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Eins

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Ungeduldig saß Sam in ihrem Wagen. Eigentlich war es ja nicht ihr Wagen, eigentlich gehörte er ihren Eltern. Aber nach tagelangem Betteln konnte Sam sie doch davon überzeugen, dass sie sich den roten Kombi ausleihen durfte. Von ihren Freunden waren sie schließlich die einzigen, die einen Kombi fuhren. Und um ein paar Tage in den Bergen zu verbringen, war es nun einmal von Vorteil, wenn man ein Auto mit möglichst viel Stauraum hatte. Vor allem, wenn man das Gepäck von vier Personen unterbringen musste. Bereits am Vortag waren Anna, Jim und Roy bei ihr gewesen und hatten ihre Reisetaschen vorbeigebracht, damit sie alles in Ruhe verstauen konnten. Das war jedoch leichter gesagt als getan. Alle hatten ihre dicken Wintersachen eingepackt, somit waren die Taschen entsprechend groß und schwer. Doch anstatt Sam beim Einladen zu helfen, hatte Roy ihr nur zugesehen, über sein Smartphone die Tetris-Melodie abgespielt und sich dabei kaputt gelacht. Sam war tierisch sauer gewesen, doch nach kurzer Zeit fand sie die Situation auch ganz lustig und begann auch zu lachen. Das war mal wieder typisch gewesen. Im Grunde genommen war sie eigentlich wütend auf Roy, doch irgendwie schaffte es dieser liebenswerte Idiot, sie dann doch zum Lachen zu bringen. Sie konnte ihm einfach nicht böse sein, zumindest nicht für lange Zeit. Sie kannten sich beide nun schon gut zehn Jahre und es war immer das Selbe gewesen. Roy machte irgendeine Dummheit, Sam wollte ihn dafür am liebsten ins Gesicht schlagen, musste dann aber stattdessen doch lachen und alles war wieder gut. Im Moment war sie jedoch eher von Anna und Jim genervt. Sam hatte gesagt, sie würde morgens um neun vor ihrem Haus stehen und kurz auf Annas Handy anklingeln. Die beiden sollten dann einfach raus kommen, einsteigen, danach würden sie noch Roy abholen und dann könnten sie sich in aller Ruhe auf den Weg zu ihrer Berghütte machen. Die Fahrt würde voraussichtlich drei Stunden dauern und Sam wollte auch unbedingt gegen Mittag bei der Hütte sein, schließlich hatte der Wetterdienst für diese Gegend am Nachmittag starken Schneefall gemeldet und Sam legte keinen Wert darauf, bei Schnee und Eis und mit einem vollgepacktem Wagen eine Strecke zu fahren, die sie bisher nur auf der Landkarte gesehen hatte. Jetzt aber war es bereits kurz vor halb zehn und die beiden waren immer noch nicht da. Anna hatte ihr am Telefon gesagt, sie würden noch ein paar Minuten brauchen, doch bereits da wusste Sam, dass es sich nicht um fünf oder zehn Minuten handeln würde. Anna war sowieso nie besonders pünktlich gewesen, doch seit sie nun mit Jim zusammen war, war es noch schlimmer geworden. Die beiden konnten einfach nicht die Hände voneinander lassen. Sicher, es war ja wirklich schön für die beiden, dass es so gut zwischen ihnen lief, aber Sam war eigentlich nur noch genervt. Sie selbst legte immer großen Wert darauf, pünktlich zu sein, aber Anna und Jim war es scheinbar völlig egal, ob jemand auf sie wartete. Sie kamen, wann es ihnen passte. Aber wenn sie ehrlich war, war es nicht die Unpünktlichkeit, die sie an den beiden störte. Zumindest war es nicht der Hauptgrund. Sam war schon seit einigen Jahren alleine und hatte noch nie eine echte Beziehung gehabt, genauso wie Anna. Immer wieder hatten sie mit Jungs geflirtet, aber es kam nie zu etwas Ernsthaftem. Und auf einmal war Anna mit Jim angekommen und Sam hatte das Gefühl, nun auch noch ihre beste Freundin verloren zu haben. Zudem machten die beiden auch in der Öffentlichkeit ständig rum, als ob außer ihnen beiden niemand da wäre. Die anderen Leute in der Gruppe lachten dann meistens und warfen den beiden irgendwelche Sprüche oder Gemeinheiten zu, was Anna und Jim aber auch nicht zu stören schien. Sam aber konnte da nicht lachen. Sie fand, dass man unter Leuten ruhig etwas mehr Distanz zeigen sollte, als die beiden es taten. Nun ja, am Ende mussten die beiden das für sich entscheiden. Sie sah auf die Uhr. Neun Uhr einunddreißig. Verdammt. Sam nahm ihr Smartphone in die Hand und gab ihr Kennwort ein. In dem Moment, als sie Annas Nummer nochmal wählte, ging die Haustür auf und die beiden kamen die Treppe herunter und auf Sam zu. Sie hatten beide noch kleine Rucksäcke in der Hand. Jim öffnete den Kofferraum. „Entschuldige, wir sind zu spät“, rief er durch die geöffnete Luke. Sam verdrehte die Augen. Ach, was du nicht sagst. „Kein Problem“, sagte sie nach hinten. „Aber jetzt steigt ein, wir sind spät dran.“ Die beiden klappten den Kofferraumdeckel wieder herunter und stiegen hinten ein. „Tut uns leid“, sagte Anna. „Aber wir haben…noch etwas gebraucht.“ Sie kicherte und blickte zu Jim hinüber, der sie prompt lang und ausgiebig auf den Mund küsste. „Naja, wenigstens seid ihr noch fertig geworden“, antwortete Sam, während sie den Motor anließ, bekam jedoch keine Antwort mehr. Sie sah im Rückspiegel, wie die beiden sich immer noch heiß und innig küssten. Noch einmal verdrehte sie die Augen und fuhr los. Roy wohnte nur ein paar Straßen entfernt. Ohne nach hinten zu sehen sagte Sam: „Anna, wenn du dich mal losreißen kannst, dann ruf doch Roy an, dass wir in etwa fünf Minuten da sind. Schaffst du das?“ Wieder bekam sie keine Antwort, sah jedoch, wie Anna mit geschlossenen Augen an Jims Mund klebend mit den Händen ihr Handy hervor fummelte. „Das darf doch nicht wahr sein“, sagte Sam leise zu sich und schüttelte den Kopf. Das konnten ja tolle Tage werden. Naja, zumindest war ja Roy noch dabei, würde sie eben mit ihm Urlaub machen, während die anderen beiden die Zeit im Bett verbrachten. Sie freute sich schon so sehr auf die freien Tage. Die letzten Wochen waren der reinste Horror gewesen. Ihr Chef hatte sie mit Arbeit überhäuft, ihre Kunden wurden scheinbar auch von Tag zu Tag unfreundlicher und sie hatte einfach keine Lust mehr auf ihre Arbeit. Daher hatte sie vorgeschlagen, dass sie sich doch zu viert ein paar schöne Tage in einer etwas abgeschiedenen Berghütte machen könnten. Dort gab es zwar ein Telefon und einen Fernseher, aber kein Internet. Sam war das ganz recht, sie würde noch nicht einmal die ersten beiden Dinge benutzen, wenn es nicht unbedingt sein müsste. Sie wollte einfach ihre Ruhe haben und ihren Alltag vergessen. Entspannen. Abschalten. Sie war bereits so in Gedanken versunken, dass sie beinahe die Abzweigung zu Roys Haus übersehen hätte. Grinsend stand er bereits vor seinem Haus mit einem Rucksack auf dem Rücken und vier Tennisschlägern in der Hand. Nachdem er seine Sachen ebenfalls im Kofferraum verstaut hatte, setzte er sich nach vorne zu Sam. Er dreht sich zu Anna und Jim um. „Himmel, könnt ihr euch kein Hotel leisten oder warum muss Sams Auto herhalten?“ Mit einem breiten Grinsen drehte er sich zu Sam. „Seid gegrüßt, holde Maid. Wie ist euer wertes Befinden, Lady Samantha?“ Sam sah ihn nur mit einem schiefen Grinsen an. „Lass den Quatsch, Roy. Du weißt, dass ich es nicht leiden kann, mit meinem vollen Namen angesprochen zu werden. Und jetzt schnall dich an, wir sind sowieso schon spät dran.“ „Zu Befehl!“ Roy salutierte kurz und legte dann seinen Gurt an. „Wenn du deine Zunge noch ein bisschen weiter in Annas Mund steckst, muss sie ersticken, Jim. Überleg dir das gut.“ Jim zeigte nur kurz seinen Mittelfinger nach vorne und kümmerte sich dann weiter um Anna. „Vergiss es, Roy“, sagte Sam. „Die beiden sind mittlerweile an der Stelle zusammengewachsen.“ „Wie die beiden dann wohl Zähne putzen?“ Typisch Roy, dachte sich Sam und begann, sich die Szene vorzustellen. Sie musste lachen, verwarf den Gedanken jedoch schnell wieder. „Sag mal, Roy, warum hast du eigentlich Tennisschläger dabei? Da liegt doch überall Schnee. Und nein, wir haben keine Tennishalle gemietet.“ „Ich weiß“, sagte Roy. „Aber ich wollte schon als Kind mit den Dingern an den Füßen durch den Tiefschnee laufen. Bin gespannt, ob das klappt.“ „Deine Eltern spielen Tennis?“ „Wenn sie sich keine neuen Schläger kaufen, wohl nicht mehr.“ Roy grinste zu Sam hinüber. Sie sah ihn kurz an, blickte wieder auf die Straße und schüttelte lächelnd den Kopf. „Du bist ein Idiot, Roy. Solche Schläger sind doch wahnsinnig teuer.“ Roy lachte. „Wenn das so ist, dann sollte man solche Sachen nicht ohne Aufsicht rumstehen lassen.“ „Warum hast du denn gleich vier genommen?“ Roy sah Sam fragend an. „Ja glaubst du denn, ich laufe alleine durch die Gegend? Da kann doch sonst keiner ein Foto von mir machen.“ Roy war der größte Facebook-Junkie, den Sam kannte. Natürlich brauchte er ein Bild von sich auf den Tennisschlägern im Tiefschnee, das er dann online stellen konnte. „Dir ist klar, dass es dort oben keinen Internetzugang gibt? Und dass du da vermutlich auch kein Telefonnetz haben wirst?“ Roys Gesichtszüge entgleisten. Er starrte Sam an. „Davon hat mir niemand etwas gesagt. Davon war nie die Rede.“ Sam grinste. „Ich weiß schon, warum. Aber wir wollten dich ja unbedingt dabei haben, deshalb hat niemand etwas gesagt.“ „Verflucht, wie könnt ihr mir nur sowas antun?“ „Jetzt reg dich nicht auf“, sagte Sam, während sie weiter den Blick auf die Straße gerichtet hielt. „Das schadet dir bestimmt auch nicht, wenn du mal für ein paar Tage nicht online bist.“ „Oh doch, das wird es. Ganz bestimmt sogar.“ Roy sackte immer weiter in seinem Sitz zusammen. „Ich werde eingehen, wie eine Blume verwelken. Warum? Warum ich?“ „Jetzt stell dich nicht so an. Du wirst sehen, das wird dir gut tun. Und wenn ihr beiden nicht mit dieser Knutscherei aufhört, komme ich nach hinten!“ Jim sah nach vorne. „Willst du wohl auch mal?“ Sam sah sein breites Grinsen im Rückspiegel und wurde rot. Doch während sie noch überlegt, was sie darauf antworten könnte, nahm ihr Anna schon die Arbeit ab. „Du Strolch! Was fällt dir ein? Solange du bei mir bist, gibt es nur eine, die du küsst!“ Jim drehte sich zu Anna. Sie lächelte ihn an, nahm sein Gesicht in beide Hände, zog ihn zu sich heran und küsste ihn wieder, was Jim sichtlich genoss. „Furchtbar“, sagte Roy. „Einfach furchtbar. Naja, dann musst du eben mit mir auskommen.“ Mit seinem breitesten Lächeln sah er zu Sam hinüber. Na, das kann ja heiter werden, dachte Sam bei sich, lächelte ebenfalls und trat aufs Gas, um die verlorene Zeit wieder aufzuholen.


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