Читать книгу Zodiac-Gejagter zwischen den Welten II: Sie kommen - Mark Savage - Страница 8
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Zodiac erwachte nur halb aus seinem Dämmerzustand. Schwach spürte er die vertrauten Impulse eines fremden Geschöpfes. Trotz der Fremdartigkeit jenes unbekannten Wesens fühlte er sich geradewegs mystisch zu ihm hingezogen. Der Zargonier lag nach wie vor hilflos zwischen den Wrackteilen des abgestürzten Decks. Erneut wurde ihm übel. Sein Körper vermochte aufgrund seiner Schwächung den ungeheuren Atmosphärendruck nicht mehr vollständig zu absorbieren.
Er wusste, dass er dem Tode näher stand als je zuvor. Seine Sinne reagierten instinktgetrieben, als das Bewusstsein erneut schwand. Obwohl er bislang keine Gelegenheit erhielt, seine destruktiven geistigen Fähigkeiten näher zu erforschen, und obwohl er keinerlei Wissen darüber besaß, inwieweit sich die Fähigkeit der Zerstörung variieren ließ, so tat sein Unterbewusstsein unbewusst das Richtige. Es vollbrachte die letzte geistige Schwerstarbeit, jener es noch imstande war.
Wie von Geisterhand konstruiert baute sich um das Schiff ein Schutzfeld auf. Dieses Schutzfeld benötigte keinerlei technische Hilfsquelle, es trug seinen Ursprung in mentaler Energie. Dieser letzte Kraftakt rettete dem Zargonier das Leben.
Lloyd Byron kauerte abseits in einem Graben und sah vorsichtig hinter dem Busch hervor, der ihm ausreichende Deckung leistete.
Die Söldner hatten keine Ahnung von dem gehabt, was sie hier vorfinden würden. Lloyd Byron jedoch ahnte bereits seit langem, dass irgendwo auf diesem Gebiet einiges mehr versteckt sein müsse als geheime Forschungszentren und Laboratorien und einiger Militäreinrichtungen. Er hielt sich mit Big Eddy einige hundert Meter abseits, so dass er gebannt die folgenden Szenen verfolgen konnte. Die Männer, die annahmen, dass es hier ein wissenschaftliches Gebiet zu plündern galt und wichtige Persönlichkeiten festzunehmen, sahen der militärischen Macht anfangs hilf- doch keineswegs wehrlos entgegen. Den Jeeps, die mit schwer bewaffneten Soldaten besetzt, auf das plötzlich geöffnete Haupttor zuhielten, schlug schweres Feuer aus Maschinengewehren entgegen.
Der Reporter sah einige Soldaten aus den Fahrzeugen stürzen. Kurz darauf standen zwei Jeeps in Flammen. Die Söldner hielten sich hinter ihren Trucks verborgen und setzen ihr gesamtes Waffenarsenal ein. Sie fluchten, da sie inzwischen bemerkten, dass sie ihrem Auftraggeber als Kanonenfutter dienten. Byron grinste kalt. Er wusste jetzt, was er wissen wollte. Doch auch er konnte von Glück reden, dass es ihm gelang, rechtzeitig aus dem Wagen zu flüchten, bevor ein Panzergeschoss seine Einzelteile in alle Himmelsrichtungen verstreute.
Neben sich hörte er raues Husten. Big Eddy fluchte verhalten. Zum einen, da ihm der Schreck noch in allen Gliedern saß, zum anderen, weil ihm Staub in der Lunge brannte, und letztlich aufgrund seines Zorns, den er auf Byron verspürte.
»Du verdammter Dreckhund«, schimpfte er, während es den bezahlten Killern gelang, mit dem Granatwerfer einen heranrollenden Panzer außer Gefecht zu setzen.
»Byron, du hast es gewusst. Du hast die Leute absichtlich in die Falle gelockt. Sie sollten Köder spielen, damit du die Kampfkraft dieser Typen ausspionieren kannst. Mann, das ist Mord, Junge.«
»Erzähl mir nichts von Mord«, fuhr ihn Byron an. Eine weitere Explosion erfolgte. Ein Truck brannte. Schreiende Gestalten wälzten sich sterbend am Boden.
»Diese Kerle sind allesamt Killer, denen bedeutet ein Menschenleben nichts. Sie leben ständig mit der Gefahr, doch diesmal erhalten sie ihre Quittung.«
Da bemerkte Byron Big Eddys entsetzten Blick.
»Da! Verdammt, jetzt kommt die harte Tour.«
Anscheinend war es den verantwortlichen Vorgesetzten zu dumm, ständig Verluste hinnehmen zu müssen, da die Situation sich festzufahren schien. Auf beiden Seiten herrschte Belagerungszustand. Das Militär getraute sich nicht, die Männer schlichtweg zu überrollen, da sie aufgrund der starken Bewaffnung des Gegners schwere Niederlagen in Kauf nehmen mussten. Nun griff man konsequent durch. Lloyd stöhnte auf, als er den Kampfhubschrauber wahrnahm, der scheinbar aus dem Erdboden zu schießen schien. Er wusste, dass dies womöglich den Todesstoß bedeuten würde.
»Das ist ein richtiger Krieg«, stöhnte der Riese.
»Verdammt, wir müssen jetzt endlich handeln. Komm mit!«, rief Byron.
»Wohin, verdammt?«, wollte Big Eddy wissen. »Was meinst du, warum ich diesen ganzen Zinnober inszeniert habe? Wir müssen versuchen, unbemerkt durch das Gelände zu kommen. Meine speziellen Freunde müssten sich irgendwo dort in ihren Bunkern versteckt halten. Unsere Chance, Eddy!«
»Du bist verrückt«, rief dieser fassungslos in den Lärm hinein. »In die Höhle des Löwen? Du spinnst.«
»Komm jetzt«, rief Byron und rannte plötzlich aus seinem Versteck. Big Eddy folgte ihm nach kurzen Zögern. Umständlich zog er eine Maschinenpistole unter seiner Weste hervor. »Ich muss total bescheuert sein, Mann«, knurrte er, wütend über sich selbst.
Da geschah es.
Ein merkwürdiges Rauschen ertönte. Die unheimliche Szenerie der Zerstörung wurde von gleißenden weißgrünen Licht erhellt. Byron bedeckte die Hand mit den Augen. Fassungslos erkannte er ein scheibenförmiges Objekt, das in scheinbar greifbarer Höhe fauchend, zischend und dampfend vom Himmel stürzte. In diesen Sekunden schien die Nacht hinweggetilgt.
»Neiin«, brüllte Big Eddy, der ebenfalls erkannte, was da herunterkam. Sekunden später erfolgte der Aufprall. Lloyd schwankte, als der Boden erbebte. Die Wucht des Aufschlags war ungeheuer enorm. Den dumpfen satten Schlag musste zwangsläufig die ganze Welt gehört haben, dachte der Reporter erschüttert.
Für einige lange Augenblicke schien die Zeit eingefroren. Der Kampfhubschrauber hielt sich starr in der Luft. Die gegnerischen Parteien vergaßen zu kämpfen. Fassungslos und gelähmt versuchte man, das Ungeheuerliche zu verdauen.
Doch dann durchbrach eine Lautsprecherstimme ketzerisch die Stille des Augenblicks.
Bloom!, erkannte Byron sofort. Doch sein Innerstes befand sich noch viel zu sehr in Aufruhr, um den Hass an die Oberfläche zu tragen.
»ANGRIFF! KEINE SCHONUNG MEHR FÜR DIE TERRORISTEN. ALLE PANZEREINHEITEN ZIEHEN SICH AUS GRÜNDEN DER SICHERHEIT SOFORT ZURÜCK. PLAN X-B TRITT MIT SOFORTIGER WIRKUNG IN KRAFT.«
Byron sah, wie der letzte noch halbwegs intakte Truck zu flüchten versuchte. Die Söldner wandten sich heillos zur Flucht. Einige von ihnen sprangen in das offene Heck des Truckcontainers, um sich in Sicherheit bringen zu lassen.
Aus einer Waffenkuppel an der Unterseite des Apache-Hubschraubers ratterte Maschinengewehrfeuer. Die Zahl der angeheuerten Männer verminderte sich zusehends. Big Eddy stöhnte, als sich ein Raketengeschoss pfeifend aus der eisernen Umklammerung seiner Vorrichtung löste und auf das fliehende Fahrzeug zuraste.
Doch das Schicksal versetzte den Militaristen ebenfalls einen weiteren Schlag. Kurz bevor die Rakete in ihrem Ziel detonierte, entluden sich zwei Panzerfäuste. Feurige Bahnen gleißten in den Himmel und ließen den Todespiloten aufschreien. Doch er kam nicht mehr zum Luft holen. Der Apache und seine Insassen vergingen in einer gewaltigen Explosion. Ein glühendes Trümmerstück tötete den letzten überlebenden Einzelkämpfer. Zu Tode getroffen gesellte er sich zu den rauchenden Trümmern und den Toten.
Von diesem Ereignis jedoch bekam weder Byron noch sein Begleiter etwas mit. Big Eddy rannte dem Reporter hinterher, ohne dessen Ziel zu kennen. Er erkannte, dass ihre Flucht sie geradewegs auf das schützende Stück Waldgebiet zuführte.
»Na, doch die Hosen voll, Herr Starreporter?«, rief er Byron keuchend hinterher.
»Von wegen«, gab dieser schwer atmend zurück. »Wir haben lediglich ein neues Ziel.«
Da ahnte Big Eddy die Wahrheit. Die eingeschlagene Richtung würde sie geradewegs an jene Stelle führen, an der dieses seltsame Ding aufgeschlagen sein musste.
Big Eddy fragte sich nur, ob sie die ersten sein würden.
Tom warf sich schützend über Judy, als das brennende Ding nur hundert Meter von ihnen entfernt in den Wald schlug. Etwas fuhr ihm siedendheiß über den Nacken, und die Wucht des Aufschlags schaukelte seine Innereien wild durcheinander. Als er den Kopf vorsichtig aus dem Haarschopf seiner Schwester heraushob und fast widerwillig die Augen öffnete, erschrak er über die plötzliche Helligkeit.
Der Wald brannte.
Undeutlich erkannte er durch das Laub und Buschwerk des Waldes ein schimmerndes Etwas, das ebenfalls in Flammen stand. Tom nahm Bewegung unter sich wahr.
»Geh runter, Tom, du tust mir weh.«
Tom beeilte sich, seine Schwester freizugeben. Ihr dünnes Nachthemd wies einige Schmutzflecken auf. Ihr Unterarm war leicht aufgeschürft, doch Judy schenkte dem unangenehmen Brennen keinerlei Beachtung.
Tom packte seine Schwester am Arm und zog sie gewaltsam mit sich.
»Ganz egal, was da vom Himmel gefallen ist, wir verschwinden von hier.«
»Nein, Tom, nicht ...«, bat das Mädchen weinerlich. Sie versuchte vergeblich, sich Toms Jungenkräften zu erwehren.
»Judy, bitte!«, bat Tom verzweifelt. »Lass uns die Polizei rufen, wenn wir zu Hause sind.«
Plötzlich blieb Judy abrupt stehen. Tom lockerte vor Erstaunen seinen Griff.
»Sie kommen«, sagte sie ängstlich. »Die bösen Männer kommen und wollen ihn umbringen.«
Ohne dass Tom es verhindern konnte, riss sie sich von ihm los und rannte davon. Sie lief genau auf den brennenden Wald zu.
»Nein, Judy, nicht«, rief Tom verzweifelt. »Was tust du da? Der Wald brennt, mein Gott.«
Die tiefe Zuneigung und das Verantwortungsgefühl seiner Schwester gegenüber, ließ ihn nicht anders reagieren. Er rannte hinterher. Bald überfiel ihn wilde Panik, da er merkte, dass es schwierig war, Judy zu folgen. Es schien, als renne sie blind in das Flammenmeer, welches sich zusehends ausbreitete.
Die Flammen rückten immer näher. Die Hitze stieg beträchtlich, Rauch erschwerte das Atmen. Zu seinem Entsetzen erkannte er, dass Judy sich immer mehr ins Zentrum der wabernden Hölle bewegte. Schließlich verlor er sie für wenige Sekunden aus den Augen. Er hastete, stolperte, rannte, stolperte erneut. Als sie plötzlich mit dem Rücken zu ihm vor ihm stand, starrte sie ungeachtet des Feuers auf das rätselhafte metallene Ding vor sich.
Tom konnte nicht anders reagieren. Er verfiel ebenfalls dem Bann des Fremdartigen. Eine riesige Scheibe, garantiert zwanzig Meter im Durchmesser, stak nahezu senkrecht im Boden. Das Ufo zog eine kurze aufgewühlte Schneise hinter sich her. An den Stellen, an denen sie verlief, stand kein Halm, kein Busch, kein Baum mehr. Lediglich rußige Schwärze brannte sich tief ins Erdreich. Das auf seltsame Weise silberig schimmernde Material der Hülle knisterte unheilvoll. Rauch und Feuer drang aus dem Inneren. Judy näherte sich dem Schiff.
»Judy, bleib hier«, ermahnte sie Tom.
»Ich muss ihm helfen«, erwiderte sie knapp und entschlossen, ihren Weg ungehindert fortsetzend. Doch da schrie sie kurz auf. Aus einer klaffenden Öffnung, die sich knapp einen Meter über dem Erdreich befand, schob sich eine fremdartige blassgraue Hand, der ein dünner Arm folgte. Aus einer langen schmalen Wunde floss ein Rinnsal roten Blutes.
Tom schluckte, da Judy ungehindert danach griff. Er war einige Schritte zu weit entfernt, als dass er sie daran hätte hindern können. Doch selbst der Elfjährige ahnte, dass von dem, was da auch immer herauskommen möge, keine Gefahr drohen würde.
»Tom, hilf mir«, forderte sie ihn auf. »Wir müssen uns beeilen. Wenn SIE kommen, werden sie ihn töten, und uns vielleicht auch.«
Tom hätte Judy nur zu gerne gefragt, von wem oder was sie sprach, doch die unmittelbaren Geschehnisse nahmen seine Aufmerksamkeit zu sehr in Anspruch.
Er überwand die Scheu und packte ebenfalls mit zu. Gemeinsam hievten sie einen Körper aus dem brennenden Wrack, der ihnen beiden unsagbar fremd und doch nicht abschreckend erschien. Tom musterte neugierig die schlanke, grazile Körpergestalt des Gestrandeten sowie die beeindruckenden grauen Augen mit den schwarzen wie Diamanten glänzenden Pupillen. Sie dominierten das fremdartige Gesicht nicht nur aufgrund ihrer Größe. Sie zogen einen hypnotisch in den Bann, zwangen einen dazu, ihn anzustarren wie ein Wundertier. Das Wesen schien seine Retter gar nicht wahrzunehmen. Es schloss und öffnete die Lider in stetigen Rhythmus. Anstatt einer Nase besaß der Fremde zwei winzige Öffnungen. Ebenso verhielt es sich mit den Ohren. Der Kopf war vollkommen haarlos. Die fünf Finger an jeder Hand wirkten durchaus menschenartig, wenn auch ungemein feingliedrig. Ebenso zart erschienen die unbedeckten Zehen. Der seltsame Anzug, den er trug, hing nur noch in Fetzen an ihm herab. In seiner arteigenen Nacktheit erschien der Zargonier den Kindern unsagbar hilflos.
»Ich glaube, er stirbt«, klagte Judy weinerlich. »Wir müssen fort von hier.«
Tom nickte nur. Das alles faszinierte ihn derart, dass er die Flammen ringsherum ignorierte. Im Augenblick sah er sich außerstande, seine Empfindungen in irgendwelche Worte zu fassen. Gemeinsam hoben die Kinder den fremden Körper vorsichtig an. Judy umfasste die Füße, während Tom unter die schmalen Achseln griff. Erst jetzt erfasste er, dass der Fremde an den Händen ebenfalls fünf Finger besaß. Die Füße verfügten über vier große Zehen, die denen eines Menschen verblüffend glichen.
Trotz des leichten Körpergewichts des Fremden lief den Kindern der Schweiß in Bächen hinab. Die Hitze des Feuers trug ebenfalls dazu bei, ihre Rettungsaktion zu erschweren. Nur allzu oft mussten sie den Flammen ausweichen und einige Umwege in Kauf nehmen. Die Kinder wurden sich der Lebensgefahr, in der sie schwebten, nicht annähernd bewusst. Hustenanfälle schüttelten sie, der Rauch drang in ihre Atemwege.
Tom ließ den Körper des Wesens vor Schreck fallen, als er plötzlich eine bekannte Stimme vernahm, die nach ihnen rief.
»Tooom! Judyy! Wo seid ihr, um Gottes willen.«
»Hier, Dad«, wollte Tom antworten, doch Judy hielt ihn mit einem warnenden Zischen davon ab.
»Wir müssen ihnen ausweichen, irgendwie«, flüsterte sie. Sie sah vorne zwei strahlende Scheinwerfer, die direkt in den Wald leuchteten. Zudem erkannte sie zwei umherhuschende Schemen, vermutlich die ihrer Eltern. Es konnte nicht mehr lange dauern, da würden sie sie entdeckt haben.
»Ich habe einen Plan«, erklärte Judy, der das lange Haar verschwitzt in die Stirn hing. Das Mädchen sah aus, als müsste es jeden Augenblick zusammenbrechen. Tom wusste, dass die Kleine sehr zäh sein konnte. Zudem hatte sie oftmals gute Einfälle. Diese Fähigkeit kam ihnen hier zugute. Tom war mit seiner Schwester einer Meinung. Ihr Vater durfte das Wesen auf gar keinen Fall sehen. Nicht jetzt. Das fühlte er.
Manchmal verfügten sogar normal veranlagte Menschen über einen sechsten Sinn.