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1. Steuerprüfung

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„So ein Abgrund tief dummes, blödes, arrogantes Arschloch!“ röchelte Martin in den Telephon-Hörer hinein, seiner Freundin Bericht erstattend, wie denn die letzte, die mündliche Prüfung seiner Umschulung als Dauerarbeitsloser zum Steuerfachangestellten gelaufen sei.

„Dieses Stück Scheiße“, ereiferte Martin sich „hat doch ganz klar gesehen, dass ich Grippe habe, kaum einen Ton heraus bekam und fragte mich, ob ich gesund sei und ob ich in der Lage wäre, die Prüfung zu bestehen… . Ich antwortete, dass ich Grippe und Fieber hätte, wie er es ja unschwer erahnen könne und die Prüfung ablegen möchte. Daraufhin wiederholte er die Frage und ich erwiderte, dass ich keine Ahnung habe, ob ich diese Prüfung bestehen werde, überstehen alle mal und rein rechnerisch es auch vollkommen egal ist, ob ich sie bestehe oder nicht, denn aufgrund meines Notendurchnittes könnte ich mit einer minus 16 hier raus gehen und die ist in unserem Notensystem nicht vorgesehen, also ist es für mich vollkommen ausreichend, wenn ich hier mit einer glatten 6 raus komme. So eine Entgegnung hat dieser Schwachkopf aber offenbar noch nie präsentiert bekommen und schluckte etwas „unsortiert“ auf und guckte noch blöder aus der Wäsche, als er eh schon aussah. Und so ein Idiot ist der Präsident der Oberfinanz-Direktion und des Finanzamtes Frankfurt. Ich raff´s nicht.

Meine Berufsschul-Lehrerin, Frau Silberfuchs, saß als Beisitzerin neben dem Prüfer, diesem Arsch und musste sich dezent wegdrehen, sodass ich nur sehen konnte, wie sie krampfhaft das Lachen unterdrücken suchte. So ein Voll-Koffer, der Typ, die letzte Mental-Flachzange. Mann Mann Mann….“

Maria lachte sich am anderen Ende des Telefonhörers schlapp und ermahnte Martin, er solle endlich aufhören so zu schimpfen, sie würde sonst in die Hose machen vor Lachen.

Martin fragte plötzlich sehr ernst: „Sag mal, mein Engel: Du hast doch nenn Schnurloses, oder?“

Ihm wetterte auf einmal ein giftiges „Du Arsch!“ lautstark durch den Hörer entgegen und „Wegen Dir muss ich mich jetzt umziehen, weil, Du hast das Fass zum Überlaufen gebracht…“ schimpfte sie.

Jetzt war Martin an der Reihe zu lachen: „Das vergesse ich auch ab und an, dass ich ein Schnurloses habe… statt dann in meinem Kellerloch rum zu sitzen, während ich Idiot mich ehrenamtlich für die Belange anderer kümmere, könnte ich, wenn die Sonne scheint, gleichzeitig in der Hängematte im Garten in der Sonne liegen und mir den Scheiß anhören, die irgendwelche Arschgeigen mir ins Ohr drücken, damit ich mich für deren Interessen einsetze und sie mir das als Naturschutz-relevant verkaufen wollen. So denke ich auch über den Fußball-Platz für Eschborn im Arboretum, wie Du ja weißt. Den Anwohnern vom Arboretum helfen, den Sportplatz zu verhindern, damit nach einem Spiel die besoffenen Fans denen nicht an die Gartenzäune pissen, aber selber ihren Waldi ins Arboretum zum kacken spazieren führen, bzw. dass ihre Grundstücke an Wert nicht verlieren. Mehr ist das doch nicht, wozu die mich missbrauchen wollten. Hat nicht geklappt, denn ich habe es ja beim Namen genannt und denen damit die Handschellen und den Nasenring verpasst, sich selbst zu organisieren und sich selber einzubringen. Naja. Die Bürgerinitiative musste ich als Zugpferde mit dem Ober-Pharisäer dieser Anwohner-Truppe dann doch noch unter Absprache des Redakteures der Frankfurter Zeitung gründen, sonst hätte der Saftsack keinen Finger krumm gemacht. Leider klappte es nicht, mich rechtzeitig gänzlich zurück zu ziehen, so dass doch noch relativ viel Arbeit der Bürgerinitiative an mir hängen blieb. Aber immerhin, ich hatte Erfolg gehabt, die Burschen als Zugpferd mitzuziehen und so haben wir halt gemeinsam die Kuh vom Eis geholt und den Schwachsinn verhindert. Eschborn´s Ballschubser gingen ja dann auch wegen mehrfachen Konkurses den Bach runter, Veruntreuung war auch im Gerede und so hat keiner vermeintlich Schmiergelder für den Bau des Sportplatzes einstecken können. Denn mit rechten Dingen ging es meines Erachtens da ohnehin nicht zu. Egal. Vorbei! Schon umgezogen, Mein Engel?“

„Nein! Ging gerade noch mal gut. Ich musste nur die Binde wechseln. Aber ein Arsch bist Du trotzdem, mich so zum Lachen zu bringen, mich daran zu erinnern, dass ich mit dem Schnurlosen auch auf´s Klo gehen kann…“ lachte Maria in den Hörer.

„Wie ging es denn weiter mit der Prüfung, Martin?“

„Naja. Er zog sich dann mit den Beisitzern zurück und beriet. Den Chef von der Steuerberater-Kammer lehnte ich ja als Beisitzer wegen Befangenheit ab, dieser Kampf-Alkoholiker, dieses Wiener Würschtel. Dafür war dann ein anderer Hansel als sein Vertreter geschickt worden und der andere konnte seinen Rausch aus- oder stattdessen seine Sekretärin beschlafen. Ein Glück, dass ich den Typen auch hinter mir habe und nie mehr in dessen Kanzlei arbeiten muss. Das Praktikum war mehr als unzumutbar! Was ein Viehzeugs. Es ist zu hoffen, dass nicht alle Steuerberater so sind, aber ich glaube nicht daran ... . Dein Dozent Mopp hat uns ja schon davor gewarnt. Den hattest Du ja auch in Deiner Umschulung zur Industrie-Kauffrau. Aus Michelbach oder Bickenbach bei Dir um die Ecke kommt der doch und wohnt nun auch in Sulzbach.

Naja, drauf geschissen. Jedenfalls kam der Trottel und seine Beisitzer bald wieder aus dem Besprechungszimmer heraus und er verkündete mir, dass ich die Prüfung absolvieren könne, aber auf eigene Verantwortung. Ich fragte gegen, ob er denn die Verantwortung für meine Teilnahme übernommen hätte, wenn ich keine Grippe hätte, also gesund wäre und verzichtete auf eine Antwort seinerseits, indem ich ihm vorsichtshalber Idioten-sicher erklärte, dass dies eine rhetorische Frage gewesen sei, woraufhin er eine finstere Mine aufsetzte und ich lieblich lächelte und nun sich beide Beisitzer vom Finanzamts-Vorturner wegdrehen mussten, damit er nicht sehen konnte, wie sie grinsten.“

„Sei es drum. Der Oberfianzamts-Trottel übergab mir dann relativ missmutig ein DIN A4 Blättle auf grauen, glatt gewalztem recycle-tem Klopapier, worauf die Aufgaben für die mündliche Prüfung ge-tinten-strahl-druckt standen. Ich überflog sie kurz und verdrehte nur die Augen über diesen Schwachsinn. Das konnte sich nur so ein Hirn-amputierter Sesselfurzer mit A 14 Beamten-Besoldung ausgedacht haben, der außer Bild-Zeitungs-Lesen auf Steuer-Gelder-Kosten sonst nix zu tun hatte. Er teilte mir mit, dass ich eine halbe Stunde Zeit hätte, mich im Nebenzimmer auf die Fragen vorzubereiten, worauf ich ihn korrigierte und meinte, dass ich mich nicht auf die Fragen, sondern ich mich nur auf die Antworten vorbereiten müsse, und ob ich das nicht gleich sofort erledigen kann, denn Vorbereitung bedarf es auf die Antworten keine, denn ich glaube, ich kann sie innerhalb von fünf Minuten nach der Darstellung meiner Antworten in die Beratung entlassen… Das Arschloch bestand aber auf die halbe Stunde, vor Wut Krebs-rot im Gesicht angelaufen und seine Beisitzer grinsten feist, ohne dass er das wahrnehmen konnte… Ich entgegnete daraufhin ein bestimmendes, deutliches „Wie sie wünschen!“ und nahm aus meinem Aktenkoffer zur Prüfungsvorbereitung ein Titanic-Magazin mit dem Titel-Bild des inkontinenten Pabst Paule heraus, so dass es alle sehen konnten. Ich fragte dann noch höflich, ob ich denn wirklich rüber ins Nebenzimmer gehen müsse, denn das Prüfungskomitee würde ja sich selbst ins Hinterzimmer zur Beratung zurückziehen und hier wäre ja sonst keiner, den ich lesend stören könnte… Das Arschloch wurde immer röter im Gesicht, und nahm die Farbe des Gesäßes eines brünftigen Pavian-Mannes an, nur dass er nicht mit den Zähnen fletschte. Ich zog die Augen-Brauen hoch und sagte nur, „OK, wie sie wünschen…“ und tat so, als wenn ich ins Nebenzimmer ging. Er zog sich selbst mit den anderen ins Beratungszimmer zurück und ich setzte mich wieder hin, wo ich gerade halb im Aufstehen gebeugt eben noch saß und öffnete das Titanic-Magazin. Keine fünfzehn Minuten danach ging die Tür des Beratungszimmers auf und meine Berufsschullehrerin kam heraus und fragte „Herr Bär, Sie sind ja schon soweit?“ und ich erwiderte, dass ich schon so weit war, als mir der Bursche den Zettel mit der Aufgabenstellung in die Hand drückte und ich drüber flog. Frau Silberfuchs zog ihre gezupften Augenbrauen hoch und sich ins Beratungszimmer zurück, um den anderen mitzuteilen, dass ich soweit wäre. Das feuerte natürlich den Unmut an, den ich beim Finanzamts-Chef als Prüfungsvorsitzender schon vorgeglüht hatte. Die Beisitzer erwarteten aber eher schon mit Vorfreude meine Stellungnahme zu den Detail-Fragen der Aufgabe.

Man setzte sich hin und die Arschgeige setzte erneut an, um mich zu fragen, ob ich mich in der Lage fühlen würde… worauf ich ihn ins Wort fiel und bestimmend sagte: „Lassen Sie´s!“ Das war er nicht gewohnt, dass man ihm ins Wort fiel und ich fügte hinzu, dass ich gerne in fünf Minuten das ganze hinter mir hätte, mir aber Übles schwane, dass ich mindestens noch neh Stunde benötige, ihm meine stringent-plausiblen Antworten erklären zu müssen, was entsprechend meiner Grippe meine größte Sorge um meine Gesundheit wäre.

Warum auch immer, sein Gesicht verfärbte sich langsam von rot ins bläulich-rot und sein Walroß-Schnurrbart vibrierte kurzwellig frequent. „Hatte er auch schon Grippe?“, fragte ich mich.


Der Walroß-bärtige Oberfinanzamts -Prüfer begann erneut mit der Wiederholung, ob ich mich gesundheitlich in der Verfassung befände, die Prüfung absolvieren zu möchten. Ich entgegnete lächelnd und verneinte die Frage, fügte aber hinzu, dass ich darauf bestünde, die Prüfung ablegen zu wollen, da ich, wie anfangs schon klipp und klar dargestellt, die Gesamt-Prüfung schon bestanden habe, egal ob ich eine sechs als Bewertung erhielt oder nicht und er doch bitte mit der ersten Frage beginnen möchte. Im Verhör-Ton stellte der Walross-Bart die erste Teilfrage, die sich um die Bemessungs-Grundlage der Umsatz-Steuer-Voranmeldung drehte, die jeder Selbständige, freiberufliche Architekt oder Kiosk-Inhaber dem Finanzamt an einem regelmäßigen Turnus vorzulegen hat, abhängig vom Jahresumsatz seines Broterwerbs.

Ich lächelte dem überlegen grinsenden Prüfer unterwürfig entgegen. Die für mich Partei ergriffenen Prüfungsbeisitzer fehlinterpretierten besorgt meine Mimik und meine Gesichtszüge erschlafften in eine kraftlose Verlierer-Ausdruckslosigkeit kurz bevor die Schneide des Fallbeils den Nacken des Delinquenten durchdrungen hat. Ich hob meinen erschöpften Blick und neigte etwas meinen hängenden Kopf, den Augenkontakt jedes einzelnen des Tribunals zu fangen, um den des Vorsitzenden wieder zu fixieren. Mir war widerlich zu Mute, wenn ich diesen Typen in die Augen schaute, überhaupt nur sah. Ein selbstgefälliges arrogantes Beamten-Arschloch, was noch nie in seinem Leben gearbeitet, sondern seine Position mit Sicherheit seinem Sitzfleisch auf dem passendem Partei-Buch zu verdanken hat und nun über die Karriere von Prüflingen entscheidet oder nicht und diese Macht sich unantastbar fühlend, sadistisch auskostet. Auch so ist mir dessen Charakter durch meine Berufsschullehrerin angetragen worden. Der Typ erinnerte mich schon beim ersten Mal, als ich ihn in der Berufsschule sah, an meinen ehemaligen Chef und Naturschutzkollegen im Grunderwerb des Hessischen Straßenbauamtes Horst Hauer, ein überzeugter Rassist und Nazi. Sein Vater heißt Adolph Hauer. Da passen ja die Initialen wunderbar H.H., wie der Hitler-Gruß. Ein überzeugter Monarchist, der den Holocaust nicht leugnet, sondern in der illegalen Frühstücksrunde am Arbeitsplatz im Straßenbauamt in der Gutleutstraße die Überzeugung deutlich vertrat und immer noch vertritt, das Problem sei nicht die Tat, sondern, dass sie nicht effizient abgeschlossen worden sei, sonst gäbe es eine bessere, gesündere Weltordnung, statt überall dieses kunterbunte nach Knoblauch und Kümmel stinkende Ziegen-Ficker-Geschmeiß rumrennen zu haben.

So schätzte ich auch diesen Prüfer ein, mein Schatz. Mir schien vorhin, ich wollte mich offenbar nun auch an diesen stellvertretend für meinen ehemaligen Chef, Horst Hauer, auf meine Weise rächen, in dem ich diesen Deppen vorführte, wie ich einem Arschloch zeigen kann, dass es eben ein obermieses Arschloch, sogar ein übelriechendes Stück Scheiße sei.

Nach dem ich die Ergebnisse meiner schriftlichen Prüfung bekannt gegeben bekam, wurde mir weiterhin ausgeführt, dass ich selbst bei einem vollkommenen Versagen in der mündlichen Prüfung im Gesamt-Ergebnis unter den zehn besten Absolventen Hessens sei, ich also nur noch dazu gewinnen könnte, sobald ich meinen Mund aufmache. Ich beschloss damals schon, eigentlich nur mitzuteilen, dass ich hiermit die Prüfung abkürzen möchte, um die wertvolle Arbeitszeit der Prüfer auf Steuergelder-Kosten nicht über zu strapazieren und wollte um ein „Ungenügend“ als Bewertung bitten. In Hinblick auf meine fiebrige Grippe, wie sie ja alle deutlich wahrnahmen, läge dieses Ansinnen im vollkommen verständlichen Bereich, damit ich wieder Heim zu Mammi in mein warmes Bettchen könne, um meinen Bipps aus zu kurieren. Nachdem ich allerdings den Prüfungsbogen ausgehändigt bekam und ich mich dazu aufraffte, diesen widerwillig zu überfliegen, wurde ich auf den Inhalt doch aufmerksam und immer interessierter. Aber der Walross-Bart blickte erneut tief errötet dumm aus der Wäsche und unterbrach mich und meinte: „Wenn Sie nicht zu der Aufgabe Stellung beziehen, kann ich Ihnen noch nicht einmal `Ungenügend´ attestieren, sondern muss das als `Prüfungsverweigerung´ dem Arbeitsamt mitteilen. Und sie wissen, was das heißt, Herr Bär…´

`Wie Sie wünschen. Auf diesem Wege würde ich zumindest auch Ihren Namen erfahren, denn vorgestellt worden, sind Sie mir nicht. Meine Berufsschullehrerin kenne ich ja als sehr liebenswerten Menschen und den Herren von der Steuerberater-Kammer kannte ich aus der Umschulungsakademie ebenfalls als Dozenten. Sie habe ich im Ärzte-Hochhaus am Ostpark auch immer wieder gesehen, doch blieb mir Ihr Name verborgen und zurück grüßen war ja offenbar unter Ihrer Würde, dieses arbeitsscheue Umschulungs-Gesindel als Menschen überhaupt wahr nehmen zu wollen, schien mir. Aber beruhigen Sie sich. Ich werde mich adäquat zu der Prüfungsaufgabe detailliert einbringen. Ob die Weise, wie ich mich einbringen werde, Ihnen gefallen wird, bezweifle ich allerdings,“ lächelte ich einen nach dem anderen der Nebenprüfer und zum Schluss das Walross an. Ich hob also nach diesem Vorspiel, was mich überaus belustigte, an, die Teil-Aufgaben zu beantworten.´

`Ich werde mir erlauben, die Teilfragen des gesamten Aufgaben-Komplexes als eine Einheit zusammen zu fassen und zu analysieren und werde mich nicht an die vorgegebene Reihenfolge halten. Damit müssen Sie leben und Sie werden mehrheitlich sicher auch merken, warum ich mich im Grunde überhaupt nicht an die Reihenfolge halten kann, denn das ist unmöglich. Sie werden selbst sehen.´

Ich blickte Frau Silberfuchs dabei freundlich in die Augen, um den Blick des Walrosses abschließend wieder einzufangen.

`Eingehens wird geschildert, dass alle Fragen bzw. Teilaufgaben sich auf einen jungen Architekten beziehen, der gerade seine Abschlussprüfung in der Uni bestanden hat und sich nun mit dieser Ausbildung „selbständig“ machen will. Von vorneherein ist klar zu stellen, dass ein Architekt nicht steuerlich als „Selbständiger“ behandelt wird, sondern als „Freiberufler“. Alleine dieser Sachverhalt verlangt von mir, dass ich die Liste der Fragen nicht wie vorgegeben abarbeiten kann, sondern zwingt mich, dass Pferd von hinten aufzuzäumen.´ Autsch. Walross wurde noch röter als rot. Die Beisitzer grinsten verlegen aber nicht als erwischter Verursacher dieses grundsätzlichen Fehlers. Was eine Nummer, sag ich Dir, Mein Engel!

Ich legte nach: `Als Freiberufler muss er kein Gewerbe anmelden. Daher verstehe ich den Sinn der Frage nicht. Womöglich war das nur eine Fangfrage, eine Falle von Ihnen, was ich Ihnen persönlich aber nicht zutrauen würde. Insofern ist die Frage vom Inhalt her sinnlos und bedarf keiner weiteren Antwort. Der steuerlich relevante Teil der Gesamt-Fragestellung bezieht sich lediglich auf die Umsatzsteuer-Voranmeldung, ob sie monatlich, viertel-, halb-jährlich oder einmal im Jahr einzureichen wäre, beziehungsweise überhaupt erst einmal anzumelden wäre. Wenn wir also, wie hier geschildert, einen jungen Architekten vor uns haben, der die Universität oder Fachhochschule frisch erfolgreich absolviert hat, stellen sich mir zwei Fragen als Antwort: 1.) Haben sich die Zulassungsvoraussetzungen der Architekten-Kammer soweit verändert, dass man vor der „Selbständig-Machung“ nicht mehr zwei Jahre im Angestellten-Verhältnis Praxis-Erfahrung sammeln muss? Wenn „nein“, darf der junge Akademiker gar nicht freiberuflich als Architekt arbeiten. Und ich bezweifle, dass sich diese Knebel-Regelung der Architekten-Kammer billige Fach-Hilfskräfte als Lohnsklaven gesetzlich abgesichert missbrauchen zu dürfen, sich zwischenzeitlich geändert hat. Die Frage wäre somit ungültig. 2.) Angenommen aber: Sollte der junge Architekt sich aufgrund vermeintlich veränderter Rechtslage doch freiberuflich entgeltlich im Haupterwerb betätigen dürfen, dann muss er voller Vertrauen sein. Nun legte ich ein nachdenkliches Gesicht auf und mein Kinn auf die linke Faust, den Ellenbogen auf den Tisch gestützt und den rechten Arm nebendran, das Aufgabenblatt vor mir liegend. Erst jetzt fing ich richtig Feuer, denn im Eifer des Gefechtes fielen mir jede Menge Unbedachtheiten auf: - `Hm. Ich bin Ingenieur. Ich kenne die Problematik der Freiberufler im Planungs- und Bausektor besonders aus meiner ehrenamtlichen Arbeit im Natur- und Umweltschutz. Wenn der junge Mann kein Vitamin B in Form eines passenden Partei-Buchs hat, wird er keine Chance haben, sich haupterwerblich damit über Wasser zu halten, ohne von Zuschlägen bei Öffentlichen Ausschreibungen abhängig zu sein. Da es sich meines überzeugten Erachtens in der Regel um Scheinausschreibungen im öffentlichen Bereich handelt und die Angebots-Einreicher den Zuschlag für den Auftrag erhalten, weil sie unter den Kosten der Mitbieter bleiben, deren Daten sie zufällig irgendwie erhalten hatten, um dann mindestens 20 % höher als im Angebot angegeben das Projekt abzuschließen, ist klar, dass ein Neuling keine Chance hat, überhaupt jemals einen Auftrag der Öffentlichen Hand zu ergattern. Er wäre auf private Aufträge angewiesen. Ein Jungspund ohne Erfahrung hat keinen Namen und bekommt keine Privat-Aufträge, schon gar nicht im ersten Jahr. Mein Vater, mit unpassendem Parteibuch, hatte das Glück, im Angestelltenverhältnis arbeiten zu können und arbeitete nebenher, mit Einverständnis des Arbeitgebers, freiberuflich. Das Einverständnis des Arbeitgebers einzuholen, wäre arbeitsrechtlich ohnehin nicht notwendig. Das ist vom Arbeitsgericht so entschieden worden. Erst später ging mein Vater in die richtige Partei. Dieses Einverständnis vom Arbeitgeber wäre also rechtlich nicht nötig, müsste nicht eingeholt werden. Das ist aber steuerlich irrelevant. Das ist Arbeitsrecht, habe ich in der Umschulung gelehrt bekommen“, erklärte ich doppelt und dreifach, damit das Walroß es auch ganz sicher verstand.

„Solange also kein ernsthafter Erfolg auf Gewinn zu erwarten ist, ist es auch nicht anzuraten, sich bei der Krankenkasse als „Selbstständig“, hier als „Freiberufler“ anzumelden sondern als freiwillig-pflichtversichert zu laufen oder sich beim Arbeitsamt als arbeitslos zu melden. Das ist zwar rechtliche Grau-Zone, aber legal. Doch ist das nicht Gegenstand der Steuerprüfung, sondern wäre eine Frage der IHK und nicht der Steuerberaterkammer, schon gar nicht der Finanzbehörden. Ich würde dem Mandanten vielmehr vorschlagen, er soll zum Arbeitsamt gehen und auf Heilpraktiker oder Physio-Therapeut umschulen. Da sind die Chancen für den Broterwerb ungleich höher. Derjenige, der diese Prüfungsfrage ausgearbeitet hat, sollte sich nahe legen lassen, dass er nicht auch besser umschulen sollte, denn das ist ja eine vollkommen unausgegorene Problematik, die gar nichts mit dem Steuerwesen oder der Realität zu tun hat, denn der Architekturabsolvent darf nicht freiberuflich tätig sein, erst nach zweijährigem Angestellten-Verhältnis in seinem Beruf. Da hat jemand offenbar in seinem Job nichts zu tun und saugt sich so etwas aus den Fingern und Kandidaten sollen dazu ernsthaft prüfungsrelevant Rede und Antwort stehen. Das ist beschämend, denn es soll ja ein realitätsbezogener Fall bei der Prüfung durchgespielt werden. Davon ist man hier aber weit, sehr weit entfernt…´ Die Prüfungsbeisitzer, die Berufsschullehrerin Frau Silberfuchs und der Vertreter der Steuerberater-Kammer schauten sich zwinkernd grinsend an und wendeten sich wieder zu mir. Mein Engel, das Gesicht des Ober-Prüfers vom Finanzamt konnte sich nicht noch mehr dunkelröter verfärben. Er schien vor Zorn kurz vorm platzen. Ich fuhr aber ungerührt fort: `Das ist äußerst bitter, meine Dame, meine Herren. Aufgrund meiner Ausführung kann es hier überhaupt zu keinem steuerlich relevanten Fall kommen, lediglich auf strafrechtlichem Niveau der Schwarzarbeit. Spätestens wenn er bei der Architekten-Kammer die Zulassung beantragen würde, würde er auf die Finger gehauen bekommen und von der Kammer beraten werden. Mann Mann Mann. Die Umsatz-Steuervoranmeldung entfällt somit, weil nicht steuerbar. Ich denke, weitere Darstellungen zu diesem Fall erübrigen sich. Ich denke, die Prüfung ist damit beendet. Sie können sich gerne zur Beratung zurück ziehen. Ich fahre jetzt jedenfalls nach Hause, Heim zu Mutti, denn ich bin krank. Ich kann mir das Zeugnis nicht abholen. Ich habe Fieber. Schicken sie es mir bitte zu. Ich werde mich sowieso sofort schon bewerben, äh hab´s schon gemacht. Die Ergebnisse der schriftlichen Prüfung sind ja schon ausreichend,´ grinste ich feist alle an. Der Prüfungsvorsitzende reichte mir dann noch widerwillig die Hand, die ich ihm entgegenreichte und wünschte mir Alles Gute für mein weiteres Leben, die ganze Palette an üblichen Scheißhaus-Parolen leierte der Depp halt runter, obgleich er mich wohl lieber in der Luft zerreißen mochte. Ich erwiderte nur, er solle sich lieber die Hände ordentlich mit Seife waschen, sonst bekomme er auch noch meine Grippe anhand von Schmier-Infektion und verzichtete darauf den anderen noch die Hand zum Abschied zu reichen, mit dem Hinweis, sie nicht anstecken zu wollen, worauf mir wieder ein Grinsen entgegen strahlte, da ich damit deutlich machte, dass ich mich darüber freuen würde, wenn die Beisitzer nicht, der andere, das Walroß, aber schon, etwas von der Grippe abbekämen… Ja, so war die Prüfung. Ein purer Witz und so etwas ist Chef der obersten Finanzbehörde, mein Liebling. So Typen schimpfen über Arbeitslose und Hartz-IV – Empfänger als faules Tauge-Nichts-Gesindel und Staatsschmarotzer und selber sind sie die größten Staatsschmarotzer gleich nach der Vielzahl von Abgeordneten und deren Handlanger-Beamtentum. Genug geschimpft. Aber nach der Nummer mit dieser geistigen Flachzange heute ist mir nach Alfred Tetzlaff zu Mute und da mußte ich ein Bißchen Dampf ablassen. Jetzt geht es mir schon merklich besser, aber ich bin total alle und muss mich gesund schlafen. Ich werde noch mal kurz duschen, denn ich habe vorhin im Bett geschwitzt wie ein Pferd. Danach haue ich mich aber in die Hängematte und ruf Dich wieder an. Bis dann dann, mein Engel“ schloss Martin das Telefonat.


Der Biber

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