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ОглавлениеII – Periodensystem der anderen Art
„Je mehr sich eine Gesellschaft von der Wahrheit entfernt, desto mehr wird sie jene hassen, die sie aussprechen.“
(George Orwell)
Nur nicht überanstrengen
Der Fortschritt der menschlichen Spezies ist wahrhaft beeindruckend. Noch vor etwa 12.000 Jahren waren die paar Millionen Menschen, die auf der Erde herumwanderten, Jäger und Sammler. Eine schlechte Jagdsaison konnte zu Hungertoten im darauffolgenden Jahr führen. Jetzt, nur ein gutes Dekamillenium später, in anthropologischer Hinsicht ein Wimpernschlag, sitzen wir in beheizten Räumen, werden zu dick aufgrund zu hoher Kalorienzufuhr und fliegen zum Kurzurlaub nach London. Jedenfalls solange man in einem Industrieland lebt und nicht prekär beschäftigt ist.
Wodurch wurde diese in der Geschichte der Erde einmalige Transformation der Lebensweise eines Tieres ermöglicht? Die Entwicklung des Gehirns war der Funke, der den Menschen über die restliche Fauna erhob. Aber was oftmals dabei vergessen wird: Der Geistesblitz eines einzelnen Individuums hat den Ausschlag gegeben, um den Alltag seiner Sippe und bald darauf auch vieler weiterer Gruppen zu vereinfachen und zu verbessern. Der erste Mensch, der sich an einen brennenden Ast nach einem Blitzeinschlag herantraute, der erste Mensch, dem auffiel, dass bestimmte Steine Funken werfen, wenn man darauf schlägt, der erste Mensch, der einen Stein bearbeitete, um daraus ein Werkzeug zu formen. Diese Liste ließe sich endlos fortsetzen, um schließlich bei Edmond Cartwright oder Benjamin Franklin zu landen. Allerdings konnten die Erfinder nicht immer mit der Gegenliebe ihrer Zeitgenossen rechnen. Die Erfindung des automatischen Webstuhls durch Cartwright löste etwa massive Unruhe aus. Die Maschinenstürmer zerstörten aus Angst um die Existenz ihre mechanischen Arbeitsplatzvernichter.
Die Geschichte ist voller weiterer kluger Köpfe, deren Erfindungen ihnen nicht Ruhm und Erfolg, sondern nur Schwierigkeiten und Armut einbrachten. Wie etwa William Lee und Denis Papin. Lee präsentierte 1589 den ersten Strickautomaten, der so schnell arbeitete wie sechs Stricker. Ein Patent darauf wurde ihm jedoch verwehrt, weil die damalige englische Königin Elisabeth I. fürchtete, die arbeitslosen Stricker könnten für Unruhen sorgen.
Auf den Zorn der Etablierten stieß auch die Erfindung von Papin: ein teilweise dampfgetriebenes Boot. Dieses wurde von der Mündener Schiffergilde zerstört. Angst vor Veränderungen befällt sowohl Arbeiter, die um ihren Broterwerb bangen, als auch die Herrschenden, die sich vor den in der Folge arbeitslosen Untertanen fürchten.
Viele kluge Menschen haben sich bereits mit dem Phänomen auseinandergesetzt, dass – wann immer möglich –, geistige Nonkonformität vermieden wird: „… diejenigen, die es wagten, aus der kulturellen Matrix zu entfliehen, [ziehen] nur selten Vorteile aus dem übermäßigen Gebrauch der Vernunft. […] Arthur Schopenhauer meinte, die tiefe Abneigung gegen geistige Anstrengung sei ein typischer Wesenszug unserer Spezies: ‚Die große Mehrzahl der Menschen ist so beschaffen, dass ihrer ganzen Natur nach es ihnen mit nichts Ernst sein kann als mit Essen, Trinken und sich Begatten‘. Aus evolutionsbiologischer Perspektive ist das verständlich: Warum auch sollte der Mensch sein ressourcenintensives Denkorgan über Gebühr strapazieren, wenn sich solcher Ressourcenverbrauch augenscheinlich gar nicht lohnt?“1 Wer sich dennoch seines Denkorgans in übermäßiger Weise bediente, konnte vielfach auf das Misstrauen und sogar die Verfolgung durch die Oberen und die aufgestachelte Masse rechnen. Besonders dramatisch wird es oft, wenn auch noch die vielbeschriebene Schwarmintelligenz ins Gegenteil umschlägt. Friedrich Nietzsche brachte es auf den Punkt: „Der Irrsinn ist bei Einzelnen etwas Seltenes – aber bei Gruppen, Parteien, Völkern, Zeiten die Regel.“
Ein Großteil der Bevölkerung lebt ein wissenschaftsfernes Leben. Für sie gilt als oberste Maxime: „Führe ein angenehmes Dasein. Die Auseinandersetzung mit Themen unter Beachtung von formellen Standards zählt dazu sicher nicht. Es ist daher auch nicht überraschend, dass sich in der Bevölkerung eine große Informationswüste ausgebreitet hat. In dieser werden immer wieder Korrelation und Kausalität gleichgesetzt. (Positive) Korrelation bedeutet, dass zwischen zwei Merkmalen ein Zusammenhang besteht. Allerdings kann man daraus nicht schließen, dass ein Merkmal die Ursache für das andere Merkmal darstellt (Kausalität). Ein Beispiel: Man kann feststellen, dass Männer mit Glatze reicher sind als Männer ohne Glatze. Sollten sich deshalb alle Männer den Kopf kahl rasieren? Natürlich nicht. Denn beide Merkmale, Reichtum und Glatze, weisen zwar eine Korrelation auf, aber keine Kausalität. Mit dem Alter steigt der Anteil der Männer mit Vollscheitel. Da ältere Männer auch durchschnittlich reicher sind, ergibt sich diese Korrelation.
Auch um die Allgemeinbildung ist es in der Bevölkerung nicht gut bestellt. „Fast die Hälfte der Deutschen weiß nicht, wofür Erst- und Zweitstimme eigentlich gut sind.“2 Bei einer Emnid-Umfrage konnten nur elf Prozent der Befragten beantworten, was man unter Tarifautonomie versteht.3 Als einer der Grundpfeiler etwa zur Findung der Lohnhöhe wichtig für alle Arbeitnehmer – und dennoch herrscht darüber weitverbreitete Unkenntnis. „Dass Kurt Beck SPD-Chef war, wussten selbst ein Jahr nach seinem Amtsantritt im April 2006 nur 35 Prozent.“4
Bei so wenig grundlegendem Wissen über politische Begebenheiten stellt sich unwillkürlich die Frage, nach welchen Kriterien diese Menschen ihre Wahlentscheidung treffen. Wen verwundert da noch die Aussage Winston Churchills: „Das beste Argument gegen Demokratie ist ein fünfminütiges Gespräch mit dem durchschnittlichen Wähler.“
Mentale Buchstaben- und Zahlensuppe
Sicher wird man in Deutschland nur wenige Menschen finden, die bar jeder Kenntnis über Buchstaben und Wörter sind – ausgenommen durch bei Krankheiten oder Unfällen hervorgerufene Gehirnschädigungen. Was man jedoch neben diesem Analphabetismus im engeren Sinne finden kann – in einer viel größeren Zahl als man annehmen würde – ist sogenannter Funktionaler Analphabetismus. „[Dieser] ist gegeben, wenn die schriftsprachlichen Kompetenzen von Erwachsenen niedriger sind als diejenigen, die minimal erforderlich sind und als selbstverständlich vorausgesetzt werden, um den jeweiligen gesellschaftlichen Anforderungen gerecht zu werden. Diese schriftsprachlichen Kompetenzen werden als notwendig erachtet, um gesellschaftliche Teilhabe und die Realisierung individueller Verwirklichungschancen zu eröffnen.“5 Was hier kompliziert definiert wird, heißt umgangssprachlich ausgedrückt: Wer zwar einzelne Sätze lesen, aber keine Texte verstehen kann, ist von funktionalem Analphabetismus betroffen. Dies sind in Deutschland etwa 14 Prozent der erwerbsfähigen Bevölkerung, das entspricht ungefähr 7,5 Millionen funktionalen Analphabeten in Deutschland.
Zudem findet sich bei weiteren 25 Prozent der erwerbsfähigen Bevölkerung – das sind über 13 Millionen Menschen in Deutschland – fehlerhaftes Schreiben trotz gebräuchlichen Wortschatzes.6 Zusammengefasst lässt sich feststellen, dass über 40 Prozent der Deutschen im erwerbsfähigen Alter nicht in der Lage sind, Texte angemessen fehlerfrei zu verfassen. Männer schneiden in dieser Hinsicht schlechter ab. So liegt bei ihnen der Anteil der funktionalen Analphabeten bei 17,4 Prozent – im Gegensatz dazu bei den Frauen bei nur 11,6 Prozent.7 Nach Alter aufgeschlüsselt fällt auf, dass die Lesefähigkeit mit dem Alter wieder abnimmt. Durch mangelnde Übung verlernen einige Menschen die einmal erworbenen Kenntnisse wieder. Diese Illiteralität tritt besonders bei Menschen auf, die Deutsch nicht als Erstsprache erlernten. Ihr Anteil an den funktionalen Analphabeten beträgt über ein Drittel, obwohl ihr Bevölkerungsanteil nur bei 15 Prozent liegt.
Hier zeigt sich, wie wichtig es ist, dass die Vermittlung von Lese- und Schreibfähigkeiten gefördert wird – sei es in der Schule bei nicht Deutsch sprechenden Kindern oder in der Erwachsenenbildung. Als Lohn winkt eine bessere Inklusion der Geförderten in die Gesellschaft, welche zudem das Entstehen von separierten Gruppen verhindert und auch in wirtschaftlicher Hinsicht positiv wirkt. Dass dies bisher nur eingeschränkt funktioniert hat, zeigt sich darin, dass der Lohnabstand zwischen Gastarbeitern und Einheimischen auch mit zunehmender Aufenthaltsdauer langfristig bestehen bleibt – ganz im Gegensatz zu Erfahrungen in anderen Ländern.8
In der Studie leo. (Level-One) wurde festgestellt, dass 57 Prozent der funktionalen Analphabeten in Deutschland angeben, erwerbstätig zu sein.9 Allerdings sind gerade sie es, die in schlecht bezahlten Stellen einfache un- oder angelernte Tätigkeiten verrichten und immer wieder Gefahr laufen, arbeitslos zu werden. Der Grad der Lese- und Schreibkompetenz – das Sprachkapital – und die weiteren Fähigkeiten einer Person (d. h. das sonstige Humankapital) sind in vielerlei Hinsicht wechselseitig miteinander verbunden. Zum einen bildet das Sprachkapital seinem Wesen nach überhaupt erst die Grundlage für den Erwerb weiteren Humankapitals. Beim Erlernen der Sprache handelt es sich um eine „Basisinvestition“.10 Mehr als eine Basis sollte eine korrekte Sprache für jeden Studenten darstellen, aber gerade auch hier scheinen die Sprachfähigkeiten immer weiter abzunehmen.
Ruft jemand, der mit der Rechtschreibung auf Kriegsfuß steht, in weiten Teilen der Bevölkerung noch Befremden hervor, stellt sich dies bei Dyskalkulie ganz anders dar. Hat doch fast jeder aus seiner Schulzeit von Anekdoten seines Kampfes mit der Zahlenwelt zu vermelden. Wer Probleme mit der Prozentrechnung hat, gehört zur Mehrheit. Deutsche und amerikanische Studien besagen übereinstimmend, dass die meisten Leute Schwierigkeiten mit der Beantwortung folgender Frage haben: Wenn 1 Prozent einer Gruppe Krebs bekommt, wie viele sind das dann bezogen auf 1000 Personen? Amerikanische Ärzte haben diese Frage 300 zufällig ausgewählten Freiwilligen gestellt. Fast die Hälfte gab eine falsche Antwort. […] Noch größer waren die Schwierigkeiten, wenn die Probanden aufgefordert wurden, die Häufigkeit 1 von 1000 Personen in Prozent auszudrücken: Die richtige Antwort – 0,1 Prozent – wusste nur jeder siebte Testkandidat.“11
Nur eine Minderheit der Bevölkerung fühlt sich wohl, wenn sie mit Mathematik konfrontiert wird. Wahrscheinlichste Begründung: Es ist ein Fach, in dem man durch Auswendiglernen nur wenig und durch verbale Begabung so gut wie überhaupt nichts erreichen kann. Denn es besteht eine hohe Korrelation zwischen Mathematikzensuren in der Schule und dem Intelligenzquotienten. Dieser Zusammenhang ist so stark, dass schon Charles Spearman, einem Pionier der Intelligenzforschung, aufgefallen war, dass mathematisch begabte Schüler auch in anderen Fächern bessere Leistungen erzielten. Es besteht die Tendenz bei intellektuell durchschnittlich begabten Menschen, sich gegen geistig überlegene Mitmenschen abzugrenzen, da sie sich von ihnen bedroht fühlen. Dies zeigt sich besonders am Arbeitsplatz, wo „Intelligenzbestien“ als gruppenschädlich eingestuft werden. Zum einen demoralisieren sie die Kollegen, da sie ihre Aufgaben schneller erledigen, zum anderen wird ihnen das Streben nach einer schnellen Karriere unterstellt.
Alle machen mit
Menschen fürchten sich allgemein vor den falschen Dingen, nicht zuletzt weil die Medien ihre Berichterstattung nicht an den Grad der Bedrohung anpassen, sondern aus jeder Mücke einen Elefanten machen, um Aufmerksamkeit zu erregen. Als Beispiel seien hier zwei Lebensmittelskandale aus dem Jahr 2011 genannt. Fall 1: Dioxid in Hühnereiern. Fall 2: Ehec-Erreger. Während sich im ersten Fall das Dioxin erst langsam vermutlich ohne gesundheitliche Folgen im Körper anreichert, starben durch Ehec 53 Menschen in Deutschland. Nach einer Umfrage wurden die Gefahren jedoch für beide Bedrohungen etwa gleich bewertet. Aus diesem Grund möchte der Psychologe Gerd Gigerenzer bereits in der Schule den statistischen Analphabetismus bekämpfen: „Statistisches Denken ist eine der wichtigsten Fähigkeiten für das 21. Jahrhundert.“12
Bei Versuchen mit autistischen Kindern, Gleichaltrigen ohne diese Erkrankung und mental gleich weit entwickelten Kindern fanden englische Forscher heraus, dass Autisten in eine Aufgabenstellung eingebaute unsinnige Handlungen nicht so oft wiederholten. Sie hielten sich an die Lösung der Aufgabe, während die typischen Kinder in vielen Fällen auch die dazu nicht notwendigen Schritte kopierten. Und das obwohl ihnen klar war, dass dies zur Aufgabenlösung nicht notwendig war. Die Wissenschaftler vermuten, dass die getreue Nachahmung zu einer stärkeren sozialen Bindung beiträgt. „Der Mensch ist der Affe, der am besten nachäffen kann. […] [Diese] Fähigkeit zu genauer Imitation ist die Wurzel aller menschlichen Kulturleistungen, allerdings: Sie ist auch die Wurzel aller menschlichen Dummheit.“13
Periodensystem des irrationalen Unsinns
Viele Menschen stehen rationalem, wissenschaftlichem Denken alles andere als aufgeschlossen gegenüber. Ob dies nun an der fehlenden, dafür notwendigen Basis liegt, oder nur reine Bequemlichkeit dahinter steht, muss an dieser Stelle ungeklärt bleiben. Dass viele Zeitgenossen jedoch dem mit Wissenschaft nicht Fassbaren nahe stehen, ist in Anbetracht der Probleme, vor der die Menschheit steht, als sehr bedenklich anzusehen.
Crispian Jago hat aus dem „irrationalen Unsinn“, wie er es bezeichnet, ein eigenes Periodensystem entwickelt. Dort finden sich in mehreren Gruppen zusammengefasst alle möglichen und unmöglichen Unsinnigkeiten. Im Spinner-Block verortet er zunächst die Spiritisten – die davon überzeugt sind, dass man Kontakt mit Verstorbenen aufnehmen kann. Und diese können sich dabei sogar lebender Menschen bedienen, um mittels Channeling mal wieder mit alten Bekannten zu quatschen. Beides kombiniert ergibt dann eine Séance, bei der mehrere Personen versuchen, mit Hilfe eines Mediums Kontakt zur Welt der Toten aufzunehmen.
Auch die angeblichen Entführungsopfer von Aliens sowie Menschen, die an einen außerirdischen Hintergrund der Kornkreise glauben, subsumiert Jago hier. Auf Besuch von ganz weit her beziehen sich auch die Raëlianer, für die das Klonen der Auftakt zur Unsterblichkeit sein soll. Zu den „Pyramidioten“ zählt zum Beispiel Erich von Däniken, der den Begriff „Prähistorische Astronauten“ geprägt hat. Für ihn ist klar, dass Außerirdische die ersten Hochkulturen ermöglicht haben. Ein so phantasiereiches Konstrukt, dass zahlreiche Hollywood-Streifen dieses Thema aufgegriffen haben. Auch nur zu Besuch auf der Erde sind die Plejadier – Engel in Menschengestalt.
In der irrationalen Tierwelt tummelt sich so einiges im Wasser, an Land und in der Luft. Immer wieder taucht etwa das Monster von Loch Ness auf. Reale Konkurrenz bekommt es in den letzten Jahren vor allem im Loch Sommer von Krokodilen oder beißwütigen Alligatorschildkröten. Haariger ist die Sache da schon bei Bigfoot und dem Yeti, die sich trotz modernster Überwachungsmaßnahmen immer noch in den Rocky Mountains und dem Himalaya verstecken. Weit verbreitet ist in Südamerika der Glaube an einen tierischen Vampir, den Chupacabra.
Das nächste Fabelwesen hat sogar Richard Gere schon gesehen. Die Rede ist vom Mothman, oder auch Mottenmensch, der angeblich in den USA auftauchte, ein schweres Brückenunglück ankündigte und in „Die Mothman Prophezeiungen“ auf den Kinoleinwänden erschien. Während der Mothman ein modernes Fabelwesen darstellt, können die Elfen auf eine lange Geschichte zurückblicken. Aus der nordischen Mythologie stammend konnten sich die Lichtgestalten oder Naturgeister bis in die heutige Zeit retten. Aus der Überlieferung der Aborigines in Australien hat sich das „Wissen“ um den Bunyip gehalten. Dieses sagenhafte Tier lauert angeblich im Wasser auf seine Opfer.
Besonders weit verbreitet sind für Crispian Jago laut seinem Periodensystem des irrationalen Unsinns die Leichtgläubigen. So sehen manche in leuchtenden, kreisrunden Scheiben in fotografischen Aufnahmen gerne Geisterflecke, wobei diese „Orbs“ meist durch Nutzung von Blitzlicht entstehen. Positiv auf Gesundheit und Wohlbefinden sollen sich Heilsteine auswirken. Darunter werden vor allem Minerale verstanden, die durch Auflegen auf betroffene Körperteile, Einlegen in Wasser oder Cremes oder das Tragen am Körper ihre Wirkung entfalten sollen.14
Vor allem Teenager schwärmen seit ein paar Jahren für die Blutsauger unter uns. Der Vampirmythos ist breit gefächert und schon sehr alt, wird jedoch in letzter Zeit immer mehr von den Zombies verdrängt. Die Untoten übernehmen gerne mal die Weltherrschaft, wenn nicht Helden wie Brad Pitt sie daran zu hindern suchen. Eng verbunden mit den Zombies ist Voodoo, eine überwiegend kreolische Religion, in der weiße und schwarze Magie eine große Rolle spielen. Wer hat nicht in seinem Schrank die Puppenpendants seiner ärgsten Feinde herumliegen, um an diesen einen Analogiezauber auszuführen?
Einen tieferen Sinn entdeckt mancher in der Anordnung von Landmarken, den Ley-Linien. Diese werden als Strömungen magischer Energie aufgefasst, die als Kraftquelle für magische Zwecke genutzt werden kann. Sehr vital ist für die Vitalisten auch eine Lebenskraft, welche die Grundlage alles Lebendigen darstellt. Den Tod überdauert angeblich der Astralkörper, der den Menschen umgibt. Noch eine weitere Stufe dazwischen mochte Rudolf Steiner mit dem Ätherleib erkennen. In der von ihm begründeten Anthroposophie soll der Mensch in seiner Beziehung zum Übersinnlichen betrachtet werden. Den bereits erwähnten „ätherischen Leib“ bildet der Mensch nach Steiners Ansicht im Alter von 8 bis 14 Jahren. Anschließend entwickelt sich sieben weitere Jahre der Astralleib. Um den Kindern diese Entwicklung ungestört zu ermöglichen, erschuf der Esoteriker die Waldorfpädagogik, die derzeit in über 200 staatlich anerkannten Schulen in Deutschland die Grundlage für den Unterricht darstellt. Vielleicht lernen die Kleinen dort dann neben Rechnen und Schreiben auch, wie man in der Akasha-Chronik, dem übersinnlichen „Buch des Lebens“ lesen kann.
Während viele Hobbyforscher auf historischen Landkarten nach dem mystischen versunkenen Atlantis suchen, ist eine Karte ganz anderer Art zur Suche nach den sieben Chakren nötig. Diese Hauptenergiezentren des Menschen sollen – weiterentwickelt aus traditionellen südasiatischen und chinesischen Überlieferungen – nach esoterischen Lehren auch mit dem schon bekannten Astralkörper verbunden sein. Wer bereits nach den Chakren sucht, kann dabei auch gleich nach dem Qi Ausschau halten, den alles durchdringenden kosmischen Geist. Bleibt nur zu hoffen, dass er bei der Suche nicht wie angeblich viele Schiffe und Flugzeuge im Bermuda-Dreieck auf Nimmerwiedersehen verschwindet. Besonders die Aura, die Kinder umgibt, hat es manchem Esoteriker angetan. So sind angeblich nahezu alle Kinder heutzutage sogenannte Indigo-Kinder, deren Aura indigofarben ist. Diese zeichnen sich durch ganz besondere psychische und spirituelle Eigenschaften aus. Bei Eltern, die bei ihren Kindern eine solche Aura feststellen, mag dies auch nicht überraschen.
Schon Plutarch wusste, „der Tod ist das Ende aller Dinge des menschlichen Lebens, nur des Aberglaubens nicht.“ So ist es auch nicht verwunderlich, wenn sich um das Ableben immer noch zahlreiche Mythen ranken. Ob es sich dabei um die Reinkarnation, also die Wiedergeburt dreht, oder das Karma, der Glaube an die Folgen der eigenen Handlungen auch auf die nachfolgenden Leben, über ein Weiterleben nach dem Tod haben schon unsere Vorfahren intensiv nachgedacht. Für manche Wissenschaftler liegt hierin sogar die Geburtsstunde der Religionen, auf die ich weiter unten näher eingehen werde.
Nach einem Herzstillstand berichtet etwa jeder fünfte Überlebende von Nahtoderfahrungen. Forscher der University of Michigan in Ann Arbor haben bei Versuchen mit Ratten nachgewiesen, dass die Hirnaktivität kurz nach Eintritt des Herzstillstandes bei diesen stark ansteigt.15 Dies könnte die Erfahrungen erklären, von denen die Patienten berichten: Blick in einen „Tunnel“, Verlassen des eigenen Körpers oder Rückschau auf das eigene Leben. Mit einem Blick ins Jenseits haben diese jedoch wenig zu tun.
Man muss nicht an Superhelden glauben, um Levitation für möglich zu halten. Der wissenschaftliche Nachweis lässt zwar nach wie vor auf sich warten, dennoch sind immer wieder Menschen davon überzeugt, dass man ohne Hilfsmittel schweben kann. Schweben können auch Geister, die immer noch nicht ausgerottet werden konnten – trotz Ghostbusters, Ghostbusters II und Melinda Gordon.
Wer gerade dabei ist, die Bibel nach einem Code zu durchsuchen, in dem angeblich Mitteilungen versteckt wurden, kann anschließend auch noch nach den passenden Stellen suchen, um den nächsten Exorzismus gleich selbst ausführen zu können. Denn wie heißt es so schön: Die Bibel im Haus ersetzt den Pater.
Besonders interessant wird die Parapsychologie, wenn sich das US-Militär dafür interessiert. Dabei muss gar nicht – wie bei George Clooney der Fall – auf Ziegen gestarrt werden. Man kann auch versuchen, mittels Fernwahrnehmung und dem Einsatz von 20 Millionen Dollar, während des Kalten Krieges Informationen über Atomraketen und geheime Militärgelände zu erlangen.16 Aber nicht nur die Streitkräfte vertrauen gerne auf die Unterstützung durch übersinnlich Begabte. Darauf vertraut auch immer wieder die Polizei – unter anderem bei der Aufklärung der NSU-Mordserie, die im siebten Kapitel dieses Buches noch Thema sein wird, bei der die Hamburger Ermittlungsbehörden einen iranischen „Metaphysiker“ zu Rate zogen.17 Aber die Hamburger Polizisten stehen hier nicht allein – nach dem Sprengstoffattentat der Terrorgruppe in Köln befragten Kripo-Beamte eine Wahrsagerin. Vielleicht hätten die Ermittler ja auch einfach nur ein Ouija, ein Hexenbrett, in die Hand nehmen sollen, um die Mörder zu identifizieren.
Besonders beliebt in der Bevölkerung ist der Glaube an Wunder. So gaben bei einer Umfrage 2006 56 Prozent der Befragten an, an solche zu glauben. Mag es da noch „verwundern“, dass auch immer noch der Zauber der Hexen und Hexer unter uns vermutet wird?
Ein eigener Block unter den Leichtgläubigen ist im Periodensystem Jagos den Quacksalbern gewidmet. An erster Stelle steht hier die Homöopathie. Diese möchte ich stellvertretend für andere Irrationalitäten einmal genauer unter die Lupe nehmen. Sie wird wissenschaftlich von ihrer Begründung an bezweifelt und erfreut sich dennoch großer Beliebtheit.
Potenzen, Potenzen, Potenzen
Seit Samuel Hahnemann 1810 die Grundlagen zur Homöopathie unter dem Titel „Organon der rationellen Heilkunde“ veröffentlichte, dauert der Streit an, ob diese Heilmethode – über den Placeboeffekt hinaus – eine positive Wirkung hat. Auch heutzutage existiert kein wissenschaftlicher Beweis für diese Behauptung. Und da ein Nichtbeweis – hier von der Wirksamkeit – nahezu unmöglich ist, kann man nach wissenschaftlichen Grundregeln folgern, dass es keine positive Wirkung gibt. Um diesem Dilemma zu entgehen, haben sich die Apologeten der Homöopathie sogar eine eigene „Wissenschaftliche Gesellschaft für Homöopathie“ angeschafft, um sich einen wissenschaftlich aussehenden Wirksamkeitsbeweismantel umhängen zu können. Besonders perfide ist hingegen der Trend, sich auch in Hochschulen einzuschleichen. Türöffner ist hier die Pharmaindustrie, die mit den Zuckerkügelchen, Tropfen und Pillen im Jahr 2011 nach Angaben des Bundesverbandes der Arzneimittelhersteller einen Umsatz von knapp 400 Millionen Euro machte. Nicht schlecht für ein wenig Zucker und viel Hokuspokus.
Auch für die Ärzte, die in den letzten Jahren von den Krankenkassen auf eine angebliche Finanzdiät gesetzt wurden, kann sich die Homöopathie durchaus lohnen, weshalb sich viele der Halbgötter in Weiß damit arrangiert haben. Die fehlende Wirksamkeit trifft auf die – mutmaßlich – fehlenden Nebenwirkungen. Das Gleiche gilt für die Dritten im Bunde, die Apotheker, die mit Homöopathika auf der sicheren Seite stehen.
Dass in diesem Trauerspiel auch die Politik keine gestaltende Rolle übernimmt, bedarf eigentlich keiner Erwähnung mehr. Aus den zahllosen Unterstützern sei hier nur die Ministerpräsidentin des Landes Rheinland-Pfalz, Malu Dreyer, herausgegriffen, die sagte: „Ich bin mir sicher, dass die Homöopathie ihren Platz im deutschen Gesundheitswesen nicht nur behaupten, sondern in den kommenden Jahren noch ausbauen kann.“18 Und für die Krankenkassen gilt, dass sie das Geld, das sie zuvor bei sinnvollen Behandlungsmethoden eingespart hatten, wieder für Homöopathie ausgeben können, um damit im Konkurrenzkampf eine bei den Versicherten beliebte Leistung anbieten zu können.
Wer sich eingehend damit beschäftigt, wie Hahnemann den Geistesblitz zu seiner Behandlungsmethode hatte, wird sich fragen, wie sich diese nach den Fortschritten der klassischen Medizin bis in unsere Tage retten konnte und sogar an Zuspruch gewinnen kann. Den Grundsatz „Similia similibus curentur – Ähnliches wird durch Ähnliches geheilt“ erhob er zu seinem Leitspruch, nachdem er in einem Selbstversuch Chinarinde gegessen hatte. Diese wurde damals eingesetzt, um Malaria zu heilen. Da er nach der Einnahme Fieberschübe bekam, ging er davon aus, dass Arzneimittel, die Kranke heilen, bei Gesunden einen gegenteiligen Effekt hervorrufen. Ohne wissenschaftlichen Beweis begründete er somit eine neue Heilmethode. Im nächsten Schritt bestimmte Hahnemann, nachdem er festgestellt hatte, dass seine Methode für den Patienten gefährlich werden konnte, wenn er etwa einem Fieberkranken die Körpertemperatur steigernde Mittel verabreichte, dass die Wirkstoffe dynamisiert beziehungsweise potenziert werden müssten. Dies sollte im Endeffekt dazu führen, dass die Materie „sich zuletzt gänzlich in ihr individuelles geistartiges Wesen auflöse.“19
War die Ablehnung der wissenschaftsbasierten Medizin zu Zeiten Hahnemanns mit ihren brutalen Methoden verständlich, kann sie heute gefährlich werden – oder sogar tödlich, wenn bei schweren Krankheiten auf die Homöopathie vertraut wird.
Weshalb sich die Homöopathie so großer Beliebtheit erfreut, hat mehrere Gründe. Zunächst einmal findet die Arzneimittelprüfung an Gesunden statt. Nicht gerade ein Test unter Volllast. Zudem macht sich die Homöopathie die Selbstheilungskraft des menschlichen Körpers zunutze. Während man bei wissenschaftsbasierter Medizin von Herumdoktern sprechen würde, wenn verschiedene Medikamente hintereinander auf ihre Wirkung getestet werden, legt man den alternativen Medizinern dies als Gründlichkeit aus. Und abschließend kann sich die Homöopathie immer noch auf die Allopathie – also die pejorativ Schulmedizin genannte wissensbasierte Medizin – herausreden. Denn je schwerer die Erkrankung, desto wahrscheinlicher der Fall, dass die Behandlung mit den „vermutlich teuersten Süßigkeiten der Welt“20 nicht wirkt. Schuld ist dann aber natürlich die normale Behandlungsmethode. Während ein Erfolg bei der Behandlung selbstverständlich durch die Homöopathie erreicht wurde.21 Was für ein phantastisches System im uns alle umgebenden Affentheater.
Laut zweier Umfragen stieg zwischen 1970 und 2009 in den alten Bundesländern die Zahl derer, die schon einmal homöopathische Mittel verwendet hatten, von 24 auf 57 Prozent. Die genaue Funktionsweise dieser Behandlungsmethode war jedoch nur den Wenigsten bekannt. So konnten nur 17 Prozent eines der homöopathischen Grundprinzipien nennen.22 Zugrunde liegt hier oft eine ablehnende Haltung gegenüber der wissenschaftsbasierten Medizin. Ungeachtet dessen, dass es unzählige wissenschaftliche Arbeiten, Medienberichte und Bücher über die Wirkungslosigkeit der Homöopathie gibt, nimmt der Glaube an die Wirksamkeit dieser Behandlungsmethode sogar noch weiter zu. Es scheint so, als wollten viele Menschen unbedingt daran glauben. Aus diesem Grund werden Kritiker attackiert, wovon zahlreiche Journalisten ein Lied singen können.
Im Gegensatz zum Simile-Prinzip in der Homöopathie sollen die Essenzen bei der Bach-Blütentherapie als positiver Gegenpol eine Harmonisierung negativer Seelenzustände direkt bewirken.
Weder Chiropraktik oder Reflexzonenmassage noch Rolfing (Verbindung von Bindegewebsmassage und Körperarbeit) oder Colon-Hydro-Therapie – dabei werden etwa zehn Liter Wasser in den Darm geleitet, abwechselnd 21 und 41 Grad Celsius warm – verfügen über wissenschaftlich belegbare Beweise für über den Placeboeffekt hinausgehende Behandlungserfolge.
Für die Osteopathie gilt dies abgesehen von wenigen Indikationen ebenfalls. An „Schlacken“ aus dem Körper ausleitenden Methoden steht nicht nur die Colon-Hydro-Therapie zur Verfügung. Angeboten werden hier auch Schröpfen, Einläufe, Abführmittel und Fastenkuren, um nur einige zu nennen. Beweise für eine Entgiftung liegen in keinem Fall vor.
Der Unsinn wuchert
Die Bedeutung der Pharmaindustrie wurde bei der Homöopathie bereits angesprochen. „Was in den vergangenen Jahren an neuen Wirkstoffen auf den Markt kam, brachte nur begrenzte Verbesserungen. […] Nur der Preis der Medikamente [war] wirklich innovativ: Die neuen Medikamente waren meist nicht wirkungsvoller als ihre Vorgänger, dafür aber bis zu 350-mal teurer.“23
Aber auch auf einem Gebiet, das zunächst wenig mit Medikamenten und den damit verbundenen Umsätzen in Verbindung gebracht wird, haben die Konzerne sich einen hervorragenden Stand gesichert: bei der Krebsvorsorge. In diesem emotionalen Bereich ist es ein Leichtes, die Frühvorsorge als perfekte Möglichkeit darzustellen, um unnötiges Leid zu vermeiden.
Allerdings muss genau darauf geachtet werden, dass der Nutzen den Schaden überwiegt. Weil die Gesunden immer weit in der Überzahl sind, hat Früherkennung wesentlich häufiger Fehlalarm bei diesen als richtige Befunde bei Erkrankten zur Folge.
Es gibt einige Vorsorgearten, die den Test des überwiegenden Nutzens nicht bestehen. Dabei kommt den Apologeten der Vorsorge zugute, dass die Gesellschaft Taten höher bewertet als Beweise.
Wenn behauptet wird, durch eine Früherkennung könne das Risiko, an Krebs zu sterben, um 30 Prozent verringert werden, führt dies oftmals zu einem Missverständnis. Denn diese Zahl besagt nicht, dass von 100 Teilnehmern 30 darauf hoffen können, nicht an Krebs sterben. Nur die Zahl der Krebstoten sinkt um 30 Prozent. Dies kann bedeuten, dass von 1000 Menschen, nicht mehr 10 Menschen an Krebs sterben, sondern nur noch 7 Menschen. Auf die 1000 Menschen bezogen bedeutet dies eine Verringerung des Risikos um 0,3 Prozent. Und sogar die Berechnung des Rückgangs der Sterblichkeit durch Vorsorgeuntersuchungen ist mit Vorsicht zu genießen. Denn Personen, die an solchen Untersuchungen teilnehmen, sind oftmals generell gesundheitsbewusster. Zudem kann Früherkennung nicht immer dafür sorgen, dass der Krebs besiegt wird. Damit verlängert sich lediglich der Zeitraum, in dem der Krebs bekannt war. Die Früherkennung führt bei einer nicht erfolgreichen Therapie im schlimmsten Fall sogar zu einer sinnlosen Behandlung. Außerdem werden bei den Vorsorgeuntersuchungen vor allem langsam wachsende Tumore gefunden, die eine höhere Heilungsaussicht aufweisen. Aggressive Tumore hingegen werden oftmals von den Patienten selbst entdeckt.24
Krankenkassen müssen sich nicht selten „dem Druck der Wartezimmer“ beugen. Denn wenn eine Behandlungsmethode erst einmal als wirksam in den Köpfen der Versicherten verankert ist – auch wenn Beweise dafür fehlen – würden Versicherte zu anderen Kassen wechseln, wenn diese Leistung nicht erbracht würde. Die Pharmabranche hat hier gute Mittel und Wege gefunden, um das Vertrauen in die Wirksamkeit zu erwecken.
Bei den Ärzten besteht das Problem, dass im Medizinstudium das Wissen um die Grenzen von Diagnoseverfahren nicht im notwendigen Maß vermittelt wird. Und die Politiker sind Teil dieses Versagens der Vernunft, weil sie mit der Früherkennung die Verantwortung auf den Einzelnen verlagern können. Was bei Arbeitslosigkeit funktioniert, klappt auch bei der Gesundheit ganz gut.
Viele Deutsche glauben immer noch, dass psychische Belastungen zu einer Krebserkrankung führen können, obwohl dies bereits wissenschaftlich widerlegt wurde. Fast jeder Zweite ist davon überzeugt, dass chronischer Stress oder traumatische Erlebnisse Krebs auslösen können. Dies machen sich Heiler zunutze, die mit ihrer „Hilfestellung“ viel Geld machen. Fünf verschiedene Techniken sind hier hervorzuheben: Die Seelenheilung des Dr. Sha, die ganzheitliche Krebsberatung, die Psychobionik, die Familienaufstellung nach Bert Hellinger und die Reinkarnationstherapie. Besorgniserregend ist aber nicht nur der mögliche finanzielle Verlust, sondern auch die Gefahr, dass Krebspatienten in ihrem blinden Vertrauen in die alternativen Möglichkeiten die in vielen Fällen wirksamen Medikamente absetzen. Auslöser ist der oftmals verlautbarte Hinweis, die wissenschaftliche Medizin behandle nur die Symptome und nicht die wahre Ursache.
Wenn in einer Wohnung die Möbel verschoben werden, kommt entweder bald der Umzugsdienst – oder die Bewohner haben Feng Shui für sich entdeckt. Diese Lehre soll zur Harmonisierung des Menschen mit seiner Umgebung beitragen, indem die Gestaltung der Wohnräume nach bestimmten Kriterien ausgerichtet wird. Auch aus dem Reich der Mitte stammt die traditionelle chinesische Medizin (TCM). Viele Behandlungsmethoden sind in Hinsicht auf ihre Wirksamkeit umstritten, dennoch findet sie immer weitere Verbreitung. Ebenfalls aus Asien, genauer gesagt aus Japan, stammt Reiki, bei der mit Hilfe der Hände die gleichnamige Energie übertragen wird. Auf die Schwäche bestimmter Muskelgruppen führt die Kinesiologie Erkrankungen zurück. Bei einem Muskeltest werden Informationen über den zu behandelnden Körper gesammelt, um anschließend die vorgefundenen Schwachstellen durch Ausstreichen von Meridianen, durch Akupressur, Berühren von Reflexpunkten, der Massage einer bestimmten Muskelgruppen oder eine spezielle Ernährungsempfehlung auszugleichen.
Viel hilft viel, dachte sich wohl Moshé Feldenkrais, als er für die nach ihm benannte Methode Ansätze aus Judo, der künstlerischen Körperschulung und Erkenntnissen der manuellen Medizin – in Deutschland auch als Chirotherapie bekannt – zu einer Körpertherapie vereinte, deren Wirkung wissenschaftlich allerdings ebenfalls nicht belegt ist.
Für viele wohl unverständlich ordnet Jago auch die Religionen unter dem Wahn-Block in sein Periodensystem des irrationalen Unsinns ein. Hier befindet er sich aber in guter Gesellschaft – wie der von Richard Dawkins, der eines seiner Bücher sogar Gotteswahn genannt hat. Die Religionen werde ich weiter unten noch genauer beleuchten. Den Anfang in dieser spirituellen Reihe sollen aber die Kreationisten machen, die der Auffassung sind, das gesamte Universum sei durch einen Schöpfergott entstanden. Diese als Gegenbewegung zur Evolutionstheorie Darwins gestartete Theorie findet besonders in den USA enormen Zulauf. Vor allem die dortigen evangelikalen Kirchen tun sich dabei hervor. Eine Mehrheit in den Vereinigten Staaten ist dafür, dass beide Theorien in Schulen nebeneinander gelehrt werden sollten, obwohl für den Kreationismus keine gesicherten wissenschaftlichen Belege vorhanden sind. „Wenn US-amerikanische Evangelikale von ‚Auferstehung‘, ‚Schöpfung‘, ‚Himmel‘, ‚Hölle‘, ‚Gott‘ und ‚Teufel‘ sprechen, dann sind das für sie keine unverbindlichen Metaphern – nein diese Leute meinen wirklich, was sie sagen!“.25
Ein in der Bevölkerung weit verbreiteter irrationaler Unsinn ist die Astrologie. Zwar geben viele Leser von Horoskopen an, diese nur zur Unterhaltung zu lesen. Aber laut einer Emnid-Umfrage 2012 glauben rund jede dritte Frau und jeder sechste Mann an Astrologie.26
Unter dem Begriff Radiästhesie verbirgt sich die Lehre von angeblichen Strahlenwirkungen auf Organismen. Besonders bekannt in diesem Zusammenhang sind die Wasseradern, die zu einer gesundheitlichen Beeinträchtigung führen können. Um diese aufzuspüren, kann man einen Rutengänger beauftragen, der mit einer Wünschelrute diesen auf die Spur kommt. Erklärt werden kann der Ausschlag der Rute durch den Carpenter-Effekt, nach dem das Denken an eine bestimmte Bewegung die Ausführung dieser Bewegung auslöst.
Irrende Mehrheit
Wieso sind so viele Menschen religiös? Die Anhänger von Tausenden verschiedenen Religionen sind davon überzeugt, dass sie auf das „richtige Pferd setzen“. Im Namen der Religion wurde unendliches Leid über die Menschheit gebracht, und dennoch haben die Religionen einen festen Platz in unserer Gegenwart. So bekennen sich etwa 95 Prozent der US-Amerikaner dazu, an Gott zu glauben.27
Ungeachtet der Tatsache, dass die Schäfchen den Kirchen in Scharen davonlaufen und wegsterben, gehören in Deutschland immer noch zwei Drittel der Bevölkerung einer Religionsgemeinschaft an. Ein interessanter Gegensatz offenbart sich hingegen, wenn man seinen Blick auf bestimmte Bevölkerungsgruppen richtet. So geben nur 39 Prozent der amerikanischen Wissenschaftler in einer Untersuchung an, gläubig zu sein. Dieser Anteil sinkt bei den Spitzenwissenschaftlern der amerikanischen National Academy of Science auf 7 Prozent, und bei Nobelpreisträgern kommt Religiosität so gut wie gar nicht vor. Es besteht eine Korrelation zwischen dem Vorkommen von Atheismus, dem Ausbildungsniveau und dem IQ.“28
„Eine Menschheit, die das Atom spalten kann und über Satelliten kommuniziert, muss die dafür erforderliche emotionale und intellektuelle Reife besitzen. Eine Mythologie die über 2000 Jahre alt ist, und von einer primitiven Hirtenkultur entwickelt wurde, wird uns dabei nicht weiter helfen.“ (Michael Schmidt-Salomon)
Terry Jones, Mitglied der englischen Komikergruppe Monty Python, ist der Überzeugung, dass ein Film wie Das Leben des Brian heute nicht mehr umzusetzen wäre. Die Kirche sei mit voller Kraft zurück – und das bei immer weiter sinkenden Gläubigenzahlen. Worin liegt dieser Trend begründet? Einen großen Einfluss übt sicher das Duo Politik-Religion aus. „Viele Spitzenpolitiker präsentieren sich mit großem Eifer als Spitzengläubige, weshalb sie nicht nur in der Politik, sondern auch in den Kirchen wichtige Posten besetzen (etwa im Zentralkomitee der deutschen Katholiken oder im Rat der evangelischen Kirche in Deutschland).“29 Die scheidende Bundesfamilienministerin Kristina Schröder ist zum Beispiel Mitglied der hochkonservativen kleinen ‚Selbstständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche‘.30
In politischen Reden werden immer wieder die christlichen Werte betont. „Allerdings darf man stark anzweifeln, ob die Damen und Herren der Politik auch nur den leisesten Hauch einer Ahnung haben, worüber sie da eigentlich sprechen.
Nur ein Beispiel unter vielen: [Die Bundesministerin für Arbeit und Soziales,] Ursula von der Leyen, … verkündete 2006 vor laufenden Kameras, dass ‚die ersten 19 Artikel unseres Grundgesetzes im Prinzip die Zehn Gebote zusammenfassen‘ würden. … Offenbar besitzt die Ministerin eine recht eigentümliche Ausgabe des deutschen Verfassungstextes: Denn seit wann … legitimiert das Grundgesetz Religionszwang und Sippenhaft, Sklaverei und Unterordnung der Frau unter den Mann – allesamt Inhalte der Zehn Gebote? Andersherum formuliert: Seit wann enthalten die Zehn Gebote unverletzliche und unveräußerliche Menschenrechte (Artikel 1 des Grundgesetzes), das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit (Artikel 2), die Gleichberechtigung von Mann und Frau (Artikel 3), die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses (Artikel 4) oder gar die Gewährung von Meinungs-, Presse-, Kunst- und Forschungsfreiheit (Artikel 5)? Diese Rechte sind im Kanon der Zehn Gebote nicht nur nicht enthalten, sie stehen vielmehr in einem unaufhebbaren Widerspruch zur gesamten Ausrichtung der Bibel! […] Die Religionen (inklusive des Christentums) waren summa summarum keine Motoren, sondern Bremsklötze des kulturellen Fortschritts – und sie sind es bis zum heutigen Tage geblieben.“31
Dennoch sollte der Kampf gegen den ungerechtfertigten Einfluss der Kirchen nicht aufgegeben werden. Viele kluge Menschen und Herrscher haben den Hintergrund der Religionen in treffende Worte gekleidet. So sagte Seneca: „Religion gilt dem gemeinen Mann als wahr, dem Weisen als falsch und dem Herrscher als nützlich.“ Ähnlich sah es auch Napoleon Bonaparte, der die Religion als ein ausgezeichnetes Instrument empfand, um das Volk ruhig zu halten. Bereits zum geflügelten Wort ist der Ausspruch Karl Marx‘ geworden: „Religion ist Opium fürs Volk“. Sigmund Freud verglich die Religion mit einer Kindheitsneurose. „[Er] wunderte sich über den ‚betrübenden Kontrast zwischen der strahlenden Intelligenz eines gesunden Kindes und der Denkschwäche des durchschnittlichen Erwachsenen‘. Einen der Hauptgründe für diese ‚relative Verkümmerung‘ sah er in der ‚religiösen Erziehung‘. Freud kritisierte, dass man die Kinder schon zu einem Zeitpunkt mit religiösen Lehren konfrontierte, an dem sie die Tragweite dieser Lehren noch nicht begreifen könnten. Konsequenz der frühen Indoktrination: ‚Wenn dann das Denken des Kindes erwacht, sind die religiösen Lehren bereits unangreifbar geworden.“32
„Alle Kulturen, die der Mensch hervorbrachte, legten großen Wert darauf, ihren Nachwuchs früh nach dem eigenen Bilde zu formen. […] Je unrealistischer, je unsinniger, je grotesker eine kulturelle Vorstellung ist, desto höher ist der Aufwand, der betrieben wird, um sie in die Köpfe der Jüngsten einzupflanzen!“33 Dies geschieht in unseren Tagen natürlich in den staatlichen Bildungsstätten. „Dass die gängige Praxis der weltanschaulichen Manipulation von Kindern und Jugendlichen in den öffentlichen Schulen so wenig problematisiert wird, liegt daran, dass die meisten … Bürger noch immer mit größter Selbstverständlichkeit davon ausgehen, es gäbe tatsächlich ‚katholische‘, ‚protestantische‘ oder ‚muslimische‘ Kinder. … [Diese] gibt es ebenso wenig wie ‚christdemokratische‘, ‚liberale‘, ‚sozialdemokratische‘, ‚grüne‘ [oder ‚linke‘, MT] Kinder.“34
Auch der „Papst“ der Neoliberalen, Friedrich August von Hayek, erkannte den Wert des Spirituellen. „In seinem Werk Die überschätzte Vernunft preist er die Religionen deshalb als entscheidend für die menschliche Evolution, weil ihre Selektion gerade nicht durch rationale Argumente erfolge, sondern durch Überlieferung religiösen Glaubens und seiner Anpassung an die Umwelt. Und damit auch alles schön mystisch bleibt, ist er gegen ein Religionsmonopol und für Glaubensfreiheit und Konkurrenz der Religionen als Pfeiler des Liberalismus.“35
Aus diesen genannten Gründen wäre es ratsam, Kinder erst mit 14 Jahren in eine Religionsgemeinschaft eintreten zu lassen. Das Alter, in dem sie zurzeit selbst über ihre Religionszugehörigkeit bestimmen können, nachdem sie allerdings 14 Jahre lang von ihren Eltern und anderen Religionsangehörigen einer Gehirnwäsche unterzogen wurden.
Ich weiß, dass eine solche Forderung unter den gegebenen Umständen ziemlich hoffnungslos ist. Besonders wenn man den Aufschrei und das darauf folgende Gekrieche der Politik nach der Beschneidungsentscheidung mitbekommen hat. Justiz und Politik knicken immer noch gegenüber der Religion ein. Nicht einmal der Vergleich mit Hitlerdeutschland wurde von Seiten der Schnippler gescheut, als es das Landgericht in Köln wagte, die Zirkumzision, also die männliche Beschneidung, bei der die Vorhaut teilweise oder vollständig entfernt wird, als Körperverletzung einzustufen.
Aber zurück zur grundlegenden Frage, wieso so viele Menschen religiös sind. Einfache Erklärung: Es bringt evolutionäre Vorteile. Religion hält zum Beispiel eine Gruppe zusammen. Dazu gehört, dass man keine sexuelle Beziehung mit Andersgläubigen eingeht. Im Gegensatz dazu sollen sich die Angehörigen der eigenen Religion fleißig fortpflanzen. „Gehet hin und mehret euch“ ist aus gutem Grund zu einem beliebten Slogan der katholischen Kirche geworden.
Zudem werden soziale Regeln aufgestellt, deren Nichteinhaltung mit zum Teil drakonischen Strafen versehen wird. Damit sich die Glaubensbrüder und -schwestern untereinander erkennen, werden bestimmte Symbole oder Kleidungsstücke eingeführt. Eine große Rolle spielen hier auch Reliquien. Dass es dabei zu wahren Wundern kommt, überrascht nur Nichtgläubige. So behaupten über ein Dutzend Kirchen im Besitz der Vorhaut Christi zu sein. Von überragender Bedeutung ist dieses Überbleibsel des Heilands deswegen, da Jesus selbst ja in den Himmel aufgefahren ist.
Unter den Geboten und Verboten befanden sich auch gesundheitsfördernde Vorschriften. Allerdings zeigen sich Nebenwirkungen – so steigt bei Männern, die regelmäßig den Gottesdienst besuchen, die Prävalenz für Depressionen. Außerdem legen Studien nahe, dass Beten mit psychiatrischen Problemen positiv korreliert.
Zugespitzt kann man zusammenfassen: „Wenn ein Mensch unter einer Wahnvorstellung leidet, dann nennt man es eine Geisteskrankheit. Wenn viele Menschen unter gleicher Wahnvorstellung leiden, dann nennt man es Religion.“ (Robert M. Pirsig) „Bergsteiger haben hin und wieder, vor allem in der Einsamkeit, intensive Erfahrungen, sie spüren die Anwesenheit einer anderen Person, hören Stimmen, sehen bestimmte Menschen oder den eigenen Körper wie bei einer Nahtoderfahrung und empfinden starke Angst.“36 Moses empfing von Gott auf dem Berg Sinai zweimal die zehn Gebote.
Wenn die Mühsal auf Erden mal wieder zu groß wird, kann man sich ja immer noch damit vertrösten, dass man nach dem Tod – dessen Schrecken durch die religiöse Überzeugung ebenfalls verblasst – mit dem ewigen Leben belohnt wird.
Der Kirchenkritiker Karlheinz Deschner formulierte seine Abneigung gegen Glaubensgemeinschaften zugespitzt: „Ich denke, also bin ich kein Christ“. Für ihn „ist [es] völlig gleich, wer Papst ist. Sein Einfluss innerhalb der Kirche ist viel geringer, als er in der Öffentlichkeit wahrgenommen wird.“37 Und im Hinblick auf die Gläubigen steht für Deschner fest: „Je größer der Dachschaden, desto schöner der Aufblick zum Himmel.“38 Auf über 5000 Seiten zeigt Deschner in der Kriminalgeschichte des Christentums detailliert die Verfehlungen der mächtigen Religionsgemeinschaft in ihrer fast zweitausendjährigen Geschichte auf.
Aber nicht nur das Christentum kann für sich in Anspruch nehmen, einen großen Beitrag zum Leid der Menschheit geleistet zu haben. So war Polio (Kinderlähmung) in Nigeria bis 2003 nahezu ausgerottet. Nach einer Fatwa – einem islamischen Rechtsgutachten – des Präsidenten des Obersten Scharia-Rates in Nigeria, Ibrahim Datti Ahmed, handelt es sich bei den Polio-Impfungen um eine „Verschwörung“ der USA und der UN, um Muslime zu sterilisieren. Immer wieder wurden Mitarbeiter des Gesundheitsdienstes, die Kinder gegen die Erkrankung impften, ermordet. Inzwischen nimmt die Zahl der Infektionen wieder zu.
„Der Glaube an al-Mahdi [der verborgene 12. Imam, der das ‚Goldene Zeitalter des Islam‘ einleiten soll], der 869 angeblich als direkter Nachfahre Mohammeds geboren wurde und seit 941 (!) ‚im Verborgenen lebt‘, ist zentraler Bestandteil des schiitischen [„Wahnsystems“]. […] [Seine Anhänger] glauben, dass der Mahdi aus einem trockenen Brunnen der Jamkaran-Moschee klettern, die Weltherrschaft übernehmen und mit Allahs Segen die gesamte Menschheit von ihrem Leid erlösen wird.“39
Als Derivat aller verschiedenen Spielarten des irrationalen Unsinns kann Scientology betrachtet werden. Dieses als Religion getarnte Unternehmen vereint sowohl religiösen Wahn, Quacksalberei als Psychotherapie getarnt, pseudowissenschaftliche Ansprüche und paranormale Ansätze. Der Einfluss von Scientology wird in den USA immer wieder leidenschaftlich diskutiert. Besonders in Hollywood scheint sich diese „Religion“ großer Beliebtheit zu erfreuen, wie etwa Schauspieler Tom Cruise beweist.
Der Bereich Außersinnliche Wahrnehmung im Periodensystem des irrationalen Unsinns ist weitgefächert. Dazu zählen etwa Telepathie, Hellsehen und Präkognition. Nicht vergessen werden sollte in diesem Zusammenhang auch die Telekinese, an deren Existenz nicht zuletzt dank Uri Geller immer noch einige Menschen glauben.
Wenn man schon Gabeln durch Gedankenkraft verbiegen kann, wieso sollte man dann nicht auch seine eigene Zukunft vorhersehen (lassen). Ob man dabei in die bereits sprichwörtliche Glaskugel oder die ausgetrunkene Kaffeetasse blickt, Tarot-Karten legt, in Händen liest oder Zeichen in Eingeweiden erkennt, der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt. Dies gilt auch für die Vorhersagen von Nostradamus, die so allgemein gehalten sind, dass man alles Mögliche aus ihnen zu interpretieren vermag. Vom Atomkrieg bis hin zum Hochzeitstermin der eigenen Tochter.
Nachdem bisher von Leichtgläubigen die Rede war, sollen nun auch noch ein paar Unüberzeugbare Bestandteil dieses Periodensystems des irrationalen Unsinns werden.
Ein besonders interessantes Beispiel ist der Glaube an „Chemtrails“. Diese „Chemikalienstreifen“, bei denen es sich in Wahrheit nur um gewöhnliche Kondensstreifen von Flugzeugen am Himmel handelt, sollen der Beweis dafür sein, dass zur Bevölkerungsreduktion oder zu militärischen Zwecken chemische Stoffe versprüht werden.
Geschichtsrevisionisten leugnen nach wie vor die Unterstützung der NSDAP durch Mitglieder der Konservativen Revolution oder das Ausmaß des Holocaust. Hier beginnt dann auch der fließende Übergang von Irrationalismus, geistiger Brandstiftung und Straftat, die ich gleich ansprechen werde.
An dieser Stelle möchte ich zuvor jedoch noch einen kurzen Test zum Schluss dieses Kapitels durchführen: Welche männlichen US-Schauspieler habe ich in diesem Kapitel erwähnt? Na, nicht schummeln! Sollten Sie alle vier noch wissen, haben Sie bewiesen, dass Ihr Gehirn das gerade Gelesene als wichtig eingestuft hat und es nicht verworfen hat. Im Falle, dass Sie nicht mehr alle Mimen erinnern: Finden Sie mein Buch etwa uninteressant?
1 Schmidt-Salomon, Michael: Keine Macht den Doofen, S. 9
2 Wieczorek, Thomas: Die verblödete Republik, S. 34
3 http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/zu-viele-fremdwoerter-keiner-versteht-die-tagesschau-a-522967.html (Abgerufen am 7.8.13)
4 Wieczorek, Thomas: Die verblödete Republik, S. 34
5 Grotlüschen, Anke; Riekmann, Wibke: Funktionaler Analphabetismus, S. 17
6 Grotlüschen, Anke; Riekmann, Wibke: Funktionaler Analphabetismus, S. 19f.
7 Grotlüschen, Anke; Riekmann, Wibke: Funktionaler Analphabetismus, S. 23
8 Grotlüschen, Anke; Riekmann, Wibke: Funktionaler Analphabetismus, S. 281
9 Grotlüschen, Anke; Riekmann, Wibke: Funktionaler Analphabetismus, S. 137
10 Grotlüschen, Anke; Riekmann, Wibke: Funktionaler Analphabetismus, S. 278
11 Weymayr, Christian; Koch, Klaus: Mythos Krebsvorsorge, S. 40
12 Süddeutsche Zeitung, 23. April 2013, S. 16
13 Schmidt-Salomon, Michael: Keine Macht den Doofen, S. 92
14 http://de.wikipedia.org/wiki/Heilstein (Abgerufen am 26.7.13)
15 http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/hirnforschung-forscher-finden-erklaerung-fuer-nahtod-erlebnis-a-916121.html (Abgerufen am 13.8.13)
16 http://www.heise.de/tp/artikel/24/24804/3.html (Abgerufen am 26.7.13)
17 http://www.spiegel.de/politik/deutschland/polizei-suchte-mit-geisterbeschwoerer-nach-den-nsu-moerdern-a-838795.html (Abgerufen am 26.7.13)
18 Weymayr, Christian; Heißmann, Nicole: Die Homöopathie-Lüge, S. 238f.
19 Hahnemann, Samuel: Organon der Heilkunst, 6. Auflage, § 270
20 Weymayr, Christian; Heißmann, Nicole: Die Homöopathie-Lüge, S. 327
21 Weymayr, Christian; Heißmann, Nicole: Die Homöopathie-Lüge, S. 45ff.
22 Umfrage des Instituts für Demoskopie Allensbach – Bekanntheit, Verwendung und Image homöopathischer Arnzeimittel, Dr. Steffen de Sombre, Bonn, 2009
23 Weymayr, Christian; Koch, Klaus: Mythos Krebsvorsorge, S. 64
24 Vgl. Weymayr, Christian; Koch, Klaus: Mythos Krebsvorsorge, S. 39
25 Schmidt-Salomon, Michael: Keine Macht den Doofen, S. 44
26 http://www.t-online.de/nachrichten/panorama/id_54233292/-horoskope-jeder-vierte-glaubt-an-astrologie.html (Abgerufen am 15.9.13)
27 Swaab, Dick: Wir sind unser Gehirn, S. 339
28 Swaab, Dick: Wir sind unser Gehirn, S. 339f.
29 Schmidt-Salomon, Michael: Keine Macht den Doofen, S. 72
30 Bade, Klaus J.: Kritik und Gewalt, S. 337
31 Schmidt-Salomon, Michael: Keine Macht den Doofen, S. 72f.
32 Schmidt-Salomon, Michael: Keine Macht den Doofen, S. 90
33 Schmidt-Salomon, Michael: Keine Macht den Doofen, S. 93
34 Schmidt-Salomon, Michael: Keine Macht den Doofen, S. 94
35 Wieczorek, Thomas: Die verblödete Republik, S. 140
36 Swaab, Dick: Wir sind unser Gehirn, S. 260
37 Süddeutsche Zeitung, 3. Mai 2013, S. 3
38 Schmidt-Salomon, Michael: Keine Macht den Doofen, S. 41
39 Schmidt-Salomon, Michael: Keine Macht den Doofen, S. 35