Читать книгу Das AVIVA-Modell (E-Book) - Manfred Pfiffner, Markus Mäurer - Страница 4
ОглавлениеVon John Hattie | Übersetzt von Markus Maurer
Eine der zentralen Erkenntnisse meiner Forschung zu Visible Learning besteht darin, dass sich Lernergebnisse dann maximieren lassen, wenn Lehrpersonen das Lernen mit den Augen der Lernenden sehen und wenn Lernende dazu befähigt werden, ihre eigenen Lehrpersonen zu sein. Das AVIVA-Modell ist ein hervorragendes Beispiel dafür, wie sich diese Erkenntnis umsetzen lässt. Es argumentiert für ein Gleichgewicht zwischen Anleitung durch die Lehrperson einerseits und den Möglichkeiten für Lernende andererseits, die Welt zu erkunden, Fehler als Lernmöglichkeiten zu sehen und den Lernprozess selbstständig voranzutreiben. Schülerinnen und Schüler lernen zu wissen, was zu tun ist, wenn sie nicht wissen, was zu tun ist.
Das Modell nimmt die vielen bestehenden Zugänge zum Lernen produktiv auf, und fordert Lehrpersonen ausdrücklich auf, kognitive und weiterführende Strategien zu berücksichtigen, welche Lernende in jeder Lektion benötigen, um zwischen oberflächlichen Strategien und Tiefenstrategien zu unterscheiden. Es zeigt entsprechend auch auf, wie bedeutsam Lehrpersonen sind, welche den Lernenden neben dem stofflichen Inhalt auch verschiedene Strategien vermitteln. In unserer eigenen Arbeit sprechen wir von teachers are to DIIE for (Diagnose, Intervene, Implement and Evaluate), was sich auch im AVIVA-Modell widerspiegelt. Die Phasen «Ankommen» und «Vorwissen aktivieren» unterstreichen die Bedeutung einer hervorragenden Diagnose darüber, welche bereits erworbenen Kompetenzen, welche Motivation und welchen thrill Lernende in den Unterricht einbringen können und wie wichtig es ist, ihr Vorwissen zu aktivieren. Entscheidend ist es sodann, passgenaue Interventionen in den Phasen «Informieren» und «Verarbeiten» zu finden und die Phase «Auswerten» so zu gestalten, dass auch sie zu einem Lernzuwachs beiträgt. Ja, Lernen ist harte Arbeit, erfordert Ausdauer und Fähigkeiten (inhaltlich, in Bezug auf Ideen und verschiedene Lernstrategien) und die Kompetenz, allein, in Gruppen und mit Lehrpersonen lernen zu können.
AVIVA ist sowohl eine Denkweise als auch ein Konzept der Unterrichtsplanung – und steht daher über vielen gängigen didaktischen Methoden. Letztere Methoden werden verwendet, um die Denkweise in vorliegendem Buch zu veranschaulichen, und laden Lehrpersonen ein, sich mehr auf die Wirkung ihres pädagogischen Handelns auf die Lernenden zu konzentrieren als darauf, Methoden möglichst gemäß Lehrbuch im Unterricht umzusetzen, selbst dann, wenn sie im gegebenen Kontext allenfalls nur wenig Wirkung erzeugen. Daher sollte der Schwerpunkt weniger auf der Art und Weise liegen, wie Lehrpersonen unterrichten, als vielmehr auf der Wirkung ihres Unterrichts. Wir brauchen auch mehr Zugänge im Denken darüber, wie Lernende sich entwickeln, insbesondere ein besseres Verständnis davon, wie Schülerinnen und Schüler verschiedene Lernstrategien anwenden, ihre Ausdauer fördern sowie ihre Fähigkeit verbessern, Wissen zu festigen, Konzepte in Beziehung zu setzen und diese auf gegenwärtige und zukünftige neue Probleme und Situationen zu beziehen. Ich finde es faszinierend, dass viele Fünfjährige dies können, und sehe mit Bedauern, dass zu viele im Alter von acht Jahren denken, dass ihre Rolle darin besteht, zum Unterricht zu kommen und den Lehrpersonen bei der Arbeit zuzusehen. AVIVA stellt dies auf den Kopf und hilft Pädagoginnen und Pädagogen, die Wirkung ihres Unterrichts aus den Augen der Schülerinnen und Schüler zu sehen, und ermöglicht es ihnen, zu ihren eigenen Lehrpersonen zu werden.
AVIVA ist auch ein hebräischer Name, der jugendlich bedeutet. Es wird also noch viel mehr kommen, wenn dieses Modell umgesetzt wird, seine Evidenzbasis wächst und seine Reichweite verfeinert und erweitert wird. Dieses Buch ist eine wunderbare Möglichkeit für Lehrpersonen, mithilfe des Modells über die Methoden hinaus zu schauen, um so den Lern- und Lebensweg von jungen Menschen in sinnhafter Art und Weise zu beeinflussen.
John Hattie ist Laureate Professor an der Melbourne Graduate School of Education