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Die schwarze Hand von Mühlenrahmede

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Dass es in Hohenlimburg im Schloss eine schwarze Hand gibt, ist allgemein bekannt.

Auch die Geschichte dahinter ist vielen über das Sauerland hinaus ein Begriff.

Dass es jedoch auch im Rahmedetal mal eine schwarze Hand gab, die einige Jahre lang vom fahrenden Volk gegen Bares den schaudernden Menschen gezeigt wurde, wissen nur wenige.

Irgendwann, in einem jener unzähligen Kriege und Scharmützel, die übers Land gekommen sind, ist sie denn wohl auch verloren gegangen.

Die Geschichte dazu existiert allerdings noch heute:

In Mühlenrahmede stand einst ein Gutshaus, in dem hauste ein Gutsherr, der allerdings mehr Raubritter war, als dass er sich um seine Ländereien, geschweige denn die Leute, die darauf lebten und arbeiteten kümmerte.

Wer allerdings auf seinem Land lebte, musste „abdrücken“, wie wir Sauerländer sagen, also bezahlen und das nicht zu knapp.

So blieb den Leuten nur das Nötigste zum leben oder sogar noch weniger.

Und jenen, die zu dieser Zeit den Weg durch das Tal von Lünsche (Lüdenscheid) nach Altena (das damals noch eine blühende Stadt war…) nahmen, oder umgekehrt, erging es nicht besser.

Stets war der räuberische Gutsherr da und hielt die Hand auf.

Schon bald hatte sich herum gesprochen, dass dort im idyllischen Tal ein „Raffke“ hauste.

Aber was sollten die Reisenden machen? Gab es doch damals keine Alternativen für diesen Weg.

Eines Tages kam ein groß gewachsener Mann in Kölner Kaufmannstracht auf einem Wagen gefahren, der von sieben schwarzen Ziegenböcken gezogen wurde.

Die Leute im Tal wichen angstvoll zurück, als sie das seltsame Gefährt sahen und riefen ihre Kinder von der Straße.

Nur der Gutsherr von Rahmede merkte nicht, dass etwas nicht richtig war, oder er wollte es in seiner Gier nicht merken.

Wie immer versperrte er höhnisch grinsend den Weg und winkte den Kaufmann mit einer arroganten Handbewegung vom Wagen.

Dieser stieg herab und kam gemessenen Schrittes aber leicht hinkend auf ihn zu gelaufen.

Am Gürtel bemerkte der Gutsherr einen prall gefüllten Beutel, sodass er frohlockend und anerkennend durch die Zähne pfiff.

„Drei Goldstücke und ihr könnt passieren“, sprach er den Hinkenden an.

„Habt ihr das gut überlegt?“, erwiderte flüsternd der Kaufmann.

„Ihr habt Recht, fünf, weil ihr es seid“, grinste der Beutelschneider unverfroren.

„So meint ihr das wirklich ernst?“, fragte der Fremde und diesmal lag etwas Drohendes in seiner Stimme.

„Sehe ich aus, als ob ich spaße?“, meinte daraufhin unverschämt und mit kalter Stimme der Gutsherr. „Freilich seht ihr so aus, als könntet ihr auch fünfzehn zahlen“, fügte er hinzu.

„Also bleibt ihr dabei und überlegt es euch nicht noch ein….“, hob der Kaufmann an, als ihn der Gutsherr barsch unterbrach und rief: „Schluss jetzt mit dem Geschwätz, zwanzig Goldstücke oder ihr kehrt um und ich jage euch die Hunde hinterher.

Damit streckte er die Hand aus.

„Nun gut“ murmelte der Kaufmann und zählte dem Gutsherrn jeden einzelnen der zwanzig Goldtaler in die Hand.

Dieser grinste hochmütig und meinte abschätzig: „Na also, geht doch…“.

Mit diesen Worten ließ er den Wagen passieren.

Als er sich jedoch ein letztes Mal umdrehte, um dem Wagen hinterher zu schauen, war dieser wundersamerweise schon verschwunden.

„Seltsam“, dachte er bei sich, aber die Verwunderung wich schon bald wieder der Freude über den unerwartet hohen Gewinn, den er gemacht hatte und der schwer seine Rocktasche füllte.

Als er aber in die Tasche griff und sich auch am Anblick der Münzen ergötzen wollte, hatte er nichts als schwarze Graberde in der Hand.

Verwirrt und nun auch etwas verängstigt, begab er sich daraufhin in sein Haus, wo er sich bald darauf zu Bett legte, weil er sich elend fühlte.

Nachts dann, als der Vollmond den Himmel erleuchtete, wachte er in Schweiß gebadet auf, weil ihn die Hand fürchterlich schmerzte.

Als er sein Talglicht entzündet hatte und einen Blick auf seine Hand gewagt hatte, erschrak er, weil sich die Fingerkuppen tiefschwarz eingefärbt hatten und so lang er auch schrubbte, die Finger wurden nicht mehr rein.

An Schlaf war nun nicht mehr zu denken und als er früh am nächsten Morgen auf seinem Pferd nach Altena eilte, war die Schwärze schon fast bis zur Hälfte die Hand hinaufgekrochen.

In Altena suchte er den Bader auf, der war zu der Zeit so etwas wie ein Arzt. Dieser schlug erschrocken das Kreuzzeichen und sagte, er könne ihm nicht helfen.

Als er in seiner Verzweiflung schließlich den Scharfrichter auf der Burg anflehte, ihm die Hand mit dem Beile abzuhacken, war die Hand bis zum Gelenk schwarz und verdorrt.

Der Scharfrichter wollte sich zunächst weigern, weil ihm die Sache nicht geheuer war, ein Beutel Münzen brach schließlich aber seinen Widerstand.

Er hackte dem Gutsherren die Hand mit Stumpf und Stiel ab und dieser eilte, die Wunde nur notdürftig mit einem schmutzigen Lappen verbunden halb wahnsinnig vor Schmerz und Angst aus der Stadt und wurde dort nie wieder gesehen.

Die Hand aber lag blutig und verschrumpelt im Stroh vor dem Hauklotz des Scharfrichters und niemand wagte sie zu berühren, bis schließlich ein Wagen mit Jongleuren, Feuerspuckern und einem Zauberer in die Stadt kam.

Dieser Zauberer erklärte sich gegen eine hohe Summe Geldes bereit, die Hand zu beseitigen und so gelangte sie in den Besitz der Schausteller.

Den Gutsherren aber vermeinte ein Altenaer Kaufmann später einmal beim Jahrmarkt in Paderborn vor dem Dom betteln gesehen zu haben, aber ganz sicher war er nicht gewesen.

Der Gutshof in der Rahmede ist heute schon lange verfallen und die Rahmeder heutzutage sind auch nicht mehr gierig und lassen Fremde daher freundlich passieren…

Altena, Stadtteil Mühlenrahmede

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