Читать книгу Berufsabschluss für Erwachsene in der Schweiz - Philipp Gonon, Emil Wettstein, Markus Mäurer - Страница 22
3.1.1 Direkte Zulassung zur Abschlussprüfung
ОглавлениеDer direkte Zulassung zur Abschlussprüfung (QV, → Abschnitt 5.1) war anfänglich als Übergangslösung gedacht: Ab 1933 konnten Jugendliche über eine Berufslehre eidgenössisch anerkannte Berufsabschlüsse erlangen. Wer schon früher, mit oder ohne Lehrvertrag, einen Beruf erlernt hatte, sollte aber ebenfalls einen anerkannten Abschluss erwerben können. Deshalb sah das erste, 1930 erlassene Bundesgesetz zur Berufsbildung (Berufsbildungsgesetz, 1930) für Erwachsene mit mehrjähriger Berufspraxis (aber nur für sie) die Zulassung zur Lehrabschlussprüfung ohne vorgängige Lehre vor. Das Prozedere war indessen auch damals nicht neu, sondern fusste auf ähnlichen Bestimmungen in kantonalen Gesetzen aus dem 19. Jahrhundert (Suter, 2013, S. 8).
Die direkte Prüfungszulassung für Erwachsene mit mehrjähriger Berufspraxis wurde in jede neue Fassung des Berufsbildungsgesetzes übernommen, denn immer wieder gab es Personen, die berufliche Kompetenzen auf informellem Weg erworben hatten und im Erwachsenenalter vor der Notwendigkeit standen, einen anerkannten Abschluss nachzuholen.
Zudem entwickelten sich ständig neue Technologien, für die es noch keine regulären Ausbildungen gab, zum Beispiel Automobiltechnik, Elektrotechnik, Kunststoffverarbeitung oder Informatik. Andere Bereiche verselbstständigten sich, zum Beispiel Kosmetik oder Logistik. So entstanden fortwährend neue Berufe und – mit einigen Jahren Verzögerung – auch neue Abschlüsse und damit das Bedürfnis der Pioniere, nachträglich das eidgenössisch anerkannte Zertifikat zu erwerben.
Allerdings beschritten meist Personen, die bereits über eine berufliche Grundbildung verfügten, diesen Weg. Indizien dafür lieferte eine Untersuchung, nach der im Jahr 1991 die Hälfte der Personen, die über die direkte Zulassung zur Abschlussprüfung einen Abschluss erwarben, bereits über eine abgeschlossene Erstausbildung verfügten (Häfeli & Bolli, 1991). In einer andern Studie (Schräder-Naef & Jörg-Fromm, 2005) wurde dieser Anteil 2001 sogar auf 90 Prozent geschätzt.