissen beitrugen. Wir hätten alle weitherum verstreuen sollen und dann unter vier Augen mit Wassili besprechen, was eigentlich los war.

Aber Fjodor rief noch auf der Straße so laut er konnte:

»Blumen, Herr Kommandeur. Alle möglichen Sorten.«

»Ich, Fjodor, wurde gerade erschossen. Man hätte auch dir dasselbe angetan. Gut, dass du zu spät kommst«, erwiderte Wassili auf dem Wagen liegend.

Fjodor stieg über ihn hinüber und setzte sich. In der Hand hielt er Blumen.

»Und wer – hat auf Sie?«, fragte er nach längerer Pause.

»Alle«, gab Wassili zur Antwort. »selbst Afanassi, auch der hat geschossen.«

Also ahnten Wassili und ich in etwa dasselbe, nämlich dass alle, auf die eine oder andere Weise, mitbeteiligt waren.

»Am meisten aber hat der Affe geschossen«, brüllte Wassili plötzlich hervor und ging mit geballten Fäusten auf Rapolas los.

»Sie bringen ihn um«, warnte ich Wasssili, doch aus der Art, wie er Rapolas’ Kopf im Wagen herumrollte und ihn an die Seiten schlug, war klar, dass er wusste, was er tat.

»Rapolas, ich habe mich nicht lächerlich gemacht. Deinetwegen haben sie mich umgenietet. Warum fahren wir nicht, Afanassi?«

Ich wollte, dass der Mensch, dessen Kopf an die Seiten des Wagens geschleudert wurde, seinem Schicksal an Ort und Stelle begegnet. Die Fahrt lenkt nur ab.

Doch dies wäre eine zu lange Antwort auf die Frage »Warum fahren wir nicht?«.

»Ich weiß den Weg nicht«, erwiderte ich, obwohl ich noch einiges andere nicht wusste.

Die Grünen

Подняться наверх