Читать книгу Drei Phantome 1 - Gänsehaut für Kids - Martin Clauß - Страница 7

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General Dunkel macht Ärger

Alkan und Marie hatten schon damit gerechnet, Fremde auf Onkel Richards Beerdigung zu sein. Sie gingen nur hin, weil sie Serafina irgendwie beschützen wollten. Aber wenn man die kleine Trauergemeinde so ansah, konnte man meinen, alle seien Fremde. Keiner redete mit dem anderen, die schwarzgekleideten Menschen starrten die ganze Zeit über auf die Erde und hatten die Hände in den Manteltaschen vergraben. Und das, obwohl es eigentlich ein freundlicher Märztag war. Ein milder Wind trug frühlingshafte Gerüche von den Wiesen herüber, und tapsige Bienen brummten auf ungeschickten, halsbrecherischen Flugbahnen zwischen den Menschen hindurch.

Die Beisetzung fand nicht auf dem Friedhof von Niederblau statt, sondern in einem dreißig Kilometer entfernten Dorf, dessen Namen zu langweilig ist, um ihn hier zu nennen. Serafinas Großonkel war erst vor einigen Jahren aus Niederblau hierhergezogen.

„Warum begräbt man ihn nicht an seinem Heimatort?“, wollte Alkan von Serafina wissen.

Die antwortete traurig: „Man will ihn dort nicht haben. Der Pfarrer hat es abgelehnt, ihn auf dem Niederblauer Friedhof zu bestatten.“

Alkan konnte kaum glauben, was sie ihm da erzählte, aber Fina musste es wissen. Sie wohnte ja neben dem Friedhof, und außerdem spielte ihr Vater jeden Freitag mit dem Pfarrer Canasta.

Serafina trug ein vornehmes schwarzes Kleid und sah darin aus wie eine junge Dame. Ihr langes, braunes Haar war auf ihrem Hinterkopf zu einem Kunstwerk aus Schlingen und Perlen geflochten. Ihre Haut war heute bleich, bleicher, superbleich.

Etwas machte Alkan nervös. Finas linke Hand steckte in ihrer Jackentasche, und diese Tasche beulte sich merklich aus. Das konnte nur eines bedeuten: Sie hatte General Dunkel mitgebracht. Eigentlich verständlich, denn Friedhöfe waren seine Lieblingsumgebung. Trotzdem blieb Alkan skeptisch. Er hatte nichts gegen ihn, aber die meisten Menschen kamen mit dem General nicht so gut aus. Hoffentlich verhielt er sich ruhig.

Die Trauerfeier war kurz. Alkan hatte gehofft, etwas über Onkel Richard zu erfahren, doch der Pfarrer verlor kein einziges Wort über das Leben des Verstorbenen. Der Sarg wurde nach draußen getragen und ins frisch ausgehobene Grab hinuntergelassen. Alkan und Marie stellten sich als Letzte in die Reihe der Trauernden.

Natürlich stand Serafina als enge Verwandte weiter vorne. Als sie ans Grab kam und ein paar Blumen und eine Schaufel Erde hinabgeworfen hatte, zog sie General Dunkel hervor.

Einige der Anwesenden stöhnten, als sie es tat.

General Dunkel war eine antike Holzpuppe, die Fina von ihrer Urgroßmutter geerbt hatte. Der General hatte einen Kopf, von dem die Farbe abgeblättert war, und trug eine blaue Militäruniform. Auf seiner Brust hingen sieben winzige Orden. Sein Blick war stechend, der Mund grinste breit und fies. Alkan fragte sich immer wieder, wie man einem Kinderspielzeug eine so unangenehme Miene verpassen konnte. Wenn Fina ihn mit krächzender Stimme sprach, erwachte er zum Leben.

Das Mädchen hob die Hand mit der Puppe über das Grab, sodass General Dunkel einen Blick hineinwerfen konnte. Alkan verkrampfte sich. Was dachte sie sich nur dabei? Sie musste doch wissen, dass man so etwas auf einer Beerdigung nicht tat.

Alkan konnte sehen, wie sich ihr Gesichtsausdruck veränderte. Gleich würde General Dunkel zu sprechen anfangen. Was würde er zu sagen haben? Würde er nachholen, was der Pfarrer versäumt hatte – ein paar Sätze über Onkel Richards Leben sagen?

Sie würden es nicht mehr erfahren. Bevor General Dunkel loslegen konnte, kam ein kleiner Junge angerannt. Er war etwa sechs Jahre alt und einer von Onkel Richards Enkeln. Er stürzte auf Fina zu, entriss ihr die Puppe und … warf sie in Richtung Grab!

Ein vielstimmiger Aufschrei erhob sich. Auch Fina schrie, oder vielleicht war es auch General Dunkel, der durch ihren Mund brüllte.

Er hätte allen Grund zum Schreien gehabt, denn für einen Moment sah es so aus, als würde die Puppe im Grab verschwinden. Doch der Junge hatte schlecht gezielt, und sie blieb auf der Umrandung aus Reisig liegen. Fina lief los, um sie zu holen. Dabei stieß sie gegen den Reisig-Wall, er kippte, General Dunkel kam ins Rutschen und …

In letzter Sekunde erwischte Fina ihn noch und presste ihn an sich. Alkan fiel ein Stein vom Herzen. So wie er Fina kannte, wäre sie bestimmt ins Grab hinuntergeklettert, um ihre Puppe zu holen. Das hätte die Anwesenden zutiefst schockiert.

Auch so war ihr Benehmen ein Skandal. Die Trauergemeinde raunte und tuschelte, und was sie über sie sagten, war nichts Nettes.

„Wenn ihr mich fragt, die Kleine hat einen Schuss.“

„Ja, sie ist richtig unheimlich mit ihrer hässlichen alten Puppe.“

„Und überhaupt: Kann sie nicht mit Barbies spielen wie jedes normale Mädchen?“

Sogar Finas Eltern trösteten sie nicht. „Wir müssen das Ding verschwinden lassen“, sagte ihr Vater ernst.

Nur zwei Menschen hielten zu ihr. Und zu General Dunkel. Marie und Alkan gingen zu Fina hinüber und stellten sich neben sie. „Lass sie nur reden“, flüsterte Marie.

Und Alkan schnipste General Dunkel eine Tannennadel vom Anzug. „Das ist ja gerade noch einmal gutgegangen, werter General“, sagte er. Und es schien, als blickten die strengen Augen der Puppe ein ganz klein wenig dankbar.

Drei Phantome 1 - Gänsehaut für Kids

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